• August Wilhelm von Schlegel to Georg Ernst Reimer

  • Place of Dispatch: Bonn · Place of Destination: Berlin · Date: 08.12.1842
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Georg Ernst Reimer
  • Place of Dispatch: Bonn
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 08.12.1842
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 30172394Z
  • Bibliography: Imelmann, J.: Briefe A. W. Schlegels an Georg Andreas Reimer. In: Zeitschrift für Vergleichende Litteraturgeschichte und Renaissance-Litteratur N. F. 2 (1889), S. 446‒447.
  • Incipit: „[1] Mein hochgeehrtester Herr.
    Ew. Wohlgeboren waren gewiss auch ohne meine schriftlichen Bezeugungen versichert, dass ich das unerwartete Ableben Ihres seligen Vaters [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-35028
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.18,Nr.78
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs.
  • Format: 20,6 x 16,1 cm
    Language
  • German
[1] Mein hochgeehrtester Herr.
Ew. Wohlgeboren waren gewiss auch ohne meine schriftlichen Bezeugungen versichert, dass ich das unerwartete Ableben Ihres seligen Vaters mit Ihnen herzlich betrauert habe. Sie haben an ihm einen würdigen, wahrhaft patriarchalischen Familien-Vater, der Staat einen vaterländisch gesinnten Bürger, und die Litteratur einen Mann verloren, der nützliche Werke zu fördern bemüht war.
Es ist mir sehr angenehm gewesen, aus Ihrem Schreiben vom 27. August 1842 zu erfahren, dass Sie geneigt sind, das bisherige Geschäftsverhältnis mit mir fortzusetzen. Ich sehe mit Leidwesen, dass ich schon seit 3 Monaten mit meiner Antwort im Rückstande geblieben bin. Bei einer Überhäufung mit gelehrten Arbeiten, und einer Gesundheit, die beständige Pflege erfordert, wird es mir sehr schwer, einen Briefwechsel pünktlich zu führen.
Ich muss mich auch jetzt auf das notwendigste beschränken, sonst möchte dieser Brief noch länger liegen bleiben.
[2] In früheren Zeiten habe ich die Geschäfte mit Ihrem Vater meistens mündlich oder brieflich, ohne einen förmlichen Kontrakt abgetan. Indessen ist mir bestimmt erinnerlich, dass Ihr Vater bei einem Besuche in Bonn einen Entwurf vorgelegt, der doppelt ausgefertigt und von uns beiden unterzeichnet ward. Ich habe dieses Aktenstück gewiss aufbewahrt, aber bis jetzt noch nicht auffinden können. Wahrscheinlich liegt es doch in Ihrem Handlungsarchiv.
Für die im Jahre 1825 begonnene erste Ausgabe des ergänzten Schlegel-Tieckschen Shakespeare hat mir Ihr Vater damals eine Entschädigung ausgezahlt. Bei der zweiten vom Jahre 1838 machte ich es zur Bedingung, dass in den von mir übersetzten Stücken meine Lesearten hergestellt [3] und Tiecks dazu nicht passende Anmerkungen weggenommen würden, wie es auch ausgeführt worden ist. Drei dieser Stücke habe ich einer genauen Durchsicht unterworfen. In Bezug auf das Honorar war vertragsmässig nichts vorläufig ausgemacht: wir kamen nach einer billigen Schätzung auf ein Honorar von 10 Frd’or für jedes Stück überein, welche mir Ihr Vater im August 41 ausgezahlt. Die Quittung, die ich während meines Aufenthalts in Berlin vergass, lege ich hier nachträglich bei.
Die übrigen 14 von mir übersetzten Stücke möchte ich gern der Vollendung näher bringen, indem ich eine ähnliche Durchsicht damit vornähme. Aber für jetzt bin ich mit Arbeiten überhäuft [4] und habe überhaupt wenig Vertrauen auf meine Zukunft. Indessen wünsche ich doch von Ihnen zu erfahren, ob Sie glauben, dass irgend einmal eine dritte Ausgabe des Schlegel-Tieckschen Shakespeare nötig werden könne? und nach dem Verhältnisse des bisherigen Absatzes in welchem Zeitpunkte etwa?
Das deutsche Publikum scheint für Shakespeare in der Tat eine Art von Danaïden-Fass zu sein, wo klares Wasser und Spülicht, gute und schlechte Übersetzungen gleichermassen hindurchlaufen.
Über meine Kritischen Schriften nächstens.
Durch Ihre grosse Güte habe ich ein Fässchen Teltower Rüben empfangen, wie Ihr Vater es mir zu senden pflegte. Ich sage Ihnen meinen verbindlichsten Dank für diese schmackhafte und gesunde Kost, die mir das Leben verlängern wird.
Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung
Ew. Wohlgeboren
ergebenster
A. W. v. Schlegel.
Bonn, den 8. Dezember 1842.
[1] Mein hochgeehrtester Herr.
Ew. Wohlgeboren waren gewiss auch ohne meine schriftlichen Bezeugungen versichert, dass ich das unerwartete Ableben Ihres seligen Vaters mit Ihnen herzlich betrauert habe. Sie haben an ihm einen würdigen, wahrhaft patriarchalischen Familien-Vater, der Staat einen vaterländisch gesinnten Bürger, und die Litteratur einen Mann verloren, der nützliche Werke zu fördern bemüht war.
Es ist mir sehr angenehm gewesen, aus Ihrem Schreiben vom 27. August 1842 zu erfahren, dass Sie geneigt sind, das bisherige Geschäftsverhältnis mit mir fortzusetzen. Ich sehe mit Leidwesen, dass ich schon seit 3 Monaten mit meiner Antwort im Rückstande geblieben bin. Bei einer Überhäufung mit gelehrten Arbeiten, und einer Gesundheit, die beständige Pflege erfordert, wird es mir sehr schwer, einen Briefwechsel pünktlich zu führen.
Ich muss mich auch jetzt auf das notwendigste beschränken, sonst möchte dieser Brief noch länger liegen bleiben.
[2] In früheren Zeiten habe ich die Geschäfte mit Ihrem Vater meistens mündlich oder brieflich, ohne einen förmlichen Kontrakt abgetan. Indessen ist mir bestimmt erinnerlich, dass Ihr Vater bei einem Besuche in Bonn einen Entwurf vorgelegt, der doppelt ausgefertigt und von uns beiden unterzeichnet ward. Ich habe dieses Aktenstück gewiss aufbewahrt, aber bis jetzt noch nicht auffinden können. Wahrscheinlich liegt es doch in Ihrem Handlungsarchiv.
Für die im Jahre 1825 begonnene erste Ausgabe des ergänzten Schlegel-Tieckschen Shakespeare hat mir Ihr Vater damals eine Entschädigung ausgezahlt. Bei der zweiten vom Jahre 1838 machte ich es zur Bedingung, dass in den von mir übersetzten Stücken meine Lesearten hergestellt [3] und Tiecks dazu nicht passende Anmerkungen weggenommen würden, wie es auch ausgeführt worden ist. Drei dieser Stücke habe ich einer genauen Durchsicht unterworfen. In Bezug auf das Honorar war vertragsmässig nichts vorläufig ausgemacht: wir kamen nach einer billigen Schätzung auf ein Honorar von 10 Frd’or für jedes Stück überein, welche mir Ihr Vater im August 41 ausgezahlt. Die Quittung, die ich während meines Aufenthalts in Berlin vergass, lege ich hier nachträglich bei.
Die übrigen 14 von mir übersetzten Stücke möchte ich gern der Vollendung näher bringen, indem ich eine ähnliche Durchsicht damit vornähme. Aber für jetzt bin ich mit Arbeiten überhäuft [4] und habe überhaupt wenig Vertrauen auf meine Zukunft. Indessen wünsche ich doch von Ihnen zu erfahren, ob Sie glauben, dass irgend einmal eine dritte Ausgabe des Schlegel-Tieckschen Shakespeare nötig werden könne? und nach dem Verhältnisse des bisherigen Absatzes in welchem Zeitpunkte etwa?
Das deutsche Publikum scheint für Shakespeare in der Tat eine Art von Danaïden-Fass zu sein, wo klares Wasser und Spülicht, gute und schlechte Übersetzungen gleichermassen hindurchlaufen.
Über meine Kritischen Schriften nächstens.
Durch Ihre grosse Güte habe ich ein Fässchen Teltower Rüben empfangen, wie Ihr Vater es mir zu senden pflegte. Ich sage Ihnen meinen verbindlichsten Dank für diese schmackhafte und gesunde Kost, die mir das Leben verlängern wird.
Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung
Ew. Wohlgeboren
ergebenster
A. W. v. Schlegel.
Bonn, den 8. Dezember 1842.
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