• Franz Bopp to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Mommenheim · Place of Destination: Bonn · Date: 08.08.1820
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Franz Bopp
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Mommenheim
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 08.08.1820
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 362642923
  • Bibliography: Lefmann, S.: Franz Bopp, sein Leben und seine Wissenschaft. Erste Hälfte. Berlin 1891, S. 87‒89.
  • Incipit: „[1] Mommenheim bey Mainz den 8. August 1820.
    Hochwohlgeborner Herr,
    Hochgeehrtester Freund!
    Ich erfülle mit großer Freude den Auftrag der Herausgeber der „Oriental Annals“, [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-38972
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.3,Nr.68
  • Number of Pages: 5 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 23 x 19 cm
    Language
  • German
[1] Mommenheim bey Mainz den 8. August 1820.
Hochwohlgeborner Herr,
Hochgeehrtester Freund!
Ich erfülle mit großer Freude den Auftrag der Herausgeber der „Oriental Annals“, indem ich Ihnen beyliegendes Exemplar überschicke. Für mich würde es sehr schmeichelhaft seyn, wenn Ihnen mein Antheil daran einigen Beyfall abgewinnen könnte. Ich habe mich bestrebt die Verwandtschaft der verglichenen Sprachen in ein helleres Licht zu stellen als in meinem deutschen Werke geschehen und meine Ansichten über den Ursprung der Sprachformen deutlicher auszusprechen. Indessen betrachte ich diese Englische Umarbeitung und die Fortsetzung davon, welche ich bald einsenden werde, nur als eine Vorbereitung zu einem größeren Werke, worin ich trachten werde [2] meinen Lieblingsgegenstand mit der mir möglichen Vollständigkeit auseinander zu setzen. – Je öfter ich diesen Gegenstand behandle, desto mehr finde ich mich in meinen Ansichten bestättigt und desto mehr finde ich Mittel, sie mit neuen Beweisgründen zu belegen.
In Paris ward ich auf eine sehr angenehme Weise durch Ihre Indische Bibliothek überrascht, die mir Hr. v. Humboldt zu leihen die Güte hatte. Ich sage Ihnen für die gründliche Recension meines Nalus meinen aufrichtigsten Dank; es läßt sich nicht verkennen, daß durch diese Arbeit den Freunden der Sanskrit Sprache und vor allem mir ein wichtiger Dienst geschehen. Ich werde Ihren scharfsinnigen Einwänden, wo sie mich überzeugt haben, in einer zweyten Auflage öffentlich beystimmen, und meine Gegengründe aufstellen, wo ich Ihre Meinung nicht theilen kann. Nur auf dem Wege gerechter Aufrichtigkeit und Unverzagtheit glaube ich mich der Achtung und Freundschaft eines Gelehrten von Ihrem schätzbaren Charakter würdig machen zu können.
Besonders glücklich und unzweydeutig scheint mir Ihre Erklärung von mithuna; es bezieht sich allerdings [3] auf die beiden Kinder, wovon in der Folge gesprochen wird. Diese Stelle kann auch nur verstanden werden, wenn man, nachdem man das Ganze gelesen, wieder zurückkehrt. Mir ist indessen die richtige Auslegung nicht in den Sinn gekommen, und ich glaube beynahe, Sie sind der einzige von den Kennern, welcher diese Stelle richtig verstanden hat. Auch gibt Ihre Erklärung von châyadvitîya einen bessern Sinn als die meinige, allein das Negativ advitîya ist mir oft in der Bedeutung, gleichenlos, einer der keinen zweyten hat, vorgekommen.
Am wenigsten kann ich Ihrer Erklärung von uttamagandhādyāh beystimmen; ich fühle mich fest überzeugt, daß sich ādi hier, wie immer, blos auf das Adjectiv bezieht und daß das ganze Wort Kränze beschreibt, von deren Eigenschaften der beste Geruch als die erste erwähnt wird.
Ihre vortreffliche Uebersetzung aus dem Ramayana habe ich mit dem größten Vergnügen mehrmalen gelesen. Wem Hexameter so meisterhaft gelingen der thut allerdings nicht übel sie dem Originalversmaß unterzuschieben, besonders in einer freyen Uebersetzung. Obwohl ich fortfahren werde in dem metrum des Originials [4] zu übersetzen, so kann mir doch Ihre musterhafte Vorschrift die trefflichsten Dienste leisten.
Aber was sagen Sie von Kosegartens entstelltem Machwerk, von seinen Gänsen und Gänsevögeln, von seinen Bauernherren und Fürsten-Stieren? und von seinem lächerlichen Streben sich das Ansehen eines Kenners der Sanskritsprache zu geben, indem er die Englischen Uebersetzungen der Asiat. Untersuchungen verdeutscht und nur des gestochenen Textes erwähnt. Ich habe selbst schon längst den größten Theil des Nala ins Deutsche übersetzt, und Kosegartens Uebersetzung wird mich nicht abhalten sie herauszugeben.
Ich habe London vor 4 Wochen verlassen müssen, weil mich die Bayrische Regierung ganz im Stiche ließ; gestern bin ich hier auf dem Landgute meines Vaters angekommen, in ungefähr 3 Wochen gehe ich nach München. Ich war als Professor in Würzburg vorgeschlagen; die hochgelehrten Professoren daselbst erklärten sich aber gegen die Errichtung einer Professur der Orientalischen Sprachen; das Sanskrit, sagen sie, sey ein litterarischer Luxus. Diese Herren wollen blos lehren was Brod in das Haus bringt, und was sie nicht wissen sollen auch andere nicht zu lernen Gelegenheit finden. [5] Vielleicht werde ich in München angestellt. Bleibe ich kommenden Winter in München, so gebe ich eine kurze, doch möglichst vollständige, Sanskrit-Grammatik heraus, mit lytographischen Tafeln; denn es ist mir daran gelegen, daß die Mittel diese Sprache zu erlernen so schnell als möglich dargeboten werden. Indem Sie nun Lettern schneiden lassen, so wird sich dann das Sanskrit-Studium sehr schnelle heben und verbreiten. Ihre Indische Bibliothek wird mächtig dazu beytragen den Ansichten der Universität Würzburg entgegen zu wirken.
Es ist Ihnen wahrscheinlich bekannt, daß Wilsonʼs Wörterbuch in London angekommen; wenn Sie es noch nicht verschieben, so werden Sie wohlthun auf das schnellste Sich deßhalb zu verwenden, denn es ist bis jetzt nur eine kleine Anzahl von Exemplaren angekommen. Wenn Sie mich mit einem Briefe beehren wollten, so würden Sie mir eine sehr große Freude machen. Meine Adresse ist: – bey Hr. Kaufmann Marx, Augustiner Gasse in Mainz.
Ich verharre mit vollkommenster Hochachtung
Ew. Hochwohlgeb. Ergebenster
F. Bopp.
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[1] Mommenheim bey Mainz den 8. August 1820.
Hochwohlgeborner Herr,
Hochgeehrtester Freund!
Ich erfülle mit großer Freude den Auftrag der Herausgeber der „Oriental Annals“, indem ich Ihnen beyliegendes Exemplar überschicke. Für mich würde es sehr schmeichelhaft seyn, wenn Ihnen mein Antheil daran einigen Beyfall abgewinnen könnte. Ich habe mich bestrebt die Verwandtschaft der verglichenen Sprachen in ein helleres Licht zu stellen als in meinem deutschen Werke geschehen und meine Ansichten über den Ursprung der Sprachformen deutlicher auszusprechen. Indessen betrachte ich diese Englische Umarbeitung und die Fortsetzung davon, welche ich bald einsenden werde, nur als eine Vorbereitung zu einem größeren Werke, worin ich trachten werde [2] meinen Lieblingsgegenstand mit der mir möglichen Vollständigkeit auseinander zu setzen. – Je öfter ich diesen Gegenstand behandle, desto mehr finde ich mich in meinen Ansichten bestättigt und desto mehr finde ich Mittel, sie mit neuen Beweisgründen zu belegen.
In Paris ward ich auf eine sehr angenehme Weise durch Ihre Indische Bibliothek überrascht, die mir Hr. v. Humboldt zu leihen die Güte hatte. Ich sage Ihnen für die gründliche Recension meines Nalus meinen aufrichtigsten Dank; es läßt sich nicht verkennen, daß durch diese Arbeit den Freunden der Sanskrit Sprache und vor allem mir ein wichtiger Dienst geschehen. Ich werde Ihren scharfsinnigen Einwänden, wo sie mich überzeugt haben, in einer zweyten Auflage öffentlich beystimmen, und meine Gegengründe aufstellen, wo ich Ihre Meinung nicht theilen kann. Nur auf dem Wege gerechter Aufrichtigkeit und Unverzagtheit glaube ich mich der Achtung und Freundschaft eines Gelehrten von Ihrem schätzbaren Charakter würdig machen zu können.
Besonders glücklich und unzweydeutig scheint mir Ihre Erklärung von mithuna; es bezieht sich allerdings [3] auf die beiden Kinder, wovon in der Folge gesprochen wird. Diese Stelle kann auch nur verstanden werden, wenn man, nachdem man das Ganze gelesen, wieder zurückkehrt. Mir ist indessen die richtige Auslegung nicht in den Sinn gekommen, und ich glaube beynahe, Sie sind der einzige von den Kennern, welcher diese Stelle richtig verstanden hat. Auch gibt Ihre Erklärung von châyadvitîya einen bessern Sinn als die meinige, allein das Negativ advitîya ist mir oft in der Bedeutung, gleichenlos, einer der keinen zweyten hat, vorgekommen.
Am wenigsten kann ich Ihrer Erklärung von uttamagandhādyāh beystimmen; ich fühle mich fest überzeugt, daß sich ādi hier, wie immer, blos auf das Adjectiv bezieht und daß das ganze Wort Kränze beschreibt, von deren Eigenschaften der beste Geruch als die erste erwähnt wird.
Ihre vortreffliche Uebersetzung aus dem Ramayana habe ich mit dem größten Vergnügen mehrmalen gelesen. Wem Hexameter so meisterhaft gelingen der thut allerdings nicht übel sie dem Originalversmaß unterzuschieben, besonders in einer freyen Uebersetzung. Obwohl ich fortfahren werde in dem metrum des Originials [4] zu übersetzen, so kann mir doch Ihre musterhafte Vorschrift die trefflichsten Dienste leisten.
Aber was sagen Sie von Kosegartens entstelltem Machwerk, von seinen Gänsen und Gänsevögeln, von seinen Bauernherren und Fürsten-Stieren? und von seinem lächerlichen Streben sich das Ansehen eines Kenners der Sanskritsprache zu geben, indem er die Englischen Uebersetzungen der Asiat. Untersuchungen verdeutscht und nur des gestochenen Textes erwähnt. Ich habe selbst schon längst den größten Theil des Nala ins Deutsche übersetzt, und Kosegartens Uebersetzung wird mich nicht abhalten sie herauszugeben.
Ich habe London vor 4 Wochen verlassen müssen, weil mich die Bayrische Regierung ganz im Stiche ließ; gestern bin ich hier auf dem Landgute meines Vaters angekommen, in ungefähr 3 Wochen gehe ich nach München. Ich war als Professor in Würzburg vorgeschlagen; die hochgelehrten Professoren daselbst erklärten sich aber gegen die Errichtung einer Professur der Orientalischen Sprachen; das Sanskrit, sagen sie, sey ein litterarischer Luxus. Diese Herren wollen blos lehren was Brod in das Haus bringt, und was sie nicht wissen sollen auch andere nicht zu lernen Gelegenheit finden. [5] Vielleicht werde ich in München angestellt. Bleibe ich kommenden Winter in München, so gebe ich eine kurze, doch möglichst vollständige, Sanskrit-Grammatik heraus, mit lytographischen Tafeln; denn es ist mir daran gelegen, daß die Mittel diese Sprache zu erlernen so schnell als möglich dargeboten werden. Indem Sie nun Lettern schneiden lassen, so wird sich dann das Sanskrit-Studium sehr schnelle heben und verbreiten. Ihre Indische Bibliothek wird mächtig dazu beytragen den Ansichten der Universität Würzburg entgegen zu wirken.
Es ist Ihnen wahrscheinlich bekannt, daß Wilsonʼs Wörterbuch in London angekommen; wenn Sie es noch nicht verschieben, so werden Sie wohlthun auf das schnellste Sich deßhalb zu verwenden, denn es ist bis jetzt nur eine kleine Anzahl von Exemplaren angekommen. Wenn Sie mich mit einem Briefe beehren wollten, so würden Sie mir eine sehr große Freude machen. Meine Adresse ist: – bey Hr. Kaufmann Marx, Augustiner Gasse in Mainz.
Ich verharre mit vollkommenster Hochachtung
Ew. Hochwohlgeb. Ergebenster
F. Bopp.
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