• August Wilhelm von Schlegel to Franz Bopp

  • Place of Dispatch: Bonn · Place of Destination: Berlin · Date: 22.12.1824
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Franz Bopp
  • Place of Dispatch: Bonn
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 22.12.1824
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 362642923
  • Bibliography: Lefmann, S.: Franz Bopp, sein Leben und seine Wissenschaft. Erste Hälfte. Berlin 1891, S. 99‒101.
  • Incipit: „Bonn d. 22sten December 1824.
    Empfangen Sie meinen aufrichtigsten Dank, hochgeehrtester Herr und Freund, für Ihre vielen u. schönen Geschenke. Ich habe [...]“
    Language
  • German
Bonn d. 22sten December 1824.
Empfangen Sie meinen aufrichtigsten Dank, hochgeehrtester Herr und Freund, für Ihre vielen u. schönen Geschenke. Ich habe Ihre Akademische Abhandlungen u. das erste Heft Ihrer Grammatik empfangen, u. jene zum zweitenmal, diese zum erstenmal mit großer Befriedigung gelesen. Sie haben die Buchstabenlehre auf originale Weise behandelt. Ich bin darüber ganz mit Ihnen einverstanden, daß sie in den bisherigen Grammatiken unvollständig ist, u. daher manche Vertauschungen der Buchstaben bei der Flexion und Wortbildung als willkürlich erscheinen. Doch sollte ich fast meynen, Sie hätten etwas zu viel hineingezogen, wenigstens dürfte es für den Anfänger verwirrend seyn. Indessen ist Ihr Buch überhaupt nicht sowohl für Anfänger als für Kenner bestimmt. Um so mehr muß ich es beklagen, daß Sie nicht die Lateinische Sprache gewählt haben, die für scharfe Bestimmtheit u. Kürze im Ausdruck grammatischer Regeln so einzig geeignet ist. Sie haben dadurch dem vortrefflichen Werke den Zutritt im Auslande erschwert. Wenn Engländer und Franzosen über diese Gegenstande in ihrer Muttersprache schreiben, so können sie sich schmeicheln, daß sie sich einer allgemeinen Mittheilungssprache bedienen; aber wir Deutsche sind nicht in diesem Falle. – In den Episoden habe ich Ihnen irrig prapâsyâmi als Druckfehler angemerkt; ich hatte noch nicht im Zusammenhange gelesen, hatte paçyâmi im Sinn, u. bemerkte daher das dentale s nicht. Ich könnte Ihnen dagegen einige andre anzeigen. – Es versteht sich, daß von diesen gelehrten Arbeiten demnächst in der Indischen Bibliothek die Rede seyn wird.
Ich freue mich ungemein, daß Sie die Anfertigung einer kleineren Schrift ausgewirkt haben; ich zweifle nicht, das Ministerium wird mir für die hiesige Druckerei einen Guß bewilligen, u. diese Schrift wird bei Anmerkungen, Varianten, Commentaren etc. vortrefflich zu Statten kommen. Wenn sie anfangs auch nur auf das Nothwendigste beschränkt ist, so wird es uns vielleicht in der Folge gelingen, die Vervollständigung auszuwirken. Die Probe ist sehr zierlich, nur befürchte ich beinahe, daß für die Deutlichkeit ein um Einen Grad zu kleines Maaß gewählt ist. Denn nach meiner Erfahrung erscheinen die Lettern im unmittelbaren Abdruck vom Stempel mit Lampendampf deutlicher als nachher im Druck, wo die Schwärze leicht die Umrisse überschreitet u. sich manches verwischt. Wenigstens kann dieß nur durch große Sorgfalt u. Sauberkeit bei der Manipulation der Presse vermieden werden.
Nennen Sie mir doch diesen geschickten Schriftstecher, geben Sie mir seine Adresse, u. melden Sie mir, was sein Preis für jeden Stempel mit Inbegriff der Matrize ist. Ich könnte vielleicht einiges bei ihm bestellen, da ich mit einigen Buchstaben, selbst unter den einfachen des Alphabets, nicht ganz zufrieden bin. Nachdem ich in Paris sieben Monate in den Werkstätten gesessen hatte, war meine Zeit und Geduld erschöpft, und ich konnte nicht alles zu der gewünschten Vollendung bringen. Ich lege meinem Briefe eine kleine Anweisung für den Schriftstecher bei, wonach er selbst prüfen kann, ob er die dicken u. feinen Striche (plein et délié) richtig vertheilt hat Ich selbst habe dieses Mittel erst von Haughton gelernt, der verwundert war, daß ich, ohne es zu kennen, fast durchgängig das Rechte getroffen. In dieser Hinsicht ist an der Probe der kleinen Schrift noch manches zu erinnern. Freilich fällt es weniger in die Augen, je mehr die Lettern verkleinert werden. Deswegen ist es rathsam, daß der Schriftstecher sich die aufgegebene Figur nach einem großen Maaßstabe vorzeichne. Im Ganzen muß ich wünschen, daß die kleinere Schrift der meinigen so ähnlich als möglich ausfallen möge Dieß finde ich auch in der Probe so ziemlich geleistet; nur scheinen mir manche Buchstaben mehr in die Breite gezogen. Doch ist dieß vielleicht der Deutlichkeit wegen nöthig. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Was man auch an meiner Devanagari-Schrift für Unvollkommenheiten rügen mag, so darf ich doch behaupten, daß sie an Deutlichkeit, Eleganz und ächtem Charakter die früheren übertrifft. Wilkins hat durchaus nur die Handschrift seines Indischen Kalligraphen nachgeahmt, der nachher bei J. W. Jones in Dienste trat, sich dem Trunke ergab u. darüber blödsinnig ward. Seine cerebralen ṭha u. ḍha taugen nichts, auch sein jha ist eine unerhörte Form. Es wird allmählich in seiner Druckerei ergänzt u. verbessert, aber noch in dem neuesten, in Haughtonʼs Manu, sind viele unglückliche Ligaturen.
Für meinen Râmây. wird fleißig gearbeitet. Zu den Handschriften, welche ich in London selbst besichtigen konnte, ist noch eine alte und sehr merkwürdige, aus einer von den gewöhnlichen Quellen unsrer Handschriften (Benares u. Bengalen) weit entlegenen Landschaft Indiens hinzugekommen.
Ich danke Ihnen für Ihre gütige Aufnahme des Herrn von Bohlen. Bei seinem großen Fleiße wird er hauptsächlich Ihren Rath bedürfen. In einem Collegium, woran viele Schüler Antheil nehmen, können Sie diese natürlich nicht so schnell fördern, als es in einem privatissimum möglich ist.
Wenn Sie Herrn Staatsminister von Humboldt sehen, so bitte ich Sie, mich ihm ehrerbietigst zu empfehlen. Ich habe lange nicht das Glück gehabt, einen Brief von ihm zu empfangen. Indessen, wenn seine vortrefflichen wissenschaftlichen Forschungen die Ursache seines Stillschweigens sind, so will ich es mir gern gefallen lassen.
Den 26. Dec. Hierbei die Anweisung u. eine Schriftprobe . . . . . .
Ich wünsche Ihnen Gesundheit u. heitre Stimmung bei Ihrer Gelehrten Thätigkeit u. verbleibe hochachtungsvoll
Ihr ergebenster
A. W. v. Schlegel.
Bonn d. 22sten December 1824.
Empfangen Sie meinen aufrichtigsten Dank, hochgeehrtester Herr und Freund, für Ihre vielen u. schönen Geschenke. Ich habe Ihre Akademische Abhandlungen u. das erste Heft Ihrer Grammatik empfangen, u. jene zum zweitenmal, diese zum erstenmal mit großer Befriedigung gelesen. Sie haben die Buchstabenlehre auf originale Weise behandelt. Ich bin darüber ganz mit Ihnen einverstanden, daß sie in den bisherigen Grammatiken unvollständig ist, u. daher manche Vertauschungen der Buchstaben bei der Flexion und Wortbildung als willkürlich erscheinen. Doch sollte ich fast meynen, Sie hätten etwas zu viel hineingezogen, wenigstens dürfte es für den Anfänger verwirrend seyn. Indessen ist Ihr Buch überhaupt nicht sowohl für Anfänger als für Kenner bestimmt. Um so mehr muß ich es beklagen, daß Sie nicht die Lateinische Sprache gewählt haben, die für scharfe Bestimmtheit u. Kürze im Ausdruck grammatischer Regeln so einzig geeignet ist. Sie haben dadurch dem vortrefflichen Werke den Zutritt im Auslande erschwert. Wenn Engländer und Franzosen über diese Gegenstande in ihrer Muttersprache schreiben, so können sie sich schmeicheln, daß sie sich einer allgemeinen Mittheilungssprache bedienen; aber wir Deutsche sind nicht in diesem Falle. – In den Episoden habe ich Ihnen irrig prapâsyâmi als Druckfehler angemerkt; ich hatte noch nicht im Zusammenhange gelesen, hatte paçyâmi im Sinn, u. bemerkte daher das dentale s nicht. Ich könnte Ihnen dagegen einige andre anzeigen. – Es versteht sich, daß von diesen gelehrten Arbeiten demnächst in der Indischen Bibliothek die Rede seyn wird.
Ich freue mich ungemein, daß Sie die Anfertigung einer kleineren Schrift ausgewirkt haben; ich zweifle nicht, das Ministerium wird mir für die hiesige Druckerei einen Guß bewilligen, u. diese Schrift wird bei Anmerkungen, Varianten, Commentaren etc. vortrefflich zu Statten kommen. Wenn sie anfangs auch nur auf das Nothwendigste beschränkt ist, so wird es uns vielleicht in der Folge gelingen, die Vervollständigung auszuwirken. Die Probe ist sehr zierlich, nur befürchte ich beinahe, daß für die Deutlichkeit ein um Einen Grad zu kleines Maaß gewählt ist. Denn nach meiner Erfahrung erscheinen die Lettern im unmittelbaren Abdruck vom Stempel mit Lampendampf deutlicher als nachher im Druck, wo die Schwärze leicht die Umrisse überschreitet u. sich manches verwischt. Wenigstens kann dieß nur durch große Sorgfalt u. Sauberkeit bei der Manipulation der Presse vermieden werden.
Nennen Sie mir doch diesen geschickten Schriftstecher, geben Sie mir seine Adresse, u. melden Sie mir, was sein Preis für jeden Stempel mit Inbegriff der Matrize ist. Ich könnte vielleicht einiges bei ihm bestellen, da ich mit einigen Buchstaben, selbst unter den einfachen des Alphabets, nicht ganz zufrieden bin. Nachdem ich in Paris sieben Monate in den Werkstätten gesessen hatte, war meine Zeit und Geduld erschöpft, und ich konnte nicht alles zu der gewünschten Vollendung bringen. Ich lege meinem Briefe eine kleine Anweisung für den Schriftstecher bei, wonach er selbst prüfen kann, ob er die dicken u. feinen Striche (plein et délié) richtig vertheilt hat Ich selbst habe dieses Mittel erst von Haughton gelernt, der verwundert war, daß ich, ohne es zu kennen, fast durchgängig das Rechte getroffen. In dieser Hinsicht ist an der Probe der kleinen Schrift noch manches zu erinnern. Freilich fällt es weniger in die Augen, je mehr die Lettern verkleinert werden. Deswegen ist es rathsam, daß der Schriftstecher sich die aufgegebene Figur nach einem großen Maaßstabe vorzeichne. Im Ganzen muß ich wünschen, daß die kleinere Schrift der meinigen so ähnlich als möglich ausfallen möge Dieß finde ich auch in der Probe so ziemlich geleistet; nur scheinen mir manche Buchstaben mehr in die Breite gezogen. Doch ist dieß vielleicht der Deutlichkeit wegen nöthig. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Was man auch an meiner Devanagari-Schrift für Unvollkommenheiten rügen mag, so darf ich doch behaupten, daß sie an Deutlichkeit, Eleganz und ächtem Charakter die früheren übertrifft. Wilkins hat durchaus nur die Handschrift seines Indischen Kalligraphen nachgeahmt, der nachher bei J. W. Jones in Dienste trat, sich dem Trunke ergab u. darüber blödsinnig ward. Seine cerebralen ṭha u. ḍha taugen nichts, auch sein jha ist eine unerhörte Form. Es wird allmählich in seiner Druckerei ergänzt u. verbessert, aber noch in dem neuesten, in Haughtonʼs Manu, sind viele unglückliche Ligaturen.
Für meinen Râmây. wird fleißig gearbeitet. Zu den Handschriften, welche ich in London selbst besichtigen konnte, ist noch eine alte und sehr merkwürdige, aus einer von den gewöhnlichen Quellen unsrer Handschriften (Benares u. Bengalen) weit entlegenen Landschaft Indiens hinzugekommen.
Ich danke Ihnen für Ihre gütige Aufnahme des Herrn von Bohlen. Bei seinem großen Fleiße wird er hauptsächlich Ihren Rath bedürfen. In einem Collegium, woran viele Schüler Antheil nehmen, können Sie diese natürlich nicht so schnell fördern, als es in einem privatissimum möglich ist.
Wenn Sie Herrn Staatsminister von Humboldt sehen, so bitte ich Sie, mich ihm ehrerbietigst zu empfehlen. Ich habe lange nicht das Glück gehabt, einen Brief von ihm zu empfangen. Indessen, wenn seine vortrefflichen wissenschaftlichen Forschungen die Ursache seines Stillschweigens sind, so will ich es mir gern gefallen lassen.
Den 26. Dec. Hierbei die Anweisung u. eine Schriftprobe . . . . . .
Ich wünsche Ihnen Gesundheit u. heitre Stimmung bei Ihrer Gelehrten Thätigkeit u. verbleibe hochachtungsvoll
Ihr ergebenster
A. W. v. Schlegel.
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