• August Wilhelm von Schlegel to August Böckh

  • Place of Dispatch: Bonn · Place of Destination: Berlin · Date: 25.05.1844 bis 30.05.1844
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: August Böckh
  • Place of Dispatch: Bonn
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 25.05.1844 bis 30.05.1844
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 615‒618.
  • Incipit: „[1] [Bonn] d. 25sten Mai [18]44
    Mein hochgeehrtester Herr!
    Erlauben Sie mir, in diesem vertraulichen, für Sie allein bestimmten Briefe Ihnen meinen wohlgemeynten [...]“
    Manuscript
  • Provider: Berlin, Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften
  • Classification Number: VII, 62 Bl. 140-144
  • Number of Pages: 5 S., hs. m. U.
    Language
  • German
[1] [Bonn] d. 25sten Mai [18]44
Mein hochgeehrtester Herr!
Erlauben Sie mir, in diesem vertraulichen, für Sie allein bestimmten Briefe Ihnen meinen wohlgemeynten Rath ganz freimüthig mitzutheilen.
Wenn ich Ihnen in Berlin dieß und jenes vorschlug, so stellten Sie mir immer entgegen, der Ausschuß habe es bereits anders beschloßen; als sey dieß chose jugée und müße nun für immer unwiderruflich stehen bleiben.
So ist es freilich mit den Aussprüchen eines Tribunals: sie können nicht nach Willkühr, sondern nur durch andere gesetzliche Mittel aufgehoben werden.
Ganz anders aber ist es mit den Berathungen einer litterarischen Commißion, die nach dem Maßstabe der erworbenen Einsichten ihre Fehlgriffe sobald als möglich wieder gut machen muß, vorzüglich wenn sie glücklicher Weise noch nicht zur Ausführung gekommen sind.
[2] Ich wünsche Ihnen Glück dazu, daß Sie den, laut Protokoll vom 11. Jan. 1842, in Bezug auf die Orthographie gefaßten Beschluß geradezu umgestoßen haben, wiewohl ein so berühmter Name dabei an der Spitze steht. Wenn ich einmal Zeit habe, einen kurzen Abriß von der Geschichte der französischen Orthographie zu entwerfen, so werden Sie einsehen, daß der Vorschlag ebenso unausführbar, als unnütz war.
Wie viel mehr steht einem Souverain das Recht zu, in seiner eigenen Angelegenheit nach Belieben die ertheilten Bescheide zu modificiren, die vielleicht nur deswegen anfangs so ausgefallen sind, weil die Sache nicht in dem gehörigen Lichte vorgestellt worden war.
Aus meiner Correspondenz mit dem hochlöblichen Ausschusse ersehe ich, daß der Buchdrucker Decker schon sehr zeitig, ich finde nicht unter welchem Datum, Sr. Majestät einen incorrecten Probebogen vorzulegen gewagt hat. Hat er dieß auf eigne Hand gethan, so verdiente er einen tüchtigen Verweis; hat der Ausschuß seine Zustimmung ertheilt, so war es [3] ein schlimmer Fehlgriff. In dem Bericht desselben vom 24sten Januar 1841, den ich nur im Auszug vor mir habe, bin ich sogleich bei den zweideutigen Ausdrücken wesentlich und unwesentlich angestoßen. Bei der Herausgabe eines Buches ist das Wesentlichste für die Ächtheit, daß an dem Sinn und dem Gedanken des Autors nicht das geringste verändert werde. Ich habe jedoch bewiesen, daß Solöcismen sehr wohl weggeräumt werden können, ohne das Wesentlichste in der obigen Bedeutung zu berühren. Auf der anderen Seite ist es aber sehr wichtig, daß eine französisch abgefaßte Schrift auch wirklich französisch sey; und keine Sprache ist in Bezug auf Syntaxis und Sprachgebrauch gebieterischer, als gerade die französische. Die nachtheiligen Folgen sind leicht vorauszusehen: man würde den Nachdruckern ein schönes Spiel schaffen.
Mit den falsch geschriebenen eignen Namen hat es aber eine noch weit schlimmere Bewandtniß: die Namen könnten durch die falsche Schreibung ganz unkenntlich werden. Ich kann nun einmal nichts Eigenthümliches darin finden, [4] sondern bloß Nachlässigkeit, Vergeßlichkeit und eine fehlerhafte Angewöhnung. Nun bedenken Sie, was für ein Übelstand daraus entstehen würde! Der König schreibt z. B. immer Neuperg, und jedesmal sollte dieß in den Text kommen, und jedesmal Neipperg als Note darunter gesetzt werden? Schaffen Sie also vor allen Dingen die Noten unter dem Texte weg. Sind sie erst in einen Winkel geschoben, so mögen sie noch so überflüssig, verwirrt und abgeschmackt seyn; es fällt alsdann weniger auf, und die gebildeten Leser, denen es nur um den Autor, und nicht um den lächerlichen Ardelio zu thun ist, würden es vielleicht nicht einmal gewahr.
Lassen Sie zuvörderst einen zweiten Probebogen ohne Noten, ohne innere Titel und ohne unterbrechende Vignetten drucken und beide neben einander Sr. Majestät vorlegen, so wird der unermeßliche Abstand in Bezug auf typographische Schönheit sogleich auffallen. Wählen Sie dazu ein Stück aus den drei ausführlichen Regierungsgeschichten, wo die Noten wegfallen müssen, weil sie ohnehin entbehrlich sind.
[5] Bedenken Sie, diese Ausgabe soll ein Denkmal des großen Königs für die Nachwelt seyn: die Eile wäre hier unfehlbar Übereilung.
Sie haben gute Techniker, ich meyne nämlich die Pariser: den Schriftstecher, den Setzer, den Drucker, ohne Zweifel auch den Corrector; denn einem Pariser Prote kann man freilich nicht zumuthen, daß er die ausländischen geographischen Namen richtig schreiben soll, wenn ihm ein Doctor, ein Professor, der zwar viel tudesque, aber wenig französisch weiß, Fehler hinein corrigirt.
Aber Ihre angeblich gelehrten Abhandlungen: daß Gott erbarm! Ich bedaure Sie aufrichtig. Indessen habe ich Ihnen alles vorhergesagt und Sie haben mir niemals glauben wollen. Noch ist nichts verloren, weil Sie ja erst am Anfange des Anfanges der Ausführung stehen. Glauben Sie mir: machen Sie Ihr Ansehen als Director geltend; klopfen Sie dem Ardelio tüchtig auf die Finger, wenn es ihm darin juckt, überall seine unnützen Scholien anzuklecksen.
Es ist sehr zu billigen, daß Sie bei den laufen[6]den Titeln dem allgemeinen Theile einen besondern beigefügt haben. Denn darin besteht ja eben der Nutzen solcher Titel, daß man in einer Sammlung von Bänden mannigfaltigen Inhalts, was man jedes mal sucht, leicht auffinden könne. Aber der erste specielle Titel Introduction ist nicht passend: es ist ebensowohl eine summarische Erzählung, als das folgende. Überdieß soll ja ein Discours préliminaire vorhergehen und die beiden Ausdrücke sind ungefähr synonym. Theilen Sie das Ganze in Bücher ein: Livre I, jusquʼà‚ lʼavènement du Grand Électeur; in der Ausgabe von [17]89 macht das 80 Seiten. Dann die drei ausführlichen Regierungsgeschichten jede in ein besonderes Buch; endlich die Dissertations historiques in das fünfte Buch. Die Bücher werden ungefähr von gleicher Länge seyn, und dieß schafft Ihnen den Vortheil, die Noten an den Schluß der Bücher zu schieben.
Die Majuscules für die laufenden Titel könnten aus einer etwas kleinern Schrift genommen werden, um wo es nöthig, mehr Raum zu gewinnen.
[7] Warum ich auf die Wegschaffung der Noten zu dem ersten Buch ein so großes Gewicht lege, ist dieß: der Eingang der ganzen Sammlung wird dadurch ausnahmsweise typographisch verschimpft, und bei den drei folgenden Büchern sind gar keine Noten nöthig, ebenso wenig bei den meisten übrigen Werken.
Was die Mémoires selbst betrifft, so ist ein ungeheurer Abstand zwischen der meisterhaften Darstellung der drei letzten Regierungen, und der Behandlung der älteren Zeiträume. Diese sind eine sehr oberflächliche Arbeit; ich sage viel zu wenig: es ist ein Labyrinth von unglaublichen Irrthümern, besonders in der früheren dunkeln Zeit.
Bonn, d. 30. Mai 1844
Ich bin mit meiner Gesundheit so übel daran, daß jede Arbeit, die ich unternehme, nur sehr langsam vorrückt. Dießmal kam noch zu meinen gewöhnlichen Leiden, Asthma und Schlafsucht, eine starke Heiserkeit hinzu, wobei ich alles Sprechen vermeiden mußte, so daß ich mei[8]nem Sekretär nicht diktiren konnte. Ich will den Brief jedoch nicht länger verzögern. Sonst hätte ich Ihnen noch manches zu sagen gehabt, wofern Sie anders meine Bemerkungen gehörig erwägen wollen. Übrigens war Ihre Mittheilung unvollständig; um die Texte genau zu vergleichen, hätte ich die authentische Quart-Ausgabe vor Augen haben müssen. Ich habe mir nun mit dem ersten Entwurfe in dem Bande der Königl. Akademie vom Jahre 1748 so gut wie möglich geholfen. Ich lege Ihnen bei, was von meinen Bemerkungen über die Noten ins Reine hat geschrieben werden können. Indessen habe ich einige übersprungen, um die Beleuchtung des Alchimisten zu Ihrer Ergötzung vorzulegen, woraus Sie ersehen werden, welch ein Pedant und Kleinigkeitskrämer Ihr Ardelio ist.
In dem Schreiben Sr. Majestät an mich werden auch die Gedächtnißfehler unter die unwesentlichen Versehen gerechnet, die wegzuräumen sind. Nun sind aber die irrigen Jahrszahlen und verwechselten Namen ausgemacht Gedächtnißfehler: Sie sind also meines [9] Erachtens vollkommen berechtigt, sie stillschweigend wegzuräumen. Wenn Sie aber irgend zweifelhaft darüber sind, so dürfen Sie ja nur Allerhöchsten Ortes um eine authentische Erklärung bitten.
Wenn ich im Voraus davon gewußt hätte, so würde ich den Antrag auf einzufügende Vignetten sehr nachdrücklich abgerathen haben: sie sind in jedem Falle der typographischen Schönheit nachtheilig. Hier war der Stoff noch einigermaßen günstig, weil mittelalterliche Costume in den Compositionen angebracht werden konnten. Zu den meisten Schriften Friedrichs des Großen, den philosophischen Abhandlungen, fast sämtlichen Gedichten und den Briefen passen ja dergleichen Vorstellungen durchaus nicht. Melden Sie mir doch, ob die drei Vignetten in den ersten 16 Seiten schon definitiv angenommen sind, oder nicht.
Nächstens erhalten Sie wieder eine briefliche Mittheilung von mir. Für heute empfehle ich [10] mich mit der Versicherung meiner ausgezeichnetsten Hochachtung.
Ihr ergebenster
A. W. v. Schlegel
[1] [Bonn] d. 25sten Mai [18]44
Mein hochgeehrtester Herr!
Erlauben Sie mir, in diesem vertraulichen, für Sie allein bestimmten Briefe Ihnen meinen wohlgemeynten Rath ganz freimüthig mitzutheilen.
Wenn ich Ihnen in Berlin dieß und jenes vorschlug, so stellten Sie mir immer entgegen, der Ausschuß habe es bereits anders beschloßen; als sey dieß chose jugée und müße nun für immer unwiderruflich stehen bleiben.
So ist es freilich mit den Aussprüchen eines Tribunals: sie können nicht nach Willkühr, sondern nur durch andere gesetzliche Mittel aufgehoben werden.
Ganz anders aber ist es mit den Berathungen einer litterarischen Commißion, die nach dem Maßstabe der erworbenen Einsichten ihre Fehlgriffe sobald als möglich wieder gut machen muß, vorzüglich wenn sie glücklicher Weise noch nicht zur Ausführung gekommen sind.
[2] Ich wünsche Ihnen Glück dazu, daß Sie den, laut Protokoll vom 11. Jan. 1842, in Bezug auf die Orthographie gefaßten Beschluß geradezu umgestoßen haben, wiewohl ein so berühmter Name dabei an der Spitze steht. Wenn ich einmal Zeit habe, einen kurzen Abriß von der Geschichte der französischen Orthographie zu entwerfen, so werden Sie einsehen, daß der Vorschlag ebenso unausführbar, als unnütz war.
Wie viel mehr steht einem Souverain das Recht zu, in seiner eigenen Angelegenheit nach Belieben die ertheilten Bescheide zu modificiren, die vielleicht nur deswegen anfangs so ausgefallen sind, weil die Sache nicht in dem gehörigen Lichte vorgestellt worden war.
Aus meiner Correspondenz mit dem hochlöblichen Ausschusse ersehe ich, daß der Buchdrucker Decker schon sehr zeitig, ich finde nicht unter welchem Datum, Sr. Majestät einen incorrecten Probebogen vorzulegen gewagt hat. Hat er dieß auf eigne Hand gethan, so verdiente er einen tüchtigen Verweis; hat der Ausschuß seine Zustimmung ertheilt, so war es [3] ein schlimmer Fehlgriff. In dem Bericht desselben vom 24sten Januar 1841, den ich nur im Auszug vor mir habe, bin ich sogleich bei den zweideutigen Ausdrücken wesentlich und unwesentlich angestoßen. Bei der Herausgabe eines Buches ist das Wesentlichste für die Ächtheit, daß an dem Sinn und dem Gedanken des Autors nicht das geringste verändert werde. Ich habe jedoch bewiesen, daß Solöcismen sehr wohl weggeräumt werden können, ohne das Wesentlichste in der obigen Bedeutung zu berühren. Auf der anderen Seite ist es aber sehr wichtig, daß eine französisch abgefaßte Schrift auch wirklich französisch sey; und keine Sprache ist in Bezug auf Syntaxis und Sprachgebrauch gebieterischer, als gerade die französische. Die nachtheiligen Folgen sind leicht vorauszusehen: man würde den Nachdruckern ein schönes Spiel schaffen.
Mit den falsch geschriebenen eignen Namen hat es aber eine noch weit schlimmere Bewandtniß: die Namen könnten durch die falsche Schreibung ganz unkenntlich werden. Ich kann nun einmal nichts Eigenthümliches darin finden, [4] sondern bloß Nachlässigkeit, Vergeßlichkeit und eine fehlerhafte Angewöhnung. Nun bedenken Sie, was für ein Übelstand daraus entstehen würde! Der König schreibt z. B. immer Neuperg, und jedesmal sollte dieß in den Text kommen, und jedesmal Neipperg als Note darunter gesetzt werden? Schaffen Sie also vor allen Dingen die Noten unter dem Texte weg. Sind sie erst in einen Winkel geschoben, so mögen sie noch so überflüssig, verwirrt und abgeschmackt seyn; es fällt alsdann weniger auf, und die gebildeten Leser, denen es nur um den Autor, und nicht um den lächerlichen Ardelio zu thun ist, würden es vielleicht nicht einmal gewahr.
Lassen Sie zuvörderst einen zweiten Probebogen ohne Noten, ohne innere Titel und ohne unterbrechende Vignetten drucken und beide neben einander Sr. Majestät vorlegen, so wird der unermeßliche Abstand in Bezug auf typographische Schönheit sogleich auffallen. Wählen Sie dazu ein Stück aus den drei ausführlichen Regierungsgeschichten, wo die Noten wegfallen müssen, weil sie ohnehin entbehrlich sind.
[5] Bedenken Sie, diese Ausgabe soll ein Denkmal des großen Königs für die Nachwelt seyn: die Eile wäre hier unfehlbar Übereilung.
Sie haben gute Techniker, ich meyne nämlich die Pariser: den Schriftstecher, den Setzer, den Drucker, ohne Zweifel auch den Corrector; denn einem Pariser Prote kann man freilich nicht zumuthen, daß er die ausländischen geographischen Namen richtig schreiben soll, wenn ihm ein Doctor, ein Professor, der zwar viel tudesque, aber wenig französisch weiß, Fehler hinein corrigirt.
Aber Ihre angeblich gelehrten Abhandlungen: daß Gott erbarm! Ich bedaure Sie aufrichtig. Indessen habe ich Ihnen alles vorhergesagt und Sie haben mir niemals glauben wollen. Noch ist nichts verloren, weil Sie ja erst am Anfange des Anfanges der Ausführung stehen. Glauben Sie mir: machen Sie Ihr Ansehen als Director geltend; klopfen Sie dem Ardelio tüchtig auf die Finger, wenn es ihm darin juckt, überall seine unnützen Scholien anzuklecksen.
Es ist sehr zu billigen, daß Sie bei den laufen[6]den Titeln dem allgemeinen Theile einen besondern beigefügt haben. Denn darin besteht ja eben der Nutzen solcher Titel, daß man in einer Sammlung von Bänden mannigfaltigen Inhalts, was man jedes mal sucht, leicht auffinden könne. Aber der erste specielle Titel Introduction ist nicht passend: es ist ebensowohl eine summarische Erzählung, als das folgende. Überdieß soll ja ein Discours préliminaire vorhergehen und die beiden Ausdrücke sind ungefähr synonym. Theilen Sie das Ganze in Bücher ein: Livre I, jusquʼà‚ lʼavènement du Grand Électeur; in der Ausgabe von [17]89 macht das 80 Seiten. Dann die drei ausführlichen Regierungsgeschichten jede in ein besonderes Buch; endlich die Dissertations historiques in das fünfte Buch. Die Bücher werden ungefähr von gleicher Länge seyn, und dieß schafft Ihnen den Vortheil, die Noten an den Schluß der Bücher zu schieben.
Die Majuscules für die laufenden Titel könnten aus einer etwas kleinern Schrift genommen werden, um wo es nöthig, mehr Raum zu gewinnen.
[7] Warum ich auf die Wegschaffung der Noten zu dem ersten Buch ein so großes Gewicht lege, ist dieß: der Eingang der ganzen Sammlung wird dadurch ausnahmsweise typographisch verschimpft, und bei den drei folgenden Büchern sind gar keine Noten nöthig, ebenso wenig bei den meisten übrigen Werken.
Was die Mémoires selbst betrifft, so ist ein ungeheurer Abstand zwischen der meisterhaften Darstellung der drei letzten Regierungen, und der Behandlung der älteren Zeiträume. Diese sind eine sehr oberflächliche Arbeit; ich sage viel zu wenig: es ist ein Labyrinth von unglaublichen Irrthümern, besonders in der früheren dunkeln Zeit.
Bonn, d. 30. Mai 1844
Ich bin mit meiner Gesundheit so übel daran, daß jede Arbeit, die ich unternehme, nur sehr langsam vorrückt. Dießmal kam noch zu meinen gewöhnlichen Leiden, Asthma und Schlafsucht, eine starke Heiserkeit hinzu, wobei ich alles Sprechen vermeiden mußte, so daß ich mei[8]nem Sekretär nicht diktiren konnte. Ich will den Brief jedoch nicht länger verzögern. Sonst hätte ich Ihnen noch manches zu sagen gehabt, wofern Sie anders meine Bemerkungen gehörig erwägen wollen. Übrigens war Ihre Mittheilung unvollständig; um die Texte genau zu vergleichen, hätte ich die authentische Quart-Ausgabe vor Augen haben müssen. Ich habe mir nun mit dem ersten Entwurfe in dem Bande der Königl. Akademie vom Jahre 1748 so gut wie möglich geholfen. Ich lege Ihnen bei, was von meinen Bemerkungen über die Noten ins Reine hat geschrieben werden können. Indessen habe ich einige übersprungen, um die Beleuchtung des Alchimisten zu Ihrer Ergötzung vorzulegen, woraus Sie ersehen werden, welch ein Pedant und Kleinigkeitskrämer Ihr Ardelio ist.
In dem Schreiben Sr. Majestät an mich werden auch die Gedächtnißfehler unter die unwesentlichen Versehen gerechnet, die wegzuräumen sind. Nun sind aber die irrigen Jahrszahlen und verwechselten Namen ausgemacht Gedächtnißfehler: Sie sind also meines [9] Erachtens vollkommen berechtigt, sie stillschweigend wegzuräumen. Wenn Sie aber irgend zweifelhaft darüber sind, so dürfen Sie ja nur Allerhöchsten Ortes um eine authentische Erklärung bitten.
Wenn ich im Voraus davon gewußt hätte, so würde ich den Antrag auf einzufügende Vignetten sehr nachdrücklich abgerathen haben: sie sind in jedem Falle der typographischen Schönheit nachtheilig. Hier war der Stoff noch einigermaßen günstig, weil mittelalterliche Costume in den Compositionen angebracht werden konnten. Zu den meisten Schriften Friedrichs des Großen, den philosophischen Abhandlungen, fast sämtlichen Gedichten und den Briefen passen ja dergleichen Vorstellungen durchaus nicht. Melden Sie mir doch, ob die drei Vignetten in den ersten 16 Seiten schon definitiv angenommen sind, oder nicht.
Nächstens erhalten Sie wieder eine briefliche Mittheilung von mir. Für heute empfehle ich [10] mich mit der Versicherung meiner ausgezeichnetsten Hochachtung.
Ihr ergebenster
A. W. v. Schlegel
· Konzept , 25.05.1844
· Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
· Mscr.Dresd.e.90,LXXV,Nr.8b
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