• Amalie Wolper to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Lingen (Ems) · Place of Destination: Bonn · Date: 09.03.1840
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Amalie Wolper
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Lingen (Ems)
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 09.03.1840
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-1a-34336
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.29,Nr.60
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 21,4 x 13,7 cm
  • Incipit: „[1] Lingen d. 9ten März
    1840.
    Theuerster Oheim!
    Die Freundlichkeit und gütige Nachsicht, mit der Sie stets meine Briefe aufnehmen und mein ganzes [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia
  • Zeil, Sophia
[1] Lingen d. 9ten März
1840.
Theuerster Oheim!
Die Freundlichkeit und gütige Nachsicht, mit der Sie stets meine Briefe aufnehmen und mein ganzes Benehmen beurtheilen, erfüllt mich mit dem aufrichtigsten Danke und es wird immer mein eifrigstes Bestreben sein, dieser Ihrer vorgefaßten günstigen Meinung von mir, so viel möglich zu entsprechen. Versehe oder fehle ich irgend worin, dann bitte ich mich nur aufmerksam zu machen, da ich Ihre Zurechtweisungen mit eben dem Danke aufnehmen werde, wie Ihre Billigung.
Einen Prospectus über die Einrichtungen und Bedingungen der Heilanstalt zu Hildesheim habe ich nicht erhalten können, weil für den Augenblick kein solcher vorhanden ist. Um den Medicinal-Rath Bergmann nicht so oft zu belästigen, suchte ich mir die Addresse einer Oberaufseherinn der dortigen Anstalt zu verschaffen, welches die Schwester eines Lehrers zu Verden, bisherigen [2] Collegen von August ist. Ich lege Ihnen den Brief bei, dessen Inhalt den Umständen nach beruhigend und günstig lautet. Über die Preise der verschiedenen Klassen sind wir aber noch nicht im klaren und es wird wohl am besten sein, wenn von den Behörden erst etwas bewilligt oder entschieden ist, daß ich mich mit einer bestimmten Anfrage an den Medicinal-Rath wende. Es scheint mir jedoch wahrscheinlich, daß der Preis der mittleren Klasse, alles mit eingerechnet, die Summe von 200 Thaler nicht übersteigt. Auch kann ich kaum glauben, daß August nichts bewilligt erhält, gering, fürchte ich freilich, wird es ausfallen. Da der Inhalt des einliegenden Briefes zur Beruhigung meiner Mutter beitragen kann, so möchte ich Sie wohl bitten, denselben gelegentlich ihr oder mir zurück zu senden.
Gestern ist auch eine Antwort des Dr. Matthaei an H. Sup. Jüngst eingegangen, die ich Ihnen wörtlich auf der inneren Seite des Couverts abgeschrieben habe. Nach gemeinschaftlicher Berathung mit H. Sup. Jüngst und meiner Mutter beschlossen wir, ihm 4 Louisd’or zu senden, nicht als ein jährliches Honorar, sondern als Vergütung seiner Bemühungen. Später, wenn die Sache erst geordnet ist, wird, denke ich, wenig dabei zu thun sein und er auch nicht viel verlangen können.
[3] Über den Vermögensstand meiner Mutter Ihnen nähere Auskunft zu ertheilen, liebster Oheim, dazu bin ich nicht im Stande, da ich Ihnen bereits alles geschrieben habe, was ich darüber weiß. Mich mit Anfragen deßhalb an sie selbst zu wenden, scheint mir von meiner Seite nicht passend zu sein. Außer den Zinsen ihres Vermögens bezieht sie noch eine Witwenpension von, wenn ich nicht irre, 150 rthr. Sie schrieb es mir damals nach dem Tode meines vortrefflichen Vaters, doch ist das schon so lange her, daß es mir fast entfallen und ich meiner Sache nicht ganz gewiß bin. Eine mäßige Entschädigung für Brennmaterial, die ihr anfangs bewilligt, ward ihr später wieder entzogen, unter dem Vorwande, daß sie eine vermögende Witwe sei. Ihre Einnahme ist demnach, bei den geringen Zinsen, die sie erhält, nicht bedeutend, doch konnte die gute Mutter bei ihrer Sparsamkeit und den wenigen Bedürfnissen, die sie für sich selbst hat, bislang ganz gut damit auskommen, machte auch dann und wann ihren Kindern oder Großkindern ein Geschenk, welches ihr große Freude gewährte. – Ich habe die 3200 Thaler, die mir mein seeliger Mann hinterlassen hat, auf sichre Hypotheken von Häusern und Ländereien zu 4 Procent belegt. Höher ist es hier zu Lande nicht möglich und man muß sich nur freuen, wenn man es sicher untergebracht hat.
[4] Die Wahl des künftigen Standes von Söhnen ist gewiß eins der wichtigsten und schwierigsten Dinge. Gott gebe, daß meine Schwester und ich das rechte ergreifen! Adolph hat immer viel Lust und Eifer zum Lernen bezeigt, kann auch bis 2 Jahre vor dem Abgange zur Universität auf dem dortigen Progymnasium recht gut vorbereitet werden. Dann muß ich ihn zu mir nehmen. Ein Stipendium hofft meine Schwester vielleicht für ihn zu erlangen, doch wird das freilich nicht ausreichen. Später, sobald er ausstudirt hat, muß er sehen, eine Hauslehrerstelle zu bekommen, oder sich durch Privatunterricht seinen Unterhalt zu gewinnen suchen. Über Hermann’s Beruf habe ich noch keinen festen Entschluß gefaßt. Am liebsten möchten er und ich, daß er studiren könnte. Er ist auch jetzt recht fleißig, Bücher sind seine größte Freude, doch leistet er nichts Ausgezeichnetes. Leider sind auch alle anderen Fächer überfüllt und es fehlt mir gänzlich an Connexionen und Fürsprache. Sie ertheilen mir vielleicht Ihren gütigen Rath.
Den Unfall, der meine Schwester betroffen, hat Ihnen wahrscheinlich meine Mutter mitgetheilt. Auf die arme Mutter stürmt jetzt auch viel ein.
Leben Sie so wohl, bester Oheim, als es Ihnen von Herzen wünscht
Ihre
Sie wahrhaft liebende Nich[te]
Amalie Wolper.
[1] IX.
[1] Lingen d. 9ten März
1840.
Theuerster Oheim!
Die Freundlichkeit und gütige Nachsicht, mit der Sie stets meine Briefe aufnehmen und mein ganzes Benehmen beurtheilen, erfüllt mich mit dem aufrichtigsten Danke und es wird immer mein eifrigstes Bestreben sein, dieser Ihrer vorgefaßten günstigen Meinung von mir, so viel möglich zu entsprechen. Versehe oder fehle ich irgend worin, dann bitte ich mich nur aufmerksam zu machen, da ich Ihre Zurechtweisungen mit eben dem Danke aufnehmen werde, wie Ihre Billigung.
Einen Prospectus über die Einrichtungen und Bedingungen der Heilanstalt zu Hildesheim habe ich nicht erhalten können, weil für den Augenblick kein solcher vorhanden ist. Um den Medicinal-Rath Bergmann nicht so oft zu belästigen, suchte ich mir die Addresse einer Oberaufseherinn der dortigen Anstalt zu verschaffen, welches die Schwester eines Lehrers zu Verden, bisherigen [2] Collegen von August ist. Ich lege Ihnen den Brief bei, dessen Inhalt den Umständen nach beruhigend und günstig lautet. Über die Preise der verschiedenen Klassen sind wir aber noch nicht im klaren und es wird wohl am besten sein, wenn von den Behörden erst etwas bewilligt oder entschieden ist, daß ich mich mit einer bestimmten Anfrage an den Medicinal-Rath wende. Es scheint mir jedoch wahrscheinlich, daß der Preis der mittleren Klasse, alles mit eingerechnet, die Summe von 200 Thaler nicht übersteigt. Auch kann ich kaum glauben, daß August nichts bewilligt erhält, gering, fürchte ich freilich, wird es ausfallen. Da der Inhalt des einliegenden Briefes zur Beruhigung meiner Mutter beitragen kann, so möchte ich Sie wohl bitten, denselben gelegentlich ihr oder mir zurück zu senden.
Gestern ist auch eine Antwort des Dr. Matthaei an H. Sup. Jüngst eingegangen, die ich Ihnen wörtlich auf der inneren Seite des Couverts abgeschrieben habe. Nach gemeinschaftlicher Berathung mit H. Sup. Jüngst und meiner Mutter beschlossen wir, ihm 4 Louisd’or zu senden, nicht als ein jährliches Honorar, sondern als Vergütung seiner Bemühungen. Später, wenn die Sache erst geordnet ist, wird, denke ich, wenig dabei zu thun sein und er auch nicht viel verlangen können.
[3] Über den Vermögensstand meiner Mutter Ihnen nähere Auskunft zu ertheilen, liebster Oheim, dazu bin ich nicht im Stande, da ich Ihnen bereits alles geschrieben habe, was ich darüber weiß. Mich mit Anfragen deßhalb an sie selbst zu wenden, scheint mir von meiner Seite nicht passend zu sein. Außer den Zinsen ihres Vermögens bezieht sie noch eine Witwenpension von, wenn ich nicht irre, 150 rthr. Sie schrieb es mir damals nach dem Tode meines vortrefflichen Vaters, doch ist das schon so lange her, daß es mir fast entfallen und ich meiner Sache nicht ganz gewiß bin. Eine mäßige Entschädigung für Brennmaterial, die ihr anfangs bewilligt, ward ihr später wieder entzogen, unter dem Vorwande, daß sie eine vermögende Witwe sei. Ihre Einnahme ist demnach, bei den geringen Zinsen, die sie erhält, nicht bedeutend, doch konnte die gute Mutter bei ihrer Sparsamkeit und den wenigen Bedürfnissen, die sie für sich selbst hat, bislang ganz gut damit auskommen, machte auch dann und wann ihren Kindern oder Großkindern ein Geschenk, welches ihr große Freude gewährte. – Ich habe die 3200 Thaler, die mir mein seeliger Mann hinterlassen hat, auf sichre Hypotheken von Häusern und Ländereien zu 4 Procent belegt. Höher ist es hier zu Lande nicht möglich und man muß sich nur freuen, wenn man es sicher untergebracht hat.
[4] Die Wahl des künftigen Standes von Söhnen ist gewiß eins der wichtigsten und schwierigsten Dinge. Gott gebe, daß meine Schwester und ich das rechte ergreifen! Adolph hat immer viel Lust und Eifer zum Lernen bezeigt, kann auch bis 2 Jahre vor dem Abgange zur Universität auf dem dortigen Progymnasium recht gut vorbereitet werden. Dann muß ich ihn zu mir nehmen. Ein Stipendium hofft meine Schwester vielleicht für ihn zu erlangen, doch wird das freilich nicht ausreichen. Später, sobald er ausstudirt hat, muß er sehen, eine Hauslehrerstelle zu bekommen, oder sich durch Privatunterricht seinen Unterhalt zu gewinnen suchen. Über Hermann’s Beruf habe ich noch keinen festen Entschluß gefaßt. Am liebsten möchten er und ich, daß er studiren könnte. Er ist auch jetzt recht fleißig, Bücher sind seine größte Freude, doch leistet er nichts Ausgezeichnetes. Leider sind auch alle anderen Fächer überfüllt und es fehlt mir gänzlich an Connexionen und Fürsprache. Sie ertheilen mir vielleicht Ihren gütigen Rath.
Den Unfall, der meine Schwester betroffen, hat Ihnen wahrscheinlich meine Mutter mitgetheilt. Auf die arme Mutter stürmt jetzt auch viel ein.
Leben Sie so wohl, bester Oheim, als es Ihnen von Herzen wünscht
Ihre
Sie wahrhaft liebende Nich[te]
Amalie Wolper.
[1] IX.
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