• August Wilhelm von Schlegel to Philipp Joseph von Rehfues

  • Place of Dispatch: Bonn · Place of Destination: Römlinghoven · Date: 20.09.1842 bis 06.10.1842
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Philipp Joseph von Rehfues
  • Place of Dispatch: Bonn
  • Place of Destination: Römlinghoven
  • Date: 20.09.1842 bis 06.10.1842
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Bonn, Universitäts- und Landesbibliothek
  • OAI Id: 1917848
  • Classification Number: S 1392 : 82
  • Number of Pages: 1 e. Br. (1 Doppelbl.=4 S.)
  • Particularities: Mit Empfangsvermerk Rehfuesʼ
  • Incipit: „[1] Bonn d. 20 Sept. 42
    Ich war sehr erfreut, mein hochverehrter Freund und Gönner, aus Ihrem freundschaftlichen Briefe zu erfahren, [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Strobel, Jochen
[1] Bonn d. 20 Sept. 42
Ich war sehr erfreut, mein hochverehrter Freund und Gönner, aus Ihrem freundschaftlichen Briefe zu erfahren, daß Sie sich am 8ten d. M. in Paris vollkommen wohl befanden. Eigentlich haben Sie doch Ihre Reise etwas zu früh angetreten. Die Hitze muß sehr beschwerlich, in Babylon fast unerträglich, ja für die Gesundheit bedenklich gewesen seyn.
Ihren Brief empfing ich, als das große Ungewitter des Kriegs- und Hofgetümmels sich noch nicht ganz verzogen hatte. Vierzehn Tage lang war ich weder Herr meines Hauses noch meiner Zeit. Ich sollte den Lord De-Grey bei mir aufnehmen; sein Adjutant stellte sich auch wirklich ein; der Statthalter von Irland selbst aber blieb aus: wie es scheint, war er in Wiesbaden krank geworden. Statt dessen kam Sir Henry Bethune, der ehemalige Generalissimus des Padishah. Diese Leute sind artig, [2] genug, sie verursachten aber doch meinem Gesinde und mir große Unbequemlichkeit. Täglich um drei Uhr wurde das Haus wach, weil sie schon vor Tages Anbruch auf das Schlachtfeld hinritten. Nach der Abreise der Saule kehrte dann auch ein Prophet bei mir ein: Alexander von Humboldt. Ihm zu Ehren gab ich den Gelehrten vom Natur-Handwerke ein Mittagessen; aber sie wollten nachher nicht weichen noch wanken von dar. Auch andre meiner Herren Collegen drängten sich herzu, begierig am goldnen Rande des Kelches der Wissenschaft ihre Lippen zu netzen, so daß mir fast jedes vertrauliche Gespräch unmöglich gemacht ward.
So sehr ich mich bei Seite gedrückt habe, mußte ich doch einmal in Brühl an der Tafel erscheinen. Am 14ten kamen die Majestäten hier durch, da durfte ich wieder nicht fehlen. Auch das der Königin überreichte Gedicht habe ich, auf dringende Bitten einer Dame, in Eil hingeschrieben, da bis auf die letzten Tage nur ein unförmliches zu Stande gekommen war.
[3] d. 28sten Sept. Die Auszüge aus meiner Biographie weiß ich Ihnen nicht genug zu danken: sie haben mir eine anziehende Unterhaltung gewährt. Einige Außerungen haben mich in Verwunderung gesetzt, andre Male ist der Vf: in Vorurtheilen befangen, welche die Franzosen vor dem jüngsten Tage schwerlich ablegen werden. – Übrigens ist schon eine lobende Biographie von mir vorhanden, von Hrn. von Golbery, dem Übersetzer Niebuhrs. Aus dem allzu kleinen und engen Druck der Biographie des contemporains hat er sie, ich weiß nicht mehr in welcher Zeitschrift, ausführlicher abdrucken lassen. Ich hatte ihm chronologische u bibliographische Notizen dazu geliefert.
In England ist die Anerkennung schon etwas. altes. Kürzlich bin ich aber dort auf eine nicht ganz erwünschte Weise auf den litterarischen Markt gebracht. Mrs. Austin hat Fragmente aus Deutschen Schriftstellern übersetzt. Es sind Schnitzeln, oft nicht zum besten gewählt. Von dieser Dame, die hier bei mir Vorlesungen gehört, nachher [4] in Dresden Tiecks litterarische Abendzirkel besucht hat, und mit ausgezeichneter Anmuth Deutsch spricht, hätte ich etwas besseres vermuthet; aber sie muß für Geld schreiben.
D. 6ten Oct. Nun ist der Brief wieder liegen geblieben, weil ich ihn nicht so leer und kahl abgehen lassen wollte. Haben Sie Geduld mit einem saumseligen Briefsteller. Jetzt ist mir außer den unaufhörlichen Störungen, einer Flut von Besuchen die sich nicht abweisen lassen, Stadtrathsitzungen u. s. w. auch noch die Jahreszeit hinderlich, da es mir schwer fällt, bei Licht zu schreiben.
Es ist mir sehr tröstlich, daß Sie auf den Winter zurückzukommen gedenken. Ich höre, Sie haben sich bei Brandis eingemiethet. Das Haus ist abgelegen, die Anfahrt unbequem: doch ich will Ihnen diese Wohnung nicht verleiden; der Graf Solms war sehr zufrieden damit.
Meine häuslichen Leiden dauern immer noch fort: mit der Besserung meiner Haushälterin geht es sehr langsam.
Empfangen Sie die Versicherung meiner Verehrung und freundschaftlichsten Gesinnung. Ihr Schl.
[1] pr. d. 8ten Oct 42.
[1] Bonn d. 20 Sept. 42
Ich war sehr erfreut, mein hochverehrter Freund und Gönner, aus Ihrem freundschaftlichen Briefe zu erfahren, daß Sie sich am 8ten d. M. in Paris vollkommen wohl befanden. Eigentlich haben Sie doch Ihre Reise etwas zu früh angetreten. Die Hitze muß sehr beschwerlich, in Babylon fast unerträglich, ja für die Gesundheit bedenklich gewesen seyn.
Ihren Brief empfing ich, als das große Ungewitter des Kriegs- und Hofgetümmels sich noch nicht ganz verzogen hatte. Vierzehn Tage lang war ich weder Herr meines Hauses noch meiner Zeit. Ich sollte den Lord De-Grey bei mir aufnehmen; sein Adjutant stellte sich auch wirklich ein; der Statthalter von Irland selbst aber blieb aus: wie es scheint, war er in Wiesbaden krank geworden. Statt dessen kam Sir Henry Bethune, der ehemalige Generalissimus des Padishah. Diese Leute sind artig, [2] genug, sie verursachten aber doch meinem Gesinde und mir große Unbequemlichkeit. Täglich um drei Uhr wurde das Haus wach, weil sie schon vor Tages Anbruch auf das Schlachtfeld hinritten. Nach der Abreise der Saule kehrte dann auch ein Prophet bei mir ein: Alexander von Humboldt. Ihm zu Ehren gab ich den Gelehrten vom Natur-Handwerke ein Mittagessen; aber sie wollten nachher nicht weichen noch wanken von dar. Auch andre meiner Herren Collegen drängten sich herzu, begierig am goldnen Rande des Kelches der Wissenschaft ihre Lippen zu netzen, so daß mir fast jedes vertrauliche Gespräch unmöglich gemacht ward.
So sehr ich mich bei Seite gedrückt habe, mußte ich doch einmal in Brühl an der Tafel erscheinen. Am 14ten kamen die Majestäten hier durch, da durfte ich wieder nicht fehlen. Auch das der Königin überreichte Gedicht habe ich, auf dringende Bitten einer Dame, in Eil hingeschrieben, da bis auf die letzten Tage nur ein unförmliches zu Stande gekommen war.
[3] d. 28sten Sept. Die Auszüge aus meiner Biographie weiß ich Ihnen nicht genug zu danken: sie haben mir eine anziehende Unterhaltung gewährt. Einige Außerungen haben mich in Verwunderung gesetzt, andre Male ist der Vf: in Vorurtheilen befangen, welche die Franzosen vor dem jüngsten Tage schwerlich ablegen werden. – Übrigens ist schon eine lobende Biographie von mir vorhanden, von Hrn. von Golbery, dem Übersetzer Niebuhrs. Aus dem allzu kleinen und engen Druck der Biographie des contemporains hat er sie, ich weiß nicht mehr in welcher Zeitschrift, ausführlicher abdrucken lassen. Ich hatte ihm chronologische u bibliographische Notizen dazu geliefert.
In England ist die Anerkennung schon etwas. altes. Kürzlich bin ich aber dort auf eine nicht ganz erwünschte Weise auf den litterarischen Markt gebracht. Mrs. Austin hat Fragmente aus Deutschen Schriftstellern übersetzt. Es sind Schnitzeln, oft nicht zum besten gewählt. Von dieser Dame, die hier bei mir Vorlesungen gehört, nachher [4] in Dresden Tiecks litterarische Abendzirkel besucht hat, und mit ausgezeichneter Anmuth Deutsch spricht, hätte ich etwas besseres vermuthet; aber sie muß für Geld schreiben.
D. 6ten Oct. Nun ist der Brief wieder liegen geblieben, weil ich ihn nicht so leer und kahl abgehen lassen wollte. Haben Sie Geduld mit einem saumseligen Briefsteller. Jetzt ist mir außer den unaufhörlichen Störungen, einer Flut von Besuchen die sich nicht abweisen lassen, Stadtrathsitzungen u. s. w. auch noch die Jahreszeit hinderlich, da es mir schwer fällt, bei Licht zu schreiben.
Es ist mir sehr tröstlich, daß Sie auf den Winter zurückzukommen gedenken. Ich höre, Sie haben sich bei Brandis eingemiethet. Das Haus ist abgelegen, die Anfahrt unbequem: doch ich will Ihnen diese Wohnung nicht verleiden; der Graf Solms war sehr zufrieden damit.
Meine häuslichen Leiden dauern immer noch fort: mit der Besserung meiner Haushälterin geht es sehr langsam.
Empfangen Sie die Versicherung meiner Verehrung und freundschaftlichsten Gesinnung. Ihr Schl.
[1] pr. d. 8ten Oct 42.
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