• August Wilhelm von Schlegel to Maria Löbel

  • Place of Dispatch: Paris · Place of Destination: Bonn · Date: 22.12.1831 bis 23.12.1831
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Maria Löbel
  • Place of Dispatch: Paris
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 22.12.1831 bis 23.12.1831
    Printed Text
  • Bibliography: „Meine liebe Marie“ ‒ „Werthester Herr Professor“. Der Briefwechsel zwischen August Wilhelm von Schlegel und seiner Haushälterin Maria Löbel. Hg. v. Ralf Georg Czapla und Franca Victoria Schankweiler. Bonn 2012, S. 86‒87.
  • Incipit: „[1] Paris d. 22sten Dec. 31.
    Meine liebe Marie!
    Ich fürchte, dießmal habe ich etwas lange versäumt an Sie zu schreiben. Indessen habe [...]“
    Manuscript
  • Provider: Strasbourg, Bibliothèque Nationale et Universitaire de Strasbourg
  • Classification Number: MS.2.882,89
  • Number of Pages: 1 Dbl., 4 S., hs. m. U.
    Language
  • German
[1] Paris d. 22sten Dec. 31.
Meine liebe Marie!
Ich fürchte, dießmal habe ich etwas lange versäumt an Sie zu schreiben. Indessen habe ich mittlerweile an den Hofagenten geschrieben, der hat Ihnen gewiß davon erzählt, u so sind Sie doch nicht ganz ohne Nachricht gewesen. Meine Gesundheit ist immer vollkommen, auch geht es mir in allen übrigen Stücken sehr gut, doch habe ich die Zeit her allerlei Anlaß zu traurigen Gedanken gehabt, womit Sie mein Stillschweigen entschuldigen mögen. Vor vierzehn Tagen erhielt ich die Nachricht von dem Ableben meines guten Bruders in Hannover. Er ist schon am 13ten Nov. sanft eingeschlafen, die Witwe schreibt gar nichts von einem Krankenlager: er hat ein sehr glückliches Ende gehabt. Er war nahe an 75 Jahr alt. Der Brief ist mir durch die Hannöverische Gesandtschaft zugestellt worden, nicht durch Hunters, wiewohl sie immerfort hier sind, u ganz in der Nachbarschaft wohnen. Heinrich hat darüber Erkundigung eingezogen. Ich meldete Ihnen wohl schon früher, daß Heinrich bald nach meiner Ankunft hier, Hrn. Hunter begegnete. Dieser ward über und über roth: er mochte sich wohl wegen der lächerlichen Geschichten in Bonn schämen. Nachher gab er eine Visiten=Carte für mich ab, ich habe dieß aber nicht erwiedert; ich will nichts mit diesen Leuten zu schaffen haben, u so sind sie mir denn auch bis jetzt vom Halse geblieben. Wenn nur mein Bruder Carl ein Testament gemacht hat, um sein Vermögen der Witwe u der kleinen Emilie zu hinterlassen, damit die Frau Hunter nichts in die [2] Hände bekommt. Ich habe ihn genug dazu ermahnt.
Ferner ist seit vierzehn Tagen die älteste Tochter des Herzogs von Broglie krank gewesen, es wurde sehr gefährlich u wir waren alle um das schöne junge Mädchen in der höchsten Angst u Bestürzung. Jetzt ist es aber wieder auf der Besserung. Der König u die Königin haben sich alle Tage erkundigen lassen.
Die Hoftracht habe ich nun schon zweimal gebraucht, u also die doppelte Miethe erspart. Auch ist die gemiethete Kleidung bei weitem nicht so anständig. Einen schönen Stahldegen und einen mit weißen Straußenfedern innen ausgelegten Hut habe ich hier dazu gekauft. Die alten in Bonn taugten ohnehin nichts. Nun bin ich aber wohlständig ausgestattet, um auch in London an den Hof zu gehen. Gestern vor acht Tagen war ich zum Conzert bei Hofe eingeladen; es war ein prächtiges Fest.
d. 23sten Dec. Mit den neuen Nachthemden, das wird mir gut zu Statten kommen. Es werden aber auch nach meiner Zurückkunft neue feine Hemden nöthig seyn, denn die Wäsche wird hier durch das hiesige Waschen, u das Klopfen dabei sehr abgenutzt. Die Hemden könnten dann wohl ohne Jabots mit drei Knöpfen [gemacht werden], um sich endlich nach der Mode zu fügen. Ich habe mir hier auch allerlei Kleidungsstücke machen lassen, als einen schwarzen Anzug wegen der Trauer, Camisöler von Flanell, Unterhosen p Es ist etwas theuerer, aber das Zeug ist auch viel besser als man es in Bonn haben kann. Seidne Schnupftücher habe ich auch gekauft, u schon im Gebrauch – ich denke in allem 24 anzuschaffen, [3] das wird wohl auf lange Zeit genug seyn: sie sind groß und stark, u von den schönsten Farben, alle von verschiedenen Mustern.
Was die Rechnungen betrifft, so lassen Sie selbige nur sämtlich um Neujahr einreichen; untersuchen Sie ob alles richtig ist, summiren Sie zusammen, u lassen sich dann auf einmal die ganze Summe vom Hofagenten oder seinem Sohne auszahlen. Es ist am besten zur gehörigen Zeit auszuzahlen, u nicht bis zu meiner Zurückkunft zu warten, um den bisherigen guten Credit zu behaupten. Ich habe Ihnen, so viel mir erinnerlich ist, einen Zettel, gut für 300 thl zurückgelassen. Wenn dieß nicht hinreicht, will ich Ihnen einen neuen Credit schicken. Die Rechnung vom Rentmeister Trimborn muß sogleich berichtigt werden. – Der Hofagent wird auf Neujahr das zweite Quartal meines Gehalts für mich in Empfang nehmen; ich habe seit meiner Abreise noch nichts auf ihn gezogen, als durch Anweisung den Betrag der Rechnung des Weinhändlers Dael in Mainz, 230 thl. – Geld muß also im Überflusse vorräthig seyn. Im Januar werden nun die Coupons fällig, wovon Sie auch Ihren Antheil haben müssen. Für Ihren eigenen Bedarf nehmen Sie so viel Sie wollen, ich werde es immer gut heißen. Wann die Interessen Ihrer Staatsschuldscheine fällig sind, ist mir nicht erinnerlich. Sie werden das schon selbst besorgen.
Von Frau Forstheim habe ich einen Brief gehabt Sie versichert, daß die Pferde im besten Stande sind. [4] Grüßen Sie Herrn Lassen von mir – mich verlangt darnach zu erfahren, daß die Bücher-Kiste wirklich unterwegs ist. Ich wünsche von ganzem Herzen die Fortdauer Ihres Wohlbefindens – das ist für mich die Hauptsache unter allen Neuigkeiten. Ich sehne mich sehr nach Hause zurück: wenn ich nicht vorher nach England reisen müßte! Leben Sie tausendmal wohl!
Ihr treugesinnter
AWvSchlegel
[1] Paris d. 22sten Dec. 31.
Meine liebe Marie!
Ich fürchte, dießmal habe ich etwas lange versäumt an Sie zu schreiben. Indessen habe ich mittlerweile an den Hofagenten geschrieben, der hat Ihnen gewiß davon erzählt, u so sind Sie doch nicht ganz ohne Nachricht gewesen. Meine Gesundheit ist immer vollkommen, auch geht es mir in allen übrigen Stücken sehr gut, doch habe ich die Zeit her allerlei Anlaß zu traurigen Gedanken gehabt, womit Sie mein Stillschweigen entschuldigen mögen. Vor vierzehn Tagen erhielt ich die Nachricht von dem Ableben meines guten Bruders in Hannover. Er ist schon am 13ten Nov. sanft eingeschlafen, die Witwe schreibt gar nichts von einem Krankenlager: er hat ein sehr glückliches Ende gehabt. Er war nahe an 75 Jahr alt. Der Brief ist mir durch die Hannöverische Gesandtschaft zugestellt worden, nicht durch Hunters, wiewohl sie immerfort hier sind, u ganz in der Nachbarschaft wohnen. Heinrich hat darüber Erkundigung eingezogen. Ich meldete Ihnen wohl schon früher, daß Heinrich bald nach meiner Ankunft hier, Hrn. Hunter begegnete. Dieser ward über und über roth: er mochte sich wohl wegen der lächerlichen Geschichten in Bonn schämen. Nachher gab er eine Visiten=Carte für mich ab, ich habe dieß aber nicht erwiedert; ich will nichts mit diesen Leuten zu schaffen haben, u so sind sie mir denn auch bis jetzt vom Halse geblieben. Wenn nur mein Bruder Carl ein Testament gemacht hat, um sein Vermögen der Witwe u der kleinen Emilie zu hinterlassen, damit die Frau Hunter nichts in die [2] Hände bekommt. Ich habe ihn genug dazu ermahnt.
Ferner ist seit vierzehn Tagen die älteste Tochter des Herzogs von Broglie krank gewesen, es wurde sehr gefährlich u wir waren alle um das schöne junge Mädchen in der höchsten Angst u Bestürzung. Jetzt ist es aber wieder auf der Besserung. Der König u die Königin haben sich alle Tage erkundigen lassen.
Die Hoftracht habe ich nun schon zweimal gebraucht, u also die doppelte Miethe erspart. Auch ist die gemiethete Kleidung bei weitem nicht so anständig. Einen schönen Stahldegen und einen mit weißen Straußenfedern innen ausgelegten Hut habe ich hier dazu gekauft. Die alten in Bonn taugten ohnehin nichts. Nun bin ich aber wohlständig ausgestattet, um auch in London an den Hof zu gehen. Gestern vor acht Tagen war ich zum Conzert bei Hofe eingeladen; es war ein prächtiges Fest.
d. 23sten Dec. Mit den neuen Nachthemden, das wird mir gut zu Statten kommen. Es werden aber auch nach meiner Zurückkunft neue feine Hemden nöthig seyn, denn die Wäsche wird hier durch das hiesige Waschen, u das Klopfen dabei sehr abgenutzt. Die Hemden könnten dann wohl ohne Jabots mit drei Knöpfen [gemacht werden], um sich endlich nach der Mode zu fügen. Ich habe mir hier auch allerlei Kleidungsstücke machen lassen, als einen schwarzen Anzug wegen der Trauer, Camisöler von Flanell, Unterhosen p Es ist etwas theuerer, aber das Zeug ist auch viel besser als man es in Bonn haben kann. Seidne Schnupftücher habe ich auch gekauft, u schon im Gebrauch – ich denke in allem 24 anzuschaffen, [3] das wird wohl auf lange Zeit genug seyn: sie sind groß und stark, u von den schönsten Farben, alle von verschiedenen Mustern.
Was die Rechnungen betrifft, so lassen Sie selbige nur sämtlich um Neujahr einreichen; untersuchen Sie ob alles richtig ist, summiren Sie zusammen, u lassen sich dann auf einmal die ganze Summe vom Hofagenten oder seinem Sohne auszahlen. Es ist am besten zur gehörigen Zeit auszuzahlen, u nicht bis zu meiner Zurückkunft zu warten, um den bisherigen guten Credit zu behaupten. Ich habe Ihnen, so viel mir erinnerlich ist, einen Zettel, gut für 300 thl zurückgelassen. Wenn dieß nicht hinreicht, will ich Ihnen einen neuen Credit schicken. Die Rechnung vom Rentmeister Trimborn muß sogleich berichtigt werden. – Der Hofagent wird auf Neujahr das zweite Quartal meines Gehalts für mich in Empfang nehmen; ich habe seit meiner Abreise noch nichts auf ihn gezogen, als durch Anweisung den Betrag der Rechnung des Weinhändlers Dael in Mainz, 230 thl. – Geld muß also im Überflusse vorräthig seyn. Im Januar werden nun die Coupons fällig, wovon Sie auch Ihren Antheil haben müssen. Für Ihren eigenen Bedarf nehmen Sie so viel Sie wollen, ich werde es immer gut heißen. Wann die Interessen Ihrer Staatsschuldscheine fällig sind, ist mir nicht erinnerlich. Sie werden das schon selbst besorgen.
Von Frau Forstheim habe ich einen Brief gehabt Sie versichert, daß die Pferde im besten Stande sind. [4] Grüßen Sie Herrn Lassen von mir – mich verlangt darnach zu erfahren, daß die Bücher-Kiste wirklich unterwegs ist. Ich wünsche von ganzem Herzen die Fortdauer Ihres Wohlbefindens – das ist für mich die Hauptsache unter allen Neuigkeiten. Ich sehne mich sehr nach Hause zurück: wenn ich nicht vorher nach England reisen müßte! Leben Sie tausendmal wohl!
Ihr treugesinnter
AWvSchlegel
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