• Friedrich von Schlegel , Friedrich Schleiermacher to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Berlin · Place of Destination: Jena · Date: 27.02.1798
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Schlegel, Friedrich Schleiermacher
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Berlin
  • Place of Destination: Jena
  • Date: 27.02.1798
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 24. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Die Periode des Athenäums (25. Juli 1797 ‒ Ende August 1799). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Raymond Immerwahr. Paderborn 1985, S. 91‒93.
  • Incipit: „[1] Deine neuesten Fragmente haben mir eine große Freude gemacht, besonders die über die Kunst. Wie schön sind die einzelnen, und [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-1a-34222
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.24.b,Nr.103
  • Number of Pages: 7S. auf Doppelbl. u. 2 S., hs.
  • Format: 19 x 11,5 cm; 13,8 x 11,3 cm
    Language
  • German
[1] Deine neuesten Fragmente haben mir eine große Freude gemacht, besonders die über die Kunst. Wie schön sind die einzelnen, und wie erst in Masse. Freylich müssen sie beysammen bleiben. Ich jubilire ordentlich, wenn ich dran denke, welchʼ eine επιδειξις von Universalität das geben muß. Wollte Gott, ich könnte nun noch ein Pack physische oder chemische <von Hardenberg> habhaft werden. Was wirst Du aber sagen, wenn ich so frech bin, den Mummius mit einem andern etwas abgekürzten Fragm.[ent] von Dir zu synthesiren, und eine ähnliche Operazion mit dem großen über den plastischen Geist der Dichter vorzunehmen? Deine Erlaubniß dazu einzuhohlen, ist keine Zeit mehr, wenn die Masse da hin soll, wo sie hin muß. Und grade diese möchte ich nicht daraus zurücklassen. Von den übrigen <nicht künstlerischen> gefallen mir viele <und diese sehr>: aber einige nicht <so>. Obgleich keines darunter ist, gegen das ich als Mitherausgeber das Veto auszusprechen für nöthig fände: so werde ich doch einige jetzt noch zurücklassen, und vielleicht fällt mir noch bey einem oder dem anderen ein Vorschlag zu Aenderung [2] ein. – Laß ja nicht ab, Carolinen zu treiben, daß sie alle meine Briefe durchsieht. Ich bin gewiß, sie findet ein paar Dutzend brauchbare moralische drin, und das sind gerade die, deren ich noch am meisten brauche.
Die Elegie hat mir große Freude gemacht. Wenn Du die von Hermesianax so gut es sich thun läßt, allenfalls mit Weglassung der Stellen, wo die Conjekturen nicht den höchsten Grad von Gewißheit haben, auch übersetztest, und etwa in der letzten Hälfte vom ersten Bande der Brunckschen noch eins oder das andere suchtest, was unter die Rubrik Alexandrinische Elegie gehört, so wäre das herrlich. Laß Dir auch die Fragmenta Philetae von Kaiser. Götting.[en] 1793. geben, oder kauf sie Dir lieber gleich. Ich sollte denken es würde sich etwas darin finden. Ich selbst habʼ es nicht. Ich will noch selbst im Brunck suchen, und Dir Vorschläge machen. – Wenn Du dieß thust und wenn 2) Caroline die moralischen Fragmente aus meinen Briefen sucht, und Ihr 3) mir erlaubt, so viel Fragmente zu geben als ich will: so dispensire ich Euch nun von allen <fernern> Lieferungen zu den beyden Stücken.
[3] Ich habe Deine Klopstockiade gelesen, und eine große Freude daran und damit gehabt. Die Behandlung ist unendlich leicht und gefällig, und die Gedanken neu und reichhaltig. Von Deiner Erlaubniß weiß ich kaum Gebrauch zu machen. Das ist um so besser, da ich sie auf ein paar Fragmente übertragen habe. Morgen beginnt der Druck des IIten Stücks.
Schl.[eyermacher] findet das Gespräch auch sehr schön, sowie auch den größten Theil der Fragmente. Daß Du mich von der Mittheilung des Lessing vor dem Druck dispensirtest wäre sehr gut, ja fast nothwendig. Du kannst es um so mehr, da durchaus keine Beziehung auf jetzige Litteratur, oder lebende Litteraten drin vorkommen wird. Wir wollen es gewiß künftig immer recht genau nehmen, wenn wir ganz organisirt und in Ordnung sind. Jetzt ist doch das wichtigste, das Eine was Noth ist, [4] daß wir fertig werden.
Die Griechische Poesie lastet Centnerschwer auf mir, ob ich gleich überall alles bis auf das letzte fertig finde, und noch mehr vorgearbeitet habe als ich dachte. Wenn Du sie siehst, wirst Du es vielleicht begreifen. Mir ist keine Schreibart ganz natürlich und leicht, als die in meinen Fragm.[enten].
Einen Taufschein auszustellen ist mir freilich leider nichts seltnes, aber zu attestiren, daß etwas kommen wird, und zwar genau Tag und Stunde – das verlangt man ja von keiner Hebamme geschweige von einem Geistlichen. Doch verlangt Ihr Bruder ich soll Kraft meines prophetischen Geistes einen vorwärts gekehrten Taufschein für seinen W.[ilhelm] Meister ausfertigen, und daß er auf den Sonnabend gewiß abgehen wird – das heißt die erste Ladung davon. Hat er nicht etwa die Idee sich [5] durch eine neue Verpflichtung zu binden, so weiß ich nicht, was er damit will. Denn wüßte ich auch genauer wie weit er damit ist, so könnte ich doch bei allen den Verfolgungen, denen Ihr Bruder von Seite der Sezer ausgesezt ist, nichts bezeugen, und wenn auch nur die lezte Seite noch übrig wäre.
Desto lieber möchte ich Ihnen, wenn ich nicht jetzt so sehr auf der Flucht wäre recht ausführlich sagen wie herrlich mir Ihr Gespräch gefallen hat. Von der Materie nichts zu sagen, so sind Sie mit der Form ganz an der Vollendung und es möchte wol etwas ganz andres seyn als die Grille, was bei der Anordnung den Vorsiz geführt hat, und doch unter einer so bewundernswürdigen Leichtigkeit verborgen ist, daß die Leser leicht an die Grille glauben werden, die übrigens zum Schluß ganz vortreflich ist denn wer wird nicht sagen, daß es eine Künstlergrille ist so bald abzubrechen.
[6] Damit Sie statt des Attests doch etwas gewinnen seze ich das Datum her, welches Ihr Bruder hoffentlich nach löblicher Weise vergeßen hat. B.[erlin]. Den 27ten Febr.[uar] 98.
Schleiermacher.
[7] Es wird nun emsig abgeschrieben und gedruckt. Höre, ich weiß bei meinem Leibe keinen Rath. Das ewige hin- und herschicken nähme kein Ende. Ich habe den Mylord Pompston weggestrichen. Das Fragment ist an sich gut genug. – Das ist beym ersten Lesen lächerlich, aber beym zweyten leer und beym dritten misfällts. Genau betrachtet ist der Witz zu poetisch. Das verdammte Reden ans Publikum könnt Ihr auch nicht lassen. Der Anfang zu dem schönen <Fr.[agment]> von der schönen Biblioth.[ek] scheint mir nicht so bleiben zu können.
[8] Könnt Ihr wohl die Güte haben, auf meine Rechnung für Herz an die A.[llgemeine] L.[itteratur]-Z.[eitung] die Gebühren dessen, was er neulich ins Int.[elligenz] Bl.[att] hat setzen lassen, zu bezahlen. Es ist 2 Thl. und einige Groschen.
[1] Deine neuesten Fragmente haben mir eine große Freude gemacht, besonders die über die Kunst. Wie schön sind die einzelnen, und wie erst in Masse. Freylich müssen sie beysammen bleiben. Ich jubilire ordentlich, wenn ich dran denke, welchʼ eine επιδειξις von Universalität das geben muß. Wollte Gott, ich könnte nun noch ein Pack physische oder chemische <von Hardenberg> habhaft werden. Was wirst Du aber sagen, wenn ich so frech bin, den Mummius mit einem andern etwas abgekürzten Fragm.[ent] von Dir zu synthesiren, und eine ähnliche Operazion mit dem großen über den plastischen Geist der Dichter vorzunehmen? Deine Erlaubniß dazu einzuhohlen, ist keine Zeit mehr, wenn die Masse da hin soll, wo sie hin muß. Und grade diese möchte ich nicht daraus zurücklassen. Von den übrigen <nicht künstlerischen> gefallen mir viele <und diese sehr>: aber einige nicht <so>. Obgleich keines darunter ist, gegen das ich als Mitherausgeber das Veto auszusprechen für nöthig fände: so werde ich doch einige jetzt noch zurücklassen, und vielleicht fällt mir noch bey einem oder dem anderen ein Vorschlag zu Aenderung [2] ein. – Laß ja nicht ab, Carolinen zu treiben, daß sie alle meine Briefe durchsieht. Ich bin gewiß, sie findet ein paar Dutzend brauchbare moralische drin, und das sind gerade die, deren ich noch am meisten brauche.
Die Elegie hat mir große Freude gemacht. Wenn Du die von Hermesianax so gut es sich thun läßt, allenfalls mit Weglassung der Stellen, wo die Conjekturen nicht den höchsten Grad von Gewißheit haben, auch übersetztest, und etwa in der letzten Hälfte vom ersten Bande der Brunckschen noch eins oder das andere suchtest, was unter die Rubrik Alexandrinische Elegie gehört, so wäre das herrlich. Laß Dir auch die Fragmenta Philetae von Kaiser. Götting.[en] 1793. geben, oder kauf sie Dir lieber gleich. Ich sollte denken es würde sich etwas darin finden. Ich selbst habʼ es nicht. Ich will noch selbst im Brunck suchen, und Dir Vorschläge machen. – Wenn Du dieß thust und wenn 2) Caroline die moralischen Fragmente aus meinen Briefen sucht, und Ihr 3) mir erlaubt, so viel Fragmente zu geben als ich will: so dispensire ich Euch nun von allen <fernern> Lieferungen zu den beyden Stücken.
[3] Ich habe Deine Klopstockiade gelesen, und eine große Freude daran und damit gehabt. Die Behandlung ist unendlich leicht und gefällig, und die Gedanken neu und reichhaltig. Von Deiner Erlaubniß weiß ich kaum Gebrauch zu machen. Das ist um so besser, da ich sie auf ein paar Fragmente übertragen habe. Morgen beginnt der Druck des IIten Stücks.
Schl.[eyermacher] findet das Gespräch auch sehr schön, sowie auch den größten Theil der Fragmente. Daß Du mich von der Mittheilung des Lessing vor dem Druck dispensirtest wäre sehr gut, ja fast nothwendig. Du kannst es um so mehr, da durchaus keine Beziehung auf jetzige Litteratur, oder lebende Litteraten drin vorkommen wird. Wir wollen es gewiß künftig immer recht genau nehmen, wenn wir ganz organisirt und in Ordnung sind. Jetzt ist doch das wichtigste, das Eine was Noth ist, [4] daß wir fertig werden.
Die Griechische Poesie lastet Centnerschwer auf mir, ob ich gleich überall alles bis auf das letzte fertig finde, und noch mehr vorgearbeitet habe als ich dachte. Wenn Du sie siehst, wirst Du es vielleicht begreifen. Mir ist keine Schreibart ganz natürlich und leicht, als die in meinen Fragm.[enten].
Einen Taufschein auszustellen ist mir freilich leider nichts seltnes, aber zu attestiren, daß etwas kommen wird, und zwar genau Tag und Stunde – das verlangt man ja von keiner Hebamme geschweige von einem Geistlichen. Doch verlangt Ihr Bruder ich soll Kraft meines prophetischen Geistes einen vorwärts gekehrten Taufschein für seinen W.[ilhelm] Meister ausfertigen, und daß er auf den Sonnabend gewiß abgehen wird – das heißt die erste Ladung davon. Hat er nicht etwa die Idee sich [5] durch eine neue Verpflichtung zu binden, so weiß ich nicht, was er damit will. Denn wüßte ich auch genauer wie weit er damit ist, so könnte ich doch bei allen den Verfolgungen, denen Ihr Bruder von Seite der Sezer ausgesezt ist, nichts bezeugen, und wenn auch nur die lezte Seite noch übrig wäre.
Desto lieber möchte ich Ihnen, wenn ich nicht jetzt so sehr auf der Flucht wäre recht ausführlich sagen wie herrlich mir Ihr Gespräch gefallen hat. Von der Materie nichts zu sagen, so sind Sie mit der Form ganz an der Vollendung und es möchte wol etwas ganz andres seyn als die Grille, was bei der Anordnung den Vorsiz geführt hat, und doch unter einer so bewundernswürdigen Leichtigkeit verborgen ist, daß die Leser leicht an die Grille glauben werden, die übrigens zum Schluß ganz vortreflich ist denn wer wird nicht sagen, daß es eine Künstlergrille ist so bald abzubrechen.
[6] Damit Sie statt des Attests doch etwas gewinnen seze ich das Datum her, welches Ihr Bruder hoffentlich nach löblicher Weise vergeßen hat. B.[erlin]. Den 27ten Febr.[uar] 98.
Schleiermacher.
[7] Es wird nun emsig abgeschrieben und gedruckt. Höre, ich weiß bei meinem Leibe keinen Rath. Das ewige hin- und herschicken nähme kein Ende. Ich habe den Mylord Pompston weggestrichen. Das Fragment ist an sich gut genug. – Das ist beym ersten Lesen lächerlich, aber beym zweyten leer und beym dritten misfällts. Genau betrachtet ist der Witz zu poetisch. Das verdammte Reden ans Publikum könnt Ihr auch nicht lassen. Der Anfang zu dem schönen <Fr.[agment]> von der schönen Biblioth.[ek] scheint mir nicht so bleiben zu können.
[8] Könnt Ihr wohl die Güte haben, auf meine Rechnung für Herz an die A.[llgemeine] L.[itteratur]-Z.[eitung] die Gebühren dessen, was er neulich ins Int.[elligenz] Bl.[att] hat setzen lassen, zu bezahlen. Es ist 2 Thl. und einige Groschen.
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