• Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Leipzig · Place of Destination: Unknown · Date: 10.03.1793
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Leipzig
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 10.03.1793
    Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 23. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Bis zur Begründung der romantischen Schule (15. September 1788 ‒ 15. Juli 1797). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Ernst Behler u.a. Paderborn u.a. 1987, S. 84‒85.
  • Incipit: „[1] Leipzig den 10ten März.
    Endlich ist es einmal wieder an Dich die Reihe, nachdem ich so manchen langweiligen Brief habe schreiben [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-1a-34186
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.24.a,Nr.21
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl., hs.
  • Format: 19 x 11,4 cm
    Language
  • German
[1] Leipzig den 10ten März.
Endlich ist es einmal wieder an Dich die Reihe, nachdem ich so manchen langweiligen Brief habe schreiben müssen: und zwar soll heute nicht blos von mir die Rede seyn, sondern Dein freundschaftlicher Brief beantwortet werden. Wahrlich Du hattest gar keine Rechtfertigung nöthig; ich wünschte nur, Du hättest, da ich so wenig von Dir höre, das ganz weggelassen, und statt dessen über Dich selbst und Deine Verbindung umständlicher [geschrieben], oder auch lieber meine letzteren Briefe beantwortet, als alte Misverständnisse erörtert. Von Deinem eigentlichen Leben weiß ich noch sehr wenig; ich hoffe aber noch immer darauf; Du könntest Dir es vielleicht durch Ueberschickung von Briefen erleichtern. Am besten würde sie selbst wohl Eure Geschichte schreiben, da es doch bey ihr angefangen. – Im Ernste – das könnte Euch ein angenehmes Denkmahl für künftige Erinnerung seyn, welches ich so lange aufbewahrte.
[2] Die Beschreibung Deiner Lebensart ist mir interessant gewesen. Ich will Dir einen flüchtigen Gedanken zur Aufmerksamkeit hinwerfen. Ich glaube Du zerstreust Dich zusehr, in vielerley kleine Interesse und Beschäftigungen, wovon doch einige wie z. B. das Lesen des Moniteur etc. gar nicht nothwendig. – Die Zerstreuung ist der Todt aller Größe, welche immer mit Concentration der Kräfte verbunden ist. Endlich werden wir der Begeisterung ganz unfähig, und was ist das Leben ohne diese für den nehmlich, der die Begeisterung kennt; denn sonst schwimmen viele auf einem <steten> Strome von Geschäftigkeit, Spiel, Sorgen etc. ganz unbekümmert fort. – Und könnte auch ein Leben, ohne dieses glücklich und schön seyn, so ist es <in späteren Jahren> doch nur möglich, wenn wir selbst vollendet sind, und der Frühling der Begeisterung nicht versäumt ist. Um ein eignes Werk zu thun, gehört Concentration aber auch Ausdauer, an der es Dir im Ganzen vielleicht mehr fehlt als an der ersten. Du wirst wohl sehr lachen, daß dieß die Einleitung ist, um zu verlangen, daß [3] Du die Zeit, die Du bisher auf den Moniteur gewandt zu Briefen an mich anwenden sollst. Du wirst Dir doch das Bischen übrige von Car.[oline] nicht vollends rauben lassen. Uebrigens bitte ich um einige Demokraten-Briefe von ihr. Dafür erhältst Du hier einen von Hardenberg, aus dem Du verschiedenes meiner Lage deutlicher sehen wirst. Wenn ich Dir aber mehrere von ihm schicken soll, so mußt Du nicht voreilig urtheilen. Laura ist meine Freundin und Julchen ihre Schwester, ein schönes, sehr coquettes Ding. – Ich bin wirklich heute nicht fähig von mir zu schreiben, so wenig auch mein letzter Brief Dich befriedigt haben wird. Es würde mir doch heute nicht gelingen – ich fühle mich seit einiger Zeit so ganz ermattet und stumpf. Es sind vermuthlich Aeußerungen in meinem letztern, die Dir mißfallen werden. Ich bin verwildert und kenne mich kaum selbst mehr – es hat mir unendliche Anstrengung gekostet meine Rachsucht zu bezähmen, und ich schäme mich recht wie kindisch argwöhnisch und jachzornig ich oft gewesen bin. –
[4] Lieber Freund, ich bin indiscret gewesen, ich habe mir von Heinsius 18 Thaler auszahlen lassen. Es hieng aber sehr viel davon ab, das Geld denselben Tag zu haben, und alle Ressourcen waren abgeschnitten. Die Sache konnte sogar Einfluß auf den Credit eines Freundes haben. Siehst [Du], in so einer verdrießlichen Lage bin ich, wegen meiner vielen Feinde, daß oft meine Ehre von der unbedeutendsten Summe abhängt. Denn auch dieser Verdruß war mir angestiftet. Ich muß Dich noch mehr bitten, nehmlich daß Du mir, wenn es möglich ist, eine Assignation auf ihn schickst auf 30 Thl.; es versteht sich daß ich nur im Nothfalle Gebrauch davon mache, und daß die 18 Thl. mit hineingerechnet sind. Soll es mich aber noch hier treffen, so muß es nothwendig mit umgehender reitender Post abgeschickt werden: denn vielleicht gehe ich den 24ten oder 25ten <schon> nach Dreßden. Es könnte seyn, daß ich gegen Ostern in <Geld->Verlegenheit geriethe, die zu dem schlimmsten Anlaß geben könnte. Das Geld habe ich noch nicht erhalten; wenn es nur nicht in die Hände der Demokraten gefallen ist. Nächstens mehr. – Der Buchhändler hofft bald wieder etwas zu bekommen. Seine Addreße ist Joh. Samuel Heinsius & Sohn Buchh.
[1] Leipzig den 10ten März.
Endlich ist es einmal wieder an Dich die Reihe, nachdem ich so manchen langweiligen Brief habe schreiben müssen: und zwar soll heute nicht blos von mir die Rede seyn, sondern Dein freundschaftlicher Brief beantwortet werden. Wahrlich Du hattest gar keine Rechtfertigung nöthig; ich wünschte nur, Du hättest, da ich so wenig von Dir höre, das ganz weggelassen, und statt dessen über Dich selbst und Deine Verbindung umständlicher [geschrieben], oder auch lieber meine letzteren Briefe beantwortet, als alte Misverständnisse erörtert. Von Deinem eigentlichen Leben weiß ich noch sehr wenig; ich hoffe aber noch immer darauf; Du könntest Dir es vielleicht durch Ueberschickung von Briefen erleichtern. Am besten würde sie selbst wohl Eure Geschichte schreiben, da es doch bey ihr angefangen. – Im Ernste – das könnte Euch ein angenehmes Denkmahl für künftige Erinnerung seyn, welches ich so lange aufbewahrte.
[2] Die Beschreibung Deiner Lebensart ist mir interessant gewesen. Ich will Dir einen flüchtigen Gedanken zur Aufmerksamkeit hinwerfen. Ich glaube Du zerstreust Dich zusehr, in vielerley kleine Interesse und Beschäftigungen, wovon doch einige wie z. B. das Lesen des Moniteur etc. gar nicht nothwendig. – Die Zerstreuung ist der Todt aller Größe, welche immer mit Concentration der Kräfte verbunden ist. Endlich werden wir der Begeisterung ganz unfähig, und was ist das Leben ohne diese für den nehmlich, der die Begeisterung kennt; denn sonst schwimmen viele auf einem <steten> Strome von Geschäftigkeit, Spiel, Sorgen etc. ganz unbekümmert fort. – Und könnte auch ein Leben, ohne dieses glücklich und schön seyn, so ist es <in späteren Jahren> doch nur möglich, wenn wir selbst vollendet sind, und der Frühling der Begeisterung nicht versäumt ist. Um ein eignes Werk zu thun, gehört Concentration aber auch Ausdauer, an der es Dir im Ganzen vielleicht mehr fehlt als an der ersten. Du wirst wohl sehr lachen, daß dieß die Einleitung ist, um zu verlangen, daß [3] Du die Zeit, die Du bisher auf den Moniteur gewandt zu Briefen an mich anwenden sollst. Du wirst Dir doch das Bischen übrige von Car.[oline] nicht vollends rauben lassen. Uebrigens bitte ich um einige Demokraten-Briefe von ihr. Dafür erhältst Du hier einen von Hardenberg, aus dem Du verschiedenes meiner Lage deutlicher sehen wirst. Wenn ich Dir aber mehrere von ihm schicken soll, so mußt Du nicht voreilig urtheilen. Laura ist meine Freundin und Julchen ihre Schwester, ein schönes, sehr coquettes Ding. – Ich bin wirklich heute nicht fähig von mir zu schreiben, so wenig auch mein letzter Brief Dich befriedigt haben wird. Es würde mir doch heute nicht gelingen – ich fühle mich seit einiger Zeit so ganz ermattet und stumpf. Es sind vermuthlich Aeußerungen in meinem letztern, die Dir mißfallen werden. Ich bin verwildert und kenne mich kaum selbst mehr – es hat mir unendliche Anstrengung gekostet meine Rachsucht zu bezähmen, und ich schäme mich recht wie kindisch argwöhnisch und jachzornig ich oft gewesen bin. –
[4] Lieber Freund, ich bin indiscret gewesen, ich habe mir von Heinsius 18 Thaler auszahlen lassen. Es hieng aber sehr viel davon ab, das Geld denselben Tag zu haben, und alle Ressourcen waren abgeschnitten. Die Sache konnte sogar Einfluß auf den Credit eines Freundes haben. Siehst [Du], in so einer verdrießlichen Lage bin ich, wegen meiner vielen Feinde, daß oft meine Ehre von der unbedeutendsten Summe abhängt. Denn auch dieser Verdruß war mir angestiftet. Ich muß Dich noch mehr bitten, nehmlich daß Du mir, wenn es möglich ist, eine Assignation auf ihn schickst auf 30 Thl.; es versteht sich daß ich nur im Nothfalle Gebrauch davon mache, und daß die 18 Thl. mit hineingerechnet sind. Soll es mich aber noch hier treffen, so muß es nothwendig mit umgehender reitender Post abgeschickt werden: denn vielleicht gehe ich den 24ten oder 25ten <schon> nach Dreßden. Es könnte seyn, daß ich gegen Ostern in <Geld->Verlegenheit geriethe, die zu dem schlimmsten Anlaß geben könnte. Das Geld habe ich noch nicht erhalten; wenn es nur nicht in die Hände der Demokraten gefallen ist. Nächstens mehr. – Der Buchhändler hofft bald wieder etwas zu bekommen. Seine Addreße ist Joh. Samuel Heinsius & Sohn Buchh.
×
×