• August Wilhelm von Schlegel to Christian Friedrich Tieck

  • Place of Dispatch: Paris · Place of Destination: Carrara · Date: 25.12.1816
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Christian Friedrich Tieck
  • Place of Dispatch: Paris
  • Place of Destination: Carrara
  • Date: 25.12.1816
  • Notations: Empfangsort erschlossen. Satzfehler korrigiert.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 36283637X
  • Bibliography: Dreihundert Briefe aus zwei Jahrhunderten. Hg. v. Karl von Holtei. Bd. 2. Hannover 1872, S. 89‒91.
  • Incipit: „[1] Paris den 25sten Decemb. 1816.
    Geliebtester Freund!
    Ich hatte mir längst vorgenommen Dir zu schreiben, als ich vor einigen Tagen Deinen Brief [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-37187
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XX,Bd.7,Nr.66(70)
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs.
  • Format: 20 x 12,8 cm
    Language
  • German
[1] Paris den 25sten Decemb. 1816.
Geliebtester Freund!
Ich hatte mir längst vorgenommen Dir zu schreiben, als ich vor einigen Tagen Deinen Brief vom 7ten d. empfing. Ich habe keinen Tag versäumt, um Deinen Auftrag sogleich gehörigen Orts zu bestellen, nämlich an Hrn. von Barante, den Sohn dessen den Du in Genf gekannt hast, ehemaligen Präfekten in der Vendee, Herausgeber und zum Theil auch wohl Verfasser des Buches der Marquise de la Roche-Jaquelin! Er war schon von der Sache unterrichtet, stand aber in der Meynung, die Bilder würden nach Berlin verlangt. Größerer Bestimmtheit wegen habe ich ihm, außer der mündlichen Mittheilung, ausführlich geschrieben. Gestern sagte er mir, er hoffe die Bilder binnen Monatsfrist zu haben, und wolle sie dann sogleich nach Livorno senden. Da ich ihn oft in der Gesellschaft antreffe, so werde ich Gelegenheit haben ihn zu mahnen, und die Sache zu betreiben. Ich denke Du wirst es billigen, daß ich gesagt: Profile seyen zwar am wünschenswerthesten, wenn sich aber keine fänden, so könne es nur dann nützlich seyn, in Profile umzuzeichnen, wenn der Zeichner die Person gekannt hat, oder andre über die Aehnlichkeit zu Rathe ziehen kann: sonst würdet ihr es selbst besser verrichten, und es wäre nur eine unnütze Verzögerung.
Ferner habe ich mit dem General-Direktor der Königl. Museen, Grafen Forbin gesprochen, mit dem ich auf einem sehr guten Fuß stehe. Er wußte noch nicht von dem Denkmal, [2] faßte aber meinen Bericht mit lebhafter Theilnahme auf, und wünschte, das Werk möchte nach seiner Vollendung hier ausgestellt werden, ehe es an den Ort seiner Bestimmung geschafft wird. Dieß, däucht mich, könnte euch nicht anders als sehr angenehm seyn, da es nachher in einer so abgelegenen Gegend zu stehen kommt; und ihr denkt doch wohl es nach Marseille einzuschiffen und dann den Landweg über Paris gehen zu lassen: denn die Seereise um Spanien herum an die Westküste Frankreichs dürfte sehr weitläuftig seyn, und eben keine Kosten ersparen.
Schicke nur so bald als möglich die Zeichnung von Neckers Statue. Du hast vergessen mir zu melden, welchen Umfang das Fußgestell haben muß, und welchen Umkreis überhaupt die Figur mit dem aufgehobenen Arme einnehmen wird. Ich wünsche dieß wegen der Ausstellung zu wissen.
Sorge auch dafür, daß wir im Frühjahr die Büsten von Rocca und der Herzogin von Broglie in Coppet vorfinden. Da man vernimmt, daß sie allgemeinen Beyfall finden, so ist man nunmehr auch sehr begierig darnach.
Wie steht es denn mit meiner Büste? Unter so vielen dringenden Arbeiten wird ihre Vollendung wohl immer aufgeschoben?
Deinen vorhergehenden Brief nebst der Einlage von Deiner Schwester habe ich ebenfalls erhalten. Ich nahm mir vor, Dir gleich zu antworten, aber Du weißt schon, wie man durch die Geschäfte vor der Abreise, und die Zerstreuungen nach der Ankunft [3] verhindert wird. Der Brief Deiner Schwester hat mir große Freude gemacht; ich will ihr nächstens antworten. Wenn es nur nicht so unermeßlich weit wäre. Kannst Du mir nicht eine sichre Adresse auf halbem Wege geben? Wegen der Leibrenten habe ich mich erkundiget: es giebt dafür keine Anstalt in Genf. Ueberhaupt bin ich nicht dafür: wenn man einmal etwas wagen will, so kann man jetzt ja in öffentlichen Fonds, z. B. den französischen, zu neun Procent anlegen; und wenn das Glück gut ist, und der Credit sich wieder hebt, so bekommt man nachher noch obendrein vermehrt zurück, wenn man wieder verkauft.
Es ist mir lieb, daß es Dir nicht an Arbeiten fehlt, ich wollte aber doch, Du hättest den Winter nach Rom gehen können. Ich dachte Dir einen Brief für Hrn. Thomas Hope zu senden ‒ nun ist es aber unnöthig. Solltest Du mit ihm zusammentreffen, so dürftest Du nur gerade zu ihm gehn, Empfehlung von mir bringen, und der besten Aufnahme gewiß seyn. Er ist ein großer Kunstliebhaber, und kann Dir einmal in England nützlich werden.
Mein Aufsatz über die Niobe, nach Cockerells Zeichnung, in der Genfer Bibliothèque universelle scheint in Florenz günstig aufgenommen zu seyn. Die beyden Kleinigkeiten haben mir nun schon in Italien den Namen eines Antiquars gemacht. Die Vorlesungen werden nun auch ins Italienische übersetzt. Den Sommer über habe ich noch viel in den Italischen Alterthümern gearbeitet, und eine weitläuftige Beurtheilung [4] von Niebuhrs römischer Geschichte ausgefertigt. Hier aber habe ich die Etrusker einstweilen an den Nagel gehängt, und wache und träume nichts als Indisch. Ich will es während des Winters so weit bringen, daß ich nachher keiner fremden Hülfe mehr bedarf; und Chezy sagt, daß ich Riesenschritte thue. Fleißig bin ich wahrlich, wenn auch für jetzt wenig davon öffentlich zum Vorschein kommt. Rocca erträgt den Winter leidlich. Die Gesundheit der Frau von Stael ist aber nicht die beste. Die Herzogin von Broglie sieht nun in einigen Monaten ihrer Niederkunft entgegen, und ist so stark, daß ich immer im Scherz behaupte, sie führe Zwillinge.
Lebe recht wohl, theuerster Freund, und schreibe mir bald wieder. Viele Grüße an Rauch, der sich meiner von Rom her wohl schwerlich erinnern wird. Ich hätte noch allerley Dir zu erzählen, ich verschiebe es aber auf den nächsten Brief. Verlaß Dich darauf, daß ich Deinen Auftrag bestens betreibe.
[1] Paris den 25sten Decemb. 1816.
Geliebtester Freund!
Ich hatte mir längst vorgenommen Dir zu schreiben, als ich vor einigen Tagen Deinen Brief vom 7ten d. empfing. Ich habe keinen Tag versäumt, um Deinen Auftrag sogleich gehörigen Orts zu bestellen, nämlich an Hrn. von Barante, den Sohn dessen den Du in Genf gekannt hast, ehemaligen Präfekten in der Vendee, Herausgeber und zum Theil auch wohl Verfasser des Buches der Marquise de la Roche-Jaquelin! Er war schon von der Sache unterrichtet, stand aber in der Meynung, die Bilder würden nach Berlin verlangt. Größerer Bestimmtheit wegen habe ich ihm, außer der mündlichen Mittheilung, ausführlich geschrieben. Gestern sagte er mir, er hoffe die Bilder binnen Monatsfrist zu haben, und wolle sie dann sogleich nach Livorno senden. Da ich ihn oft in der Gesellschaft antreffe, so werde ich Gelegenheit haben ihn zu mahnen, und die Sache zu betreiben. Ich denke Du wirst es billigen, daß ich gesagt: Profile seyen zwar am wünschenswerthesten, wenn sich aber keine fänden, so könne es nur dann nützlich seyn, in Profile umzuzeichnen, wenn der Zeichner die Person gekannt hat, oder andre über die Aehnlichkeit zu Rathe ziehen kann: sonst würdet ihr es selbst besser verrichten, und es wäre nur eine unnütze Verzögerung.
Ferner habe ich mit dem General-Direktor der Königl. Museen, Grafen Forbin gesprochen, mit dem ich auf einem sehr guten Fuß stehe. Er wußte noch nicht von dem Denkmal, [2] faßte aber meinen Bericht mit lebhafter Theilnahme auf, und wünschte, das Werk möchte nach seiner Vollendung hier ausgestellt werden, ehe es an den Ort seiner Bestimmung geschafft wird. Dieß, däucht mich, könnte euch nicht anders als sehr angenehm seyn, da es nachher in einer so abgelegenen Gegend zu stehen kommt; und ihr denkt doch wohl es nach Marseille einzuschiffen und dann den Landweg über Paris gehen zu lassen: denn die Seereise um Spanien herum an die Westküste Frankreichs dürfte sehr weitläuftig seyn, und eben keine Kosten ersparen.
Schicke nur so bald als möglich die Zeichnung von Neckers Statue. Du hast vergessen mir zu melden, welchen Umfang das Fußgestell haben muß, und welchen Umkreis überhaupt die Figur mit dem aufgehobenen Arme einnehmen wird. Ich wünsche dieß wegen der Ausstellung zu wissen.
Sorge auch dafür, daß wir im Frühjahr die Büsten von Rocca und der Herzogin von Broglie in Coppet vorfinden. Da man vernimmt, daß sie allgemeinen Beyfall finden, so ist man nunmehr auch sehr begierig darnach.
Wie steht es denn mit meiner Büste? Unter so vielen dringenden Arbeiten wird ihre Vollendung wohl immer aufgeschoben?
Deinen vorhergehenden Brief nebst der Einlage von Deiner Schwester habe ich ebenfalls erhalten. Ich nahm mir vor, Dir gleich zu antworten, aber Du weißt schon, wie man durch die Geschäfte vor der Abreise, und die Zerstreuungen nach der Ankunft [3] verhindert wird. Der Brief Deiner Schwester hat mir große Freude gemacht; ich will ihr nächstens antworten. Wenn es nur nicht so unermeßlich weit wäre. Kannst Du mir nicht eine sichre Adresse auf halbem Wege geben? Wegen der Leibrenten habe ich mich erkundiget: es giebt dafür keine Anstalt in Genf. Ueberhaupt bin ich nicht dafür: wenn man einmal etwas wagen will, so kann man jetzt ja in öffentlichen Fonds, z. B. den französischen, zu neun Procent anlegen; und wenn das Glück gut ist, und der Credit sich wieder hebt, so bekommt man nachher noch obendrein vermehrt zurück, wenn man wieder verkauft.
Es ist mir lieb, daß es Dir nicht an Arbeiten fehlt, ich wollte aber doch, Du hättest den Winter nach Rom gehen können. Ich dachte Dir einen Brief für Hrn. Thomas Hope zu senden ‒ nun ist es aber unnöthig. Solltest Du mit ihm zusammentreffen, so dürftest Du nur gerade zu ihm gehn, Empfehlung von mir bringen, und der besten Aufnahme gewiß seyn. Er ist ein großer Kunstliebhaber, und kann Dir einmal in England nützlich werden.
Mein Aufsatz über die Niobe, nach Cockerells Zeichnung, in der Genfer Bibliothèque universelle scheint in Florenz günstig aufgenommen zu seyn. Die beyden Kleinigkeiten haben mir nun schon in Italien den Namen eines Antiquars gemacht. Die Vorlesungen werden nun auch ins Italienische übersetzt. Den Sommer über habe ich noch viel in den Italischen Alterthümern gearbeitet, und eine weitläuftige Beurtheilung [4] von Niebuhrs römischer Geschichte ausgefertigt. Hier aber habe ich die Etrusker einstweilen an den Nagel gehängt, und wache und träume nichts als Indisch. Ich will es während des Winters so weit bringen, daß ich nachher keiner fremden Hülfe mehr bedarf; und Chezy sagt, daß ich Riesenschritte thue. Fleißig bin ich wahrlich, wenn auch für jetzt wenig davon öffentlich zum Vorschein kommt. Rocca erträgt den Winter leidlich. Die Gesundheit der Frau von Stael ist aber nicht die beste. Die Herzogin von Broglie sieht nun in einigen Monaten ihrer Niederkunft entgegen, und ist so stark, daß ich immer im Scherz behaupte, sie führe Zwillinge.
Lebe recht wohl, theuerster Freund, und schreibe mir bald wieder. Viele Grüße an Rauch, der sich meiner von Rom her wohl schwerlich erinnern wird. Ich hätte noch allerley Dir zu erzählen, ich verschiebe es aber auf den nächsten Brief. Verlaß Dich darauf, daß ich Deinen Auftrag bestens betreibe.
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