• August Wilhelm von Schlegel to Friedrich Schiller

  • Place of Dispatch: Jena · Place of Destination: Jena · Date: 03.09.1797
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Friedrich Schiller
  • Place of Dispatch: Jena
  • Place of Destination: Jena
  • Date: 03.09.1797
  • Notations: Absende- und Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Friedrich Schiller ‒ August Wilhelm Schlegel. Der Briefwechsel. Hg. v. Norbert Oellers. Köln 2005, S. 116‒117.
  • Weitere Drucke: August Wilhelm und Friedrich Schlegel im Briefwechsel mit Schiller und Goethe. Hg. v. Josef Körner u. Ernst Wieneke. Leipzig 1926, S. 51‒52.
  • Incipit: „[1] [Jena,] d. 3 Sept 97 [Sonntag]
    Dieß mahl ist meine Lust mit meinen Abhaltungen durchgegangen, und ich habe es nicht lassen [...]“
    Manuscript
  • Provider: Weimar, Klassik Stiftung Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv
  • Classification Number: GSA 83/428
    Language
  • German
[1] [Jena,] d. 3 Sept 97 [Sonntag]
Dieß mahl ist meine Lust mit meinen Abhaltungen durchgegangen, und ich habe es nicht lassen können, die beyfolgende Romanze zu dichten, die Ihnen für den Alm. zu Diensten ist, wenn Sie Platz dafür übrig haben, und versteht sich, wenn Sie Ihnen gefällt. Ich habe nach Ihrem Beyspiele eine Geschichte aus dem Herodot behandelt. Eine Hauptschwierigkeit dabey war, daß die Mitte derselben piquanter ist als das Ende, welches denn doch nicht wegbleiben darf. Sie werden sehen, daß ich durchaus einen leichten fröhlichen Eindruck beabsichtet, und darnach auch das Sylbenmaaß und den schnellen Rhythmus der Erzählung einzurichten gesucht.
Wenn ich nicht fürchtete es möchte etwas steif aussehen, so schrieb ich gern überall [2] Cithar um der Verwechselung mit der modernen Zitter, guitarre, vorzubeugen. Leyer war mir zu abgenutzt, und Cither, κιθαρα, ist hier auch das eigentliche vom Herodot selbst gebrauchte Wort.
Eigentlich habe ich diesen Gegenstand nur so unterwegs ergriffen: mein Absehen war auf die Sakontala gerichtet. Aber ich besorgte, sie möchte zu lang werden; und es hätte auch mehr Vorbereitung und Studium erfodert, die nöthige Indische Mythologie hineinzubringen, ohne dunkel zu werden, und die hohen Farben der Vegetation in dem südlichen Klima, geistig genommen, mit der Einfachheit des Balladentons zu vereinigen. – Ich hatte diesen Gedanken, ehe ich von der entzückenden Bajadere wußte, die erstaunlich aufmerksam auf den Werth der Indischen Sagen machen muß. Vielleicht finden sich in den Asiatic Researches, dem übersetzten [3] Wedam und dergleichen noch mehr solche artige Geschichten. – Ich habe nur die erste Hälfte der Bajadere auf dem Bogen gelesen, den Sie mir zuletzt zur Korrektur zuschickten, und bin erstaunlich begierig auf das Ende. Sie würden mich sehr verbinden, wenn Sie mir das Gedicht ganz wollten zukommen lassen, wann es fertig gedruckt ist.
Ist die Zeit von Götheʼs Wiederkunft noch nicht bestimmt?
Wegen der Gallier in Rom habe ich mit H. Gries gesprochen: er wird sie sehr gern in die Horen geben. Er hat gewiß den guten Willen das Gedicht zu verbessern*, aber die Zeit, wo das Feuer der Komposizion noch nicht verraucht ist, ist nicht diejenige, wo man am besten einsieht, wo es fehlt. Vielleicht leuchtet es ihm mehr ein, wenn Sie einmal mit ihm darüber gesprochen haben.
[4] Hier ist das Übrige der Geisterinsel. Ich finde allerliebste Sachen darin – manchmal beynahe Wunder der Versification in den kurzen gereimten Zeilen; auch sehr artige Erfindungen, besonders die mit dem Korallenzählen. Doch scheint mir der Ton der Darstellung nicht immer ganz richtig gehalten; zu viel sentimentaler Ernst hier und da; und der liebe Gott, der einigemale vorkömmt, wäre aus einer lustigen Zauberwelt wohl besser weggeblieben. –
Leben Sie recht wohl.
Schlegel
[3] * und mir auch schon eine Abschrift mit einigen Korrekturen gebracht,
[1] [Jena,] d. 3 Sept 97 [Sonntag]
Dieß mahl ist meine Lust mit meinen Abhaltungen durchgegangen, und ich habe es nicht lassen können, die beyfolgende Romanze zu dichten, die Ihnen für den Alm. zu Diensten ist, wenn Sie Platz dafür übrig haben, und versteht sich, wenn Sie Ihnen gefällt. Ich habe nach Ihrem Beyspiele eine Geschichte aus dem Herodot behandelt. Eine Hauptschwierigkeit dabey war, daß die Mitte derselben piquanter ist als das Ende, welches denn doch nicht wegbleiben darf. Sie werden sehen, daß ich durchaus einen leichten fröhlichen Eindruck beabsichtet, und darnach auch das Sylbenmaaß und den schnellen Rhythmus der Erzählung einzurichten gesucht.
Wenn ich nicht fürchtete es möchte etwas steif aussehen, so schrieb ich gern überall [2] Cithar um der Verwechselung mit der modernen Zitter, guitarre, vorzubeugen. Leyer war mir zu abgenutzt, und Cither, κιθαρα, ist hier auch das eigentliche vom Herodot selbst gebrauchte Wort.
Eigentlich habe ich diesen Gegenstand nur so unterwegs ergriffen: mein Absehen war auf die Sakontala gerichtet. Aber ich besorgte, sie möchte zu lang werden; und es hätte auch mehr Vorbereitung und Studium erfodert, die nöthige Indische Mythologie hineinzubringen, ohne dunkel zu werden, und die hohen Farben der Vegetation in dem südlichen Klima, geistig genommen, mit der Einfachheit des Balladentons zu vereinigen. – Ich hatte diesen Gedanken, ehe ich von der entzückenden Bajadere wußte, die erstaunlich aufmerksam auf den Werth der Indischen Sagen machen muß. Vielleicht finden sich in den Asiatic Researches, dem übersetzten [3] Wedam und dergleichen noch mehr solche artige Geschichten. – Ich habe nur die erste Hälfte der Bajadere auf dem Bogen gelesen, den Sie mir zuletzt zur Korrektur zuschickten, und bin erstaunlich begierig auf das Ende. Sie würden mich sehr verbinden, wenn Sie mir das Gedicht ganz wollten zukommen lassen, wann es fertig gedruckt ist.
Ist die Zeit von Götheʼs Wiederkunft noch nicht bestimmt?
Wegen der Gallier in Rom habe ich mit H. Gries gesprochen: er wird sie sehr gern in die Horen geben. Er hat gewiß den guten Willen das Gedicht zu verbessern*, aber die Zeit, wo das Feuer der Komposizion noch nicht verraucht ist, ist nicht diejenige, wo man am besten einsieht, wo es fehlt. Vielleicht leuchtet es ihm mehr ein, wenn Sie einmal mit ihm darüber gesprochen haben.
[4] Hier ist das Übrige der Geisterinsel. Ich finde allerliebste Sachen darin – manchmal beynahe Wunder der Versification in den kurzen gereimten Zeilen; auch sehr artige Erfindungen, besonders die mit dem Korallenzählen. Doch scheint mir der Ton der Darstellung nicht immer ganz richtig gehalten; zu viel sentimentaler Ernst hier und da; und der liebe Gott, der einigemale vorkömmt, wäre aus einer lustigen Zauberwelt wohl besser weggeblieben. –
Leben Sie recht wohl.
Schlegel
[3] * und mir auch schon eine Abschrift mit einigen Korrekturen gebracht,
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