• Sophie Bernhardi , August Ferdinand Bernhardi to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Bad Liebenstein · Place of Destination: Coppet · Date: 23. Juni [1804]
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Sophie Bernhardi, August Ferdinand Bernhardi
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Bad Liebenstein
  • Place of Destination: Coppet
  • Date: 23. Juni [1804]
  • Notations: Datum (Jahr) erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 111‒113.
  • Incipit: „[1] Liebenstein den 23ten Juni [1804]
    Nur einige Worte will ich Ihnen liebster Freund schreiben um Ihnen zu sagen wie innig ich [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-4
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,15,26
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 21 x 17,5 cm
    Language
  • German
[1] Liebenstein den 23ten Juni [1804]
Nur einige Worte will ich Ihnen liebster Freund schreiben um Ihnen zu sagen wie innig ich es empfinde welch ein Unrecht ich gegen Sie habe da ich Ihre treue Sorge für mich kenne und Ihnen dennoch keine Nachricht von mir gegeben habe. Hier mag es mich einigermaßen entschuldigen daß ich nur selten einen Bohten haben kann der die Briefe nach Eisenach bringt wohin ich sie schicken muß. Möchte doch die gute Nachricht die ich Ihnen von meiner Gesundheit geben kann Sie für die Zweifel und Sorgen entschädigen. Ich werde hier gesund und stark und blühe wieder auf und werde jünger. Ich bade täglich und das Bad hat eine herliche Wirkung auf mich, waß sagen sie dazu mein liebster Freund daß ich jezt meilenweit gehen kann ohne das es mir etwaß thut, und wie die Jäger den Forst nach dem Wilde durchstreifen so streifen wir ich mit Knorring nach den schönen Gegenden aus. Wen[n] wir uns wiedersehen sollen Sie mein brüderlicher Freund eine rechte Freude haben. Die Kinder werden alle Tage nach mir gebadet und werden täglich gesunder und schöner sie haben hier die Herzen aller Menschen gewonnen [2] und denken seither viel an Sie wie ich und Knorring auch thun der Sie auf das herzlichste grüßen läßt. Mein theurer Freund wie rührt es mich wen[n] ich in allen Ihren Planen immer das Bestreben nach meinem Wohl sehe nein wir sind auch nicht von einander entfernt die wahre Liebe berührt sich immer und nur scheinbar sind die weiten Räume dazwischen.
Erlauben Sie mir aber nun auch liebster Freund meine Wünsche zu sagen ich kann mich nicht entschliessen meinen Bruder den Winter zu verlassen da ich ihn noch nicht genossen und eben recht das ruhige beisammensein mir auf den Winter aufhebe da ich wen[n] ich jezt nach Weimar komme doch bald wieder nach Dresden gehe um meinen Bruder und Marien zu sehen. Wen[n] wir nun alle nach Italien im frühen Frühling giengen so könten wir ja dort mit Ihnen lieber Freund viel leichter zusammentreffen als an jeden andern Ort. Verzeihen Sie das ich so abbreche, der Bohte wartet. Alles waß Sie mein geliebter Freund mir anbiehten erkenne ich mit gröstem Dank. Waß Sie für mich thun können nehme ich [3] an da ich sonst nichts eigenes habe und Sie wissen wie sehr mich das drückt. Wen[n] Sie etwaß entbehren können so bitte ich daß Sie es so einrichten das mein Bruder meint ich soll es für Sie bezalen den[n] da er meine Briefe empfängt so wüste er sonst alles was ich habe und dan hätte ich es ja doch nicht für mich. Liebster Freund Sie lieben mich so daß Sie diese Bitte als das verstehen waß Sie ißt als das volle Zutrauen und nicht als eine Unverschämtheit. Sie wissen wie ich immer ungern fodern mag und so wirde es mich recht glücklig machen wen[n] ich nicht alles von meinen Bruder zu fodern brauchte. Ich weiß Ihnen sind alle meine Wünsche lieb ich weiß das Sie eilen alles zu thun waß mich glücklig machen kann. Mit meiner wiederkehrenden Gesundheit regt sich in mir die Lust und Freude des Lebens.
Der Bohte ängstet mich mit seiner Eil sonst wolte ich Ihnen noch sagen wie unnachahmlig [4] schlecht und lächerlich sich B[ernhardi] nimt welches ich aber kaltblühtig betrachte. Zur Ergötzung lege ich Ihnen heut nur eine Probe seiner Poesie bei welche er zu meinem Geburtstag abgelegt hat und mit einem neumodischen Fächer mir geschickt. Nächstens mehr davon. Knorring hat fast einen ganzen Tag darüber gelacht und es Ihnen auch abgeschrieben. Er räht Ihnen es nun nur aufzugeben jemals mit einem Sonnet wieder aufzutretten da Sie so übertroffen sind. Leben Sie tausend tausendmal wohl die Vergißmeinnicht habe ich und Sie im Herzen. Leben Sie wohl
S[ophie] Tieck

[5] An Sophie
Der kennt kein Morgen, kennet nur das Heute,
Was ihn umgiebt das soll ihm Freuden borgen,
Nur durch Genuß für den Genuß zu sorgen
Ist das Bemühn dem er sein Leben weihte;
Den lockt der Wunsch in ungemeßne Weite,
Er kennt kein Heut, kennt nur das bange Morgen,
Mit ihm erwacht der Schwarm der trüben Sorgen
Und giebt bis Abends hin ihm das Geleite.
Mit weiserm Sinn willst du dich eng beschränken,
Ach! einen Garten sprichst du, Blumen, Bäume,
Daß mir als Laubʼ ein Ast sich freundlich neige.
Arm bin ich, Gärten kann ich dir nicht schenken,
Doch als ein Unterpfand erfüllter Träume,
Beschatte Dich mit diesem Liebeszweige.
Bernhardi
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[1] Liebenstein den 23ten Juni [1804]
Nur einige Worte will ich Ihnen liebster Freund schreiben um Ihnen zu sagen wie innig ich es empfinde welch ein Unrecht ich gegen Sie habe da ich Ihre treue Sorge für mich kenne und Ihnen dennoch keine Nachricht von mir gegeben habe. Hier mag es mich einigermaßen entschuldigen daß ich nur selten einen Bohten haben kann der die Briefe nach Eisenach bringt wohin ich sie schicken muß. Möchte doch die gute Nachricht die ich Ihnen von meiner Gesundheit geben kann Sie für die Zweifel und Sorgen entschädigen. Ich werde hier gesund und stark und blühe wieder auf und werde jünger. Ich bade täglich und das Bad hat eine herliche Wirkung auf mich, waß sagen sie dazu mein liebster Freund daß ich jezt meilenweit gehen kann ohne das es mir etwaß thut, und wie die Jäger den Forst nach dem Wilde durchstreifen so streifen wir ich mit Knorring nach den schönen Gegenden aus. Wen[n] wir uns wiedersehen sollen Sie mein brüderlicher Freund eine rechte Freude haben. Die Kinder werden alle Tage nach mir gebadet und werden täglich gesunder und schöner sie haben hier die Herzen aller Menschen gewonnen [2] und denken seither viel an Sie wie ich und Knorring auch thun der Sie auf das herzlichste grüßen läßt. Mein theurer Freund wie rührt es mich wen[n] ich in allen Ihren Planen immer das Bestreben nach meinem Wohl sehe nein wir sind auch nicht von einander entfernt die wahre Liebe berührt sich immer und nur scheinbar sind die weiten Räume dazwischen.
Erlauben Sie mir aber nun auch liebster Freund meine Wünsche zu sagen ich kann mich nicht entschliessen meinen Bruder den Winter zu verlassen da ich ihn noch nicht genossen und eben recht das ruhige beisammensein mir auf den Winter aufhebe da ich wen[n] ich jezt nach Weimar komme doch bald wieder nach Dresden gehe um meinen Bruder und Marien zu sehen. Wen[n] wir nun alle nach Italien im frühen Frühling giengen so könten wir ja dort mit Ihnen lieber Freund viel leichter zusammentreffen als an jeden andern Ort. Verzeihen Sie das ich so abbreche, der Bohte wartet. Alles waß Sie mein geliebter Freund mir anbiehten erkenne ich mit gröstem Dank. Waß Sie für mich thun können nehme ich [3] an da ich sonst nichts eigenes habe und Sie wissen wie sehr mich das drückt. Wen[n] Sie etwaß entbehren können so bitte ich daß Sie es so einrichten das mein Bruder meint ich soll es für Sie bezalen den[n] da er meine Briefe empfängt so wüste er sonst alles was ich habe und dan hätte ich es ja doch nicht für mich. Liebster Freund Sie lieben mich so daß Sie diese Bitte als das verstehen waß Sie ißt als das volle Zutrauen und nicht als eine Unverschämtheit. Sie wissen wie ich immer ungern fodern mag und so wirde es mich recht glücklig machen wen[n] ich nicht alles von meinen Bruder zu fodern brauchte. Ich weiß Ihnen sind alle meine Wünsche lieb ich weiß das Sie eilen alles zu thun waß mich glücklig machen kann. Mit meiner wiederkehrenden Gesundheit regt sich in mir die Lust und Freude des Lebens.
Der Bohte ängstet mich mit seiner Eil sonst wolte ich Ihnen noch sagen wie unnachahmlig [4] schlecht und lächerlich sich B[ernhardi] nimt welches ich aber kaltblühtig betrachte. Zur Ergötzung lege ich Ihnen heut nur eine Probe seiner Poesie bei welche er zu meinem Geburtstag abgelegt hat und mit einem neumodischen Fächer mir geschickt. Nächstens mehr davon. Knorring hat fast einen ganzen Tag darüber gelacht und es Ihnen auch abgeschrieben. Er räht Ihnen es nun nur aufzugeben jemals mit einem Sonnet wieder aufzutretten da Sie so übertroffen sind. Leben Sie tausend tausendmal wohl die Vergißmeinnicht habe ich und Sie im Herzen. Leben Sie wohl
S[ophie] Tieck

[5] An Sophie
Der kennt kein Morgen, kennet nur das Heute,
Was ihn umgiebt das soll ihm Freuden borgen,
Nur durch Genuß für den Genuß zu sorgen
Ist das Bemühn dem er sein Leben weihte;
Den lockt der Wunsch in ungemeßne Weite,
Er kennt kein Heut, kennt nur das bange Morgen,
Mit ihm erwacht der Schwarm der trüben Sorgen
Und giebt bis Abends hin ihm das Geleite.
Mit weiserm Sinn willst du dich eng beschränken,
Ach! einen Garten sprichst du, Blumen, Bäume,
Daß mir als Laubʼ ein Ast sich freundlich neige.
Arm bin ich, Gärten kann ich dir nicht schenken,
Doch als ein Unterpfand erfüllter Träume,
Beschatte Dich mit diesem Liebeszweige.
Bernhardi
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