• Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Unterzell (Zell, Main) · Place of Destination: Paris · Date: 6. September [1806]
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Unterzell (Zell, Main)
  • Place of Destination: Paris
  • Date: 6. September [1806]
  • Notations: Datum (Jahr) sowie Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 358‒359.
  • Weitere Drucke: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 26. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Pariser und Kölner Lebensjahre (1802‒1808). Zweiter Teil (Januar 1806 ‒ Juni 1808). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Hans Dierkes. Paderborn 2018, S. 109‒110.
  • Incipit: „[1] Unterzell bei Würzburg. Den 6ten Septemb. [1806]
    Herzlich geliebter Bruder,
    Es ist nun 22 Tage, seit ich die letzten Nachrichten von Dir [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-8
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,I,33
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 19,1 x 11,6 cm
    Language
  • German
[1] Unterzell bei Würzburg. Den 6ten Septemb. [1806]
Herzlich geliebter Bruder,
Es ist nun 22 Tage, seit ich die letzten Nachrichten von Dir erhielt, in Deinem Brief vom 6ten August an meine Frau, und ich bin deshalb in der tödtlichsten Unruhe, daß etwas übles vorgefallen seyn möchte. Und außer der Aengstlichkeit noch in großer Ungeduld darüber, denn ich wünsche sehnlicher als jemals Dich und die Stael wieder zu sehn. Mit Schmerzen erwarte ich die Nachricht darüber! – In Kölln bin ich nun zu einer Stelle mit 1200 fr. vorgeschlagen; also ist es nichts damit und ich weiß noch gar nicht, wo ich den Winter zubringen werde. Die Commißion in Kölln stützt sich dabei auf den Vorwand, daß die Regierung besonders zur Logik und Philosophie nur Katholiken und besonders Geistliche haben will. Ich nenne es aber einen Vorwand [2] weil ich nun provisorisch schon die Logik hatte, und nicht nur die Commißion selbst, sondern auch die darauf sehr aufmerksame Geistlichkeit im höchsten Grade mit meinem Vortrage zufrieden war; ja die Geistlichkeit, deren gelehrteste und angesehenste Mitglieder mich und meine Gesinnungen sehr gut kennen, hat sich selbst bei der Commißion für mich verwandt. – Auch hätten sie selbst ohne Logik mir doch auf irgend eine Art das wenige was ich foderte (nämlich 2000 fr. Fixum) schaffen können und sollen. Es wird nun aber doch wohl dabei bleiben wiewohl ich mich noch einmal an die französischen Behörden besonders an Lameth deshalb wenden will, vielleicht auch die Stael darum bitten werde. Von Degerando ist es sehr unfreundschaftlich, daß er mir nicht wenigstens geantwortet hat. Es ist doch alles französisches Pack und thut mir herzlich leid um [3] die guten Worte die ich bei ihnen verschwendet. – Es heißt nun ich soll zur neu zu errichtenden Universität zu Düsseldorf (unter Murat) vorgeschlagen werden. Die Stelle würde besser seyn, das sind aber nur wage Aussichten auf die ich eben nicht viel gebe. Frage indessen doch die Stael ob sie wohl indirecte Verbindung mit einem Agar hat Conseiller dʼetat, der dort alles vermag?
Du kannst hieraus schon abnehmen daß meine Lage recht schlecht und meine Verlegenheit nicht gering ist. Weiß ich doch bei Gott gar nicht, wo ich den Winter seyn werde – noch weniger wo meine Frau!
Soll ich zu Euch kommen, so bitte ich Dich alsdann das Reisegeld was Du nach Verhältniß wie weit und wie schnell die Reise zu machen ist, schicken wolltest, [4] in einer Assignation auf Frankfurt zu schicken. Diese kann ich in hiesiger Gegend überall am besten gebrauchen.
Hardenberg läßt auf seine Kosten ein poetisches Taschenbuch drucken worin außer vielen Gedichten von mir auch der Egidio der Bernhardi kommt. Er grüßt Dich vielmals und wünscht sehr etwas von Dir zu haben. Hast Du also das Sonett auf den Dom zu Mailand gemacht, oder die Legende von der Du mir schriebst, so gieb es uns, aber gleich.
Die besten Grüße an die Stael. Sobald ich weiß wo Ihr seyd, schreibe ich ihr ausführlich. Besser aber wäre Sprechen. Ich umarme Dich herzlich und wünsche gute und bessere und baldige Nachricht von Dir.
Friedrich.

Den 15ten August schrieb ich von Frankfurt an Dich, unter Couvert an Bazin.
[1] Unterzell bei Würzburg. Den 6ten Septemb. [1806]
Herzlich geliebter Bruder,
Es ist nun 22 Tage, seit ich die letzten Nachrichten von Dir erhielt, in Deinem Brief vom 6ten August an meine Frau, und ich bin deshalb in der tödtlichsten Unruhe, daß etwas übles vorgefallen seyn möchte. Und außer der Aengstlichkeit noch in großer Ungeduld darüber, denn ich wünsche sehnlicher als jemals Dich und die Stael wieder zu sehn. Mit Schmerzen erwarte ich die Nachricht darüber! – In Kölln bin ich nun zu einer Stelle mit 1200 fr. vorgeschlagen; also ist es nichts damit und ich weiß noch gar nicht, wo ich den Winter zubringen werde. Die Commißion in Kölln stützt sich dabei auf den Vorwand, daß die Regierung besonders zur Logik und Philosophie nur Katholiken und besonders Geistliche haben will. Ich nenne es aber einen Vorwand [2] weil ich nun provisorisch schon die Logik hatte, und nicht nur die Commißion selbst, sondern auch die darauf sehr aufmerksame Geistlichkeit im höchsten Grade mit meinem Vortrage zufrieden war; ja die Geistlichkeit, deren gelehrteste und angesehenste Mitglieder mich und meine Gesinnungen sehr gut kennen, hat sich selbst bei der Commißion für mich verwandt. – Auch hätten sie selbst ohne Logik mir doch auf irgend eine Art das wenige was ich foderte (nämlich 2000 fr. Fixum) schaffen können und sollen. Es wird nun aber doch wohl dabei bleiben wiewohl ich mich noch einmal an die französischen Behörden besonders an Lameth deshalb wenden will, vielleicht auch die Stael darum bitten werde. Von Degerando ist es sehr unfreundschaftlich, daß er mir nicht wenigstens geantwortet hat. Es ist doch alles französisches Pack und thut mir herzlich leid um [3] die guten Worte die ich bei ihnen verschwendet. – Es heißt nun ich soll zur neu zu errichtenden Universität zu Düsseldorf (unter Murat) vorgeschlagen werden. Die Stelle würde besser seyn, das sind aber nur wage Aussichten auf die ich eben nicht viel gebe. Frage indessen doch die Stael ob sie wohl indirecte Verbindung mit einem Agar hat Conseiller dʼetat, der dort alles vermag?
Du kannst hieraus schon abnehmen daß meine Lage recht schlecht und meine Verlegenheit nicht gering ist. Weiß ich doch bei Gott gar nicht, wo ich den Winter seyn werde – noch weniger wo meine Frau!
Soll ich zu Euch kommen, so bitte ich Dich alsdann das Reisegeld was Du nach Verhältniß wie weit und wie schnell die Reise zu machen ist, schicken wolltest, [4] in einer Assignation auf Frankfurt zu schicken. Diese kann ich in hiesiger Gegend überall am besten gebrauchen.
Hardenberg läßt auf seine Kosten ein poetisches Taschenbuch drucken worin außer vielen Gedichten von mir auch der Egidio der Bernhardi kommt. Er grüßt Dich vielmals und wünscht sehr etwas von Dir zu haben. Hast Du also das Sonett auf den Dom zu Mailand gemacht, oder die Legende von der Du mir schriebst, so gieb es uns, aber gleich.
Die besten Grüße an die Stael. Sobald ich weiß wo Ihr seyd, schreibe ich ihr ausführlich. Besser aber wäre Sprechen. Ich umarme Dich herzlich und wünsche gute und bessere und baldige Nachricht von Dir.
Friedrich.

Den 15ten August schrieb ich von Frankfurt an Dich, unter Couvert an Bazin.
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