• Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Dresden · Place of Destination: Braunschweig · Date: 15.01.1796
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Dresden
  • Place of Destination: Braunschweig
  • Date: 15.01.1796
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 23. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Bis zur Begründung der romantischen Schule (15. September 1788 ‒ 15. Juli 1797). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Ernst Behler u.a. Paderborn u.a. 1987, S. 271‒274.
  • Incipit: „[1] Dreßden den 15ten Jan[uar].
    Liebster Wilhelm, Ich würde Deinen Brief schon eher beantwortet haben, wenn ich nicht eben sehr im Zuge [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-1a-34222
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.24.b,Nr.75
  • Number of Pages: 8S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 18,8 x 11,2 cm
    Language
  • German
[1] Dreßden den 15ten Jan[uar].
Liebster Wilhelm, Ich würde Deinen Brief schon eher beantwortet haben, wenn ich nicht eben sehr im Zuge gewesen, rasch zu arbeiten. Der zweyte Band wird bald fertig seyn, und den dritten zu vollenden (die Geschichte der Attischen Tragödie) ist nicht sowohl Arbeit als Lust und Erhohlung. Dann hat mich Sch.[illers] Theorie des Sentimentalen so beschäftigt, daß ich einige Tage nichts andres gethan habe, als sie lesen und Anmerkungen schreiben. Wenn Du meine Abh.[andlung] lesen kannst, wirst Du begreifen, warum mich das so sehr interessirte. Sch.[iller] hat mir wirklich Aufschlüsse gegeben. Wenn mir innerlich so etwas kocht, so bin ich unfähig etwas andres ruhig vorzunehmen. Der Entschluß, noch diesen Winter eine Skizze meiner Poetik für den Druck auszuarbeiten, ist nun fest genommen.
Ueber meine Abh.[andlung] mag ich Dir gar nichts schreiben, bis ich weiß, [2] daß Du sie hast. Sie handelt nur davon, daß man die Griech.[ische] Poesie studiren solle, das wie ist nun noch zurück. Es ist die Skizze der Hälfte der Vorrede des ganzen Werks. Sie ist für Künstler, Kenner, Liebhaber und Philosophen bestimmt. Für den eigentlichen Gelehrten wird sehr wenig darin seyn. Ob du sie H.[eyne] schicken willst, überlasse ich ganz Dir. Nothwendig ist es indessen nicht grade, wenn Mich.[aelis] so vernünftig ist, jeden Band auch als einzelnes Werkchen drucken zu lassen, wo dann der zweite unter dem Titel: Versuch eines Grundrisses der Geschichte der G.[riechischen] P.[oesie] erscheinen soll. Wenn ich mit Heynen anknüpfen könnte, wäre mirʼs sehr lieb, aber ich zweifle daß er mir mein bischen Philosophie verzeihen wird.
Dein Brief hat mir auch in so fern sehr grosse Freude gemacht, weil er von Deiner Heiterkeit und Thätigkeit zeugt. Ihr glücklichen Menschen! Du hast mir noch nicht geschrieben, wann, <in welchem Monat,> Du eigentlich kommen willst: oder hast Du [3] Dich darüber noch nicht genauer bestimmt. Ich freue mich ganz unaussprechlich auf diese Zeit.
Da ich nicht weiß, wie viele Zeit ich noch haben werde, so will ich erst zwey Dinge voranschicken, eine Frage und eine Bitte.
Kannst Du nicht in Br.[aunschweig] vielleicht von Eschenburg erfahren, ob eine gute Uebersetzung des Sallustius und des Vellejus existirt? Abbt hat glaube ich von dem ersten eine versucht. Es sollte mich wundern, wenn in der Frankfurter Sammlung <der Uebersetzungen alter Klassiker> nicht darauf gedacht wäre. Ist eine zu haben, so ist Kar.[oline] wohl so gütig, sie zu prüfen, ob sie von der Art ist, daß sie eine neue überflüssig macht. – Ich habe den Gedanken gehabt, in Nebenstunden den Sall.[ustius] zu übersetzen, und mit einem räsonnirenden Kommentar wie Wielands zum Horaz zu begleiten. Es würde für meinen Styl besser seyn, als das Uebersetzen aus dem Franz.[ösischen] oder Engl.[ischen] mit dem es ja ohnehin nicht recht in Gang kommen will. Es würde mir nicht [4] ein Frohndienst seyn, wie das letzte, sondern eine sehr angenehme Unterhaltung. Ich bitte Dich, es nicht zu vergessen.
Ferner wünschte ich zu wissen, woher die Ital.[ienischen] Idyllendichter Arkadien – nach Arkadien versetzen? Im Virgil, <Calpurnius,> Nemesian, <an die sie sich wohl mehr hielten als an die Griechen,> sind zwar Arkadische Hirten mehr als einmal als vorzüglich poetische erwähnt, aber Sizilische doch nicht minder, oder eigentl.[ich] häufiger. War Sizilien etwa zu nahe, zu bekannt, um es zur Heimath der fabelhaften Hirtenwelt zu machen? oder hat es noch eine andre Ursache?
Ich habe Mich.[aelis] erinnert Dir wegen des Sh.[akespeare] zu antworten. Will er nicht, so könntest Du an Voß <in Leipzig> durch Becker oder gradezu Dich wenden. Er giebt die Mon.[ats-]Schr.[ift] für Damen, das Taschenbuch und die Quartalschrift heraus und kennt Dich dadurch hinlänglich. Auch ist da ein gewisser Fleischer in L.[eipzig] ein junger aber sehr ordentlicher und thätiger Mann, mit dem ich durch Körner in einiger Connexion stehe.
[5] Vieweg hat mir nicht geantwortet. – Crusen antworte ich gewiß nächsten Posttag. Sag ihm das sobald Du ihn siehst, und entschuldige mich bey ihm. – Der Grohmann in Leipzig, von dem Du ein Buch recensiren sollst, ist von dem in Wittenberg, welcher über Klopstock geschrieben hat, verschieden. Aus Schochers Declamation besonders im Unterricht wird grosses Wesen gemacht. Er hat ein schlechtes Organ. Indessen thut es mir leid, daß ich versäumt habe, ihn in Conzerten zu hören, wo er sich zu weilen zum Besten gab. Seine Schrift soll ohne mündlichen Unterricht sehr unverständlich seyn. Ich vermuthe, daß er in der richtigen Accentuation sehr grosse Vortheile hat. Körner hat bey ihm gelernt.
Ich hätte Dir noch so viel zu schreiben. Aber ich bin heute nicht recht wohl und verstimmt (welches jedoch ein seltner Fall ist) und möchte doch gern mit ganzem Sinne Deine interessanten Anregungen erwiedern. Wie ich mich freuen werde Dich zu sehen, mit Dir zu reden, wenn ich es nicht völlig verlernt habe. – Nur das für heute. Wenn Du nicht wenigstens den Dionys, Hephästion, Meiboms Musiker, [7] den Plato und den Aristoteles (im achten Buche der Politik und in der Rhet.[orik]) vor Dir hast, nebst den wichtigsten Dichtern mit den metrischen Noten der Scholiasten so kannst Du auch gar nicht einmal den Anfang machen, Griechische Metrik zu studiren. Aber damit ist die Sache noch gar nicht gethan. Willst Du den Gr.[iechischen] Rythmus kennen, so mußt Du eine vollständige Theorie der Musik, die an <wissenschaftlicher> Evidenz der Musik nichts nachgiebt, schon mitbringen. Ja noch mehr, Du mußt die ganze Masse der Griechischen Bildung kennen im vollsten Sinne des Worts. Niemals wird einer, der den Geist der Solonischen Gesetzgebung nicht kennt, die Winke der Alten über den Dithyrambus verstehn, und wer kann den Pindarischen Rythmus begreifen, dem die Sitten und die Staatsverfassung der Dorier fremd sind. – Die Metrik der Griechen ist durchaus musikalisch. Du kannst den Theil nicht vom Ganzen trennen. Die Geschichte der Gr.[iechischen] Musik ist aber der dunkelste Theil der Alterthumskunde und einer der schwersten meines Unter[7]nehmens. Ich habe ihn auf eine reifere Zeit zurückgelegt. Doch über einiges habe ich geredet, was Dir aber vermuthlich am entferntesten liegt. – Forkel, der von der Musik weniger versteht, als ein Kastrat von der Liebe, und von den Griechen noch weniger hat die <Schrift>Stellen der Alten über Musik (aus Indexen und mitunter also mit lächerlichen Misverständnissen) ziemlich vollständig gesammlet. Eine brauchbare Kompilation ist mir nicht bekannt. Jetzt wird bey Fleischer Hermann de Metris Gr[aecorum] gedruckt, welches nach der Inhaltsanzeige ziemlich vollständig seyn muß. – Rousseau ist unaussprechlich verworren, nicht blos im histor.[ischen,] sondern im philosophischen Theil. Ich weiß nicht einmal, ob er bemerkt hat, daß die Gr.[iechen] unsern Takt so wenig kannten, wie den Reim, und daß sich ihr ganz heterogener Rythmus zu demselben verhielt, wie gemeßne Versarten, zu denj.[enigen] modernen, wo die Sylben bloß gezählt werden.
Im Wolf findest Du nichts über Metrik und Improvisatoren, über Rhapsoden und [8] was zur Geschichte des Homerischen Textes gehört. Laß ihn bis wir ihn hier zusammen lesen können. Er ist ein prächtiger Kerl, den ich unmenschlich lieb habe. Wissenschaft und Geschmack sind seine Sache nicht sehr. Vossens Briefe sind schlecht geschrieben, doch einigemal witzig, nur mit zu viel Bosheit. Er kann Dich ietzt nicht interessiren.
Ueber den Reim, was ich zu geben vermag, umständlich mit nächstem Posttage.
Ich bin gewiß daß Du einen Roman in seiner Art vollenden wirst, sobald Dich ein Stoff begeistert, oder sobald Du mit Deinem Glücke vertraut genung und von Deinen Leidenschaften entfernt genung bist, um sie darstellen zu können. Dein Selbst wird der Gegenstand Deiner Kunst seyn. Die Welt oder die Natur hat Dich bis ietzt noch nicht begeistert. Ueberall, wo Du Dich wahrhaft begeistert fühltest, fandest Du Dein höheres Selbst wieder, oder glaubtest es zu finden. Es scheint mir, daß Du zu der lyrischen Art gehörst.
Fr. Schl.
[1] Dreßden den 15ten Jan[uar].
Liebster Wilhelm, Ich würde Deinen Brief schon eher beantwortet haben, wenn ich nicht eben sehr im Zuge gewesen, rasch zu arbeiten. Der zweyte Band wird bald fertig seyn, und den dritten zu vollenden (die Geschichte der Attischen Tragödie) ist nicht sowohl Arbeit als Lust und Erhohlung. Dann hat mich Sch.[illers] Theorie des Sentimentalen so beschäftigt, daß ich einige Tage nichts andres gethan habe, als sie lesen und Anmerkungen schreiben. Wenn Du meine Abh.[andlung] lesen kannst, wirst Du begreifen, warum mich das so sehr interessirte. Sch.[iller] hat mir wirklich Aufschlüsse gegeben. Wenn mir innerlich so etwas kocht, so bin ich unfähig etwas andres ruhig vorzunehmen. Der Entschluß, noch diesen Winter eine Skizze meiner Poetik für den Druck auszuarbeiten, ist nun fest genommen.
Ueber meine Abh.[andlung] mag ich Dir gar nichts schreiben, bis ich weiß, [2] daß Du sie hast. Sie handelt nur davon, daß man die Griech.[ische] Poesie studiren solle, das wie ist nun noch zurück. Es ist die Skizze der Hälfte der Vorrede des ganzen Werks. Sie ist für Künstler, Kenner, Liebhaber und Philosophen bestimmt. Für den eigentlichen Gelehrten wird sehr wenig darin seyn. Ob du sie H.[eyne] schicken willst, überlasse ich ganz Dir. Nothwendig ist es indessen nicht grade, wenn Mich.[aelis] so vernünftig ist, jeden Band auch als einzelnes Werkchen drucken zu lassen, wo dann der zweite unter dem Titel: Versuch eines Grundrisses der Geschichte der G.[riechischen] P.[oesie] erscheinen soll. Wenn ich mit Heynen anknüpfen könnte, wäre mirʼs sehr lieb, aber ich zweifle daß er mir mein bischen Philosophie verzeihen wird.
Dein Brief hat mir auch in so fern sehr grosse Freude gemacht, weil er von Deiner Heiterkeit und Thätigkeit zeugt. Ihr glücklichen Menschen! Du hast mir noch nicht geschrieben, wann, <in welchem Monat,> Du eigentlich kommen willst: oder hast Du [3] Dich darüber noch nicht genauer bestimmt. Ich freue mich ganz unaussprechlich auf diese Zeit.
Da ich nicht weiß, wie viele Zeit ich noch haben werde, so will ich erst zwey Dinge voranschicken, eine Frage und eine Bitte.
Kannst Du nicht in Br.[aunschweig] vielleicht von Eschenburg erfahren, ob eine gute Uebersetzung des Sallustius und des Vellejus existirt? Abbt hat glaube ich von dem ersten eine versucht. Es sollte mich wundern, wenn in der Frankfurter Sammlung <der Uebersetzungen alter Klassiker> nicht darauf gedacht wäre. Ist eine zu haben, so ist Kar.[oline] wohl so gütig, sie zu prüfen, ob sie von der Art ist, daß sie eine neue überflüssig macht. – Ich habe den Gedanken gehabt, in Nebenstunden den Sall.[ustius] zu übersetzen, und mit einem räsonnirenden Kommentar wie Wielands zum Horaz zu begleiten. Es würde für meinen Styl besser seyn, als das Uebersetzen aus dem Franz.[ösischen] oder Engl.[ischen] mit dem es ja ohnehin nicht recht in Gang kommen will. Es würde mir nicht [4] ein Frohndienst seyn, wie das letzte, sondern eine sehr angenehme Unterhaltung. Ich bitte Dich, es nicht zu vergessen.
Ferner wünschte ich zu wissen, woher die Ital.[ienischen] Idyllendichter Arkadien – nach Arkadien versetzen? Im Virgil, <Calpurnius,> Nemesian, <an die sie sich wohl mehr hielten als an die Griechen,> sind zwar Arkadische Hirten mehr als einmal als vorzüglich poetische erwähnt, aber Sizilische doch nicht minder, oder eigentl.[ich] häufiger. War Sizilien etwa zu nahe, zu bekannt, um es zur Heimath der fabelhaften Hirtenwelt zu machen? oder hat es noch eine andre Ursache?
Ich habe Mich.[aelis] erinnert Dir wegen des Sh.[akespeare] zu antworten. Will er nicht, so könntest Du an Voß <in Leipzig> durch Becker oder gradezu Dich wenden. Er giebt die Mon.[ats-]Schr.[ift] für Damen, das Taschenbuch und die Quartalschrift heraus und kennt Dich dadurch hinlänglich. Auch ist da ein gewisser Fleischer in L.[eipzig] ein junger aber sehr ordentlicher und thätiger Mann, mit dem ich durch Körner in einiger Connexion stehe.
[5] Vieweg hat mir nicht geantwortet. – Crusen antworte ich gewiß nächsten Posttag. Sag ihm das sobald Du ihn siehst, und entschuldige mich bey ihm. – Der Grohmann in Leipzig, von dem Du ein Buch recensiren sollst, ist von dem in Wittenberg, welcher über Klopstock geschrieben hat, verschieden. Aus Schochers Declamation besonders im Unterricht wird grosses Wesen gemacht. Er hat ein schlechtes Organ. Indessen thut es mir leid, daß ich versäumt habe, ihn in Conzerten zu hören, wo er sich zu weilen zum Besten gab. Seine Schrift soll ohne mündlichen Unterricht sehr unverständlich seyn. Ich vermuthe, daß er in der richtigen Accentuation sehr grosse Vortheile hat. Körner hat bey ihm gelernt.
Ich hätte Dir noch so viel zu schreiben. Aber ich bin heute nicht recht wohl und verstimmt (welches jedoch ein seltner Fall ist) und möchte doch gern mit ganzem Sinne Deine interessanten Anregungen erwiedern. Wie ich mich freuen werde Dich zu sehen, mit Dir zu reden, wenn ich es nicht völlig verlernt habe. – Nur das für heute. Wenn Du nicht wenigstens den Dionys, Hephästion, Meiboms Musiker, [7] den Plato und den Aristoteles (im achten Buche der Politik und in der Rhet.[orik]) vor Dir hast, nebst den wichtigsten Dichtern mit den metrischen Noten der Scholiasten so kannst Du auch gar nicht einmal den Anfang machen, Griechische Metrik zu studiren. Aber damit ist die Sache noch gar nicht gethan. Willst Du den Gr.[iechischen] Rythmus kennen, so mußt Du eine vollständige Theorie der Musik, die an <wissenschaftlicher> Evidenz der Musik nichts nachgiebt, schon mitbringen. Ja noch mehr, Du mußt die ganze Masse der Griechischen Bildung kennen im vollsten Sinne des Worts. Niemals wird einer, der den Geist der Solonischen Gesetzgebung nicht kennt, die Winke der Alten über den Dithyrambus verstehn, und wer kann den Pindarischen Rythmus begreifen, dem die Sitten und die Staatsverfassung der Dorier fremd sind. – Die Metrik der Griechen ist durchaus musikalisch. Du kannst den Theil nicht vom Ganzen trennen. Die Geschichte der Gr.[iechischen] Musik ist aber der dunkelste Theil der Alterthumskunde und einer der schwersten meines Unter[7]nehmens. Ich habe ihn auf eine reifere Zeit zurückgelegt. Doch über einiges habe ich geredet, was Dir aber vermuthlich am entferntesten liegt. – Forkel, der von der Musik weniger versteht, als ein Kastrat von der Liebe, und von den Griechen noch weniger hat die <Schrift>Stellen der Alten über Musik (aus Indexen und mitunter also mit lächerlichen Misverständnissen) ziemlich vollständig gesammlet. Eine brauchbare Kompilation ist mir nicht bekannt. Jetzt wird bey Fleischer Hermann de Metris Gr[aecorum] gedruckt, welches nach der Inhaltsanzeige ziemlich vollständig seyn muß. – Rousseau ist unaussprechlich verworren, nicht blos im histor.[ischen,] sondern im philosophischen Theil. Ich weiß nicht einmal, ob er bemerkt hat, daß die Gr.[iechen] unsern Takt so wenig kannten, wie den Reim, und daß sich ihr ganz heterogener Rythmus zu demselben verhielt, wie gemeßne Versarten, zu denj.[enigen] modernen, wo die Sylben bloß gezählt werden.
Im Wolf findest Du nichts über Metrik und Improvisatoren, über Rhapsoden und [8] was zur Geschichte des Homerischen Textes gehört. Laß ihn bis wir ihn hier zusammen lesen können. Er ist ein prächtiger Kerl, den ich unmenschlich lieb habe. Wissenschaft und Geschmack sind seine Sache nicht sehr. Vossens Briefe sind schlecht geschrieben, doch einigemal witzig, nur mit zu viel Bosheit. Er kann Dich ietzt nicht interessiren.
Ueber den Reim, was ich zu geben vermag, umständlich mit nächstem Posttage.
Ich bin gewiß daß Du einen Roman in seiner Art vollenden wirst, sobald Dich ein Stoff begeistert, oder sobald Du mit Deinem Glücke vertraut genung und von Deinen Leidenschaften entfernt genung bist, um sie darstellen zu können. Dein Selbst wird der Gegenstand Deiner Kunst seyn. Die Welt oder die Natur hat Dich bis ietzt noch nicht begeistert. Ueberall, wo Du Dich wahrhaft begeistert fühltest, fandest Du Dein höheres Selbst wieder, oder glaubtest es zu finden. Es scheint mir, daß Du zu der lyrischen Art gehörst.
Fr. Schl.
×
×