• Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Wien · Place of Destination: Coppet · Date: 13.07.1808
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Wien
  • Place of Destination: Coppet
  • Date: 13.07.1808
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 568‒572.
  • Incipit: „[1] Wien den 13ten Julius 1808
    Geliebter Bruder, seit drei Wochen bin ich nun hier und hätte Dir also wohl schon schreiben [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-8
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,I,53
  • Number of Pages: 8 S. auf Doppelbl. u. 1 S., hs. m. U
  • Format: 19,4 x 12,2 cm; 11 x 12,2 cm
    Language
  • German
[1] Wien den 13ten Julius 1808
Geliebter Bruder, seit drei Wochen bin ich nun hier und hätte Dir also wohl schon schreiben können. Aber wie unbestimmt und verworren der erste Eindruck zu sein pflegt, weißt Du ja selbst und wirst mich also entschuldigt haben. Dazu sind wie Du gleich hören wirst, noch außerordentliche Störungen gekommen. Thätig war ich ungeachtet dessen, und die ersten und wichtigsten Bekanntschaften sind schon im besten Gange. Ich wohne bei Kn.[orring] und bin noch sehr zufrieden da. Das einzige was mir nicht recht ist, daß S.[ophie] es übel zu nehmen scheint, wenn ich nur von ferne das berühre, wie ich es am liebsten hätte, daß sie mich auf die drei Monate Julius August September ordentlich in Kost nähme. Indessen kann ich jetzt auf keine Weise den Kreiß dieser Freunde verlassen und so muß ich es mir obwohl ungern auf so lange Zeit gefallen lassen, ihr Gast zu sein. Von dem zurückgelassenen Gelde hat mir Kn.[orring] gleich 200 fl. gegeben wovon ich mich allmählig wo es noch [2] fehlt, in Kleidung und sonst noch besser in gehörigen Visitenstand setze. – Es scheint mir überhaupt, als ginge es jetzt mit Kn.[orring]s Verhältnissen und Sachen recht gut und viel besser als sonst. Die letzten zwölf Tage haben wir aber doch in vieler Sorge verlebt. Es wohnt jetzt bei S.[ophie] eine Freundin von ihr, die mit ihr nach Italien gehn will, eine Frau v. Stransky. Es ist eine sehr liebenswürdige Frau, und es kann für S.[ophie] in der Folge wichtig und nützlich sein, wenn ihre Freundin, die Führung des ganzen Hauswesens übernimmt, wo dann gewiß sehr viel wird erspart und alles vernünftiger eingerichtet werden. Nur leider bekam sie vor etwa zwölf Tagen ein heftiges und gefährliches Brustfieber. Jetzt läßt es sich ein wenig besser an; doch hat die Theilnahme an der Kranken uns alle nicht wenig bekümmert und seit der Zeit eine große Störung in unserm gemeinschaftlichen Leben gemacht. Dazu kam noch daß die S.[ophie] in der vorigen Woche einen neuen Angriff wegen ihrer Kinder von [3] dem hiesigen Stadtmagistrat zu überstehen hatte. Es rührt diese Erneuerung unstreitig von dem erbärmlichen Fink[en]st.[ein] her, von dem mir auch Horm.[ayr] mit der größten Verachtung sprach, und der mich nicht einmal wieder besucht hat. Es ist zwar auch dieser Angriff glücklich beseitigt worden, und S.[ophie] kann ganz ruhig sein, da der Graf Rott.[enhan] mit dem ich selbst auch darüber sprach, sich auf eine so würdige und edle Art der Sache annimmt, und auch Horm.[ayr] dafür sehr gut gesinnt und aufs bereitwilligste gestimmt ist. – Immer aber waren einige Tage sehr ängstlich, ehe die Sache entschieden war. Kaum war dieß überstanden, so ward der kleine Wilhelm gefährlich krank. Er hat Scharlachfieber und zugleich Masern. Felix ist um die Gefahr der Ansteckung zu vermeiden zu andern Leuten gegeben. Vorgestern war Wilhelm so schlecht, daß wenig Hoffnung für sein Leben war. Außer Stransky, behandelte ihn Malfatti und Adam Schmidt. Seit gestern geht es wieder sehr gut, so daß alle Gefahr überstanden [4] ist, es müßte denn ein Rückfall kommen. – Übrigens finde ich S.[ophie] sehr zu ihrem Vortheil verändert, von Gestalt und auch von Geist. Doch stimmt ihr Gemüth immer noch nur sehr wenig zu dem meinigen. Mit der Demuth fehlt ihr auch der Friede und die Gnade, und statt der Liebe hat sie nur eine bittre und stolze Schwermuth. Vielleicht wird sie aber noch besser und sanfter. Ich finde sie wenigstens auf gutem Wege dazu. – Denke Dir nur, wir erwarten von einem Tag zum andern den Ludwig hier. Doch ich habe den Glauben an ihn so ganz verlohren, daß ich auch gar nicht einmal von ihm zu schreiben weiß, oder wenigstens keine Lust dazu habe. Hier ist ein Brief von ihm an Dich, den er mir noch nach Dreßden zugeschickt den ich aber erst hier erhalten habe.
Nun von mir, und meinen Bekanntschaften. Fast alle, die Du mir bezeichnetest, habe ich gemacht, nur diejenigen ausgenommen, die jetzt gar nicht hier sondern auf dem Lande oder in Baden sind. Der Gr.[af] Rottenhan ließ mich auf den ersten Besuch, wo ich [ihn] nicht einmal getroffen hatte, gleich zur Tafel einladen. [5] Eben so ausgezeichnet günstig nahm mich der Graf Sickingen auf. Er will nächstens ganz ausführlich mit mir über den ganzen Plan meines Karl V reden, den ich ihm gern darlegen werde. Mit Hormayr bin ich schon auf dem besten Fuß, er zeigte mir schon vieles sehr merkwürdige, die regelmäßige Benutzung dessen was ich bedarf wird in diesen Tagen ihren Anfang nehmen. Seine kurze Biographie Karl V im östreichischen Plutarch enthält die wichtigsten und ganz neue Aufschlüsse. – Es ist also von dieser Seite alles im besten Gange. Bei der Fürstin Salm habe ich zweimal zu Mittag gespeist; sie und Rottenhan (nebst der jungen Gräfin Chotek) sprechen mit besondrer Liebe von der St[aël]. Den lobenden Nachhall Deiner Vorlesungen höre ich überall. Von ihrer litterarischen Angelegenheit hat mir die Fürstin Salm nicht gesprochen obgleich ich einmal von ferne anfrug. Es scheint mir sie hat sich dazu einen andern Gelehrten, einen gewissen Erichson ersehen, den ich dort traf. – Albert habe ich gleich gesehen, zu meiner großen Freude; obwohl der arme Junge etwas traurig ist. Der Graf O Donell hat ihm auf 14 Tage Urlaub ausgewirkt, wo er dann bei ihm in Baden zugebracht. Dieß ist wahrscheinlich die Ursache daß [6] er vorigen und vorvorigen Sonntag nicht zu mir gekommen ist. Nächsten Sonntag denke ich ihn doch gewiß zu sehn, wenn er wieder zurück ist. Es ist recht gut, daß sich O Donell seiner annimmt und ich werde auch das meinige thun. Die Aufsicht im Hause muß doch nicht die beste sein; eine kleine Rauferei die er mit den Pohlnischen Knaben hatte, ist so arg gewesen, daß sie ihm einen Zahn eingeschlagen haben. Sage dieß der Mutter aber lieber nicht.
Frau v. Nuys sah ich noch vor ihrer Abreise nach Baden, am 9ten Julius zum letztenmale. Daß sie gleich nach Deiner Abreise viel an der Gicht gelitten, und nun die Cur in Baden braucht, wirst Du schon von ihr selbst wissen. Ich sah sie ziemlich oft, doch waren immer viel Menschen da, so daß ich wenig Gelegenheit hatte sie allein zu sehn. So viel habe ich indessen bemerkt, daß sie noch nicht ganz entschlossen ist, nach der Schweiz zu reisen. Ehe sie in Baden fertig ist, wird der schönste Theil des Sommers vergehn, und da sie sich ohnehin ganz in Wien fixiren will, so wünscht und hofft sie vielleicht, Dich lieber hier wieder [7] zu sehn. In diesem Punkte bin ich ganz ihres Sinnes; denn schmerzlich fühle ich Deine Abwesenheit hier jeden Tag, trotz der günstigen Aufnahme die ich bei meinen Gönnern fand, und trotz der angenehmen Umgebung im Kreise unsrer Freunde. Du fehlst uns überall, und wenn alles auch bis jetzt für mich sich sehr günstig anläßt, so sehe ich nur zu deutlich, wie ganz anders sich mit vereinten Kräften wirken liesse. – Sollte die N.[uys] dennoch Deinem Wunsche folgend, Dich dort besuchen, so würde ich dabei immer etwas ängstlich sein. Denn ich bin fest überzeugt, trotz der Einladung der St.[aël], daß Dir dadurch ein großer Verdruß zuwächst, und Deine Verhältnisse noch mehr verstimmt werden. Besser also bis auf den Winter gewartet, und denn hier, zusammen gelebt! – Des Prometheus nehme ich mich so eifrig an, als es nur gehen will, selbst in äußrer Rücksicht, was auch Noth thut. Fort geht er indessen und ich bin sogar gewiß er würde sehr gut gehen, wenn wir nur den Schaumburger zum Verleger hätten. Geistinger ist aber ein gar zu erbärmlicher Schuft. Nun vielleicht läßt sich noch [8] alles machen. – Ich kann Dir nicht sagen, wie sehr ich es wünschte daß Florio und Blancheflure baldigst gedruckt erschiene; es ist in der That sehr nothwendig für sie, und für die Sache wäre es nur gut. Recht leid ists mir, daß ichs nicht sehn kann. Schick doch nur ja gleich eine Probe davon in die Einsiedler Zeitung. Wegen Mohr und Zimmer ist das recht gut, und ists ja eigentlich einerlei, wo etwas steht. Sie ist es sehr zufrieden. – Von einer Behandlung des Amadis die sie unternommen, sind zwei Gesänge fertig. Ich kann eigentlich noch nichts darüber sagen; ihre Hand ist unleserlich und was vorgelesen wird, fasse ich nur mit Mühe. Doch fürchte ich, sie ist auch hier wieder zu sehr in ihre fantasierende Manier gerathen. Indessen bin ich schon zufrieden, wenn sie nur ihr Talent auf Behandlung alter romantischer Geschichte verwendet. Das und lyrische Gedichte, besonders die letzten wünsch ich von ihr, die dramatische Gattung sollte sie ganz aufgeben. – Noch habe ich von der Reise nachzuhohlen, daß ich in Teplitz, wohin mich Buol und Ad. Müller begleiteten, mit Genz einen Nachmittag Abend und den folgenden Morgen zugebracht. Sein Gespräch war mir nicht unwichtig, und über manches belehrend. Ich gehe überall auf meinen Zweck.
[9] Hast Du für den Prometheus denn nicht etwa noch irgend einen Beitrag zu schicken. Das wäre sehr gut und löblich. Meine Recension des Stolberg muß jetzt schon längst gedruckt sein, der letzten Nachricht zufolge. Suche Sie Dir zu verschaffen; ich wünschte sehr daß Du sie bald lesen möchtest. – Meine besten Empfehlungen an die Frau von Staël. Ihr schreibe ich das nächstemal. Nun für heute genug. Mit Sehnsucht warte ich auf einen Brief von Dir.
Ewig der Deinige
Friedrich

Unter den übrigen Bekannten, die ich noch nicht einzeln erwähnt, ist Haschka uns ganz besonders gewogen.
Die herzlichsten Grüße von S.[ophie] und Kn[orring]. Die erste schreibt Dir mit nächstem.
[10]
[1] Wien den 13ten Julius 1808
Geliebter Bruder, seit drei Wochen bin ich nun hier und hätte Dir also wohl schon schreiben können. Aber wie unbestimmt und verworren der erste Eindruck zu sein pflegt, weißt Du ja selbst und wirst mich also entschuldigt haben. Dazu sind wie Du gleich hören wirst, noch außerordentliche Störungen gekommen. Thätig war ich ungeachtet dessen, und die ersten und wichtigsten Bekanntschaften sind schon im besten Gange. Ich wohne bei Kn.[orring] und bin noch sehr zufrieden da. Das einzige was mir nicht recht ist, daß S.[ophie] es übel zu nehmen scheint, wenn ich nur von ferne das berühre, wie ich es am liebsten hätte, daß sie mich auf die drei Monate Julius August September ordentlich in Kost nähme. Indessen kann ich jetzt auf keine Weise den Kreiß dieser Freunde verlassen und so muß ich es mir obwohl ungern auf so lange Zeit gefallen lassen, ihr Gast zu sein. Von dem zurückgelassenen Gelde hat mir Kn.[orring] gleich 200 fl. gegeben wovon ich mich allmählig wo es noch [2] fehlt, in Kleidung und sonst noch besser in gehörigen Visitenstand setze. – Es scheint mir überhaupt, als ginge es jetzt mit Kn.[orring]s Verhältnissen und Sachen recht gut und viel besser als sonst. Die letzten zwölf Tage haben wir aber doch in vieler Sorge verlebt. Es wohnt jetzt bei S.[ophie] eine Freundin von ihr, die mit ihr nach Italien gehn will, eine Frau v. Stransky. Es ist eine sehr liebenswürdige Frau, und es kann für S.[ophie] in der Folge wichtig und nützlich sein, wenn ihre Freundin, die Führung des ganzen Hauswesens übernimmt, wo dann gewiß sehr viel wird erspart und alles vernünftiger eingerichtet werden. Nur leider bekam sie vor etwa zwölf Tagen ein heftiges und gefährliches Brustfieber. Jetzt läßt es sich ein wenig besser an; doch hat die Theilnahme an der Kranken uns alle nicht wenig bekümmert und seit der Zeit eine große Störung in unserm gemeinschaftlichen Leben gemacht. Dazu kam noch daß die S.[ophie] in der vorigen Woche einen neuen Angriff wegen ihrer Kinder von [3] dem hiesigen Stadtmagistrat zu überstehen hatte. Es rührt diese Erneuerung unstreitig von dem erbärmlichen Fink[en]st.[ein] her, von dem mir auch Horm.[ayr] mit der größten Verachtung sprach, und der mich nicht einmal wieder besucht hat. Es ist zwar auch dieser Angriff glücklich beseitigt worden, und S.[ophie] kann ganz ruhig sein, da der Graf Rott.[enhan] mit dem ich selbst auch darüber sprach, sich auf eine so würdige und edle Art der Sache annimmt, und auch Horm.[ayr] dafür sehr gut gesinnt und aufs bereitwilligste gestimmt ist. – Immer aber waren einige Tage sehr ängstlich, ehe die Sache entschieden war. Kaum war dieß überstanden, so ward der kleine Wilhelm gefährlich krank. Er hat Scharlachfieber und zugleich Masern. Felix ist um die Gefahr der Ansteckung zu vermeiden zu andern Leuten gegeben. Vorgestern war Wilhelm so schlecht, daß wenig Hoffnung für sein Leben war. Außer Stransky, behandelte ihn Malfatti und Adam Schmidt. Seit gestern geht es wieder sehr gut, so daß alle Gefahr überstanden [4] ist, es müßte denn ein Rückfall kommen. – Übrigens finde ich S.[ophie] sehr zu ihrem Vortheil verändert, von Gestalt und auch von Geist. Doch stimmt ihr Gemüth immer noch nur sehr wenig zu dem meinigen. Mit der Demuth fehlt ihr auch der Friede und die Gnade, und statt der Liebe hat sie nur eine bittre und stolze Schwermuth. Vielleicht wird sie aber noch besser und sanfter. Ich finde sie wenigstens auf gutem Wege dazu. – Denke Dir nur, wir erwarten von einem Tag zum andern den Ludwig hier. Doch ich habe den Glauben an ihn so ganz verlohren, daß ich auch gar nicht einmal von ihm zu schreiben weiß, oder wenigstens keine Lust dazu habe. Hier ist ein Brief von ihm an Dich, den er mir noch nach Dreßden zugeschickt den ich aber erst hier erhalten habe.
Nun von mir, und meinen Bekanntschaften. Fast alle, die Du mir bezeichnetest, habe ich gemacht, nur diejenigen ausgenommen, die jetzt gar nicht hier sondern auf dem Lande oder in Baden sind. Der Gr.[af] Rottenhan ließ mich auf den ersten Besuch, wo ich [ihn] nicht einmal getroffen hatte, gleich zur Tafel einladen. [5] Eben so ausgezeichnet günstig nahm mich der Graf Sickingen auf. Er will nächstens ganz ausführlich mit mir über den ganzen Plan meines Karl V reden, den ich ihm gern darlegen werde. Mit Hormayr bin ich schon auf dem besten Fuß, er zeigte mir schon vieles sehr merkwürdige, die regelmäßige Benutzung dessen was ich bedarf wird in diesen Tagen ihren Anfang nehmen. Seine kurze Biographie Karl V im östreichischen Plutarch enthält die wichtigsten und ganz neue Aufschlüsse. – Es ist also von dieser Seite alles im besten Gange. Bei der Fürstin Salm habe ich zweimal zu Mittag gespeist; sie und Rottenhan (nebst der jungen Gräfin Chotek) sprechen mit besondrer Liebe von der St[aël]. Den lobenden Nachhall Deiner Vorlesungen höre ich überall. Von ihrer litterarischen Angelegenheit hat mir die Fürstin Salm nicht gesprochen obgleich ich einmal von ferne anfrug. Es scheint mir sie hat sich dazu einen andern Gelehrten, einen gewissen Erichson ersehen, den ich dort traf. – Albert habe ich gleich gesehen, zu meiner großen Freude; obwohl der arme Junge etwas traurig ist. Der Graf O Donell hat ihm auf 14 Tage Urlaub ausgewirkt, wo er dann bei ihm in Baden zugebracht. Dieß ist wahrscheinlich die Ursache daß [6] er vorigen und vorvorigen Sonntag nicht zu mir gekommen ist. Nächsten Sonntag denke ich ihn doch gewiß zu sehn, wenn er wieder zurück ist. Es ist recht gut, daß sich O Donell seiner annimmt und ich werde auch das meinige thun. Die Aufsicht im Hause muß doch nicht die beste sein; eine kleine Rauferei die er mit den Pohlnischen Knaben hatte, ist so arg gewesen, daß sie ihm einen Zahn eingeschlagen haben. Sage dieß der Mutter aber lieber nicht.
Frau v. Nuys sah ich noch vor ihrer Abreise nach Baden, am 9ten Julius zum letztenmale. Daß sie gleich nach Deiner Abreise viel an der Gicht gelitten, und nun die Cur in Baden braucht, wirst Du schon von ihr selbst wissen. Ich sah sie ziemlich oft, doch waren immer viel Menschen da, so daß ich wenig Gelegenheit hatte sie allein zu sehn. So viel habe ich indessen bemerkt, daß sie noch nicht ganz entschlossen ist, nach der Schweiz zu reisen. Ehe sie in Baden fertig ist, wird der schönste Theil des Sommers vergehn, und da sie sich ohnehin ganz in Wien fixiren will, so wünscht und hofft sie vielleicht, Dich lieber hier wieder [7] zu sehn. In diesem Punkte bin ich ganz ihres Sinnes; denn schmerzlich fühle ich Deine Abwesenheit hier jeden Tag, trotz der günstigen Aufnahme die ich bei meinen Gönnern fand, und trotz der angenehmen Umgebung im Kreise unsrer Freunde. Du fehlst uns überall, und wenn alles auch bis jetzt für mich sich sehr günstig anläßt, so sehe ich nur zu deutlich, wie ganz anders sich mit vereinten Kräften wirken liesse. – Sollte die N.[uys] dennoch Deinem Wunsche folgend, Dich dort besuchen, so würde ich dabei immer etwas ängstlich sein. Denn ich bin fest überzeugt, trotz der Einladung der St.[aël], daß Dir dadurch ein großer Verdruß zuwächst, und Deine Verhältnisse noch mehr verstimmt werden. Besser also bis auf den Winter gewartet, und denn hier, zusammen gelebt! – Des Prometheus nehme ich mich so eifrig an, als es nur gehen will, selbst in äußrer Rücksicht, was auch Noth thut. Fort geht er indessen und ich bin sogar gewiß er würde sehr gut gehen, wenn wir nur den Schaumburger zum Verleger hätten. Geistinger ist aber ein gar zu erbärmlicher Schuft. Nun vielleicht läßt sich noch [8] alles machen. – Ich kann Dir nicht sagen, wie sehr ich es wünschte daß Florio und Blancheflure baldigst gedruckt erschiene; es ist in der That sehr nothwendig für sie, und für die Sache wäre es nur gut. Recht leid ists mir, daß ichs nicht sehn kann. Schick doch nur ja gleich eine Probe davon in die Einsiedler Zeitung. Wegen Mohr und Zimmer ist das recht gut, und ists ja eigentlich einerlei, wo etwas steht. Sie ist es sehr zufrieden. – Von einer Behandlung des Amadis die sie unternommen, sind zwei Gesänge fertig. Ich kann eigentlich noch nichts darüber sagen; ihre Hand ist unleserlich und was vorgelesen wird, fasse ich nur mit Mühe. Doch fürchte ich, sie ist auch hier wieder zu sehr in ihre fantasierende Manier gerathen. Indessen bin ich schon zufrieden, wenn sie nur ihr Talent auf Behandlung alter romantischer Geschichte verwendet. Das und lyrische Gedichte, besonders die letzten wünsch ich von ihr, die dramatische Gattung sollte sie ganz aufgeben. – Noch habe ich von der Reise nachzuhohlen, daß ich in Teplitz, wohin mich Buol und Ad. Müller begleiteten, mit Genz einen Nachmittag Abend und den folgenden Morgen zugebracht. Sein Gespräch war mir nicht unwichtig, und über manches belehrend. Ich gehe überall auf meinen Zweck.
[9] Hast Du für den Prometheus denn nicht etwa noch irgend einen Beitrag zu schicken. Das wäre sehr gut und löblich. Meine Recension des Stolberg muß jetzt schon längst gedruckt sein, der letzten Nachricht zufolge. Suche Sie Dir zu verschaffen; ich wünschte sehr daß Du sie bald lesen möchtest. – Meine besten Empfehlungen an die Frau von Staël. Ihr schreibe ich das nächstemal. Nun für heute genug. Mit Sehnsucht warte ich auf einen Brief von Dir.
Ewig der Deinige
Friedrich

Unter den übrigen Bekannten, die ich noch nicht einzeln erwähnt, ist Haschka uns ganz besonders gewogen.
Die herzlichsten Grüße von S.[ophie] und Kn[orring]. Die erste schreibt Dir mit nächstem.
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