• August Wilhelm von Schlegel to Johann Albrecht Friedrich Eichhorn

  • Place of Dispatch: Bonn · Place of Destination: Berlin · Date: 09.06.1844
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Johann Albrecht Friedrich Eichhorn
  • Place of Dispatch: Bonn
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 09.06.1844
  • Notations: Konzept. – Überwiegend die Handschrift des Sekretäts August Wilhelm Schlegels.
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: id-512528756
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,LXXV,Nr.2b(3)
  • Number of Pages: 14 S.
  • Incipit: „[1] Hochzuverehrender Herr Staatsminister!
    Ew. Excellenz habe ich die Ehre, anbei zwei auf die neue Ausgabe der Werke Friedrichs des Großen [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Bürger, Thomas
[1] Hochzuverehrender Herr Staatsminister!
Ew. Excellenz habe ich die Ehre, anbei zwei auf die neue Ausgabe der Werke Friedrichs des Großen bezügliche Aufsätze ehrerbietigst zu übersenden, für welche ich eine ebenso günstige Aufnahme hoffe, als Hochdieselben vor drei Jahren meinem mündlichen Vortrage über denselben ebendiesen Gegenstand angedeihen ließen.
Jetzt aber, da ich noch nicht im Stande gewesen bin, dem am 15. Mai vorigen Jahres unmittelbar vom Könige empfangenen, eben so huldreichen als ehrenvollen Auftrage [2] 2 durch Vollendung der allgemeinen Einleitung zu des verewigten erhabenen Vorgängers Werken Genüge zu leisten, muß ich dringend wünschen Se. Majestät zu überzeugen, daß ich seitdem unabläßlichig mit den Vorarbeiten zur Lösung der schwierigen Aufgabe beschäftigt gewesen bin. Hierzu wird ein flüchtiger Blick auf diese Arbeiten hinreichen, die ich Ew. Exc. angelegentlich bitte unserm allergnädigsten Monarchen in meinem Namen zu Füßen zu legen. Sollten Se. Majestät geruhen, von so vielen wichtigen Staats[3] 3 gecheftengeschäften sich auf einige Augenblicke zur nähern Kenntnißnahme abzumüßigen, so würde ich darin die belohnendste Aufmunterung finden.
Bei meinem weit vorgerückten Alter von 77 Jahren werde ich, nach aller Wahrscheinlichkeit gemäß, kaum dem kleinsteneren Theile nach die Fortführung der so eben begonnenen Ausgabe erleben. Es ist ein sehr umfassendes gelehrtes Unternehmen, zu dessen gelungener Vollendung nur ein fein unterscheidender Geschmack, eine allseitige Geistesbildung und insbe[4] 4 besondere eine vollkommene Kennerschaft der französischen Sprache und Litteratur den Herausgebern, wie schätzbar auch ihre anderweitigen Verdienste seyn mögen, einen entschiedenen Beruf geben kann. In Bei einem Werke, das ein bleibendes Denkmal für die Nachwelt seyn soll, wäre die Eile jedenfalls Übereilung. Meines Erachtens muß der Stoff schon nach allen Richtungen durchgearbeitet, alle Zuthaten müssen vorbereitet seyn, ehe man Hand an den Druck legt; und daß die akademische Commission dieses schon geleistet [5] 5 habe, ist mir bisher wenigstens nicht bekannt geworden. Ich habe daher geglaubt, etwas Nützliches für die Zukunft zu leisten, wenn ich in den Mußestunden, welche mir das Studium der Werke selbst übrig ließ, meine Gedanken über die beste Anordnung und sonstige Einrichtung schriftlich abfaßte: und zwar Gganz unbekümmert um die Meynungen und Ansichten der Commission, welche fast nie mit den meinigen übereinzustimmen pflegten. Vielleicht kann also dieser vorläufige Entwurf in der Folge nützlich werden: denn es dürfte schwer seyn, im voraus eine Zuweisung Vorschrift für das in allen einzelnen Fällen, wobei Zweifel eintreten können, zu beobachtende Verfahren aufzustellen.
[6] 6 Ew. E. darf ich wohl nicht ausdrücklich versichern, daß die akademische Commission ohne mein Vorwissen und ganz gegen meinen Wunsch eine wiederholte Berufung nach Berlin für mich beantragt hat, da ich mich in dem Falle sehe, erklären und durch das beigelegte ärztliche Zeugniß beglaubigen zu müssen, daß ich in meinem leidenden Gesundheitszustande bei sehr gesunknen Kräften für jetzt außer Stande bin, eine weite Reise zu unternehmen u meine Penaten auf geraume Zeit zu verlassen
In dem an E. E. ergangenen allerhöchsten Befehle
finde ich vom 8ten Januar dieses Jahres finde ich einen neuen Grund der Dankbarkeit für die mir schon oft bewährten gnädigen Gesinnungen Sr Majestät.
Nur unter der Voraussetzung, daß ich es für durchaus nöthig halte,
die für die neue Ausgabe gesammelten Materialien selbst einzusehen, genehmigt des Königs Majestät die fragliche Einladung.
[7] 7 Nach empfangenen Auftrage habe ich allerdings die Commission ersucht, mir sowohl die Drucke aus dem Umlaufe verschwundenen Drucke einzelner Schriften oder Briefe Friedrichs des Zweiten für als die Inedita für d für die Zeit des Gebrauchs zukommen zu lassen. *Mir schien Ddiese Mittteilung in meiner Stellung sich von selbst zu verstehen. Dennoch hat die Commission sie mir verweigert, aber unter so nichtigen Vorwänden, daß ich mich schämen würde, mit deren ausführlicher Darlegung E. E. beschwerlich zu fallen.
Mit Reclamationen
woll wollte ich meine Zeit nicht verlieren, da ich vorhersah, daß sie fruchtlos seyn würden, falls nicht eine höhere Staatsbehörde einschritte. Ich erwog aber, daß meine Vorrede nicht zu einem Bande anwachsen dürfe, daß sie keine bibliographische Notiz seyn solle, wo auch das kleinste nicht übergangen werden darf; sondern die Aufgabe sey, den Cha[8] 8 rakter ehe den Helden als Denker, Dichter und Geschichtschreiber in allgemeinen Zügen zu schildern u seinen Geist u Charakter aufzufassen. Dieß Um dieß zu leisten, so weit meine Einsichten reichen, und so weit es mir gelungen ist mir die Gabe des Vortrags in meiner zweiten Muttersprache, der französischen, anzueignen, schien mir das Studium der Werke Werke selbst die beste Vorbereitung; und hiezu genügte mir die Ausgabe von 1788 u 89 vollkommen, da sie unläugbar die wichtigsten Schriften enthält. Zugleich habe ich meine Aufmerksamkeit den Schriften der berühmtesten Zeitgenossen zugewendet, die mit dem Könige in persönlichen Verhältnissen standen, die von dʼArgens, dʼAlembe als der Marquis dʼArgens, Voltaire, DʼAlembert, Algarotti, Guibert, der Prinz von Ligne u s. w; ich habe mir alles ausgezeichnet, was auf die Richtung seines Geistes in jedem Lebensalter Licht wirft. Jetzt da ich mir schmeichle des Gehaltes ziemlich Meister [9] 9 zu seyn, kann ich mit größerer mehr Sicherheit an die Ausführung gehen, wiewohl auch die Form große Sorgfallt erfodert, und wiewohl mich oft die Besorgniß xx xx Bemerkung beunruhigt, die, wo ich nicht irre, der große König gemacht hat,: das Greisenalter schwäche auch den Nachdruck des Styles. Hier, in meiner stillen Eingezogenheit, die schon lange meine Gewohnheit war, und mir nun ein Bedürfniß geworden ist, hoffe ich bei leidlichem Befinden in einigen Monaten fertig zu werden. In Berlin hingegen würden mir manche Hülfsmittel fehlen, z. B. meine Bibliothek und mein Secretär, *und ich würde den gesellschaftlichen Störungen nicht entgehen können. Weit entfernt also, daß ich diese Reise für durchaus nöthig halten sollte, sehe ich davon nur eine nachtheilige Zerstörun Zerstreuung und Verzögerung voraus.
Es ist mir noch nicht gelungen, aus den weitläuftigen
*u verworrenen Berichten des Herrn Preuß eine klare Übersicht des wirklichen Zuwachses [10] 10 zu gewinnen. Hr. Preuß ist ein eifriger Sammler, aber Sammlern ohne Urtheil und Geschmack begegnet es leicht, daß sie ihren Fund überschätzen.
Ich bezweifle sehr, daß die Bereicherung an geistigem Gehalt bedeutend seyn werde. Hr. Preuß glaubt sich ein großes Verdienst zu erwerben, indem er aus allen Winkeln zusammenscharrt, was jemals aus der Feder Friedrichs II. geflossen oder von ihm dictirt worden ist, wie verschiedenartig es auch seyn möge. Wie hätte er sonst eine Menge deutscher Aufsätze, und nicht weniger als 10 deutsche Correspondenzen angeführt, wenn er nicht zuversichtlich erwartete, daß dieses [11] 11. der Sprache und dem Inhalte nach buntes Gemisch in die Sammlung der Werke aufgenommen werden müsse? Als Schriftsteller hat K. Friedrich II. durchaus nur in französischer Sprache auftreten wollen, und zwar vor dem europäischen Publicum, denn als einen Hauptgrund seiner Wahl führt er an, daß sie in Europa am weitesten verbreitet sey.
Bei einer unter Königlichen Auspicien erscheinenden Ausgabe wird auch das Einzelne wichtig, weil die Würde des glorreichen Urhebers und seines für alles Edle und Große begeisterten Nachfolgers den Maßstab für das öffentliche [12] 12 Urtheil in der ganzen gebildeten Welt abgiebt.
Meines Erachtens muß demnach der Abdru die Frage, ob ein bisher ungedruckter Aufsatz oder Brief in die neue Ausgabe aufgenommen werden soll oder nicht, der Allerhöchsten Entscheidung vorbehalten bleiben. Dieß war der erste Punkt, worüber meine Meynung zu dem eigenmächtigen Vorhaben der akademischen Commission sich im entschiedensten Gegensatze befand. Zwar wird es nicht nöthig seyn, Sr. Majestät alles von dem Hrn. Preuß Zusammengeraffte vorzulegen, da alles deutsch oder vielmehr undeutsch Geschriebene m schon durch die Bestimmung des Titels Œuvres de Frédéric II, Roi [13] 13 de Prusse von selbst wegfällt. Aber ich gehe noch weiter. In der am allgemeinsten vorbereiteten Ausgabe der Œuvres posthumes nebst ihren Nachträgen haben sich mir schwerste und wichtige Bedenklichkeiten gegen den erneuerten Abdruck einzelner Stellen und ganzer Stücke *mir so ernste und wichtige Bedenklichkeiten aufgedrängt, daß ich wünschen muß, vermöge meiner Dienstpflicht sie Sr. Majestät unmittelbar vorzutragen. Schwerlich kann dem Gedächtnisse des Königs jeder Ausdruck, jede Anspielung, gegenwärtig seyn, besonders solche Stellen, die durchaus vermittelst [14] 14. der Auslassung einzelner Wörter und halben Zeilen einigermaßen verkleidet sind.
Ew. Excellenz werden mich daher unendlich verpflichten, wenn Sie sich für mich um die Allergnädigste Erlaubniß verwenden wollen, diese Zweifel in möglichster Kürze Sr. Majestät schriftlich vorzutragen.
Genehmigen Sie, hochgeehrtester Herr Staatsminister, den Ausdruck meiner ehrerbietigsten Gesinnungen, womit ich die Ehre habe zu seyn
Ew. Excellenz
Bonn Bonn, d. 9. Juni 1844.
An
des Herrn Geheimen Staats-
ministers Eichhorn Excellenz
in
Berlin
[15] 15.
[16] [leer]
[1] Hochzuverehrender Herr Staatsminister!
Ew. Excellenz habe ich die Ehre, anbei zwei auf die neue Ausgabe der Werke Friedrichs des Großen bezügliche Aufsätze ehrerbietigst zu übersenden, für welche ich eine ebenso günstige Aufnahme hoffe, als Hochdieselben vor drei Jahren meinem mündlichen Vortrage über denselben ebendiesen Gegenstand angedeihen ließen.
Jetzt aber, da ich noch nicht im Stande gewesen bin, dem am 15. Mai vorigen Jahres unmittelbar vom Könige empfangenen, eben so huldreichen als ehrenvollen Auftrage [2] 2 durch Vollendung der allgemeinen Einleitung zu des verewigten erhabenen Vorgängers Werken Genüge zu leisten, muß ich dringend wünschen Se. Majestät zu überzeugen, daß ich seitdem unabläßlichig mit den Vorarbeiten zur Lösung der schwierigen Aufgabe beschäftigt gewesen bin. Hierzu wird ein flüchtiger Blick auf diese Arbeiten hinreichen, die ich Ew. Exc. angelegentlich bitte unserm allergnädigsten Monarchen in meinem Namen zu Füßen zu legen. Sollten Se. Majestät geruhen, von so vielen wichtigen Staats[3] 3 gecheftengeschäften sich auf einige Augenblicke zur nähern Kenntnißnahme abzumüßigen, so würde ich darin die belohnendste Aufmunterung finden.
Bei meinem weit vorgerückten Alter von 77 Jahren werde ich, nach aller Wahrscheinlichkeit gemäß, kaum dem kleinsteneren Theile nach die Fortführung der so eben begonnenen Ausgabe erleben. Es ist ein sehr umfassendes gelehrtes Unternehmen, zu dessen gelungener Vollendung nur ein fein unterscheidender Geschmack, eine allseitige Geistesbildung und insbe[4] 4 besondere eine vollkommene Kennerschaft der französischen Sprache und Litteratur den Herausgebern, wie schätzbar auch ihre anderweitigen Verdienste seyn mögen, einen entschiedenen Beruf geben kann. In Bei einem Werke, das ein bleibendes Denkmal für die Nachwelt seyn soll, wäre die Eile jedenfalls Übereilung. Meines Erachtens muß der Stoff schon nach allen Richtungen durchgearbeitet, alle Zuthaten müssen vorbereitet seyn, ehe man Hand an den Druck legt; und daß die akademische Commission dieses schon geleistet [5] 5 habe, ist mir bisher wenigstens nicht bekannt geworden. Ich habe daher geglaubt, etwas Nützliches für die Zukunft zu leisten, wenn ich in den Mußestunden, welche mir das Studium der Werke selbst übrig ließ, meine Gedanken über die beste Anordnung und sonstige Einrichtung schriftlich abfaßte: und zwar Gganz unbekümmert um die Meynungen und Ansichten der Commission, welche fast nie mit den meinigen übereinzustimmen pflegten. Vielleicht kann also dieser vorläufige Entwurf in der Folge nützlich werden: denn es dürfte schwer seyn, im voraus eine Zuweisung Vorschrift für das in allen einzelnen Fällen, wobei Zweifel eintreten können, zu beobachtende Verfahren aufzustellen.
[6] 6 Ew. E. darf ich wohl nicht ausdrücklich versichern, daß die akademische Commission ohne mein Vorwissen und ganz gegen meinen Wunsch eine wiederholte Berufung nach Berlin für mich beantragt hat, da ich mich in dem Falle sehe, erklären und durch das beigelegte ärztliche Zeugniß beglaubigen zu müssen, daß ich in meinem leidenden Gesundheitszustande bei sehr gesunknen Kräften für jetzt außer Stande bin, eine weite Reise zu unternehmen u meine Penaten auf geraume Zeit zu verlassen
In dem an E. E. ergangenen allerhöchsten Befehle
finde ich vom 8ten Januar dieses Jahres finde ich einen neuen Grund der Dankbarkeit für die mir schon oft bewährten gnädigen Gesinnungen Sr Majestät.
Nur unter der Voraussetzung, daß ich es für durchaus nöthig halte,
die für die neue Ausgabe gesammelten Materialien selbst einzusehen, genehmigt des Königs Majestät die fragliche Einladung.
[7] 7 Nach empfangenen Auftrage habe ich allerdings die Commission ersucht, mir sowohl die Drucke aus dem Umlaufe verschwundenen Drucke einzelner Schriften oder Briefe Friedrichs des Zweiten für als die Inedita für d für die Zeit des Gebrauchs zukommen zu lassen. *Mir schien Ddiese Mittteilung in meiner Stellung sich von selbst zu verstehen. Dennoch hat die Commission sie mir verweigert, aber unter so nichtigen Vorwänden, daß ich mich schämen würde, mit deren ausführlicher Darlegung E. E. beschwerlich zu fallen.
Mit Reclamationen
woll wollte ich meine Zeit nicht verlieren, da ich vorhersah, daß sie fruchtlos seyn würden, falls nicht eine höhere Staatsbehörde einschritte. Ich erwog aber, daß meine Vorrede nicht zu einem Bande anwachsen dürfe, daß sie keine bibliographische Notiz seyn solle, wo auch das kleinste nicht übergangen werden darf; sondern die Aufgabe sey, den Cha[8] 8 rakter ehe den Helden als Denker, Dichter und Geschichtschreiber in allgemeinen Zügen zu schildern u seinen Geist u Charakter aufzufassen. Dieß Um dieß zu leisten, so weit meine Einsichten reichen, und so weit es mir gelungen ist mir die Gabe des Vortrags in meiner zweiten Muttersprache, der französischen, anzueignen, schien mir das Studium der Werke Werke selbst die beste Vorbereitung; und hiezu genügte mir die Ausgabe von 1788 u 89 vollkommen, da sie unläugbar die wichtigsten Schriften enthält. Zugleich habe ich meine Aufmerksamkeit den Schriften der berühmtesten Zeitgenossen zugewendet, die mit dem Könige in persönlichen Verhältnissen standen, die von dʼArgens, dʼAlembe als der Marquis dʼArgens, Voltaire, DʼAlembert, Algarotti, Guibert, der Prinz von Ligne u s. w; ich habe mir alles ausgezeichnet, was auf die Richtung seines Geistes in jedem Lebensalter Licht wirft. Jetzt da ich mir schmeichle des Gehaltes ziemlich Meister [9] 9 zu seyn, kann ich mit größerer mehr Sicherheit an die Ausführung gehen, wiewohl auch die Form große Sorgfallt erfodert, und wiewohl mich oft die Besorgniß xx xx Bemerkung beunruhigt, die, wo ich nicht irre, der große König gemacht hat,: das Greisenalter schwäche auch den Nachdruck des Styles. Hier, in meiner stillen Eingezogenheit, die schon lange meine Gewohnheit war, und mir nun ein Bedürfniß geworden ist, hoffe ich bei leidlichem Befinden in einigen Monaten fertig zu werden. In Berlin hingegen würden mir manche Hülfsmittel fehlen, z. B. meine Bibliothek und mein Secretär, *und ich würde den gesellschaftlichen Störungen nicht entgehen können. Weit entfernt also, daß ich diese Reise für durchaus nöthig halten sollte, sehe ich davon nur eine nachtheilige Zerstörun Zerstreuung und Verzögerung voraus.
Es ist mir noch nicht gelungen, aus den weitläuftigen
*u verworrenen Berichten des Herrn Preuß eine klare Übersicht des wirklichen Zuwachses [10] 10 zu gewinnen. Hr. Preuß ist ein eifriger Sammler, aber Sammlern ohne Urtheil und Geschmack begegnet es leicht, daß sie ihren Fund überschätzen.
Ich bezweifle sehr, daß die Bereicherung an geistigem Gehalt bedeutend seyn werde. Hr. Preuß glaubt sich ein großes Verdienst zu erwerben, indem er aus allen Winkeln zusammenscharrt, was jemals aus der Feder Friedrichs II. geflossen oder von ihm dictirt worden ist, wie verschiedenartig es auch seyn möge. Wie hätte er sonst eine Menge deutscher Aufsätze, und nicht weniger als 10 deutsche Correspondenzen angeführt, wenn er nicht zuversichtlich erwartete, daß dieses [11] 11. der Sprache und dem Inhalte nach buntes Gemisch in die Sammlung der Werke aufgenommen werden müsse? Als Schriftsteller hat K. Friedrich II. durchaus nur in französischer Sprache auftreten wollen, und zwar vor dem europäischen Publicum, denn als einen Hauptgrund seiner Wahl führt er an, daß sie in Europa am weitesten verbreitet sey.
Bei einer unter Königlichen Auspicien erscheinenden Ausgabe wird auch das Einzelne wichtig, weil die Würde des glorreichen Urhebers und seines für alles Edle und Große begeisterten Nachfolgers den Maßstab für das öffentliche [12] 12 Urtheil in der ganzen gebildeten Welt abgiebt.
Meines Erachtens muß demnach der Abdru die Frage, ob ein bisher ungedruckter Aufsatz oder Brief in die neue Ausgabe aufgenommen werden soll oder nicht, der Allerhöchsten Entscheidung vorbehalten bleiben. Dieß war der erste Punkt, worüber meine Meynung zu dem eigenmächtigen Vorhaben der akademischen Commission sich im entschiedensten Gegensatze befand. Zwar wird es nicht nöthig seyn, Sr. Majestät alles von dem Hrn. Preuß Zusammengeraffte vorzulegen, da alles deutsch oder vielmehr undeutsch Geschriebene m schon durch die Bestimmung des Titels Œuvres de Frédéric II, Roi [13] 13 de Prusse von selbst wegfällt. Aber ich gehe noch weiter. In der am allgemeinsten vorbereiteten Ausgabe der Œuvres posthumes nebst ihren Nachträgen haben sich mir schwerste und wichtige Bedenklichkeiten gegen den erneuerten Abdruck einzelner Stellen und ganzer Stücke *mir so ernste und wichtige Bedenklichkeiten aufgedrängt, daß ich wünschen muß, vermöge meiner Dienstpflicht sie Sr. Majestät unmittelbar vorzutragen. Schwerlich kann dem Gedächtnisse des Königs jeder Ausdruck, jede Anspielung, gegenwärtig seyn, besonders solche Stellen, die durchaus vermittelst [14] 14. der Auslassung einzelner Wörter und halben Zeilen einigermaßen verkleidet sind.
Ew. Excellenz werden mich daher unendlich verpflichten, wenn Sie sich für mich um die Allergnädigste Erlaubniß verwenden wollen, diese Zweifel in möglichster Kürze Sr. Majestät schriftlich vorzutragen.
Genehmigen Sie, hochgeehrtester Herr Staatsminister, den Ausdruck meiner ehrerbietigsten Gesinnungen, womit ich die Ehre habe zu seyn
Ew. Excellenz
Bonn Bonn, d. 9. Juni 1844.
An
des Herrn Geheimen Staats-
ministers Eichhorn Excellenz
in
Berlin
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