• August Wilhelm von Schlegel to Karl August Varnhagen von Ense

  • Place of Dispatch: Kiel · Place of Destination: Berlin · Date: 25.12.1813
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Karl August Varnhagen von Ense
  • Place of Dispatch: Kiel
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 25.12.1813
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 299‒300.
  • Incipit: „[1] Kiel d. 25sten Dec. 1813
    Die wandernde Lebensart, die ich führe, und eine Menge zerstreuender Geschäfte, mögen bey Ihnen meine Versäumniß [...]“
    Manuscript
  • Provider: Kraków, Biblioteka Jagiellońska
    Language
  • German
[1] Kiel d. 25sten Dec. 1813
Die wandernde Lebensart, die ich führe, und eine Menge zerstreuender Geschäfte, mögen bey Ihnen meine Versäumniß entschuldigen, daß ich seit dem Waffenstillstande nicht wieder schrieb. Die ersten Blätter Ihrer geistreichen Zeitung aus dem Feldlager erhielt ich in Zerbst, und ließ mir es angelegen seyn, sie sogleich zu versenden und zu vertheilen, besonders an die Generale Suchtelen, Vincent, Löwenhjelm, Krusemark pp. Diese Blätter fanden allgemeinen Beyfall. Es ist sehr wichtig, jetzt da der Feind so gründlich mit dem Schwert geschlagen wird, ihn auch auf alle Weise mit der Feder anzugreifen, und zwar in Schimpf und Ernst. Fahren Sie ja damit fort, und suchen Sie den Deutschen Geist auf alle Weise anzuregen. Durch den geläufigen Besitz der französischen Sprache finde ich mich zunächst berufen, für Frankreich zu schreiben: man muß dem Moloch die Hölle von innen heraus heiß zu machen suchen. Hier haben Sie eine von meinen Brandraketen – sie würden gewiß zünden, wenn man nur erst hinreichendes Wurfgeschütz hätte, um zehntausend Stück von dergleichen über den Rhein und bis nach Paris hinein zu schleudern.
[2] Ich danke Ihnen für die Theilnahme, womit Sie sich nach meinem Bruder erkundigen. Er ist in Wien, jedoch nicht unthätig für die große Sache. Der österreichische Minister hat ihn aufgefodert, zu seinem besondern Gebrauch über die deutschen Angelegenheiten zu schreiben, und seine Vorschläge finden Eingang. Dieß sagte mir der Fürst Metternich in Leipzig. Freylich wünschte ich, mein Bruder möchte herbeygerufen [werden], um bey der Herstellung oder Schöpfung einer deutschen Verfassung unmittelbarer thätig zu seyn.
Nächstens werden die aufgefangnen französischen Staatspapiere, mit einer Vorrede und Anmerkungen von mir im Druck erscheinen. Sie sind unendlich merkwürdig.
Kriegs- oder andre Vaterländische Lieder für Ihre Sammlung habe ich jetzt nicht im Vorrath. In früheren Zeiten habe ich einige gedichtet, die aber auf die gegenwärtigen Umstände nicht mehr passen, und nur noch etwa bey einer Flasche alten Rheinweins gut mitzutheilen wären.
Sollten die Feindseligkeiten wieder anfangen, und Sie, wie zu vermuthen, unter den ersten nach Schleswig kommen, so will ich Ihnen eine dort wohnende Dame, Frau von Ahlefeld geb. von Seebach, die als Schriftstellerin nicht unbekannt ist, bestens empfehlen. Ich habe schon mit meinem Freunde, [3] dem General Tettenborn, ihretwegen gesprochen. Sie hat eine unglaubliche Furcht vor der Annäherung des Krieges, ich hoffe, die Galanterie unsrer Offiziere wird sie bald beruhigen. Ich kenne sie nicht persönlich, sie hat sich aber an mich gewandt wegen einer Sicherheitscarte, die ich ihr nicht verschaffen kann, da jenseits unserer Linie natürlich keine ausgetheilt werden.
Leben Sie recht wohl, und erfreuen Sie mich bald wieder mit Ihren Mittheilungen, die ich bestens zu erwiedern suchen werde.
Ihr ergebenster
A. W. v. Schlegel
[1] Kiel d. 25sten Dec. 1813
Die wandernde Lebensart, die ich führe, und eine Menge zerstreuender Geschäfte, mögen bey Ihnen meine Versäumniß entschuldigen, daß ich seit dem Waffenstillstande nicht wieder schrieb. Die ersten Blätter Ihrer geistreichen Zeitung aus dem Feldlager erhielt ich in Zerbst, und ließ mir es angelegen seyn, sie sogleich zu versenden und zu vertheilen, besonders an die Generale Suchtelen, Vincent, Löwenhjelm, Krusemark pp. Diese Blätter fanden allgemeinen Beyfall. Es ist sehr wichtig, jetzt da der Feind so gründlich mit dem Schwert geschlagen wird, ihn auch auf alle Weise mit der Feder anzugreifen, und zwar in Schimpf und Ernst. Fahren Sie ja damit fort, und suchen Sie den Deutschen Geist auf alle Weise anzuregen. Durch den geläufigen Besitz der französischen Sprache finde ich mich zunächst berufen, für Frankreich zu schreiben: man muß dem Moloch die Hölle von innen heraus heiß zu machen suchen. Hier haben Sie eine von meinen Brandraketen – sie würden gewiß zünden, wenn man nur erst hinreichendes Wurfgeschütz hätte, um zehntausend Stück von dergleichen über den Rhein und bis nach Paris hinein zu schleudern.
[2] Ich danke Ihnen für die Theilnahme, womit Sie sich nach meinem Bruder erkundigen. Er ist in Wien, jedoch nicht unthätig für die große Sache. Der österreichische Minister hat ihn aufgefodert, zu seinem besondern Gebrauch über die deutschen Angelegenheiten zu schreiben, und seine Vorschläge finden Eingang. Dieß sagte mir der Fürst Metternich in Leipzig. Freylich wünschte ich, mein Bruder möchte herbeygerufen [werden], um bey der Herstellung oder Schöpfung einer deutschen Verfassung unmittelbarer thätig zu seyn.
Nächstens werden die aufgefangnen französischen Staatspapiere, mit einer Vorrede und Anmerkungen von mir im Druck erscheinen. Sie sind unendlich merkwürdig.
Kriegs- oder andre Vaterländische Lieder für Ihre Sammlung habe ich jetzt nicht im Vorrath. In früheren Zeiten habe ich einige gedichtet, die aber auf die gegenwärtigen Umstände nicht mehr passen, und nur noch etwa bey einer Flasche alten Rheinweins gut mitzutheilen wären.
Sollten die Feindseligkeiten wieder anfangen, und Sie, wie zu vermuthen, unter den ersten nach Schleswig kommen, so will ich Ihnen eine dort wohnende Dame, Frau von Ahlefeld geb. von Seebach, die als Schriftstellerin nicht unbekannt ist, bestens empfehlen. Ich habe schon mit meinem Freunde, [3] dem General Tettenborn, ihretwegen gesprochen. Sie hat eine unglaubliche Furcht vor der Annäherung des Krieges, ich hoffe, die Galanterie unsrer Offiziere wird sie bald beruhigen. Ich kenne sie nicht persönlich, sie hat sich aber an mich gewandt wegen einer Sicherheitscarte, die ich ihr nicht verschaffen kann, da jenseits unserer Linie natürlich keine ausgetheilt werden.
Leben Sie recht wohl, und erfreuen Sie mich bald wieder mit Ihren Mittheilungen, die ich bestens zu erwiedern suchen werde.
Ihr ergebenster
A. W. v. Schlegel
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