• August Wilhelm von Schlegel to Ludwig Tieck

  • Place of Dispatch: Jena · Place of Destination: Giebichenstein · Date: 16.08.1799
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Ludwig Tieck
  • Place of Dispatch: Jena
  • Place of Destination: Giebichenstein
  • Date: 16.08.1799
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Ludwig Tieck und die Brüder Schlegel. Briefe. Hg. v. Edgar Lohner auf der Grundlage der von Henry Lüdeke besorgten Edition. München 1972, S. 40‒42.
  • Incipit: „[1] Jena, den 16. August 1799. Es hat uns gefreut, ein Zeichen des Lebens von Dir selbst zu erhalten – von [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-37187
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XX,Bd.7,Nr.66(5)
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 19,2 x 11,7 cm
    Language
  • German
[1] Jena, den 16. August 1799. Es hat uns gefreut, ein Zeichen des Lebens von Dir selbst zu erhalten – von Deiner Ankunft in Giebichenstein hatte uns Hardenberg schon benachrichtigt. Ich will Dir nur gestehen, daß ich über Dein Schweigen schon ein wenig ergrimmt gewesen, und daß Du etwas sehr schönes dadurch versäumt hast. Nämlich gleich nach Deiner Abreise verfiel ich aufʼs Dichten, und habe eine Anzahl Sonette und eine Canzonetta zu Stande gebracht. Diese wollte ich Dir zuerst schicken, um sie dann an Friedrich zu übermachen, nun habe ich die Abschrift in meinem Zorn an diesen gesandt, und Du bekommst sie nicht eher zu sehn, als bis Du mir die in Fischhartschen Ausdrücken angekündigte Rezension schickst, d. h. auf Skt. Nimmerstag.
Gut, daß nun endlich der erste Band der Dichtungen fertig ist und Zerbino seine Reise nach dem schlechten Geschmack, ich meyne, unter das Publikum, bald antreten kann. Es ist eben gut, daß er zugleich mit dem neuesten Athenäum kommt, das ich nun endlich auch habe, und in der That sehr [2] ergötzlich finde. Wie Friedrich meldet, hat der literarische Reichsanzeiger in B[erlin] große Sensazion gemacht, und von den beleidigten Parteyen sich schon viel Zetermordio dagegen erhoben. Caroline hat eine solche Angst vor den Folgen, daß sie noch nicht gewagt hat, hinein zu gucken, und überall wo sie es nur von fern liegen sieht, die Hände über den Kopf zusammenschlägt.
Man muß sehen, ob man vermittelst dieses Motivs noch am Ende durchdringt und die Fortsetzung des Athenäums möglich macht. Frölich hat sich die Sache auch nicht zweymal sagen lassen, und gleich die Fortsetzung der anstößigen Rubriken gemeldet. Es wäre artig, wenn am Ende unsre schönen ernsthaften Sachen auf Unkosten der Teufeleyen leben müßten. Da ich diesmal fast alles gemacht habe, so kann ich fürs erste auf meinen Lorbeeren ruhn, und Alles von euch erwarten. Bernhardi hat sich zu verschiedenem angeboten, und Du wirst Dich hoffentlich auch nicht lumpen lassen, wenn Du bedenkst, daß Teufeleyen die zärtlichste Art sind, mir Liebe zu beweisen, ja noch zärtlicher als durch Rezensionen. [3] Thu aber bald dazu – ich wünschte sehr, daß das nächste Stück noch auf Michaelis erschiene, und wenn Du etwas ausheckst, so schickʼ es mir zuvörderst zu.
Ich wäre etwa in der Stimmung, noch mancherley zu dichten, wenn ich nicht an den verwünschten Richard den II. müßte, in den ich gar nicht hinein kommen kann, weil ich durch die vielen Zerstreuungen ganz verwildert bin. Die Sonette gehören, unter uns, zu dem besten, was ich noch je gemacht habe. Ich bin nun sehr begierig auf Deine Genoveva. Bleibe ja bey dem Entschlusse, erst wenn sie fertig, den Druck anfangen zu lassen.
Goethe ist noch immer in W[eimar.] – Meine Verwandten, die hinüber gereist sind, haben ihn in sehr guter Laune getroffen und gesprochen. Was er zum Athenäum sagt, weiß ich noch nicht, – ich habe es ihm erst heute geschickt.
Lebe wohl – viele herzliche Grüße von allen an Dich und Deine liebe Frau.
Höre, ich werde mir ein Sonett von Dir zum Geschenk ausbitten. Ich habe in [4] dem alten auf die Cleopatra die Terzets zurecht gerückt, das auf die Leda aus meinem eignen Italiänischen übersetzt, und möchte nun noch einen Pendant auf die Jo von Correggio dazu haben, die Du wohl aus dem Englischen Kupferstiche kennen wirst. Du mußt dies aber ein wenig strenge arbeiten, damit man es wirklich für mein Werk halten kann. – Vielleicht schicke ich von diesen beyden eine Abschrift noch mit – es sind die beyden einzigen, die ich Friedrich noch nicht mitgeschickt!
Leb nochmals wohl.
Dein
A W S.
Wenn Du eine Gelegenheit weißt, Schellings Schrift früher nach B[erlin] an Friedrich ohne Kosten zu befördern, als Du selbst hingehst, so thu es doch. Er verlangt sehr darnach.
[1] Jena, den 16. August 1799. Es hat uns gefreut, ein Zeichen des Lebens von Dir selbst zu erhalten – von Deiner Ankunft in Giebichenstein hatte uns Hardenberg schon benachrichtigt. Ich will Dir nur gestehen, daß ich über Dein Schweigen schon ein wenig ergrimmt gewesen, und daß Du etwas sehr schönes dadurch versäumt hast. Nämlich gleich nach Deiner Abreise verfiel ich aufʼs Dichten, und habe eine Anzahl Sonette und eine Canzonetta zu Stande gebracht. Diese wollte ich Dir zuerst schicken, um sie dann an Friedrich zu übermachen, nun habe ich die Abschrift in meinem Zorn an diesen gesandt, und Du bekommst sie nicht eher zu sehn, als bis Du mir die in Fischhartschen Ausdrücken angekündigte Rezension schickst, d. h. auf Skt. Nimmerstag.
Gut, daß nun endlich der erste Band der Dichtungen fertig ist und Zerbino seine Reise nach dem schlechten Geschmack, ich meyne, unter das Publikum, bald antreten kann. Es ist eben gut, daß er zugleich mit dem neuesten Athenäum kommt, das ich nun endlich auch habe, und in der That sehr [2] ergötzlich finde. Wie Friedrich meldet, hat der literarische Reichsanzeiger in B[erlin] große Sensazion gemacht, und von den beleidigten Parteyen sich schon viel Zetermordio dagegen erhoben. Caroline hat eine solche Angst vor den Folgen, daß sie noch nicht gewagt hat, hinein zu gucken, und überall wo sie es nur von fern liegen sieht, die Hände über den Kopf zusammenschlägt.
Man muß sehen, ob man vermittelst dieses Motivs noch am Ende durchdringt und die Fortsetzung des Athenäums möglich macht. Frölich hat sich die Sache auch nicht zweymal sagen lassen, und gleich die Fortsetzung der anstößigen Rubriken gemeldet. Es wäre artig, wenn am Ende unsre schönen ernsthaften Sachen auf Unkosten der Teufeleyen leben müßten. Da ich diesmal fast alles gemacht habe, so kann ich fürs erste auf meinen Lorbeeren ruhn, und Alles von euch erwarten. Bernhardi hat sich zu verschiedenem angeboten, und Du wirst Dich hoffentlich auch nicht lumpen lassen, wenn Du bedenkst, daß Teufeleyen die zärtlichste Art sind, mir Liebe zu beweisen, ja noch zärtlicher als durch Rezensionen. [3] Thu aber bald dazu – ich wünschte sehr, daß das nächste Stück noch auf Michaelis erschiene, und wenn Du etwas ausheckst, so schickʼ es mir zuvörderst zu.
Ich wäre etwa in der Stimmung, noch mancherley zu dichten, wenn ich nicht an den verwünschten Richard den II. müßte, in den ich gar nicht hinein kommen kann, weil ich durch die vielen Zerstreuungen ganz verwildert bin. Die Sonette gehören, unter uns, zu dem besten, was ich noch je gemacht habe. Ich bin nun sehr begierig auf Deine Genoveva. Bleibe ja bey dem Entschlusse, erst wenn sie fertig, den Druck anfangen zu lassen.
Goethe ist noch immer in W[eimar.] – Meine Verwandten, die hinüber gereist sind, haben ihn in sehr guter Laune getroffen und gesprochen. Was er zum Athenäum sagt, weiß ich noch nicht, – ich habe es ihm erst heute geschickt.
Lebe wohl – viele herzliche Grüße von allen an Dich und Deine liebe Frau.
Höre, ich werde mir ein Sonett von Dir zum Geschenk ausbitten. Ich habe in [4] dem alten auf die Cleopatra die Terzets zurecht gerückt, das auf die Leda aus meinem eignen Italiänischen übersetzt, und möchte nun noch einen Pendant auf die Jo von Correggio dazu haben, die Du wohl aus dem Englischen Kupferstiche kennen wirst. Du mußt dies aber ein wenig strenge arbeiten, damit man es wirklich für mein Werk halten kann. – Vielleicht schicke ich von diesen beyden eine Abschrift noch mit – es sind die beyden einzigen, die ich Friedrich noch nicht mitgeschickt!
Leb nochmals wohl.
Dein
A W S.
Wenn Du eine Gelegenheit weißt, Schellings Schrift früher nach B[erlin] an Friedrich ohne Kosten zu befördern, als Du selbst hingehst, so thu es doch. Er verlangt sehr darnach.
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