• Christian Friedrich Tieck to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Berlin · Place of Destination: Bonn · Date: 17.06.1828
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Christian Friedrich Tieck
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Berlin
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 17.06.1828
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Maaz, Bernhard: Christian Friedrich Tieck 1776‒1851. Leben und Werk unter besonderer Berücksichtigung seines Bildnisschaffens, mit einem Werkverzeichnis. Berlin 1995, S. 196‒199.
  • Verlag: Gebr. Mann Verlag Leipzig
  • Incipit: „Berlin den 17ten Juni 1828.
    Mein theurer geliebter Freund
    Es gehört unstreitig zu den schlimmsten Lastern sich eine solche Trägheit zum Schreiben anzugewöhnen, [...]“
    Language
  • German
Berlin den 17ten Juni 1828.
Mein theurer geliebter Freund
Es gehört unstreitig zu den schlimmsten Lastern sich eine solche Trägheit zum Schreiben anzugewöhnen, wie bei mir seit Jahren eingekehrt ist. Indeß wenn viele Arbeiten drängen, und fast nie andre da sind, als solche welche stündlich auf Vollendung warten, Kopfweh und nicht zu vermeidende Hindernisse, von Woche zu Woche das Ziel aufschieben, welches man sich gesetzt hatt um alles in Ordnung zu bringen, so kommt man am Ende dahin, wohin ich gekommen bin. Willst Du das als Entschuldigung gelten lassen, so bitte ich Dich dies als die treue Darstellung meines Lebens anzunehmen. Noch habe ich eignen aufhaltenden Verdruß gehabt, daß Du alle Sachen so späth erhältst. Erst ließ mich der Gießer lange auf die Bronze Güsse warten, dann noch länger der Vergolder, auch der Mann mit den Glas Pasten zögerte. Darüber vergingen Monathe. Endlich hatte ich alles eingepackt und geschik[t], und glaube Dich längst im Besitz, wundre mich von Dir gar nichts zu hören, als ich plötzlich noch alles hier finde. Der Bote welcher die Sachen hatt auf die Post bringen sollen, hatte plötzlich ein eiliges Geschäft bekommen, die Sachen liegen lassen und vergessen. Ein Zufall ließ es mich finden, aber Schelte half nichts. Noch einmal wurde die Schachtel vergessen da ich sie unsrem Alten gab, welcher Dir das indische Fragment abgesandt. Auch er hatt solches vergessen einzupaken, und nachher liegen lassen. Doch Du erhältst solches endlich, und [ich] bitte [Dich,] mir nicht deshalb zu zürnen.
Ich bin indeß sehr fleißig gewesen wenn ich gleich nichts für mich bedeutendes zuwege gebracht habe. Du verliessest mich noch mit den lezten Arbeiten für das Zimmer des Kronprinzen beschäftigt, als ich zwei grosse Kolossale Pferdebändiger auf den beiden Ecken des Museums aufzustellen beginnen wollte. Diese beiden Modelle 10 Fuß hoch und das dazu gehörige Pferd sind gemacht das eine mitsamt dem Pferde schon in Eisen fertig, und im Begriff aufgestellt zu werden. Auch das zweite Pferd ist schon in Eisen gegossen. Dann mußte ich sehr eilig das Modell der Statue Friedrich Wilhelms des Zweiten 6 Fuß hoch, im Königsmantel, für die Stadt Ruppin vollenden, welches auch seit vier Monathen dem Bronzegiesser übergeben ist, und in wenigen Monathen wird gegossen werden. Noch eiliger beinahe mußte ich die Statue Ifflands fertig machen weil der König forderte sie solle zum 20ten Januar an Ort und Stelle aufgestellt sein. Glüklicher Weise brachte mit grosser Fleis und Nacht Arbeiten ich auch das zu Stande. Nun trieb man mich die Büste der Kronprinzeß für Aachen zu vollenden. Und es thut mir leid, daß ich kaum die Zeit gehabt habe solche dem Kronprinzen und der Kronprinzeß zu zeigen, sie ist vielleicht das vollendetste und eine der hübschesten Marmorarbeiten gewesen, welche man hier in Berlin je gemacht hatt. Doch dient sie nur als Decorazion und wird vielleicht von Niemand angesehn, und noch weniger erkannt. Zudem ist es anerkannt das ähnlichste Bildnis der Kronprinzeß. Die zulezt vollendete Sache ist die Büste Niemeyers in Marmor, diese ist vorgestern eingepakt, um versendet zu werden, ebenfalls sehr ausgeführt. Daneben habe ich noch ein Modell der Büste der Mad Milder (gezopft) gemacht, welches zur Ausstellung noch in Marmor fertig werden soll. Sie ist sehr ähnlich. Das ist alles was ich davon zu sagen weiß. – Im Hause haben wir indessen mancherlei andre Hindernisse gehabt die das Leben sehr erbittert haben. Ich hatte Dir in einem vorigen Brief schon die Geschichte ausführlich geschrieben, die nicht fortgeschritten ist, jezt ist jener Brief geschrieben, und ich will mir Mühe geben, deutlich und klug zu sein. – Du fandest, und jedermann mit Dir, daß der Kerl der Mila unverdient glüklich sei Rauchs Tochter zur Frau zu bekommen. Vermuthlich fand er es auch so, und sein Eigendünkel konnte das nicht tragen. In der Brautnacht fand er sich impotent, wie es scheint, am Tage drauf stumm verlegen. Unmittelbar nachher aber, d.h. in der zweiten Nacht fing er an das Mädchen zu beschuldigen schon geschwächt zu sein, und fuhr mit den Beschuldigungen fort einige Tage, bis Rauch es nicht mehr verborgen bleiben konnte. Dies war am 5ten Tag in Tharand, wohin sie gereist waren. Und nun entwickelte sich eine sonderbare Komödie. Er beschuldigte Rauch selbst, da er erfahren hätte von Rom aus, er Paul Mila sei impotent, seine Tochter mit meiner Hilfe und des [unleserlich] ein Herr von Waitz verkuppelt zu haben, und ihn nur als Nahmenträger der Kinder zu brauchen, deshalb das [unleserlich] und blos deshalb habe er die Frau erhalten. Anfangs hielt man ihn für wahnsinnig aber er war nur zu sehr bei Sinnen. Rauch natürlich wies ihm nun die Thür und kehrte nach Berlin zurük, hier entstand grosses Geschwätz, anfangs zum Nachtheil des Mädchens, jedoch siegte das Recht, die Beschuldigung war zu niederträchtig, das schlechtes Gesindel sogar ausgebracht hatte. Die Tochter sei von Rauch selbst schwanger befunden worden. Nach zwei Monathen war sie durch eine convention geschieden. Von ihm haben sich indess alle Freunde losgesagt und er lebt und sieht im eigentlichsten Verstande nur sein nichtsnutziges Fräulein. Die Frau führt nun freilich den Nahmen Frau und hatt den ihres Vaters wieder angenommen, ist aber wahrscheinlich noch Mädchen. Nach dieser Katastrophe haben wir erfahren, daß er in Rom als impotent gekannt war, daß auch hier seine vertrautesten Freunde ihm ihre Verwunderung bezeugten daß er heirathen wolle, ja daß er sogar durch einen Freund einen hiesigen Arzt über seinen Zustand haben consultiren lassen. Er hatt also wahrscheinlich nur eine Comödie spielen wollen, von der Tochter eine Art von Geständnis erpressen, um großmüthig verzeihen zu können und den schwachen Vater so ebenfalls in der Gewalt zu haben, wenn späterhin die Sache zur Sprache käme, ist aber in seiner Tölpelei zu weit gegangen und am Charakter des Mädchens gescheitert. So erkläre ich mir wenigstens die Geschichte. Unmittelbar nachher hatt ein Doktor Leo eine ähnliche Geschichte gemacht mit der Tochter des Dr. Seebek, aber doch noch vor der Verheiratung, und entlief von hier, wo er bei der Universität und bei Bibliothek angestellt war. Dennoch aber, Gott weiß warum, hatt man ihn nun wieder angestellt und nach Bonn gesandt, wo Du den Menschen wohl wirst kennen lernen. Sein Betragen ist dem Sinne nach eben so niederträchtig als das des Mila, bloß daß er das Verbrechen nicht vollendet hatt. Du kannst denken welche unfaßliche Leiden dies verursacht hatt, wie viel Zeit es auch bei Gelegenheit gekostet um Rauch von unvorsichtigen Schritten zurükzuhalten, um nicht sich der Schmach und dem Verdruß eines langwierigen Prozesses hinzugeben, welche die Tochter das Leben gekostet und ihn auch auf immer unglüklich gemacht hätte. Die Tochter so weit möglich in ihrem Jammer aufzurichten und die Schritte zu veranlassen welche aufs schleunigste sie beruhigen konnten und über die etwaigen Gerüchte trösten oder sie ihr verbergen. Jezt ist sie seit vier Wochen in Pyrmont, um dort in der freien Luft bei spatzirengehn und etwas Langeweile sich zu erhohlen, denn sie war wie Du denken kannst doch durch dies leider etwas angegriffen. Rauch ist bis auf einzelne Rükstände sehr getröstet. Königl. Majestät und alle Hofleute sind nur freundlich gegen ihn um ihn zu trösten anfänglich, jezt aus Gewohnheit, und so ist er eigentlich dadurch beglükter, wie beinahe jeder durch ein grosses Leid welches ihn, möchte ich sagen, öffentlich trifft. Viel übler leiden jene, die täglich wiederkehrende kleine Leiden drüken, die niemand sieht und kennt, die das Leben unbrauchbar und zugrunde richtet, ohne einen Ersaz. Verzeih den langen schlecht geschriebenen Brief. Wie sehr Mila unrecht hatte, kannst Du daraus schließen, daß er Mich hinein gemischt hatt, als den bösen Dämon und Führer zum Schlimmen in Rauchs Hause. Da er zu den für ihn getroffenen Einrichtungen, mir nur zu danken hatte.
Jezt lebe wohl geliebtester Freund, und erhalte mir Deine Freundschaft. Auch Du hast mir nicht geschrieben, und wie ich vermuthe auch vergessen, denn Du hast mir mancherlei von Deinen Sachen schikken wollen, und hast es nicht gethan und ich weiß es mir nicht zu verschaffen. Da ich wenig ausgehe. Doch habe ich die kleine Broschur gegen Voß Erben gelesen und gelobt. Dein treuer Freund Friedrich Tieck.
Der Bruder ist nach Baden ins Bad gereist, die Schwester denkt erst ins künftige Jahr nach Deutschland zu kommen.
Berlin den 17ten Juni 1828.
Mein theurer geliebter Freund
Es gehört unstreitig zu den schlimmsten Lastern sich eine solche Trägheit zum Schreiben anzugewöhnen, wie bei mir seit Jahren eingekehrt ist. Indeß wenn viele Arbeiten drängen, und fast nie andre da sind, als solche welche stündlich auf Vollendung warten, Kopfweh und nicht zu vermeidende Hindernisse, von Woche zu Woche das Ziel aufschieben, welches man sich gesetzt hatt um alles in Ordnung zu bringen, so kommt man am Ende dahin, wohin ich gekommen bin. Willst Du das als Entschuldigung gelten lassen, so bitte ich Dich dies als die treue Darstellung meines Lebens anzunehmen. Noch habe ich eignen aufhaltenden Verdruß gehabt, daß Du alle Sachen so späth erhältst. Erst ließ mich der Gießer lange auf die Bronze Güsse warten, dann noch länger der Vergolder, auch der Mann mit den Glas Pasten zögerte. Darüber vergingen Monathe. Endlich hatte ich alles eingepackt und geschik[t], und glaube Dich längst im Besitz, wundre mich von Dir gar nichts zu hören, als ich plötzlich noch alles hier finde. Der Bote welcher die Sachen hatt auf die Post bringen sollen, hatte plötzlich ein eiliges Geschäft bekommen, die Sachen liegen lassen und vergessen. Ein Zufall ließ es mich finden, aber Schelte half nichts. Noch einmal wurde die Schachtel vergessen da ich sie unsrem Alten gab, welcher Dir das indische Fragment abgesandt. Auch er hatt solches vergessen einzupaken, und nachher liegen lassen. Doch Du erhältst solches endlich, und [ich] bitte [Dich,] mir nicht deshalb zu zürnen.
Ich bin indeß sehr fleißig gewesen wenn ich gleich nichts für mich bedeutendes zuwege gebracht habe. Du verliessest mich noch mit den lezten Arbeiten für das Zimmer des Kronprinzen beschäftigt, als ich zwei grosse Kolossale Pferdebändiger auf den beiden Ecken des Museums aufzustellen beginnen wollte. Diese beiden Modelle 10 Fuß hoch und das dazu gehörige Pferd sind gemacht das eine mitsamt dem Pferde schon in Eisen fertig, und im Begriff aufgestellt zu werden. Auch das zweite Pferd ist schon in Eisen gegossen. Dann mußte ich sehr eilig das Modell der Statue Friedrich Wilhelms des Zweiten 6 Fuß hoch, im Königsmantel, für die Stadt Ruppin vollenden, welches auch seit vier Monathen dem Bronzegiesser übergeben ist, und in wenigen Monathen wird gegossen werden. Noch eiliger beinahe mußte ich die Statue Ifflands fertig machen weil der König forderte sie solle zum 20ten Januar an Ort und Stelle aufgestellt sein. Glüklicher Weise brachte mit grosser Fleis und Nacht Arbeiten ich auch das zu Stande. Nun trieb man mich die Büste der Kronprinzeß für Aachen zu vollenden. Und es thut mir leid, daß ich kaum die Zeit gehabt habe solche dem Kronprinzen und der Kronprinzeß zu zeigen, sie ist vielleicht das vollendetste und eine der hübschesten Marmorarbeiten gewesen, welche man hier in Berlin je gemacht hatt. Doch dient sie nur als Decorazion und wird vielleicht von Niemand angesehn, und noch weniger erkannt. Zudem ist es anerkannt das ähnlichste Bildnis der Kronprinzeß. Die zulezt vollendete Sache ist die Büste Niemeyers in Marmor, diese ist vorgestern eingepakt, um versendet zu werden, ebenfalls sehr ausgeführt. Daneben habe ich noch ein Modell der Büste der Mad Milder (gezopft) gemacht, welches zur Ausstellung noch in Marmor fertig werden soll. Sie ist sehr ähnlich. Das ist alles was ich davon zu sagen weiß. – Im Hause haben wir indessen mancherlei andre Hindernisse gehabt die das Leben sehr erbittert haben. Ich hatte Dir in einem vorigen Brief schon die Geschichte ausführlich geschrieben, die nicht fortgeschritten ist, jezt ist jener Brief geschrieben, und ich will mir Mühe geben, deutlich und klug zu sein. – Du fandest, und jedermann mit Dir, daß der Kerl der Mila unverdient glüklich sei Rauchs Tochter zur Frau zu bekommen. Vermuthlich fand er es auch so, und sein Eigendünkel konnte das nicht tragen. In der Brautnacht fand er sich impotent, wie es scheint, am Tage drauf stumm verlegen. Unmittelbar nachher aber, d.h. in der zweiten Nacht fing er an das Mädchen zu beschuldigen schon geschwächt zu sein, und fuhr mit den Beschuldigungen fort einige Tage, bis Rauch es nicht mehr verborgen bleiben konnte. Dies war am 5ten Tag in Tharand, wohin sie gereist waren. Und nun entwickelte sich eine sonderbare Komödie. Er beschuldigte Rauch selbst, da er erfahren hätte von Rom aus, er Paul Mila sei impotent, seine Tochter mit meiner Hilfe und des [unleserlich] ein Herr von Waitz verkuppelt zu haben, und ihn nur als Nahmenträger der Kinder zu brauchen, deshalb das [unleserlich] und blos deshalb habe er die Frau erhalten. Anfangs hielt man ihn für wahnsinnig aber er war nur zu sehr bei Sinnen. Rauch natürlich wies ihm nun die Thür und kehrte nach Berlin zurük, hier entstand grosses Geschwätz, anfangs zum Nachtheil des Mädchens, jedoch siegte das Recht, die Beschuldigung war zu niederträchtig, das schlechtes Gesindel sogar ausgebracht hatte. Die Tochter sei von Rauch selbst schwanger befunden worden. Nach zwei Monathen war sie durch eine convention geschieden. Von ihm haben sich indess alle Freunde losgesagt und er lebt und sieht im eigentlichsten Verstande nur sein nichtsnutziges Fräulein. Die Frau führt nun freilich den Nahmen Frau und hatt den ihres Vaters wieder angenommen, ist aber wahrscheinlich noch Mädchen. Nach dieser Katastrophe haben wir erfahren, daß er in Rom als impotent gekannt war, daß auch hier seine vertrautesten Freunde ihm ihre Verwunderung bezeugten daß er heirathen wolle, ja daß er sogar durch einen Freund einen hiesigen Arzt über seinen Zustand haben consultiren lassen. Er hatt also wahrscheinlich nur eine Comödie spielen wollen, von der Tochter eine Art von Geständnis erpressen, um großmüthig verzeihen zu können und den schwachen Vater so ebenfalls in der Gewalt zu haben, wenn späterhin die Sache zur Sprache käme, ist aber in seiner Tölpelei zu weit gegangen und am Charakter des Mädchens gescheitert. So erkläre ich mir wenigstens die Geschichte. Unmittelbar nachher hatt ein Doktor Leo eine ähnliche Geschichte gemacht mit der Tochter des Dr. Seebek, aber doch noch vor der Verheiratung, und entlief von hier, wo er bei der Universität und bei Bibliothek angestellt war. Dennoch aber, Gott weiß warum, hatt man ihn nun wieder angestellt und nach Bonn gesandt, wo Du den Menschen wohl wirst kennen lernen. Sein Betragen ist dem Sinne nach eben so niederträchtig als das des Mila, bloß daß er das Verbrechen nicht vollendet hatt. Du kannst denken welche unfaßliche Leiden dies verursacht hatt, wie viel Zeit es auch bei Gelegenheit gekostet um Rauch von unvorsichtigen Schritten zurükzuhalten, um nicht sich der Schmach und dem Verdruß eines langwierigen Prozesses hinzugeben, welche die Tochter das Leben gekostet und ihn auch auf immer unglüklich gemacht hätte. Die Tochter so weit möglich in ihrem Jammer aufzurichten und die Schritte zu veranlassen welche aufs schleunigste sie beruhigen konnten und über die etwaigen Gerüchte trösten oder sie ihr verbergen. Jezt ist sie seit vier Wochen in Pyrmont, um dort in der freien Luft bei spatzirengehn und etwas Langeweile sich zu erhohlen, denn sie war wie Du denken kannst doch durch dies leider etwas angegriffen. Rauch ist bis auf einzelne Rükstände sehr getröstet. Königl. Majestät und alle Hofleute sind nur freundlich gegen ihn um ihn zu trösten anfänglich, jezt aus Gewohnheit, und so ist er eigentlich dadurch beglükter, wie beinahe jeder durch ein grosses Leid welches ihn, möchte ich sagen, öffentlich trifft. Viel übler leiden jene, die täglich wiederkehrende kleine Leiden drüken, die niemand sieht und kennt, die das Leben unbrauchbar und zugrunde richtet, ohne einen Ersaz. Verzeih den langen schlecht geschriebenen Brief. Wie sehr Mila unrecht hatte, kannst Du daraus schließen, daß er Mich hinein gemischt hatt, als den bösen Dämon und Führer zum Schlimmen in Rauchs Hause. Da er zu den für ihn getroffenen Einrichtungen, mir nur zu danken hatte.
Jezt lebe wohl geliebtester Freund, und erhalte mir Deine Freundschaft. Auch Du hast mir nicht geschrieben, und wie ich vermuthe auch vergessen, denn Du hast mir mancherlei von Deinen Sachen schikken wollen, und hast es nicht gethan und ich weiß es mir nicht zu verschaffen. Da ich wenig ausgehe. Doch habe ich die kleine Broschur gegen Voß Erben gelesen und gelobt. Dein treuer Freund Friedrich Tieck.
Der Bruder ist nach Baden ins Bad gereist, die Schwester denkt erst ins künftige Jahr nach Deutschland zu kommen.
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