• Friedrich Schleiermacher to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Berlin · Place of Destination: Jena · Date: 05.10.1799
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich Schleiermacher
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Berlin
  • Place of Destination: Jena
  • Date: 05.10.1799
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Schleiermacher, Friedrich: Kritische Gesamtausgabe. Hg. v. Hans-Joachim Birkner u. Hermann Fischer. Berlin u.a. 1980ff. Abt. 5, Bd. 3. Briefwechsel 1799‒1800 (Briefe 553‒849). Hg. v. Andreas Arndt u. Wolfgang Virmond. Berlin u.a. 1992, S. 205‒207.
  • Incipit: „[1] Berlin d 5t. Octob 99.
    Ihren, wenn ich es sagen darf, allzuhöflichen Brief an Frölich habe ich sogleich bestellt; aber von [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-34477
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.25,Nr.5
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs.
  • Format: 19 x 11,5 cm
    Language
  • German
[1] Berlin d 5t. Octob 99.
Ihren, wenn ich es sagen darf, allzuhöflichen Brief an Frölich habe ich sogleich bestellt; aber von dem schlechten Subjekt seitdem noch nichts weiter gehört. Ja freilich hat es das Ansehn als ob Sie zu Teufeleien nicht sonderlich aufgelegt wären, und ich glaube gern daß Friedrich Sie mit dieser christlichen Unfruchtbarkeit ansteken kann, da er Ihnen sogar seine malplacirte Höflichkeit gegen den schlechtesten der Buchhändler mitgetheilt hat. Ich hoffe Tiek soll das Gleichgewicht wieder herstellen; es könnte nicht schaden wenn er etwas Milde bekäme, von der soliden nemlich, und Sie dafür wieder mit Grobheit befruchtete. Noch ein Paar Tage vor seiner Abreise hat er mir eine artige Teufelei gegen Zöllner mitgetheilt, nur mündlich und ich sollte sie redigiren; nun kann er sie ja lieber selbst aufsezen oder einer von Ihnen. Daß Grobheiten ins näch[2]ste Stük kommen müßen, darüber bin ich ganz Ihrer Meinung. Schränken Sie uns nur, um es möglich zu machen den Kampfplaz nicht zu sehr ein. Sein Sie freigebig! geben Sie Tiek den Ifland Preis, Bernhardi den Herder und Ihrem Bruder den Schiller so stehe ich Ihnen dafür daß wir die göttlichsten Teufeleien bekommen. Auch dächte ich Sie hätten zu allen diesen Aufopferungen Ursach genug. Den Ifland werden Sie doch nicht in Zuker eingemacht conserviren können, und gehen Sie ihm später zu Leibe, so sagt die Welt es sei wegen der verunglükten Aufführung des Hamlet: denn verunglüken muß sie doch. Den Herder nur ernsthaft zu behandeln wird doch, wenn die Aurora wirklich erscheint, nicht möglich sein: denn es steht zu wetten daß es keine römische musis amica werden wird, sondern eine ehrliche deutsche, von der das Sprüchwort sagt daß sie in Koth fällt. Und was für eine himmelschreiende Sünde ist [3] es solch ein risibles Subjekt zu vernachläßigen wie der Schiller ist mit seinen kaum ausgebrochenen und schon zusammengeschmolzen werden sollenden Wallensteinen! Und welch ein herrlicher Beweis von Rüksichtlosigkeit wäre es, wenn Sie ihn springen ließen. Ernsthafte Notizen wollte ich gern noch machen wenn es nur Bücher gäbe die sich dazu qualificiren. Schlagen Sie mir nur irgend eins vor was sich einzeln lesen läßt, so will ich gleich Hand ans Werk legen. Mit dem Reinhold ist es deswegen eine üble Sache weil ich wenigstens Alles was er seit seiner Bekehrung geschrieben hat lesen müßte, und das ist für mich eine große Arbeit. Daß Friedrich einen Brief an ihn schreiben will sollte mich nicht abhalten denn unsere Ansichten und Behandlung würde wahrscheinlich verschieden genug sein. Sie würden mir in der That mit jedem Vorschlage, auf den ich mich jezt einlaßen könnte, einen rechten Dienst thun. Denn es ist mir sehr heilsam und nothwendig dergleichen zu machen. Daß Sie mit dem Garve zufrieden sind hat mich sehr gefreut. Ich hatte gefürchtet er würde Ihnen gar zu unwizig sein, war aber nicht im Stande das zu ändern, weil [4] er sich meinem Gefühle nach gar nicht für den Wiz qualificirt
Aus dem Gerücht was ich lezthin an Friedrich geschrieben habe von etwas was Ihr Herzog gesagt haben soll hat man nun gar ein Reskript gemacht welches an Sie ergangen sein soll. Sezen Sie mich doch in Stand etwas authentisches darüber zu sagen da ich alle Augenblik gefragt werde. Sei’s nun wie es sei damit, Eure gestrengen Herrn werden so rußisch und philisterhaft daß es bald hier beßer sein wird als dort, und so denke ich noch zu erleben was ich so sehr wünsche, und Sie wol auch bald für schiklich halten werden.
Leben Sie wol, und grüßen Sie Alles herzlich von mir und vom Athenäum.
[1] Berlin d 5t. Octob 99.
Ihren, wenn ich es sagen darf, allzuhöflichen Brief an Frölich habe ich sogleich bestellt; aber von dem schlechten Subjekt seitdem noch nichts weiter gehört. Ja freilich hat es das Ansehn als ob Sie zu Teufeleien nicht sonderlich aufgelegt wären, und ich glaube gern daß Friedrich Sie mit dieser christlichen Unfruchtbarkeit ansteken kann, da er Ihnen sogar seine malplacirte Höflichkeit gegen den schlechtesten der Buchhändler mitgetheilt hat. Ich hoffe Tiek soll das Gleichgewicht wieder herstellen; es könnte nicht schaden wenn er etwas Milde bekäme, von der soliden nemlich, und Sie dafür wieder mit Grobheit befruchtete. Noch ein Paar Tage vor seiner Abreise hat er mir eine artige Teufelei gegen Zöllner mitgetheilt, nur mündlich und ich sollte sie redigiren; nun kann er sie ja lieber selbst aufsezen oder einer von Ihnen. Daß Grobheiten ins näch[2]ste Stük kommen müßen, darüber bin ich ganz Ihrer Meinung. Schränken Sie uns nur, um es möglich zu machen den Kampfplaz nicht zu sehr ein. Sein Sie freigebig! geben Sie Tiek den Ifland Preis, Bernhardi den Herder und Ihrem Bruder den Schiller so stehe ich Ihnen dafür daß wir die göttlichsten Teufeleien bekommen. Auch dächte ich Sie hätten zu allen diesen Aufopferungen Ursach genug. Den Ifland werden Sie doch nicht in Zuker eingemacht conserviren können, und gehen Sie ihm später zu Leibe, so sagt die Welt es sei wegen der verunglükten Aufführung des Hamlet: denn verunglüken muß sie doch. Den Herder nur ernsthaft zu behandeln wird doch, wenn die Aurora wirklich erscheint, nicht möglich sein: denn es steht zu wetten daß es keine römische musis amica werden wird, sondern eine ehrliche deutsche, von der das Sprüchwort sagt daß sie in Koth fällt. Und was für eine himmelschreiende Sünde ist [3] es solch ein risibles Subjekt zu vernachläßigen wie der Schiller ist mit seinen kaum ausgebrochenen und schon zusammengeschmolzen werden sollenden Wallensteinen! Und welch ein herrlicher Beweis von Rüksichtlosigkeit wäre es, wenn Sie ihn springen ließen. Ernsthafte Notizen wollte ich gern noch machen wenn es nur Bücher gäbe die sich dazu qualificiren. Schlagen Sie mir nur irgend eins vor was sich einzeln lesen läßt, so will ich gleich Hand ans Werk legen. Mit dem Reinhold ist es deswegen eine üble Sache weil ich wenigstens Alles was er seit seiner Bekehrung geschrieben hat lesen müßte, und das ist für mich eine große Arbeit. Daß Friedrich einen Brief an ihn schreiben will sollte mich nicht abhalten denn unsere Ansichten und Behandlung würde wahrscheinlich verschieden genug sein. Sie würden mir in der That mit jedem Vorschlage, auf den ich mich jezt einlaßen könnte, einen rechten Dienst thun. Denn es ist mir sehr heilsam und nothwendig dergleichen zu machen. Daß Sie mit dem Garve zufrieden sind hat mich sehr gefreut. Ich hatte gefürchtet er würde Ihnen gar zu unwizig sein, war aber nicht im Stande das zu ändern, weil [4] er sich meinem Gefühle nach gar nicht für den Wiz qualificirt
Aus dem Gerücht was ich lezthin an Friedrich geschrieben habe von etwas was Ihr Herzog gesagt haben soll hat man nun gar ein Reskript gemacht welches an Sie ergangen sein soll. Sezen Sie mich doch in Stand etwas authentisches darüber zu sagen da ich alle Augenblik gefragt werde. Sei’s nun wie es sei damit, Eure gestrengen Herrn werden so rußisch und philisterhaft daß es bald hier beßer sein wird als dort, und so denke ich noch zu erleben was ich so sehr wünsche, und Sie wol auch bald für schiklich halten werden.
Leben Sie wol, und grüßen Sie Alles herzlich von mir und vom Athenäum.
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