• August Ludwig Hülsen to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Nennhausen · Place of Destination: Dresden · Date: 06.08.1798
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Ludwig Hülsen
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Nennhausen
  • Place of Destination: Dresden
  • Date: 06.08.1798
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Flitner, Willy: August Ludwig Hülsen und der Bund der freien Männer. Jena 1913, S. 97‒98.
  • Incipit: „[1] Nennhausen, d 6t Aug 1798
    ich hätte gewünscht, Ihnen mit diesem Briefe schon die versprochne Abhandlung für Ihr Athenäum überschicken zu [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-1a-33865
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.11,Nr.9
  • Number of Pages: 3S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 19 x 15,2 cm
    Language
  • German
[1] Nennhausen, d 6t Aug 1798
ich hätte gewünscht, Ihnen mit diesem Briefe schon die versprochne Abhandlung für Ihr Athenäum überschicken zu können. Was ich aber fertig im Pulte habe, bedarf nothwendig einer kleinen Durchsicht und muß aufs reine geschrieben werden. Unglücklicher Weise bin ich gerade zu einer Reise engagiert, die mir 8 volle Tage kosten wird, und erst nach dieser Zeit kann ich also meine Arbeiten anfangen. Wie viel oder wie wenig, muß ich erwarten. Vielleicht nicht über 2 Bogen, es sey denn, daß die Musen alle 9 mir wohl wollten und jeder Gedanke mit einem Federstrich dastände wie gedruckt. Vor Ende dieses Monats verspreche ich Ihnen nichts. Ich komme am 15t erst wieder, und glaube doch wol, 8 Tage zu meiner Arbeit nöthig zu haben, zumal da ich unter manchen Zerstreuungen lebe, und mich nicht immer sammeln kann wie ich will. Ohne Zweifel haben Sie ihr 3ts Stück schon angeordnet, und die Zeit ist wol zu kurz, daß meine Abhandlung darin noch einen Platz finden könnte. Sie werden das wissen, und im Fall Sie es wünschten, mir nähere Nachricht darüber geben.
[2] Die beiden ersten Stücke hoffe ich mit der morgenden Post zu erhalten, und ich danke Ihnen im Voraus für die Freundschaft, die Sie mir dadurch erzeigen. Einige Menschen schreiben, andere drucken, und wieder andere lesen. Die letztern haben es am besten, denn sie schlagen den kürzesten Weg ein, zu Ende zu kommen, und sind dann eben so klug wie wir, so bald sie uns wirklich verstanden haben. Was ich Ihnen in meinem letzten Briefe darüber sagte, war, wie ich mich erinnre, ein flüchtig hingeworfner Gedanke, den ich aber zu seiner Zeit wol noch ausführen will.
Das Verhältniß der Gelehrten ist immer das am wenigsten natürliche; und die Forderung an uns, daß wir den übrigen Menschen ein Beispiel seyn sollen, kommt mir so zu sagen närrisch vor. Sind wir große und berühmte Männer, so sind wir es lediglich auf Unkosten anderer, welches aber wahrlich keinem Menschen zum Ruhme gereichen sollte.
Meine Erinnerung über den Buchstaben haben Sie wahrscheinlich etwas mißverstanden. Er re[3]präsentirt uns allerdings den innern Geistesblick, aber eben darum soll auch Er nicht gesehen werden. Dahin nehme ich die hergebrachten Formen in den Wissenschaften, welche wir noch immer beibehalten – um etwas nicht zu wißen, sondern es bloß in gutem Glauben an- und aufzunehmen. Wir Jünger müssen unsere Meister doch in uns selbst wiederfinden, und jeder sage sich daher auch selbst: Du sollst keine andern Götter haben neben mir! In Beziehung auf Sie konnte jene Erinnerung nichts weiter sagen, als was sie wirklich sagte: denn Sie haben es wohl gezeigt, daß die Quelle des eignen Lebens reichlich in Ihnen strömt; und man muß übrigens dem Menschen es ansehen, ob er mit Vertrauen zu uns spricht. Ueber Schillers naive und sentimentale Poesie erhalten Sie vielleicht eine Abhandlung. Noch weiß ich es nicht gewiß.
Von Gries erhielt ich kürzlich einen Brief, mit der Nachricht, daß Schelling und Ihr Bruder Professor in Jena geworden wären. Grüßen Sie Ihren Bruder bestens. Es soll ihm von meiner Seite an Glückwünschen nicht fehlen. Auch Ihrer Frau Schwägerin empfehle ich mich und Gries bitte ich zu sagen, daß ich seinen Brief erhalten und gleich nach meiner Reise auch seiner wieder gedenken würde. Gruß und Freundschaft der Ihrige
August Hülsen
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[1] Nennhausen, d 6t Aug 1798
ich hätte gewünscht, Ihnen mit diesem Briefe schon die versprochne Abhandlung für Ihr Athenäum überschicken zu können. Was ich aber fertig im Pulte habe, bedarf nothwendig einer kleinen Durchsicht und muß aufs reine geschrieben werden. Unglücklicher Weise bin ich gerade zu einer Reise engagiert, die mir 8 volle Tage kosten wird, und erst nach dieser Zeit kann ich also meine Arbeiten anfangen. Wie viel oder wie wenig, muß ich erwarten. Vielleicht nicht über 2 Bogen, es sey denn, daß die Musen alle 9 mir wohl wollten und jeder Gedanke mit einem Federstrich dastände wie gedruckt. Vor Ende dieses Monats verspreche ich Ihnen nichts. Ich komme am 15t erst wieder, und glaube doch wol, 8 Tage zu meiner Arbeit nöthig zu haben, zumal da ich unter manchen Zerstreuungen lebe, und mich nicht immer sammeln kann wie ich will. Ohne Zweifel haben Sie ihr 3ts Stück schon angeordnet, und die Zeit ist wol zu kurz, daß meine Abhandlung darin noch einen Platz finden könnte. Sie werden das wissen, und im Fall Sie es wünschten, mir nähere Nachricht darüber geben.
[2] Die beiden ersten Stücke hoffe ich mit der morgenden Post zu erhalten, und ich danke Ihnen im Voraus für die Freundschaft, die Sie mir dadurch erzeigen. Einige Menschen schreiben, andere drucken, und wieder andere lesen. Die letztern haben es am besten, denn sie schlagen den kürzesten Weg ein, zu Ende zu kommen, und sind dann eben so klug wie wir, so bald sie uns wirklich verstanden haben. Was ich Ihnen in meinem letzten Briefe darüber sagte, war, wie ich mich erinnre, ein flüchtig hingeworfner Gedanke, den ich aber zu seiner Zeit wol noch ausführen will.
Das Verhältniß der Gelehrten ist immer das am wenigsten natürliche; und die Forderung an uns, daß wir den übrigen Menschen ein Beispiel seyn sollen, kommt mir so zu sagen närrisch vor. Sind wir große und berühmte Männer, so sind wir es lediglich auf Unkosten anderer, welches aber wahrlich keinem Menschen zum Ruhme gereichen sollte.
Meine Erinnerung über den Buchstaben haben Sie wahrscheinlich etwas mißverstanden. Er re[3]präsentirt uns allerdings den innern Geistesblick, aber eben darum soll auch Er nicht gesehen werden. Dahin nehme ich die hergebrachten Formen in den Wissenschaften, welche wir noch immer beibehalten – um etwas nicht zu wißen, sondern es bloß in gutem Glauben an- und aufzunehmen. Wir Jünger müssen unsere Meister doch in uns selbst wiederfinden, und jeder sage sich daher auch selbst: Du sollst keine andern Götter haben neben mir! In Beziehung auf Sie konnte jene Erinnerung nichts weiter sagen, als was sie wirklich sagte: denn Sie haben es wohl gezeigt, daß die Quelle des eignen Lebens reichlich in Ihnen strömt; und man muß übrigens dem Menschen es ansehen, ob er mit Vertrauen zu uns spricht. Ueber Schillers naive und sentimentale Poesie erhalten Sie vielleicht eine Abhandlung. Noch weiß ich es nicht gewiß.
Von Gries erhielt ich kürzlich einen Brief, mit der Nachricht, daß Schelling und Ihr Bruder Professor in Jena geworden wären. Grüßen Sie Ihren Bruder bestens. Es soll ihm von meiner Seite an Glückwünschen nicht fehlen. Auch Ihrer Frau Schwägerin empfehle ich mich und Gries bitte ich zu sagen, daß ich seinen Brief erhalten und gleich nach meiner Reise auch seiner wieder gedenken würde. Gruß und Freundschaft der Ihrige
August Hülsen
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