• Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Wien · Place of Destination: Genf · Date: 13.02.1809
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Wien
  • Place of Destination: Genf
  • Date: 13.02.1809
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 335973167
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 2. Der Texte zweite Hälfte. 1809‒1844. Bern u.a. ²1969, S. 16‒17.
  • Incipit: „[1] Wien den 13ten Februar 1809
    Geliebter Bruder,
    Wie ist es nur möglich, daß Du mir so lange keine Nachricht von Dir giebst, [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-8
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,II,15
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 18,8 x 11,5 cm
    Language
  • German
[1] Wien den 13ten Februar 1809
Geliebter Bruder,
Wie ist es nur möglich, daß Du mir so lange keine Nachricht von Dir giebst, ich auf mehre Briefe gar keine Antwort von Dir erhalte? – Dabei höre ich allgemein versichern daß die Stael auf ein Jahr nach A[merika] gehen wolle und bin äußerst unruhig zu wissen, wo Du unterdessen bleiben und was Du für einen Entschluß fassen wirst. – Vorigen Posttag schrieb ich an die Stael in Bezug auf Albert, aber bloß in Beziehung auf die Zeitumstände, zufolge unsres letzten Gesprächs in Dreßden, um ihr zu sagen, daß wenn es noch ihre Absicht sei, ihn im April bei sich zu sehen, keine Zeit zu verliehren sei. Ich wußte aber als ich den Brief schrieb nicht, was unterdeß mit ihm vorgegangen sei, da ich ihn seit acht Tagen nicht gesehn hatte; fürchte daher, daß die Stael vielleicht die sehr allgemeinen Ausdrücke meines Briefes gar könnte mißverstanden haben, finde wenigstens nöthig, einige Zeilen nachzuschicken. – Als Albert den Sonntag vor acht Tagen nicht zu mir kam, wunderte ich mich zwar, da er sonst den Winter über nicht [2] versäumt hatte; indessen glaubte ich, es sei eine Einladung beim Fürsten de Ligne oder andren Herrschaften die Ursache. Nur als er auch den zweiten Sonntag, vorvorgestern, den Tag nach dem abgesandten Brief fehlte, ward ich unruhig, wo ich denn von De Carro die Geschichte erfuhr die Ihr schon wißt und ihn auch gleich selbst besuchte.
Es thut mir um so mehr leid, daß er sich durch diesen abgeschmackten Streich geschadet, da man sonst besonders in Rücksicht seines Fleißes und seiner Fortschritte in der Mathematik so sehr zufrieden mit ihm war. Ich zweifle nicht daran, daß manche Jungen in der Akademie es eben so machen, und daß man ihm dieses Hülfsmittel an die Hand gegeben hat. Freilich muß man in Sachen der Art strenge sein, und daher ist es recht gut daß er bei diesem Versuch so übel angelaufen ist und so hart dafür gestraft wird. Doch würde ich an De Carroʼs Stelle die Sache wo möglich mehr im Stillen abgethan haben, auch ist er selbst gar zu hitzig und aufgebracht. Dieß darf die [3] Stael dem De Carro freilich nicht zu empfinden geben, da er es sonst übel nehmen möchte, und da er eigentlich in der Hauptsache Recht hat. Ich bitte Dich alles dieses was ich über Albert schreibe, der Mutter wörtlich mitzutheilen und zugleich bitte ich die Frau von Stael ja nicht zu glauben daß meine Vorliebe für Albert mich besticht. Allein ich besorge wenn Sie ihm im ersten Ausbruch des Unwillens sehr hart schriebe, so würde sein Ehrgefühl mehr abgestumpft als rege erhalten werden, welches letzte doch das wichtigste ist; gestraft ist er in der That schon sehr hart, durch die schreckliche und fortdauernde Beschämung. – Ich habe ihn nun sehr aufgemuntert, fleißig zu sein, um sich zu zerstreuen, und die Achtung des Generals desto eher wieder zu gewinnen, der ohnehin nicht so gar böse wie De Carro auf ihn ist, vermuthlich seiner frühern guten Aufführung wegen. Ich werde ihn nun so lange er nicht ausgehn darf, oft besuchen und mit gutem Rath [4] beistehn.
Was mich betrift, so ist die Sammlung der Gedichte nun fertig. An Hitzig hast Du wohl selbst geschrieben. Hier geht alles langsam. Collin, Hormayr, Graf Johann Odonell, Haschka sind mir fortdauernd thätige und zuverläßige Freunde. Beim Erzbischof war ich mehrmals, speiste auch bei ihm, so wie auch beim Grafen Zinzendorf zum zweitenmale. Der Kanzler Ugarte ist mir auch günstig. Die Erlaubniß erhalte ich fast sicher, ob aber nicht zu spät, das ist eine andre Frage. – Rottenhan ist gestern gestorben. Sickingen war immer bei ihm, weshalb ich ihn lange nicht gesehn.
Gott befohlen.
Dein Friedrich Schl.[egel]

Hardenberg klagt daß er gar keine Nachrichten von Dir bekommt. Er habe auch Geld von Dir, wisse aber nicht was er damit machen solle, da man ihm von Berlin aus nicht antworte. Von Sophie, und wie sie den Wilhelm [hat] hergeben müssen, weißt Du ohne Zweifel durch Friedrich Tieck.
[1] Wien den 13ten Februar 1809
Geliebter Bruder,
Wie ist es nur möglich, daß Du mir so lange keine Nachricht von Dir giebst, ich auf mehre Briefe gar keine Antwort von Dir erhalte? – Dabei höre ich allgemein versichern daß die Stael auf ein Jahr nach A[merika] gehen wolle und bin äußerst unruhig zu wissen, wo Du unterdessen bleiben und was Du für einen Entschluß fassen wirst. – Vorigen Posttag schrieb ich an die Stael in Bezug auf Albert, aber bloß in Beziehung auf die Zeitumstände, zufolge unsres letzten Gesprächs in Dreßden, um ihr zu sagen, daß wenn es noch ihre Absicht sei, ihn im April bei sich zu sehen, keine Zeit zu verliehren sei. Ich wußte aber als ich den Brief schrieb nicht, was unterdeß mit ihm vorgegangen sei, da ich ihn seit acht Tagen nicht gesehn hatte; fürchte daher, daß die Stael vielleicht die sehr allgemeinen Ausdrücke meines Briefes gar könnte mißverstanden haben, finde wenigstens nöthig, einige Zeilen nachzuschicken. – Als Albert den Sonntag vor acht Tagen nicht zu mir kam, wunderte ich mich zwar, da er sonst den Winter über nicht [2] versäumt hatte; indessen glaubte ich, es sei eine Einladung beim Fürsten de Ligne oder andren Herrschaften die Ursache. Nur als er auch den zweiten Sonntag, vorvorgestern, den Tag nach dem abgesandten Brief fehlte, ward ich unruhig, wo ich denn von De Carro die Geschichte erfuhr die Ihr schon wißt und ihn auch gleich selbst besuchte.
Es thut mir um so mehr leid, daß er sich durch diesen abgeschmackten Streich geschadet, da man sonst besonders in Rücksicht seines Fleißes und seiner Fortschritte in der Mathematik so sehr zufrieden mit ihm war. Ich zweifle nicht daran, daß manche Jungen in der Akademie es eben so machen, und daß man ihm dieses Hülfsmittel an die Hand gegeben hat. Freilich muß man in Sachen der Art strenge sein, und daher ist es recht gut daß er bei diesem Versuch so übel angelaufen ist und so hart dafür gestraft wird. Doch würde ich an De Carroʼs Stelle die Sache wo möglich mehr im Stillen abgethan haben, auch ist er selbst gar zu hitzig und aufgebracht. Dieß darf die [3] Stael dem De Carro freilich nicht zu empfinden geben, da er es sonst übel nehmen möchte, und da er eigentlich in der Hauptsache Recht hat. Ich bitte Dich alles dieses was ich über Albert schreibe, der Mutter wörtlich mitzutheilen und zugleich bitte ich die Frau von Stael ja nicht zu glauben daß meine Vorliebe für Albert mich besticht. Allein ich besorge wenn Sie ihm im ersten Ausbruch des Unwillens sehr hart schriebe, so würde sein Ehrgefühl mehr abgestumpft als rege erhalten werden, welches letzte doch das wichtigste ist; gestraft ist er in der That schon sehr hart, durch die schreckliche und fortdauernde Beschämung. – Ich habe ihn nun sehr aufgemuntert, fleißig zu sein, um sich zu zerstreuen, und die Achtung des Generals desto eher wieder zu gewinnen, der ohnehin nicht so gar böse wie De Carro auf ihn ist, vermuthlich seiner frühern guten Aufführung wegen. Ich werde ihn nun so lange er nicht ausgehn darf, oft besuchen und mit gutem Rath [4] beistehn.
Was mich betrift, so ist die Sammlung der Gedichte nun fertig. An Hitzig hast Du wohl selbst geschrieben. Hier geht alles langsam. Collin, Hormayr, Graf Johann Odonell, Haschka sind mir fortdauernd thätige und zuverläßige Freunde. Beim Erzbischof war ich mehrmals, speiste auch bei ihm, so wie auch beim Grafen Zinzendorf zum zweitenmale. Der Kanzler Ugarte ist mir auch günstig. Die Erlaubniß erhalte ich fast sicher, ob aber nicht zu spät, das ist eine andre Frage. – Rottenhan ist gestern gestorben. Sickingen war immer bei ihm, weshalb ich ihn lange nicht gesehn.
Gott befohlen.
Dein Friedrich Schl.[egel]

Hardenberg klagt daß er gar keine Nachrichten von Dir bekommt. Er habe auch Geld von Dir, wisse aber nicht was er damit machen solle, da man ihm von Berlin aus nicht antworte. Von Sophie, und wie sie den Wilhelm [hat] hergeben müssen, weißt Du ohne Zweifel durch Friedrich Tieck.
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