• August Wilhelm von Schlegel to Karl Vom Stein Zum Altenstein

  • Place of Dispatch: Heidelberg · Place of Destination: Berlin · Date: 05.09.1818
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Karl Vom Stein Zum Altenstein
  • Place of Dispatch: Heidelberg
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 05.09.1818
  • Notations: Konzept.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 335‒336.
  • Incipit: „[1] Ew. Excellenz gnädiges Schreiben vom 23sten August nebst der Nachschrift vom 25sten habe ich so eben empfangen. Ich bin belohnt [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-38971
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.2(1),Nr.13
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs.
  • Format: 20,5 x 12,4 cm
    Language
  • German
[1] Ew. Excellenz gnädiges Schreiben vom 23sten August nebst der Nachschrift vom 25sten habe ich so eben empfangen. Ich bin belohnt für alle schriftstellerischen Bemühungen meines Lebens durch die Anerkennung eines so erleuchteten Kenners und Beschützers der Wissenschaften; nur verwirrt durch die Schwierigkeit, solchen Erwartungen in der persönlichen Gegenwart zu entsprechen, und innigst gerührt von der herablassenden Güte, womit Ew. Exc. in meine Privat-Verhältnisse einzugehen geruhen. Einem Staate, wo die Leitung des öffentlichen Unterrichts und der wissenschaftlichen Angelegenheiten mit so belebender Menschenfreundlichkeit und so edeln Gesinnungen besorgt wird, kann es nie an der freudigen Mitwirkung der verdientesten Gelehrten Deutschlandes fehlen.
Der Brief, den ich am 28sten August an Ew. Exc. abzusenden die Ehre hatte, ist gewissermaßen Ihrem verehrten Schreiben entgegengekommen. Ich nahm mir die Freyheit meine neuen Familien-Verhältnisse zu erwähnen; und. Ew. Exc. haben vorausgesehen, daß sie die schon früher gehegte Neigung, zuvörderst in Bonn anzutreten, verstärken würden. Ich darf dieses daher um so offener eingestehen, wiewohl ich alles anerkenne, was Ew. Exc. über [2] den umfassenderen Wirkungskreis in Berlin sagen. Die Trennung von meinen würdigen Schwiegereltern, die mir das Glück ihrer einzigen Tochter, des Kleinodes ihrer mütterlichen Pflege, so willig anvertraut haben, ehe noch meine Aussichten für die Zukunft anders gesichert waren, als durch mein eignes mäßiges Vermögen; diese Trennung wird meiner Gattin immer sehr schmerzlich fallen: aber Bonn liegt doch vergleichungsweise in der Nachbarschaft des väterlichen Hauses. In der weiten Entfernung von Berlin, würde der Gedanke sie ängstigen, bey einer eintretenden Krankheit ihrer Eltern, welche jetzt leider beyde kränkeln, nicht zeitig genug zu ihnen eilen zu können. Auch ist meine Gattin im südlichen Deutschlande aufgewachsen, ihre Brust ist empfindlich, und sie pflegt selbst während des hiesigen milderen Winters an Brustbeschwerden zu leiden: ich müßte also besorgen, die plötzliche Versetzung in ein beträchtlich rauheres Klima möchte auf ihre Gesundheit nachtheilig wirken.
Dem wohlwollenden Gefühl Ew. Exc. darf ich diese Gründe meines Wunsches mit Zuversicht eröffnen. Die Zeit kann und wird hoffentlich durch die gestärkte Gesundheit aller Mitglieder der Familie, welcher ich jetzt so glücklich angehöre, diese Hindernisse beseitigen, und ich werde mich alsdann im Stande sehen mit verdoppeltem und dankbarem Eifer, den für mich [3] bis zu meiner Beschämung schmeichelhaften Einladungen Ew. Exc. Genüge zu leisten.
Ich halte mich für verpflichtet, die Zeit bis zu meinem Antritt mit größter Anstrengung zur Vorbereitung auf künftige Vorlesungen zu benutzen; ich bin hier mit allen gelehrten Hülfsmitteln dazu umgeben, und auf diese Art wird die Bedenklichkeit wegen des Mangels daran in Bonn schon zum Theil gehoben. Für das übrige wird meine eigene noch beträchtlich zu vermehrende Büchersammlung mir einigermaßen aushelfen können.
Ich werde mich bestreben, meine Vorlesungen dergestalt zu vereinfachen, und mit Beyseitsetzung des gelehrten Überflusses auf die wesentlichen Punkte zu richten, daß ich auch für nicht ganz vorbereitete junge Zuhörer nützlich zu wirken hoffe.
Wenn ich meine unmaßgebliche Meynung äußern darf, so sollte ich denken, daß die Schwierigkeit, Bonn zu einer Universität vom ersten Range zu erheben, gerade im ersten Augenblicke eintritt, weil sowohl Lehrer als Schüler die Unbequemlichkeiten eines zu dem neuen Zwecke noch nicht ganz eingerichteten Ortes scheuen können; daß aber, wann es erst ein paar Jahre durch die wahrhaft königliche Vorsorge der Regierung geblüht haben wird, der Abgang eines wenn auch bekannten und mit Beyfall gehörten Lehrers leicht ersetzt [4] werden dürfte. Berlin ist so reich an berühmten Männern, an mannichfaltiger Beschäftigung und Anregung des Geistes, daß das um etwas verspätete Eintreffen eines neuen Ankömmlings, von dem man vielleicht aus der Ferne allzu günstige Erwartungen hegt, dort kaum gespürt werden wird.
Ich bitte Ew. Excellenz unterthänig um gewogene Erwägung dieser mit einem Zutrauen, das meinem Gefühl wohlthätig ist, dargelegten Gründe für meine nächste Bestimmung nach Bonn, und verharre in tiefster Ehrerbietung Ew. Excellenz unterthänig gehorsamster Aug. Wilhelm von Schlegel.
Heidelberg d. 5ten Sept. [1818]
[1] Ew. Excellenz gnädiges Schreiben vom 23sten August nebst der Nachschrift vom 25sten habe ich so eben empfangen. Ich bin belohnt für alle schriftstellerischen Bemühungen meines Lebens durch die Anerkennung eines so erleuchteten Kenners und Beschützers der Wissenschaften; nur verwirrt durch die Schwierigkeit, solchen Erwartungen in der persönlichen Gegenwart zu entsprechen, und innigst gerührt von der herablassenden Güte, womit Ew. Exc. in meine Privat-Verhältnisse einzugehen geruhen. Einem Staate, wo die Leitung des öffentlichen Unterrichts und der wissenschaftlichen Angelegenheiten mit so belebender Menschenfreundlichkeit und so edeln Gesinnungen besorgt wird, kann es nie an der freudigen Mitwirkung der verdientesten Gelehrten Deutschlandes fehlen.
Der Brief, den ich am 28sten August an Ew. Exc. abzusenden die Ehre hatte, ist gewissermaßen Ihrem verehrten Schreiben entgegengekommen. Ich nahm mir die Freyheit meine neuen Familien-Verhältnisse zu erwähnen; und. Ew. Exc. haben vorausgesehen, daß sie die schon früher gehegte Neigung, zuvörderst in Bonn anzutreten, verstärken würden. Ich darf dieses daher um so offener eingestehen, wiewohl ich alles anerkenne, was Ew. Exc. über [2] den umfassenderen Wirkungskreis in Berlin sagen. Die Trennung von meinen würdigen Schwiegereltern, die mir das Glück ihrer einzigen Tochter, des Kleinodes ihrer mütterlichen Pflege, so willig anvertraut haben, ehe noch meine Aussichten für die Zukunft anders gesichert waren, als durch mein eignes mäßiges Vermögen; diese Trennung wird meiner Gattin immer sehr schmerzlich fallen: aber Bonn liegt doch vergleichungsweise in der Nachbarschaft des väterlichen Hauses. In der weiten Entfernung von Berlin, würde der Gedanke sie ängstigen, bey einer eintretenden Krankheit ihrer Eltern, welche jetzt leider beyde kränkeln, nicht zeitig genug zu ihnen eilen zu können. Auch ist meine Gattin im südlichen Deutschlande aufgewachsen, ihre Brust ist empfindlich, und sie pflegt selbst während des hiesigen milderen Winters an Brustbeschwerden zu leiden: ich müßte also besorgen, die plötzliche Versetzung in ein beträchtlich rauheres Klima möchte auf ihre Gesundheit nachtheilig wirken.
Dem wohlwollenden Gefühl Ew. Exc. darf ich diese Gründe meines Wunsches mit Zuversicht eröffnen. Die Zeit kann und wird hoffentlich durch die gestärkte Gesundheit aller Mitglieder der Familie, welcher ich jetzt so glücklich angehöre, diese Hindernisse beseitigen, und ich werde mich alsdann im Stande sehen mit verdoppeltem und dankbarem Eifer, den für mich [3] bis zu meiner Beschämung schmeichelhaften Einladungen Ew. Exc. Genüge zu leisten.
Ich halte mich für verpflichtet, die Zeit bis zu meinem Antritt mit größter Anstrengung zur Vorbereitung auf künftige Vorlesungen zu benutzen; ich bin hier mit allen gelehrten Hülfsmitteln dazu umgeben, und auf diese Art wird die Bedenklichkeit wegen des Mangels daran in Bonn schon zum Theil gehoben. Für das übrige wird meine eigene noch beträchtlich zu vermehrende Büchersammlung mir einigermaßen aushelfen können.
Ich werde mich bestreben, meine Vorlesungen dergestalt zu vereinfachen, und mit Beyseitsetzung des gelehrten Überflusses auf die wesentlichen Punkte zu richten, daß ich auch für nicht ganz vorbereitete junge Zuhörer nützlich zu wirken hoffe.
Wenn ich meine unmaßgebliche Meynung äußern darf, so sollte ich denken, daß die Schwierigkeit, Bonn zu einer Universität vom ersten Range zu erheben, gerade im ersten Augenblicke eintritt, weil sowohl Lehrer als Schüler die Unbequemlichkeiten eines zu dem neuen Zwecke noch nicht ganz eingerichteten Ortes scheuen können; daß aber, wann es erst ein paar Jahre durch die wahrhaft königliche Vorsorge der Regierung geblüht haben wird, der Abgang eines wenn auch bekannten und mit Beyfall gehörten Lehrers leicht ersetzt [4] werden dürfte. Berlin ist so reich an berühmten Männern, an mannichfaltiger Beschäftigung und Anregung des Geistes, daß das um etwas verspätete Eintreffen eines neuen Ankömmlings, von dem man vielleicht aus der Ferne allzu günstige Erwartungen hegt, dort kaum gespürt werden wird.
Ich bitte Ew. Excellenz unterthänig um gewogene Erwägung dieser mit einem Zutrauen, das meinem Gefühl wohlthätig ist, dargelegten Gründe für meine nächste Bestimmung nach Bonn, und verharre in tiefster Ehrerbietung Ew. Excellenz unterthänig gehorsamster Aug. Wilhelm von Schlegel.
Heidelberg d. 5ten Sept. [1818]
· Original , 05.09.1818
· Berlin, Staatsbibliothek
· Slg. Darmst. 2b 1797 Bl. 1-13
· Abschrift , 05.09.1818
· Berlin, Geheimes Staatsarchiv, Preußischer Kulturbesitz
· I HA, Rep. 76, Va, Sekt. 2, Tit. IV, Nr. 5, Bd. 5, 159–160
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