• August Wilhelm von Schlegel to Philipp Joseph von Rehfues

  • Place of Dispatch: Bonn · Place of Destination: Unknown · Date: 10.12.1819
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Philipp Joseph von Rehfues
  • Place of Dispatch: Bonn
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 10.12.1819
  • Notations: Konzept. Absendeort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 363‒365.
  • Incipit: „[1] Hochwolgeborner
    Hochzuverehrender Herr Geheime Regierungs-Rath!
    Ew. Hochwohlgeboren sage ich zuvörderst meinen verbindlichsten Dank für Ihre schmeichelhafte Zuschrift.
    Sie werden leicht ermessen, daß es [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-36842
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.19,Nr.78
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs.
  • Format: 18,4 x 12,1 cm
    Language
  • German
[1] Hochwolgeborner
Hochzuverehrender Herr Geheime Regierungs-Rath!
Ew. Hochwohlgeboren sage ich zuvörderst meinen verbindlichsten Dank für Ihre schmeichelhafte Zuschrift.
Sie werden leicht ermessen, daß es keine örtliche Beziehung ist, welche mich zu dem vorgestern gethanen Schritte bewogen hat, sondern meine persönliche Ansicht von der Lage der Sachen überhaupt. Denn ich bin ja bis jetzt nur provisorisch in Bonn angestellt, mein Name steht noch in diesem Semester in dem Berlinischen Lections-Catalog, und ich habe nicht ohne Mühe den speziellen Auftrag des Königlichen Ministerii ausgewirkt, bis zum nächsten Herbst hier Vorlesungen zu halten. Ich hätte also nur um die Erlaubniß ansuchen dürfen, nach Beendigung meiner jetzigen Vorlesungen die Professur in Berlin anzutreten, wohin mich mehrere Freunde, unter andern der Staatsrath Hufeland, dringend einladen.
Ich bin seit nunmehr acht und zwanzig Jahren auf dem bewegten Ocean Europaʼs umhergeschifft, und glaube einige Wetterkunde erworben zu haben. Seit meiner Zurückkunft im vorigen Frühling hat sich der Horizont in Deutschland auffallend, und unerwartet schnell verdüstert, und wie es mir scheint, kündigen sich noch fernere ungünstige Wetterveränderungen an. Der Stand des Schriftstellers und des öffentlichen Lehrers ist ein allgemeiner Gegenstand des Mistrauens geworden. Die genommenen Maaßregeln treffen jeden, er mag [2] dem, was sie hervorgerufen hat, noch so fremd seyn, und er muß dabey alle Unbefangenheit, sowohl in seinem Beruf, als in den geselligen Verhältnissen, einbüßen. Bey dieser Verstimmung ist keine belohnende Aufmunterung, keine Unterstützung für neue gelehrte Unternehmungen zu erwarten.
Ich bin zu weit im Leben vorgerückt, als daß ich nicht wünschen sollte, die, mir noch übrige Zeit und Kräfte der Vollendung eines und des andern gelehrten Werkes zu widmen, das meinen Namen auf die Nachwelt bringen möchte. Dazu ist aber Heiterkeit und Ruhe ein unerlaßliches Erfoderniß. Mein Blick hat sich daher auf manche freundschaftliche und litterarische Verhältniße, die ich im Auslande habe, zurückgewendet.
Die zuvorkommenden Aeußerungen Ew. Hochwohlgeboren veranlassen mich, Ihnen meine bisherigen jetzt aufgegebenen Plane, ganz offen vorzulegen. Das mildere Klima, die heitre Gegend, die bequeme Lage zu Reisen entschieden meine Neigung für Bonn. Ich wußte noch nicht, ob ich meine definitive Anstellung hier erlangen würde, aber ich wünschte sie, und an diesem Wunsche hatte das ehrenvolle Wohlwollen eines erlauchten Gönners und einsichtsvollen Kenners der Wissenschaften, des HE. Grafen zu Solms-Laubach, großen Antheil.
Eine Lieblings-Angelegenheit war es mir, die Indischen Studien in Deutschland einheimisch zu machen. Meine Vorlesung hierüber im verwichenen Sommer hat, so unvollkommen sie war, einen sehr befriedigenden Erfolg gehabt. In einem Aufsatze, der dem letzten Hefte der Bonnischen Jahrbücher eingerückt ist, habe ich die Gönner der Wissenschaften in Berlin, auf die Wichtigkeit der Sache aufmerksam zu machen gesucht. Ich wollte, sobald ich in meinen Arbeiten weiter vorgerückt wäre, das Königliche Mini[3]sterium um Urlaub zu einer Reise nach England bitten, um meine Kenntnisse und Hülfsmittel zu vervollständigen. Zugleich wollte ich einen Plan vorlegen, wie man Indische Typen mit so geringem Aufwande als möglich anschaffen könnte. Mir schien es eine für Bonn nicht gleichgültige, und der Lage dieser Universität, in der Nähe von Frankreich und England, besonders angemessene Auszeichnung zu seyn, daß man dort die Mittel zum Studium der Indischen Sprache beysammen fände, und selbst Elementarbücher drucken könnte.
Diese Dinge gehören zum Luxus der Gelehrsamkeit, und können in einem Zeitpuncte nicht gedeihen, wo die Anfoderungen des Augenblicks die Aufmerksamkeit ausschließend beschäftigen.
Ich wiederhole es Ew. Hochwohlgeboren: meine Beweggründe sind ganz allgemein, und liegen in den veränderten Verhältnissen des akademischen Lehramtes, in Absicht auf das bisher von Seiten des Staates ihm bezeugte achtungsvolle Vertrauen.
Empfangen Sie, hochzuverehrender Herr Regierungs-Rath die Versicherungen der ausgezeichnetsten Hochachtung womit ich die Ehre habe zu seyn
Ew. Hochwohlgeboren
gehorsamster
A. W. von Schlegel
Bonn, den 10. December 1819
[4]
[1] Hochwolgeborner
Hochzuverehrender Herr Geheime Regierungs-Rath!
Ew. Hochwohlgeboren sage ich zuvörderst meinen verbindlichsten Dank für Ihre schmeichelhafte Zuschrift.
Sie werden leicht ermessen, daß es keine örtliche Beziehung ist, welche mich zu dem vorgestern gethanen Schritte bewogen hat, sondern meine persönliche Ansicht von der Lage der Sachen überhaupt. Denn ich bin ja bis jetzt nur provisorisch in Bonn angestellt, mein Name steht noch in diesem Semester in dem Berlinischen Lections-Catalog, und ich habe nicht ohne Mühe den speziellen Auftrag des Königlichen Ministerii ausgewirkt, bis zum nächsten Herbst hier Vorlesungen zu halten. Ich hätte also nur um die Erlaubniß ansuchen dürfen, nach Beendigung meiner jetzigen Vorlesungen die Professur in Berlin anzutreten, wohin mich mehrere Freunde, unter andern der Staatsrath Hufeland, dringend einladen.
Ich bin seit nunmehr acht und zwanzig Jahren auf dem bewegten Ocean Europaʼs umhergeschifft, und glaube einige Wetterkunde erworben zu haben. Seit meiner Zurückkunft im vorigen Frühling hat sich der Horizont in Deutschland auffallend, und unerwartet schnell verdüstert, und wie es mir scheint, kündigen sich noch fernere ungünstige Wetterveränderungen an. Der Stand des Schriftstellers und des öffentlichen Lehrers ist ein allgemeiner Gegenstand des Mistrauens geworden. Die genommenen Maaßregeln treffen jeden, er mag [2] dem, was sie hervorgerufen hat, noch so fremd seyn, und er muß dabey alle Unbefangenheit, sowohl in seinem Beruf, als in den geselligen Verhältnissen, einbüßen. Bey dieser Verstimmung ist keine belohnende Aufmunterung, keine Unterstützung für neue gelehrte Unternehmungen zu erwarten.
Ich bin zu weit im Leben vorgerückt, als daß ich nicht wünschen sollte, die, mir noch übrige Zeit und Kräfte der Vollendung eines und des andern gelehrten Werkes zu widmen, das meinen Namen auf die Nachwelt bringen möchte. Dazu ist aber Heiterkeit und Ruhe ein unerlaßliches Erfoderniß. Mein Blick hat sich daher auf manche freundschaftliche und litterarische Verhältniße, die ich im Auslande habe, zurückgewendet.
Die zuvorkommenden Aeußerungen Ew. Hochwohlgeboren veranlassen mich, Ihnen meine bisherigen jetzt aufgegebenen Plane, ganz offen vorzulegen. Das mildere Klima, die heitre Gegend, die bequeme Lage zu Reisen entschieden meine Neigung für Bonn. Ich wußte noch nicht, ob ich meine definitive Anstellung hier erlangen würde, aber ich wünschte sie, und an diesem Wunsche hatte das ehrenvolle Wohlwollen eines erlauchten Gönners und einsichtsvollen Kenners der Wissenschaften, des HE. Grafen zu Solms-Laubach, großen Antheil.
Eine Lieblings-Angelegenheit war es mir, die Indischen Studien in Deutschland einheimisch zu machen. Meine Vorlesung hierüber im verwichenen Sommer hat, so unvollkommen sie war, einen sehr befriedigenden Erfolg gehabt. In einem Aufsatze, der dem letzten Hefte der Bonnischen Jahrbücher eingerückt ist, habe ich die Gönner der Wissenschaften in Berlin, auf die Wichtigkeit der Sache aufmerksam zu machen gesucht. Ich wollte, sobald ich in meinen Arbeiten weiter vorgerückt wäre, das Königliche Mini[3]sterium um Urlaub zu einer Reise nach England bitten, um meine Kenntnisse und Hülfsmittel zu vervollständigen. Zugleich wollte ich einen Plan vorlegen, wie man Indische Typen mit so geringem Aufwande als möglich anschaffen könnte. Mir schien es eine für Bonn nicht gleichgültige, und der Lage dieser Universität, in der Nähe von Frankreich und England, besonders angemessene Auszeichnung zu seyn, daß man dort die Mittel zum Studium der Indischen Sprache beysammen fände, und selbst Elementarbücher drucken könnte.
Diese Dinge gehören zum Luxus der Gelehrsamkeit, und können in einem Zeitpuncte nicht gedeihen, wo die Anfoderungen des Augenblicks die Aufmerksamkeit ausschließend beschäftigen.
Ich wiederhole es Ew. Hochwohlgeboren: meine Beweggründe sind ganz allgemein, und liegen in den veränderten Verhältnissen des akademischen Lehramtes, in Absicht auf das bisher von Seiten des Staates ihm bezeugte achtungsvolle Vertrauen.
Empfangen Sie, hochzuverehrender Herr Regierungs-Rath die Versicherungen der ausgezeichnetsten Hochachtung womit ich die Ehre habe zu seyn
Ew. Hochwohlgeboren
gehorsamster
A. W. von Schlegel
Bonn, den 10. December 1819
[4]
· Abschrift , [10. Dezember 1819]
· Berlin, Geheimes Staatsarchiv, Preußischer Kulturbesitz
· I HA, Rep. 76, Va, Sekt. 3, Tit. IV, Nr. 1, Bd. 6, 354–355
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