• Sophie Bernhardi to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Weimar · Place of Destination: Coppet · Date: 30. Mai [1804]
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Sophie Bernhardi
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Weimar
  • Place of Destination: Coppet
  • Date: 30. Mai [1804]
  • Notations: Datum (Jahr) erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 99‒100.
  • Incipit: „[1] Weimar den 30ten Mai [1804]
    Liebster Freund
    Wie sehr hat es mich gefreut Ihren Brief zu erhalten und zu sehen daß [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-4
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,15,25
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 18,7 x 11,9 cm
    Language
  • German
[1] Weimar den 30ten Mai [1804]
Liebster Freund
Wie sehr hat es mich gefreut Ihren Brief zu erhalten und zu sehen daß Sie auch in der Ferne noch mit derselben Freundschaft an uns denken. Sein Sie nicht böse daß ich gleich zu anfang mein Versprechen nicht gehalten habe. Ich war nicht wohl und Sie wissen wie leicht ich dan dahin komme nicht zu schreiben. Ich wünschte ich könte mir um Ihrentwillen diesen häßlichen Fehler abgewöhnen. Mit meiner Gesundheit ist es nicht übermässig gut gegangen ich will aber nun nach Liebenstein gehen und sehen ob ich mich erhohlen kann. Könte ich nur die alte eingewurzelte Traurigkeit loß werden jezt da mich alles zu beglüken strebt, ich werfe mir oft den Undank gegen alle meine Freunde vor daß ich dennoch nicht die Heiterkeit wieder gewinnen kann.
Ich bin hier fast täglich in dem Park und lebe so viel es meine Gesundheit erlaubt im Freien und denke durch die Zerstreuungen die mir noch im Sommer bevorstehen mich auch noch zu erhohlen. Ach lieber Freund [2] warum ist mein Herz so törigt daß ich nun noch nicht vergessen kann waß vorüber ist. Bernhardi schreibt so auf seine Weise zärtliche Briefe worin er immer voraussezt das ich im September wieder komme, ich will mich noch daran gewöhnen daß alles dies keinen Eindruck mehr auf mich macht. Er affecktirt eine solche Zärtligkeit für die Kinder und die Kinder haben ihn ganz vergessen. Wilhelm hat jezt einen Lehrer und lernt die schwierige Kunst des Lesens, Felix begnügt sich damit alle Tage grösser und schöner zu werden, den 15ten Juni ist Wilhelms Geburtstag es wäre wohl billig das ihm etwaß geschenkt wirde oder mir das ist am ende einerlei. Sie sehen das ich noch alle meine alten Liebhabereien habe. Sein Sie nicht böse wen[n] ich auch meine alten Schwachheiten gestehe, wie gut mein Bruder auch ist so macht es mir doch bitteren Kum[3]mer daß ich nun gar nichts habe als durch seine Hände und so doch abhängig [bin]. Ach wie natürlig ist es wohl daß einer der so gedrükt so lange war nun eine rechte Sensucht nach der allervollkommensten Freiheit empfindet. Ich freue mich unendlich darauf wen[n] wir in Italien vieleicht wieder zusammentreffen, der Bruder denkt noch im frühen Frühjahr fertig zu sein und abzureisen dan wäre es doch auf alle Weise thöricht wen[n] Sie im Herbst wieder nach Deutschland wolten da Sie schon auf so gutem Wege nach Italien sind. Ich freue mich darauf wie glüklig wir dort sein wollen. Verzeihen Sie liebster Freund daß ich nicht weiter schreibe ich werde gestört und muß abbrechen, nur das eine noch daß meine Gesinnung für Sie ewig dieselbe bleibt das ich [4] Ihrer Treue niemals vergessen werde wie ich auch fest glaube daß Sie immer meiner gedenken. Ihr Brief hat mir in aller Rüksicht viel Freude gemacht weil ich so deutlich an alles erinnnert wurde waß ich selbst noch zu sehen hoffe. Leben Sie tausendmal wohl und vergessen Sie uns nicht.
S[ophie] Tieck
[1] Weimar den 30ten Mai [1804]
Liebster Freund
Wie sehr hat es mich gefreut Ihren Brief zu erhalten und zu sehen daß Sie auch in der Ferne noch mit derselben Freundschaft an uns denken. Sein Sie nicht böse daß ich gleich zu anfang mein Versprechen nicht gehalten habe. Ich war nicht wohl und Sie wissen wie leicht ich dan dahin komme nicht zu schreiben. Ich wünschte ich könte mir um Ihrentwillen diesen häßlichen Fehler abgewöhnen. Mit meiner Gesundheit ist es nicht übermässig gut gegangen ich will aber nun nach Liebenstein gehen und sehen ob ich mich erhohlen kann. Könte ich nur die alte eingewurzelte Traurigkeit loß werden jezt da mich alles zu beglüken strebt, ich werfe mir oft den Undank gegen alle meine Freunde vor daß ich dennoch nicht die Heiterkeit wieder gewinnen kann.
Ich bin hier fast täglich in dem Park und lebe so viel es meine Gesundheit erlaubt im Freien und denke durch die Zerstreuungen die mir noch im Sommer bevorstehen mich auch noch zu erhohlen. Ach lieber Freund [2] warum ist mein Herz so törigt daß ich nun noch nicht vergessen kann waß vorüber ist. Bernhardi schreibt so auf seine Weise zärtliche Briefe worin er immer voraussezt das ich im September wieder komme, ich will mich noch daran gewöhnen daß alles dies keinen Eindruck mehr auf mich macht. Er affecktirt eine solche Zärtligkeit für die Kinder und die Kinder haben ihn ganz vergessen. Wilhelm hat jezt einen Lehrer und lernt die schwierige Kunst des Lesens, Felix begnügt sich damit alle Tage grösser und schöner zu werden, den 15ten Juni ist Wilhelms Geburtstag es wäre wohl billig das ihm etwaß geschenkt wirde oder mir das ist am ende einerlei. Sie sehen das ich noch alle meine alten Liebhabereien habe. Sein Sie nicht böse wen[n] ich auch meine alten Schwachheiten gestehe, wie gut mein Bruder auch ist so macht es mir doch bitteren Kum[3]mer daß ich nun gar nichts habe als durch seine Hände und so doch abhängig [bin]. Ach wie natürlig ist es wohl daß einer der so gedrükt so lange war nun eine rechte Sensucht nach der allervollkommensten Freiheit empfindet. Ich freue mich unendlich darauf wen[n] wir in Italien vieleicht wieder zusammentreffen, der Bruder denkt noch im frühen Frühjahr fertig zu sein und abzureisen dan wäre es doch auf alle Weise thöricht wen[n] Sie im Herbst wieder nach Deutschland wolten da Sie schon auf so gutem Wege nach Italien sind. Ich freue mich darauf wie glüklig wir dort sein wollen. Verzeihen Sie liebster Freund daß ich nicht weiter schreibe ich werde gestört und muß abbrechen, nur das eine noch daß meine Gesinnung für Sie ewig dieselbe bleibt das ich [4] Ihrer Treue niemals vergessen werde wie ich auch fest glaube daß Sie immer meiner gedenken. Ihr Brief hat mir in aller Rüksicht viel Freude gemacht weil ich so deutlich an alles erinnnert wurde waß ich selbst noch zu sehen hoffe. Leben Sie tausendmal wohl und vergessen Sie uns nicht.
S[ophie] Tieck
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