• Friedrich von Gentz to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Teplitz · Place of Destination: Dresden · Date: 31.05.1808
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Gentz
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Teplitz
  • Place of Destination: Dresden
  • Date: 31.05.1808
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 546‒547.
  • Incipit: „[1] Teplitz den 31 Mai 1808.
    Ich schicke Ihnen hier das vortrefliche Werk Ihres Herrn Bruders zurück; eine der wichtigsten Lectüren, die [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-6
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,21,37
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 23,9 x 18,4 cm
    Language
  • German
[1] Teplitz den 31 Mai 1808.
Ich schicke Ihnen hier das vortrefliche Werk Ihres Herrn Bruders zurück; eine der wichtigsten Lectüren, die mir seit langer Zeit vor Augen gekommen sind. Die ungeheure Gelehrsamkeit, und der seltne Scharfsinn in den historischen und grammatischen Untersuchungen wären hinlänglich, um jedem andern Buche einen hohen Werth zu geben; und doch sind diese noch bei weitem nicht alles, ja nach meinem Gefühl noch nicht das Bewundernswürdigste an dieser Schrift; aber welche tiefe Blicke in das innerste Wesen der Philosophie und Religion! Welche Aufschlüsse, oft in wenigen Zeilen, und welche Andeutung einer Welt voll neuer Aufschlüsse! Endlich, welche Größe, welche Erhabenheit im Vortrage!
[2] Wenn es Ihnen irgend nur möglich ist, so haben Sie die Güte mir dies, oder ein andres Exemplar an den Ort, den ich heute zum Behuf einer nochmaligen Zusammenkunft vorgeschlagen, mitzubringen. Fr[au] v. St.[aël] wird Ihnen das Weitre über dieses Projekt kund thun. Ich bitte Sie, es aus allen Kräften zu begünstigen und zu befördern.
Sie unter diesen Umständen wieder gefunden zu haben, rechne ich zu den interessanten Begebenheiten meines Lebens. Ich war Ihr Anhänger und Bewundrer zu einer Zeit, wo Sie das Wenige in mir, das Interesse für Sie haben konnte, aus äußern zufälligen Gründen, unbemerkt laßen, mithin gegen mich höchst gleichgültig seyn mußten. Urteilen Sie also, ob ich Sie minder schätzen und lieben werde, nachdem wenigstens der [3] Vorhang zwischen uns weggezogen ist, und ich hoffen darf, daß Sie einiges in mir mit Beyfall und Wohlwollen erblickten.
Es sey also – wie es sich bei der fundamentalen Gleichheit der grösten und wichtigsten unsrer wechselseitigen Ansichten gebührt – die feste Freundschaft zwischen uns, wodurch ächte Mitglieder der unsichtbaren Kirche, die Zeit und den Tod überwunden! In diesen Gesinnungen werde ich treu verharren; und hoffe dasselbe von Ihnen.
Gentz

N B. Sie werden diesen Brief, morgen (Mittwoch) Nachmittag erhalten. Suchen Sie doch ja zu bewirken, daß die Antwort der Fr.[au] v. Stael noch denselben Abend, wenn auch nur spät, bei Adam Müller sey, damit der Bote Donnerstag bei guter Zeit wieder abgehen könne.

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[1] Teplitz den 31 Mai 1808.
Ich schicke Ihnen hier das vortrefliche Werk Ihres Herrn Bruders zurück; eine der wichtigsten Lectüren, die mir seit langer Zeit vor Augen gekommen sind. Die ungeheure Gelehrsamkeit, und der seltne Scharfsinn in den historischen und grammatischen Untersuchungen wären hinlänglich, um jedem andern Buche einen hohen Werth zu geben; und doch sind diese noch bei weitem nicht alles, ja nach meinem Gefühl noch nicht das Bewundernswürdigste an dieser Schrift; aber welche tiefe Blicke in das innerste Wesen der Philosophie und Religion! Welche Aufschlüsse, oft in wenigen Zeilen, und welche Andeutung einer Welt voll neuer Aufschlüsse! Endlich, welche Größe, welche Erhabenheit im Vortrage!
[2] Wenn es Ihnen irgend nur möglich ist, so haben Sie die Güte mir dies, oder ein andres Exemplar an den Ort, den ich heute zum Behuf einer nochmaligen Zusammenkunft vorgeschlagen, mitzubringen. Fr[au] v. St.[aël] wird Ihnen das Weitre über dieses Projekt kund thun. Ich bitte Sie, es aus allen Kräften zu begünstigen und zu befördern.
Sie unter diesen Umständen wieder gefunden zu haben, rechne ich zu den interessanten Begebenheiten meines Lebens. Ich war Ihr Anhänger und Bewundrer zu einer Zeit, wo Sie das Wenige in mir, das Interesse für Sie haben konnte, aus äußern zufälligen Gründen, unbemerkt laßen, mithin gegen mich höchst gleichgültig seyn mußten. Urteilen Sie also, ob ich Sie minder schätzen und lieben werde, nachdem wenigstens der [3] Vorhang zwischen uns weggezogen ist, und ich hoffen darf, daß Sie einiges in mir mit Beyfall und Wohlwollen erblickten.
Es sey also – wie es sich bei der fundamentalen Gleichheit der grösten und wichtigsten unsrer wechselseitigen Ansichten gebührt – die feste Freundschaft zwischen uns, wodurch ächte Mitglieder der unsichtbaren Kirche, die Zeit und den Tod überwunden! In diesen Gesinnungen werde ich treu verharren; und hoffe dasselbe von Ihnen.
Gentz

N B. Sie werden diesen Brief, morgen (Mittwoch) Nachmittag erhalten. Suchen Sie doch ja zu bewirken, daß die Antwort der Fr.[au] v. Stael noch denselben Abend, wenn auch nur spät, bei Adam Müller sey, damit der Bote Donnerstag bei guter Zeit wieder abgehen könne.

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