• Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Jena · Place of Destination: Bamberg · Date: 25.08.1800
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Jena
  • Place of Destination: Bamberg
  • Date: 25.08.1800
    Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 25. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Höhepunkt und Zerfall der romantischen Schule (1799 ‒ 1802). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Hermann Patsch. Paderborn 2009, S. 165‒166.
  • Incipit: „[1] Ich wollte mich für heute, weil ich so sehr im Arbeiten begriffen bin, schon bey Dir durch Dorothea entschuldigen und [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-1a-34237
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.24.c,Nr.156
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl. u. 2 S., hs. m. U.
  • Format: 18,9 x 11,5 cm
    Language
  • German
[1] Ich wollte mich für heute, weil ich so sehr im Arbeiten begriffen bin, schon bey Dir durch Dorothea entschuldigen und bloß diese schreiben lassen; da ich aber heute zwey Briefe auf einmal von Dir erhalte, so kann ich nicht umhin wenigstens einige Zeilen zu schreiben.
Herrlich ists daß Cotta nun Richtigkeit gemacht hat! – Da ich darüber nichts wußte habe ich F[ichte] bis jetzt nichts entscheidendes schreiben können; und nun hast Du alles geschrieben was gut und nöthig ist. Das Nähere über meine Ansicht der Naturφ [philosophie] nächstens, wo ich auch bis dahin Bedenkzeit gewinne ob es nicht besser wäre, mit Alterthum und Philologie den Anfang zu machen. Doch auf jeden Fall sey meiner herzhaftesten Theilnahme versichert.
Deinen Auftrag an Schirmer werde ich nicht eher erfüllen bis ich von ihm höre daß das Geld für die erste Assignation angekommen sey, welches bis jetzt noch nicht geschehen ist. – Wir [2] sind nun noch sehr in Deiner Schuld, und obgleich mancherley Geld eingekommen, ist doch unsre Casse für den Augenblick durch die Unkosten des Doctorwerdens ziemlich erschöpft. Indessen haben wir doch so gewisse und starke Einnahmen vor uns (– 200 R[eichsthaler] von Bohn 200 R[eichsthaler] von der Veit zu Mich[aelis] und dann das Honorar des Collegiums) daß Du gewiß drauf rechnen kannst, alles spätestens noch vor Ende des Octobers oder auch früher bezahlt zu haben. Den Bestand der Rechnung schickt Dir Dorothea. Wenn Du noch nach Braunschw[eig] reisest, so frage ich an ob es Dir etwa gelegen wäre in der letzten Zeit des Sept[embers] oder der ersten des Oct[obers] oder wann? von Bohn 100 R[eichsthaler] in Br[aunschweig] ausgezahlt zu bekommen? – Den Rest könnten wir dann zu hiesigen Zahlungen für Dich verwenden.
Noch eines wegen des Journals. – Ritter arbeitet jetzt mit solcher Schnelligkeit und Sicherheit, daß ich es sehr gerathen fände, Du lüdest ihn gleich zu förmlicher Theilnahme ein, da seine Gelehrsamkeit und sein kritischer Ueberblick weder durch die Beyträge von Schelling noch von Steffens ersetzt werden [3] kann. Auch für den Umgang hat er sich seit kurzem unglaublich entwickelt. Uebrigens hat er auch seine Schuld berichtigt, die Doroth[ea] berechnet. Weißt Du näher, wie Schellings Uebersicht der Philosophie ungefähr ausfallen wird, so melde mir davon. Wenn er den Jakobi und Reinhold vornimmt, das wird sehr zweckmäßig seyn. – Das Exempl[ar] des Athen[aeum] habe ich nicht so wohl für ihn geschickt, da er ja die ersten nicht hat, als weil ich glaubte Du könntest in den Fall kommen, das Athen[aeum] verleihen zu müssen, damit es Dir nicht fehlte. Reisest Du noch nach Niedersachsen, so kannst Du ja das Ex[emplar] an Moriz oder Karl mitnehmen. – An Schiller hatte ich das Athen[aeum], weil er keinen Wallenstein geschickt, bis jetzt noch nicht übersendet; nun werde ichs aber thun. –
– – – –
Die Gedichte haben mich oder besser uns sehr gefreut und gerührt; besonders das Lied werden wir noch oft lesen. – Was Du verlangst schicke ich hier. – Das Sonett an die heil[ige] Jungfrau gehört wenigstens [4] nicht zum 2ten Theil der Luc[inde] aber freylich müssen mehr dazu kommen um gemeinschaftlich zu wirken. – Das Gedicht von Luc [inde] schicke ich weil es eines meiner vorzüglichsten ist und weil ich mit den beiden ersten Strophen den 2ten Theil angefangen habe.
Für das Taschenbuch werde ich gewiß noch recht viel dichten, wenn es auch nur Sonnabends und Sonntags diesen Winter geschähe.
Ist keine Hoffnung, daß Du bald wieder am Tristan arbeiten können wirst? –
Deine Nachrichten von Karolinens Gesundheit machen mich besorgt. Ich grüße sie herzlich.
Doroth[ea] verliert durch ihre Gesundheit auch wenigstens oft viele Zeit; wenn du nun noch dazu nimmst, daß sie sobald es nur geht sehr fleißig ist, und die vielen unangenehmen Briefe nach Berlin, so wirst Du sie entschuldigen daß sie nicht öfter schreibt.
Tieck hat mir 20 Sonette fürs poetische Journal geschickt, meistens an die Kunstfreunde oder in ähnlichen Beziehungen; auch [5] dasjenige darunter was er vorigen Winter an Dich gemacht hat. Sie sind etwas schnell und liederlich, doch viel Schönes darin und allmählich auch mehr Construction.
Daß die Levi nicht kommt, jetzt wohl schon über Wesel in Paris ist, und also dießmal dieser Kelch glücklich an uns vorüber gegangen, weißt Du wohl schon.
An dem Villegas ist aber nicht viel; der Horaz und Anakreon haben ihn zu seinen Ehren gebracht. Ich habe eigentlich nichts daraus gelernt als eine neue Nüance der spanischen Liedergattung, die aber doch sehr tief unter der Virtuosität des Boscan in der Cançion steht. In dem Cançionero aber ist eine Fülle von himmlischen Sachen.
Ueber Deine heutigen Briefe habe ich mich sehr gefreut, nur hätte ich gewünscht über Deine Reise oder Rückkunft etwas darin zu finden. – Auch ob Schell[ing] kommt; aber was meine Vorlesungen betrifft kannst Dus diesem sagen, da ich, so wenig wir auch sonst übereinstimmen mögen, in Rücksicht dieser [6] philosophischen Angelegenheiten in keinem anderen als freundschaftl[ichen] Verhältnisse mit ihm zu stehen Ursache finde.
Lebe wohl
Friedrich S.
[1] Ich wollte mich für heute, weil ich so sehr im Arbeiten begriffen bin, schon bey Dir durch Dorothea entschuldigen und bloß diese schreiben lassen; da ich aber heute zwey Briefe auf einmal von Dir erhalte, so kann ich nicht umhin wenigstens einige Zeilen zu schreiben.
Herrlich ists daß Cotta nun Richtigkeit gemacht hat! – Da ich darüber nichts wußte habe ich F[ichte] bis jetzt nichts entscheidendes schreiben können; und nun hast Du alles geschrieben was gut und nöthig ist. Das Nähere über meine Ansicht der Naturφ [philosophie] nächstens, wo ich auch bis dahin Bedenkzeit gewinne ob es nicht besser wäre, mit Alterthum und Philologie den Anfang zu machen. Doch auf jeden Fall sey meiner herzhaftesten Theilnahme versichert.
Deinen Auftrag an Schirmer werde ich nicht eher erfüllen bis ich von ihm höre daß das Geld für die erste Assignation angekommen sey, welches bis jetzt noch nicht geschehen ist. – Wir [2] sind nun noch sehr in Deiner Schuld, und obgleich mancherley Geld eingekommen, ist doch unsre Casse für den Augenblick durch die Unkosten des Doctorwerdens ziemlich erschöpft. Indessen haben wir doch so gewisse und starke Einnahmen vor uns (– 200 R[eichsthaler] von Bohn 200 R[eichsthaler] von der Veit zu Mich[aelis] und dann das Honorar des Collegiums) daß Du gewiß drauf rechnen kannst, alles spätestens noch vor Ende des Octobers oder auch früher bezahlt zu haben. Den Bestand der Rechnung schickt Dir Dorothea. Wenn Du noch nach Braunschw[eig] reisest, so frage ich an ob es Dir etwa gelegen wäre in der letzten Zeit des Sept[embers] oder der ersten des Oct[obers] oder wann? von Bohn 100 R[eichsthaler] in Br[aunschweig] ausgezahlt zu bekommen? – Den Rest könnten wir dann zu hiesigen Zahlungen für Dich verwenden.
Noch eines wegen des Journals. – Ritter arbeitet jetzt mit solcher Schnelligkeit und Sicherheit, daß ich es sehr gerathen fände, Du lüdest ihn gleich zu förmlicher Theilnahme ein, da seine Gelehrsamkeit und sein kritischer Ueberblick weder durch die Beyträge von Schelling noch von Steffens ersetzt werden [3] kann. Auch für den Umgang hat er sich seit kurzem unglaublich entwickelt. Uebrigens hat er auch seine Schuld berichtigt, die Doroth[ea] berechnet. Weißt Du näher, wie Schellings Uebersicht der Philosophie ungefähr ausfallen wird, so melde mir davon. Wenn er den Jakobi und Reinhold vornimmt, das wird sehr zweckmäßig seyn. – Das Exempl[ar] des Athen[aeum] habe ich nicht so wohl für ihn geschickt, da er ja die ersten nicht hat, als weil ich glaubte Du könntest in den Fall kommen, das Athen[aeum] verleihen zu müssen, damit es Dir nicht fehlte. Reisest Du noch nach Niedersachsen, so kannst Du ja das Ex[emplar] an Moriz oder Karl mitnehmen. – An Schiller hatte ich das Athen[aeum], weil er keinen Wallenstein geschickt, bis jetzt noch nicht übersendet; nun werde ichs aber thun. –
– – – –
Die Gedichte haben mich oder besser uns sehr gefreut und gerührt; besonders das Lied werden wir noch oft lesen. – Was Du verlangst schicke ich hier. – Das Sonett an die heil[ige] Jungfrau gehört wenigstens [4] nicht zum 2ten Theil der Luc[inde] aber freylich müssen mehr dazu kommen um gemeinschaftlich zu wirken. – Das Gedicht von Luc [inde] schicke ich weil es eines meiner vorzüglichsten ist und weil ich mit den beiden ersten Strophen den 2ten Theil angefangen habe.
Für das Taschenbuch werde ich gewiß noch recht viel dichten, wenn es auch nur Sonnabends und Sonntags diesen Winter geschähe.
Ist keine Hoffnung, daß Du bald wieder am Tristan arbeiten können wirst? –
Deine Nachrichten von Karolinens Gesundheit machen mich besorgt. Ich grüße sie herzlich.
Doroth[ea] verliert durch ihre Gesundheit auch wenigstens oft viele Zeit; wenn du nun noch dazu nimmst, daß sie sobald es nur geht sehr fleißig ist, und die vielen unangenehmen Briefe nach Berlin, so wirst Du sie entschuldigen daß sie nicht öfter schreibt.
Tieck hat mir 20 Sonette fürs poetische Journal geschickt, meistens an die Kunstfreunde oder in ähnlichen Beziehungen; auch [5] dasjenige darunter was er vorigen Winter an Dich gemacht hat. Sie sind etwas schnell und liederlich, doch viel Schönes darin und allmählich auch mehr Construction.
Daß die Levi nicht kommt, jetzt wohl schon über Wesel in Paris ist, und also dießmal dieser Kelch glücklich an uns vorüber gegangen, weißt Du wohl schon.
An dem Villegas ist aber nicht viel; der Horaz und Anakreon haben ihn zu seinen Ehren gebracht. Ich habe eigentlich nichts daraus gelernt als eine neue Nüance der spanischen Liedergattung, die aber doch sehr tief unter der Virtuosität des Boscan in der Cançion steht. In dem Cançionero aber ist eine Fülle von himmlischen Sachen.
Ueber Deine heutigen Briefe habe ich mich sehr gefreut, nur hätte ich gewünscht über Deine Reise oder Rückkunft etwas darin zu finden. – Auch ob Schell[ing] kommt; aber was meine Vorlesungen betrifft kannst Dus diesem sagen, da ich, so wenig wir auch sonst übereinstimmen mögen, in Rücksicht dieser [6] philosophischen Angelegenheiten in keinem anderen als freundschaftl[ichen] Verhältnisse mit ihm zu stehen Ursache finde.
Lebe wohl
Friedrich S.
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