• August Wilhelm von Schlegel to Johannes Schulze

  • Place of Dispatch: Bonn · Place of Destination: Berlin · Date: 03.11.1840
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Johannes Schulze
  • Place of Dispatch: Bonn
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 03.11.1840
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 541‒543.
  • Incipit: „[1] Bonn d. 3ten Nov. 1840
    Hochverehrter Herr Geheimerath!
    Ew. Hochwohlgeboren haben mich durch Ihr freundschaftliches Schreiben ungemein erfreut; zugleich war ich durch [...]“
    Manuscript
  • Provider: Kraków, Biblioteka Jagiellońska
    Language
  • German
[1] Bonn d. 3ten Nov. 1840
Hochverehrter Herr Geheimerath!
Ew. Hochwohlgeboren haben mich durch Ihr freundschaftliches Schreiben ungemein erfreut; zugleich war ich durch die Nachricht von einem mir ertheilten Auftrage im höchsten Grade überrascht. Ich konnte nicht vermuthen, daß eine im vertraulichen Gespräch mir entfallene Äußerung die Aufmerksamkeit Sr. Majestät auf sich lenken würde; und ohne Zweifel ist dieß nur durch Ihre wohlwollende Auffassung dieses Gedankens bewirkt worden. Seit langen Jahren hatte ich Anstoß daran genommen, daß die Werke des großen Königs immer noch in unbeglaubigten, schlecht und fehlerhaft gedruckten Ausgaben, wie ausgesetzte Kinder, ihrem Schicksale überlassen blieben. Ich war daher sehr erbaut, als ich aus den Zeitungen erfuhr, daß jetzt Hand an ein so verdienstliches Werk gelegt werden solle. [2] Aber der Artikel war, wie es scheint, unvollständig, da der Akademie darin gar keine Erwähnung geschah. Um in Deutschland eine classische Ausgabe französischer Schriften zu Stande zu bringen, halte ich die Mitwirkung eines geübten Kenners der Sprache für unentbehrlich. Als Grammatiker, als Prote und als Typograph durfte ich allenfalls meine Dienste anbieten. Doch wäre mir auch dieß nicht eingefallen, wenn ich nicht den Namen eines alten Freundes und Gönners vermißt hätte. Alexander von Humboldt ist durch seine französischen Schriften in Europa so berühmt, wie es Leibnitz ein Jahrhundert früher war. Mit ihm verglichen bin ich nur ein Dilettant in diesem Fache: meine einzeln erschienenen Schriften werden zusammen nicht mehr als Einen Band ausmachen. Allein ich bin durch zufällige Umstände veranlaßt worden auf die Gliederung der Sätze, auf die feinsten Unterschiede des Ausdrucks, und auf die taus[3]end grammatischen und orthographischen Kleinigkeiten einzugehn, deren Beachtung zu einer musterhaften Schreibart erfoderlich ist. Im Gespräch, auch in Briefen geht manches durch; aber in Druckschriften ist alles auf das genaueste bestimmt, und jede Abweichung von der Regel oder der Sitte fällt störend auf. Der Prote streicht dergleichen ohne Umstände weg, fände er es auch in der Handschrift des angesehensten Schriftstellers.
Ich gestehe, mich reizte die Gelegenheit, meinen in Deutschland schon fast vergessenen Namen mit dem glorreichen Andenken Friedrichs des Großen, wenn auch an einer sehr untergeordneten Stelle, in Berührung zu bringen. Ich wünschte sagen zu können, wie jener Küster nach dem Orgelspiel eines berühmten Virtuosen: Ich habe die Bälge dazu getreten.
Seit dem Empfange Ihres Briefes habe ich die Sache bereits zum Gegenstande meines Nachdenkens gemacht, und es bieten sich mir [4] Fragen in Menge dar. Ich will Ihnen aber heute nicht damit beschwerlich fallen, da die näheren Eröffnungen, die ich zu erwarten habe, vielleicht schon zum Theil die Antwort darauf enthalten werden.
Ihr Stillschweigen bedarf keiner Rechtfertigung: ich weiß ja, wie sehr Sie mit Geschäften überhäuft sind. Überdieß würde es mir übel anstehn, über unbeantwortete Briefe empfindlich zu werden, da ich selbst in diesem Stücke so schwere Schulden auf mich lade.
Genehmigen Sie, Herr Geheimerath, die Versicherung der ausgezeichneten Verehrung, womit ich die Ehre habe zu seyn
Ew. Hochwohlgeboren
ergebenster
A. W. v. Schlegel
Haben Sie doch die Güte mir zu sagen, ob Ihnen ein Exemplar meines vorjährigen Programms über den Zodiacus eingehändigt worden ist?
[1] Bonn d. 3ten Nov. 1840
Hochverehrter Herr Geheimerath!
Ew. Hochwohlgeboren haben mich durch Ihr freundschaftliches Schreiben ungemein erfreut; zugleich war ich durch die Nachricht von einem mir ertheilten Auftrage im höchsten Grade überrascht. Ich konnte nicht vermuthen, daß eine im vertraulichen Gespräch mir entfallene Äußerung die Aufmerksamkeit Sr. Majestät auf sich lenken würde; und ohne Zweifel ist dieß nur durch Ihre wohlwollende Auffassung dieses Gedankens bewirkt worden. Seit langen Jahren hatte ich Anstoß daran genommen, daß die Werke des großen Königs immer noch in unbeglaubigten, schlecht und fehlerhaft gedruckten Ausgaben, wie ausgesetzte Kinder, ihrem Schicksale überlassen blieben. Ich war daher sehr erbaut, als ich aus den Zeitungen erfuhr, daß jetzt Hand an ein so verdienstliches Werk gelegt werden solle. [2] Aber der Artikel war, wie es scheint, unvollständig, da der Akademie darin gar keine Erwähnung geschah. Um in Deutschland eine classische Ausgabe französischer Schriften zu Stande zu bringen, halte ich die Mitwirkung eines geübten Kenners der Sprache für unentbehrlich. Als Grammatiker, als Prote und als Typograph durfte ich allenfalls meine Dienste anbieten. Doch wäre mir auch dieß nicht eingefallen, wenn ich nicht den Namen eines alten Freundes und Gönners vermißt hätte. Alexander von Humboldt ist durch seine französischen Schriften in Europa so berühmt, wie es Leibnitz ein Jahrhundert früher war. Mit ihm verglichen bin ich nur ein Dilettant in diesem Fache: meine einzeln erschienenen Schriften werden zusammen nicht mehr als Einen Band ausmachen. Allein ich bin durch zufällige Umstände veranlaßt worden auf die Gliederung der Sätze, auf die feinsten Unterschiede des Ausdrucks, und auf die taus[3]end grammatischen und orthographischen Kleinigkeiten einzugehn, deren Beachtung zu einer musterhaften Schreibart erfoderlich ist. Im Gespräch, auch in Briefen geht manches durch; aber in Druckschriften ist alles auf das genaueste bestimmt, und jede Abweichung von der Regel oder der Sitte fällt störend auf. Der Prote streicht dergleichen ohne Umstände weg, fände er es auch in der Handschrift des angesehensten Schriftstellers.
Ich gestehe, mich reizte die Gelegenheit, meinen in Deutschland schon fast vergessenen Namen mit dem glorreichen Andenken Friedrichs des Großen, wenn auch an einer sehr untergeordneten Stelle, in Berührung zu bringen. Ich wünschte sagen zu können, wie jener Küster nach dem Orgelspiel eines berühmten Virtuosen: Ich habe die Bälge dazu getreten.
Seit dem Empfange Ihres Briefes habe ich die Sache bereits zum Gegenstande meines Nachdenkens gemacht, und es bieten sich mir [4] Fragen in Menge dar. Ich will Ihnen aber heute nicht damit beschwerlich fallen, da die näheren Eröffnungen, die ich zu erwarten habe, vielleicht schon zum Theil die Antwort darauf enthalten werden.
Ihr Stillschweigen bedarf keiner Rechtfertigung: ich weiß ja, wie sehr Sie mit Geschäften überhäuft sind. Überdieß würde es mir übel anstehn, über unbeantwortete Briefe empfindlich zu werden, da ich selbst in diesem Stücke so schwere Schulden auf mich lade.
Genehmigen Sie, Herr Geheimerath, die Versicherung der ausgezeichneten Verehrung, womit ich die Ehre habe zu seyn
Ew. Hochwohlgeboren
ergebenster
A. W. v. Schlegel
Haben Sie doch die Güte mir zu sagen, ob Ihnen ein Exemplar meines vorjährigen Programms über den Zodiacus eingehändigt worden ist?
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