• Christian Gottlob von Voigt, der Jüngere to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Weimar · Place of Destination: Paris · Date: 03.06.1806
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Christian Gottlob von Voigt, der Jüngere
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Weimar
  • Place of Destination: Paris
  • Date: 03.06.1806
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 335‒336.
  • Incipit: „[1] Weimar, 3. Jun. 1806
    Ihr Brief verehrtester Freund, kam in meiner Abwesenheit hier an; daß ich ihn nun so spät erst [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-6
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,21,88
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 18,6 x 13,5 cm
    Language
  • German
[1] Weimar, 3. Jun. 1806
Ihr Brief verehrtester Freund, kam in meiner Abwesenheit hier an; daß ich ihn nun so spät erst beantworte, und den Empfang des Manuscripts welches Sie mir Namens der Dichterin zu Rom, anvertrauten so spät melde, hieraus schließen Sie ja nicht, der Auftrag selbst sey eben so von mir vernachlässiget worden; glauben Sie mir vielmehr, daß ich während einer Folge von unruhigen Tagen meines unfreundlichen Geschäftslebens Ihres Auftrags doch eingedenk, mich in verschiedene Buchhändlercorrespondenz setzte, und von einer Woche zur andren, Ihnen einen guten Erfolg davon melden zu können, vergeblich hoffte. Es ist mit dieser Sorte von Kaufleuten und Crämern in den bisherigen unglücklichen Zeiten nichts erfreuliches zu bewirken gewesen; der schwankende Zustand und Geldmangel zeigte sich auch in den kleinsten Geschäften, [2] und bey den mäßigsten Zumuthungen.
Endlich habe ich das Erbieten unsers Freundes Carl v. Hardenberg angenommen, und demselben das Manuscript von Egidio und Isabella übergeben. Er wird dessen Druck und Herausgabe in Almanachform besorgen, und die Verfasserin wird durch ihn ein Honorar erhalten, wie es auf eine andere Weise nicht zu erlangen gewesen wäre. Entschuldigen Sie mich, ich bitte, daß ich die eine Foderung, der schnellen Bekanntmachung und Herausgabe des Gedichts, nicht habe erfüllen können; ich sehe sehr ein, daß das bessere Honorar, in der Rücksicht die Sie mir zeigten, und die mir sehr einleuchtete, keinen Ersatz giebt. Ich kann aber nur beklagen, daß ich kein besseres Glück dabey gehabt habe.
Vom Bildhauer Tiek habe ich gestern einen Brief aus Rom erhalten. Die Berliner und Ziebinger [3] Ränke, machen ihm und den Seinigen vielen Kummer und Verdruß. Es schmerzt mich sehr, wenn ich oft denke, welchʼ ein glücklicher Künstler jetzt mein Tiek seyn könnte, ohne diese drückenden Verhältnisse; – freylich aber muß man ihn um so mehr schätzen und lieben, wenn man ihn leben, arbeiten und dulden sieht, nicht für sich, nur für die theure Schwester, die er mit Recht eines großen Opfers werth hält! –
Mit dem Plan zu einem Denkmal für Herder, steht es noch beym Alten. Die Zeiten sind solchen Unternehmen jetzt ungünstiger als je; es wollte keiner von bedeutenden Namen in meiner Nähe die Hand dazu bieten, und doch hätte ich für Tiek gern aus allen Kräften die Subscription befördern helfen.
Herders ältester Sohn der Hofmedicus ist vor 3. Wochen gestorben. Er war mein bester Jugendfreund, ein liebenswürdiger Mann und treflicher Arzt.
[4] Meine Frau wurde durch das freundliche Andenken und die wohlwollende Erinnerung ihres Berliner Aufenthalts, von denen Ihr Brief zeigt, höchlich erfreut; sie ist Ihre warme Verehrerin und Freundin, und sagt Ihnen den zierlichsten Dank.
Egidio und Isabella haben uns beide unaussprechlich entzückt; wäre die Welt nur nicht gar zu antipoetisch und platt, der Ruf der Dichterin müsste dadurch allein auf das herrlichste begründet werden.
Göthe ist im Begriff nach Carlsbad zu gehen, um sein Uebel im Unterleib zu vertreiben, was seit einiger Zeit oft wiederkam, und gefährlich zu werden drohte. Er freut sich Ihres Andenkens und emphielt sich Ihnen.
Unter den Formen welche Tiek hier gelassen, wird auch die der Auguste Böhmer seyn. Weisser kann auf Ihr Verlangen einen Ausguß fertigen.
Leben Sie wohl, und lassen Sie mich wissen, ob und wohin ich Ihnen wieder schreiben darf.
Ganz der Ihrige
Voigt
[1] Weimar, 3. Jun. 1806
Ihr Brief verehrtester Freund, kam in meiner Abwesenheit hier an; daß ich ihn nun so spät erst beantworte, und den Empfang des Manuscripts welches Sie mir Namens der Dichterin zu Rom, anvertrauten so spät melde, hieraus schließen Sie ja nicht, der Auftrag selbst sey eben so von mir vernachlässiget worden; glauben Sie mir vielmehr, daß ich während einer Folge von unruhigen Tagen meines unfreundlichen Geschäftslebens Ihres Auftrags doch eingedenk, mich in verschiedene Buchhändlercorrespondenz setzte, und von einer Woche zur andren, Ihnen einen guten Erfolg davon melden zu können, vergeblich hoffte. Es ist mit dieser Sorte von Kaufleuten und Crämern in den bisherigen unglücklichen Zeiten nichts erfreuliches zu bewirken gewesen; der schwankende Zustand und Geldmangel zeigte sich auch in den kleinsten Geschäften, [2] und bey den mäßigsten Zumuthungen.
Endlich habe ich das Erbieten unsers Freundes Carl v. Hardenberg angenommen, und demselben das Manuscript von Egidio und Isabella übergeben. Er wird dessen Druck und Herausgabe in Almanachform besorgen, und die Verfasserin wird durch ihn ein Honorar erhalten, wie es auf eine andere Weise nicht zu erlangen gewesen wäre. Entschuldigen Sie mich, ich bitte, daß ich die eine Foderung, der schnellen Bekanntmachung und Herausgabe des Gedichts, nicht habe erfüllen können; ich sehe sehr ein, daß das bessere Honorar, in der Rücksicht die Sie mir zeigten, und die mir sehr einleuchtete, keinen Ersatz giebt. Ich kann aber nur beklagen, daß ich kein besseres Glück dabey gehabt habe.
Vom Bildhauer Tiek habe ich gestern einen Brief aus Rom erhalten. Die Berliner und Ziebinger [3] Ränke, machen ihm und den Seinigen vielen Kummer und Verdruß. Es schmerzt mich sehr, wenn ich oft denke, welchʼ ein glücklicher Künstler jetzt mein Tiek seyn könnte, ohne diese drückenden Verhältnisse; – freylich aber muß man ihn um so mehr schätzen und lieben, wenn man ihn leben, arbeiten und dulden sieht, nicht für sich, nur für die theure Schwester, die er mit Recht eines großen Opfers werth hält! –
Mit dem Plan zu einem Denkmal für Herder, steht es noch beym Alten. Die Zeiten sind solchen Unternehmen jetzt ungünstiger als je; es wollte keiner von bedeutenden Namen in meiner Nähe die Hand dazu bieten, und doch hätte ich für Tiek gern aus allen Kräften die Subscription befördern helfen.
Herders ältester Sohn der Hofmedicus ist vor 3. Wochen gestorben. Er war mein bester Jugendfreund, ein liebenswürdiger Mann und treflicher Arzt.
[4] Meine Frau wurde durch das freundliche Andenken und die wohlwollende Erinnerung ihres Berliner Aufenthalts, von denen Ihr Brief zeigt, höchlich erfreut; sie ist Ihre warme Verehrerin und Freundin, und sagt Ihnen den zierlichsten Dank.
Egidio und Isabella haben uns beide unaussprechlich entzückt; wäre die Welt nur nicht gar zu antipoetisch und platt, der Ruf der Dichterin müsste dadurch allein auf das herrlichste begründet werden.
Göthe ist im Begriff nach Carlsbad zu gehen, um sein Uebel im Unterleib zu vertreiben, was seit einiger Zeit oft wiederkam, und gefährlich zu werden drohte. Er freut sich Ihres Andenkens und emphielt sich Ihnen.
Unter den Formen welche Tiek hier gelassen, wird auch die der Auguste Böhmer seyn. Weisser kann auf Ihr Verlangen einen Ausguß fertigen.
Leben Sie wohl, und lassen Sie mich wissen, ob und wohin ich Ihnen wieder schreiben darf.
Ganz der Ihrige
Voigt
×
×