• Christian Friedrich Tieck to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Rom · Place of Destination: Coppet · Date: 13.08.1808
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Christian Friedrich Tieck
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Rom
  • Place of Destination: Coppet
  • Date: 13.08.1808
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 590‒593.
  • Weitere Drucke: „Geliebter Freund und Bruder“. Der Briefwechsel zwischen Christian Friedrich Tieck und August Wilhelm Schlegel in den Jahren 1804 bis 1811. Hg. und kommentiert v. Cornelia Bögel. Dresden 2015, S. 170–177.
  • Incipit: „[1] Rom den 13. August. 1808.
    Geliebter Freund und Bruder.
    Schon seit sehr langer Zeit habe ich Dir schreiben wollen, und habe es [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-5
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,20,21
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. U. u. Adresse
  • Format: 23,9 x 19,1 cm
    Language
  • German
[1] Rom den 13. August. 1808.
Geliebter Freund und Bruder.
Schon seit sehr langer Zeit habe ich Dir schreiben wollen, und habe es zum Theil unterlassen weil ich nicht wuste wohin ich Dir den Brief adressiren sollte. Jezt da Du wie ich höre wieder in Genf angelangt bist schreib ich nun auch eiligst. Durch einen Liefländischen Edelmann Herrn von Brevern habe ich Dir die drei von mir gemachten Zeichnungen geschikt. und ich hoffe Du wirst mit mir zufrieden sein, wenn Du noch andre haben willst so must Du mir es schreiben so will ich sie gern machen. – Außerordentlich hat mich Dein lezter Brief, und Deine Einladung nach der Schweitz gefreut, und unendlich schmerzt es mich das ich es nicht habe durchsetzen können hin zu kommen, aber wie sollt ich es möglich machen? Ich habe einen Theil des Sommers sehr fleissig gearbeitet, um die Büste von Goethe in Marmor zu vollenden, und ich glaube der Prinz von Bayern kann damit zufrieden sein. sie zeichnet sich unter den hier gemachten sehr aus, die von Mengs ist zwar sehr gut gearbeitet aber das Gesicht ist zu fatal, und die von der Ang[e]lika Kaufmann, und besonders die von Winkelmann ist ganz elend. Mein Wille, als ich Dich bat mich dem Prinzen von Bayern zu empfehlen, war gar nicht das ich durch ihn von Bayern etwa Gehalt oder Anstellung erhalten wollte, sondern nur grössere Arbeiten von ihm, und dies ist worum ich Dich auch noch bitte, wenn Du ihm etwa schreibst, oder auf seiner Reise durch die Schweitz selbst sehen solltest. Ja ich möchte Dich bitten ein gleiches wenn es angeth durch Schelling thun zu lassen. Lezterer schien in Weimar Freundschaft für mich zu haben, und meine Arbeiten dort dürften sich auch wohl in Rom zeigen, wie Rom jezt besteth. Man bezahlt ungeheure Summen an Canova um eine Elende Figur zu haben, weniger als das Dritteil würde mich glücklich machen, und ich wollte wohl etwas viel bessres liefern. Unter den Baiern hier ist mancher der lieber wünscht mit mir nicht in collision zu kommen, und ziemlich sucht mich herabzusetzen, ja so freundlich der Gesandte gegen mich ist, so viel bin ich dem Secretär zuwieder, der doch aber mancherlei vermag. Eine nachdrückliche Empfehlung ist gewiß nicht unrecht.
Sehr sehnsüchtig erwarte ich wieder einen Brief von Dir um endlich zu erfahren ob das Basrelief der Frau v. Stael gefallen hatt oder nicht. Es liegt mir viel mehr daran dies zu wissen als Du denkst. Ueberhaupt lebe ich jezt hier in einer sehr ängstlichen Lage, ich habe von der Schwester in zwei Monathen beinahe keinen Brief erhalten, in ihrem lezten schrieb sie mir Dein Bruder würde in kurzem nach Wien kommen, ich weiß aber nun nicht ob er angekommen ist oder nicht. Wenn sie nur nicht krank ist, oder was noch ärger wäre irgend etwas Bedeutendes von den Schuft in Berlin und seiner Compagnie gegen sie geschehen ist. Dafür zittre ich, und erwarte jeden Postag zitternd einen Brief zu erhalten. Wie traurig ist das das so viel gutes und schönes durch die [2] äussern Verhältnisse aufgehalten wird. Könnte die Schwester ruhig und ohne Sorgen leben, welche herrliche Sachen könnte sie nicht hervorbringen. Ohnstreitig hatt sie Dir in Wien das Stück ihres Amadis vorgelesen welches sie hier gemacht hatte. Mir schien das ganz vortrefflich zu werden, nun hatt sie doch schon o[h]nstreitig mehr daran gemacht. Könnten wir uns doch einmal alle an einem Ort zusammen treffen, ich habe eine grosse Sehnsucht Dich im Verein mit unsern andern Freunden einmahl wiederzusehn, und habe noch keine Spur, wäre uns das Schiksal nicht in allen Dingen so entsetzlich entgegen, so das man fast ohne Genuß und Freude in Betrübniß ein kümmerliches Leben hinschleppen muß, das Muth und Kraft nimmt, und die Unsterblichkeit möchte ich sagen, indem es nicht möglich ist etwas hervorzubringen was Ruhm verdient, oder länger zu dauer[n], und mit der Zeit geth villeicht auch noch das Talent verlohren. Wenigstens sehe ich mich oft gezwungen elende Menschen zu beneiden, und muß mein eignes Leben nicht nur kümmerlich verliehren, sondern auch noch sehen wie andre es verliehren, z. B. meine Schwester. Von Dir darf ich es nicht sagen, denn Du siehst die Welt und lebst, ob froh? das weis ich nicht, aber man sollt es glauben, wenn auch gleich für mich Dein Leben verlohren ist. Denn Deine Gegenwart kann ich nicht geniessen, und alle Deine Werke sind so lange unterbrochen. Mit Betrübniß sehe ich oft den Shakespear an, und das Spanische Theater verlirt die erheiternde Kraft, weil es mit dem ersten Bande schon aufgehört hatt, und dieser gewissermassen nur ein Fingerzeig ist nach den noch verborgenen goldnen Schätzen. Ich sehe oft mit Vergnügen den Carlo Gozzi an, blos wegen seiner Nachbildungen der Spanischen Schauspiele, welche herrliche Sachen enthalten sie, welch einen Geist, und haben es doch gewiß nur nach gemacht, verhärtet, verkürzt was im Spanischen göttlich ist. Warum ist es so entsezlich schwierig eine Sprache zu lernen? Schon oft habe ich um doch etwas zu thun anfangen wollen für mich selbst Spanisch und Englisch zu lernen. Aber ich bin zu alt, und die Beschwerde ist dann zu groß. Wirst Du nicht bald wieder etwas drucken lassen? Schick läßt Dich sehr grüssen, ich schreibe hier in seinem Zimmer, er ist eben im Begriff ein grosses Bild zu vollenden, Apollo unter den Hirten, in wenigen Wochen ist es fertig; er hatt daran über anderthalb Jahre gemahlt, und es ist sehr wohl gelungen, und ich hoffe er soll es mässig guth verkauffen, obgleich er es am Ende für 150 L[o]uisdʼor hingiebt. Seine Frau und er leben unbeschreiblich zufrieden und glücklich mit einander, und haben ein Kind das jezt schon 8 Monathe alt ist. Ein Knabe der sehr gesund ist. Es ist eine Freude sie anzusehn.
Wenn ich in einiger Zeit Lust hätte etwas drukken zu lassen, eine kleine Anzeige von welcher ich aber nicht wünschte das irgend Jemand auf den Gedanken käme das sie von mir herrührte, dürfte ich sie Dir dann wohl zuschicken? Es wäre etwas [3] das eigentlich gegen Canova ist, dessen Art und Weise zu verfahren mich sehr verdriest, weil es zugleich so sehr den Weg versperrt das ein andrer ordentlicher Mensch zu etwas kömmt, und Deutschland mit elenden Scul[p]turen überschwemmt wird, und diese Summen auf schlechte Art ausgegeben werden die besser angewendet zur Hervorbringung des besseren dienen könnten. Du liebst ja selbst zuweilen derb die Wahrheit zu sagen, ohne Rücksicht. Es bliebe Dir natürlich dabei überlassen was Du an meinem geschreibsel ändern wolltest.
Auch wenn Schick sein Bild fertig hatt wünschte ich eine Beschreibung der Ausstellung welche er dann machen will, zu machen, für den Druk bestimmt, und Dir solche zu schiken. Da Du von ihm nichts gesehen hast als seinen Noah, so hast Du nichts gesehen, sein jeziges Bild ist unendlichmal schöner, so wie sein Portrait der ältesten Tochter Humboldts zu den besten Portraiten gehört die wohl in dem lezten Jahrhundert gemacht worden sind. Ich wollte nur das ich gelegenheit hätte in meiner Kunst auch etwas ähnliches hervorzubringen.
Ich weis nicht ob ich es Dir schon geschrieben habe früher, welch ein gewaltiges Aufsehen Schellings Rede hier unter den Künstlern gemacht hatt, so das wenn er herkömmt er aufs äußerste wird heimgesucht und verehrt werden. Es ist ordentlich comisch anzusehen, wie alles sich für sein Herkommen interessirt, und wie lange man ihn schon unterwegs wissen will. Auch ich bin neugierig ihn wiederzusehen. Nur kann ich mir nicht denken das er ohne die Frau kommen sollte da sie immer eine so grosse Lust gehabt Italien zu sehen. Hast Du noch keine bestimmtere Aussicht herzukommen, als Du mir neulich schriebst? Du hast wenige Menschen die Dich so lieb haben als ich Du solltest also wohl zuweilen an mich denken und mir schreiben, denn ich habe freundliches Zureden oftmals nöthig. Denn so gut Schick ist, und so sehr mein Freund, so ist sein Umgang doch wenig tröstlich für mich wenn ich betrübt bin, und das bin ich warlich oft. Ich hätte so gern mir eine kleine Landparthie von einigen Tagen nach Albano gemacht, und kann es nicht zu Stande bringen. Oft sehr oft wünsche ich Rom zu verlassen, denn ich habe hier kein Glück, und möchte es versuchen ob mir es wo anders besser gelänge. So wär es mir äusserst angenehm gewesen zu Dir nach Genf zu kommen, nüzlicher könnte mir es freilich sein nach Deutschland zu gehen, wo ich an manchem Ort doch bekannt bin, und nach manchem andern hin mir gute empfehlungen verschaffen könnte. Doch das sind alles Träume, wo ich auch nicht einen Schein von Hoffnung zur Ausführung sehe. Empfiehl mich der Fr.[au] v. St.[aël] und lebe wohl, schreibe mir ob Du schon die Zeichnungen bekommen hast und überhaupt schreibe mir bald wieder. Vergiß mich nicht ganz, und behalt mich etwas lieb wie ich Dich ewig recht lieb behalte.
Dein Bruder
Fr. Tieck
[4]
[1] Rom den 13. August. 1808.
Geliebter Freund und Bruder.
Schon seit sehr langer Zeit habe ich Dir schreiben wollen, und habe es zum Theil unterlassen weil ich nicht wuste wohin ich Dir den Brief adressiren sollte. Jezt da Du wie ich höre wieder in Genf angelangt bist schreib ich nun auch eiligst. Durch einen Liefländischen Edelmann Herrn von Brevern habe ich Dir die drei von mir gemachten Zeichnungen geschikt. und ich hoffe Du wirst mit mir zufrieden sein, wenn Du noch andre haben willst so must Du mir es schreiben so will ich sie gern machen. – Außerordentlich hat mich Dein lezter Brief, und Deine Einladung nach der Schweitz gefreut, und unendlich schmerzt es mich das ich es nicht habe durchsetzen können hin zu kommen, aber wie sollt ich es möglich machen? Ich habe einen Theil des Sommers sehr fleissig gearbeitet, um die Büste von Goethe in Marmor zu vollenden, und ich glaube der Prinz von Bayern kann damit zufrieden sein. sie zeichnet sich unter den hier gemachten sehr aus, die von Mengs ist zwar sehr gut gearbeitet aber das Gesicht ist zu fatal, und die von der Ang[e]lika Kaufmann, und besonders die von Winkelmann ist ganz elend. Mein Wille, als ich Dich bat mich dem Prinzen von Bayern zu empfehlen, war gar nicht das ich durch ihn von Bayern etwa Gehalt oder Anstellung erhalten wollte, sondern nur grössere Arbeiten von ihm, und dies ist worum ich Dich auch noch bitte, wenn Du ihm etwa schreibst, oder auf seiner Reise durch die Schweitz selbst sehen solltest. Ja ich möchte Dich bitten ein gleiches wenn es angeth durch Schelling thun zu lassen. Lezterer schien in Weimar Freundschaft für mich zu haben, und meine Arbeiten dort dürften sich auch wohl in Rom zeigen, wie Rom jezt besteth. Man bezahlt ungeheure Summen an Canova um eine Elende Figur zu haben, weniger als das Dritteil würde mich glücklich machen, und ich wollte wohl etwas viel bessres liefern. Unter den Baiern hier ist mancher der lieber wünscht mit mir nicht in collision zu kommen, und ziemlich sucht mich herabzusetzen, ja so freundlich der Gesandte gegen mich ist, so viel bin ich dem Secretär zuwieder, der doch aber mancherlei vermag. Eine nachdrückliche Empfehlung ist gewiß nicht unrecht.
Sehr sehnsüchtig erwarte ich wieder einen Brief von Dir um endlich zu erfahren ob das Basrelief der Frau v. Stael gefallen hatt oder nicht. Es liegt mir viel mehr daran dies zu wissen als Du denkst. Ueberhaupt lebe ich jezt hier in einer sehr ängstlichen Lage, ich habe von der Schwester in zwei Monathen beinahe keinen Brief erhalten, in ihrem lezten schrieb sie mir Dein Bruder würde in kurzem nach Wien kommen, ich weiß aber nun nicht ob er angekommen ist oder nicht. Wenn sie nur nicht krank ist, oder was noch ärger wäre irgend etwas Bedeutendes von den Schuft in Berlin und seiner Compagnie gegen sie geschehen ist. Dafür zittre ich, und erwarte jeden Postag zitternd einen Brief zu erhalten. Wie traurig ist das das so viel gutes und schönes durch die [2] äussern Verhältnisse aufgehalten wird. Könnte die Schwester ruhig und ohne Sorgen leben, welche herrliche Sachen könnte sie nicht hervorbringen. Ohnstreitig hatt sie Dir in Wien das Stück ihres Amadis vorgelesen welches sie hier gemacht hatte. Mir schien das ganz vortrefflich zu werden, nun hatt sie doch schon o[h]nstreitig mehr daran gemacht. Könnten wir uns doch einmal alle an einem Ort zusammen treffen, ich habe eine grosse Sehnsucht Dich im Verein mit unsern andern Freunden einmahl wiederzusehn, und habe noch keine Spur, wäre uns das Schiksal nicht in allen Dingen so entsetzlich entgegen, so das man fast ohne Genuß und Freude in Betrübniß ein kümmerliches Leben hinschleppen muß, das Muth und Kraft nimmt, und die Unsterblichkeit möchte ich sagen, indem es nicht möglich ist etwas hervorzubringen was Ruhm verdient, oder länger zu dauer[n], und mit der Zeit geth villeicht auch noch das Talent verlohren. Wenigstens sehe ich mich oft gezwungen elende Menschen zu beneiden, und muß mein eignes Leben nicht nur kümmerlich verliehren, sondern auch noch sehen wie andre es verliehren, z. B. meine Schwester. Von Dir darf ich es nicht sagen, denn Du siehst die Welt und lebst, ob froh? das weis ich nicht, aber man sollt es glauben, wenn auch gleich für mich Dein Leben verlohren ist. Denn Deine Gegenwart kann ich nicht geniessen, und alle Deine Werke sind so lange unterbrochen. Mit Betrübniß sehe ich oft den Shakespear an, und das Spanische Theater verlirt die erheiternde Kraft, weil es mit dem ersten Bande schon aufgehört hatt, und dieser gewissermassen nur ein Fingerzeig ist nach den noch verborgenen goldnen Schätzen. Ich sehe oft mit Vergnügen den Carlo Gozzi an, blos wegen seiner Nachbildungen der Spanischen Schauspiele, welche herrliche Sachen enthalten sie, welch einen Geist, und haben es doch gewiß nur nach gemacht, verhärtet, verkürzt was im Spanischen göttlich ist. Warum ist es so entsezlich schwierig eine Sprache zu lernen? Schon oft habe ich um doch etwas zu thun anfangen wollen für mich selbst Spanisch und Englisch zu lernen. Aber ich bin zu alt, und die Beschwerde ist dann zu groß. Wirst Du nicht bald wieder etwas drucken lassen? Schick läßt Dich sehr grüssen, ich schreibe hier in seinem Zimmer, er ist eben im Begriff ein grosses Bild zu vollenden, Apollo unter den Hirten, in wenigen Wochen ist es fertig; er hatt daran über anderthalb Jahre gemahlt, und es ist sehr wohl gelungen, und ich hoffe er soll es mässig guth verkauffen, obgleich er es am Ende für 150 L[o]uisdʼor hingiebt. Seine Frau und er leben unbeschreiblich zufrieden und glücklich mit einander, und haben ein Kind das jezt schon 8 Monathe alt ist. Ein Knabe der sehr gesund ist. Es ist eine Freude sie anzusehn.
Wenn ich in einiger Zeit Lust hätte etwas drukken zu lassen, eine kleine Anzeige von welcher ich aber nicht wünschte das irgend Jemand auf den Gedanken käme das sie von mir herrührte, dürfte ich sie Dir dann wohl zuschicken? Es wäre etwas [3] das eigentlich gegen Canova ist, dessen Art und Weise zu verfahren mich sehr verdriest, weil es zugleich so sehr den Weg versperrt das ein andrer ordentlicher Mensch zu etwas kömmt, und Deutschland mit elenden Scul[p]turen überschwemmt wird, und diese Summen auf schlechte Art ausgegeben werden die besser angewendet zur Hervorbringung des besseren dienen könnten. Du liebst ja selbst zuweilen derb die Wahrheit zu sagen, ohne Rücksicht. Es bliebe Dir natürlich dabei überlassen was Du an meinem geschreibsel ändern wolltest.
Auch wenn Schick sein Bild fertig hatt wünschte ich eine Beschreibung der Ausstellung welche er dann machen will, zu machen, für den Druk bestimmt, und Dir solche zu schiken. Da Du von ihm nichts gesehen hast als seinen Noah, so hast Du nichts gesehen, sein jeziges Bild ist unendlichmal schöner, so wie sein Portrait der ältesten Tochter Humboldts zu den besten Portraiten gehört die wohl in dem lezten Jahrhundert gemacht worden sind. Ich wollte nur das ich gelegenheit hätte in meiner Kunst auch etwas ähnliches hervorzubringen.
Ich weis nicht ob ich es Dir schon geschrieben habe früher, welch ein gewaltiges Aufsehen Schellings Rede hier unter den Künstlern gemacht hatt, so das wenn er herkömmt er aufs äußerste wird heimgesucht und verehrt werden. Es ist ordentlich comisch anzusehen, wie alles sich für sein Herkommen interessirt, und wie lange man ihn schon unterwegs wissen will. Auch ich bin neugierig ihn wiederzusehen. Nur kann ich mir nicht denken das er ohne die Frau kommen sollte da sie immer eine so grosse Lust gehabt Italien zu sehen. Hast Du noch keine bestimmtere Aussicht herzukommen, als Du mir neulich schriebst? Du hast wenige Menschen die Dich so lieb haben als ich Du solltest also wohl zuweilen an mich denken und mir schreiben, denn ich habe freundliches Zureden oftmals nöthig. Denn so gut Schick ist, und so sehr mein Freund, so ist sein Umgang doch wenig tröstlich für mich wenn ich betrübt bin, und das bin ich warlich oft. Ich hätte so gern mir eine kleine Landparthie von einigen Tagen nach Albano gemacht, und kann es nicht zu Stande bringen. Oft sehr oft wünsche ich Rom zu verlassen, denn ich habe hier kein Glück, und möchte es versuchen ob mir es wo anders besser gelänge. So wär es mir äusserst angenehm gewesen zu Dir nach Genf zu kommen, nüzlicher könnte mir es freilich sein nach Deutschland zu gehen, wo ich an manchem Ort doch bekannt bin, und nach manchem andern hin mir gute empfehlungen verschaffen könnte. Doch das sind alles Träume, wo ich auch nicht einen Schein von Hoffnung zur Ausführung sehe. Empfiehl mich der Fr.[au] v. St.[aël] und lebe wohl, schreibe mir ob Du schon die Zeichnungen bekommen hast und überhaupt schreibe mir bald wieder. Vergiß mich nicht ganz, und behalt mich etwas lieb wie ich Dich ewig recht lieb behalte.
Dein Bruder
Fr. Tieck
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