• August Wilhelm von Schlegel to Christian Friedrich Tieck

  • Place of Dispatch: Paris · Place of Destination: Unknown · Date: 12.01.1818 bis 29.01.1818
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Christian Friedrich Tieck
  • Place of Dispatch: Paris
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 12.01.1818 bis 29.01.1818
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 36283637X
  • Bibliography: Dreihundert Briefe aus zwei Jahrhunderten. Hg. v. Karl von Holtei. Bd. 2. Hannover 1872, S. 101‒103.
  • Incipit: „[1] Paris d. 12ten Jan. 1818.
    Du mußt entschuldigen, theuerster Freund, daß ich erst jetzt auf Deinen vorletzten Brief antworte, nachdem ich [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-37187
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XX,Bd.7,Nr.66(75)
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs.
  • Format: 18,6 x 11,6 cm
    Language
  • German
[1] Paris d. 12ten Jan. 1818.
Du mußt entschuldigen, theuerster Freund, daß ich erst jetzt auf Deinen vorletzten Brief antworte, nachdem ich den zweyten vom 23ten Dec. empfangen, und daß ich mich auf das Nothwendige beschränke; ich bin unendlich beschäftigt. Zunächst also von Deinem Auftrage.
Ich habe mit Houdon gesprochen. Er ist ein alter Mann, dem das Gedächtniß abgängig geworden; er kann sich durchaus nicht erinnern, für wen er die Marmorbüste Neckers gearbeitet, und wo das Original geblieben. Er hat davon weder einen Gipsabguß, noch eine Form. Er kann auch keins von beyden nachweisen. Er klagt, man habe ihm vor einigen Jahren bey einem Bau im Louvre eine Werkstätte ohne sein Vorwissen ausgeräumt, und alle darin befindlichen Kunstsachen seyen zerstreut, oder zertrümmert worden; vermuthlich sey auch der Gipsabguß Neckers darunter gewesen. Er wußte nun nichts anders als nur einen Carton in der Kupferstichsammlung nachzuweisen, worin alle Kupferstiche von Neckers Bildniß zusammengeheftet sind. Sie sind einer schlechter als der andre, und beweisen, wie erbärmlich man damals gearbeitet, welches denn auch vermuthlich von Houdons Büste gilt.
So viel ich mich erinnre hast Du ehemals selbst erklärt, daß die in Coppet befindliche Marmorbüste Neckers nicht von Houdon sey. Sie ist gräulich und würde, däucht mich, auch in Absicht auf das Profil gänzlich irre leiten.
[2] D. 29sten Januar.
Mein Freund, unter vielen sich durchkreuzenden Beschäftigungen, ist der Brief nun so lange liegen geblieben, und ich muß mich nur kurz fassen, um ihn endlich auf die Post zu fördern.
Die Büste der Herzogin wird gewiß vielen Beyfall finden, zu der Bestellung in Marmor kann ich aber nichts thun. So etwas muß nicht angetragen, sondern begehrt werden. Es ist meine Schuld nicht, daß die Büste gleich anfangs Denen, welche am meisten sich dafür interessiren sollten, dem Bruder und dem Manne, nicht so günstig in die Augen gefallen, als sie es verdiente. ‒ Wenn Du es aber für eine Schande rechnest, ein Bildniß bloß in Gips, und nicht in Marmor auszuarbeiten, was mir freylich etwas wunderlich scheint, so rathe ich Dir, künftig gar keine andre Bestellung, als auf den Marmor anzunehmen. Indessen dürfte dieß in Deutschland vielleicht schwer durchzusetzen seyn.
Ich glaube noch nicht so recht an die Vollendung meiner Büste in Marmor. Wenn Du sie aber wirklich zu Stande bringst, so wird es vielleicht am besten seyn, sie in Livorno für Hamburg einzuschiffen; so hättest Du zugleich in Deutschland etwas vorzuweisen, und die beste Bestimmung wäre wohl, sie in Berlin in einer Bibliothek, oder an einem andern öffentlichen Orte aufgestellt zu sehen.
Ich habe einen Ruf erhalten, in Preußische Dienste zu treten, als Professor in Berlin ‒ (vielleicht nur vorläufig auf Ein Jahr) ‒ an eine neu in Wirksamkeit zu setzende Rheinische Universität. Die Unterhandlungen darüber sind noch nicht beendigt, und man muß mir freylich [3] gute Bedingungen machen, wenn ich kommen soll. Hoffentlich treffen wir uns also in Deutschland auf eine oder die andre Art wieder.
Lebe recht wohl; ich bin zum April mit allerley Geschäften belastet.
Es steht in meiner Wahl, unabhängig in gelehrter Muße zu leben. Wenn ich mich zur Annahme eines Amtes verstehe, so bestimmt mich gewissermaßen das Bedürfniß einer äußern Thätigkeit.
Mit einer Repetir-Uhr werde ich Dich versprochener Maßen versehen.
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[1] Paris d. 12ten Jan. 1818.
Du mußt entschuldigen, theuerster Freund, daß ich erst jetzt auf Deinen vorletzten Brief antworte, nachdem ich den zweyten vom 23ten Dec. empfangen, und daß ich mich auf das Nothwendige beschränke; ich bin unendlich beschäftigt. Zunächst also von Deinem Auftrage.
Ich habe mit Houdon gesprochen. Er ist ein alter Mann, dem das Gedächtniß abgängig geworden; er kann sich durchaus nicht erinnern, für wen er die Marmorbüste Neckers gearbeitet, und wo das Original geblieben. Er hat davon weder einen Gipsabguß, noch eine Form. Er kann auch keins von beyden nachweisen. Er klagt, man habe ihm vor einigen Jahren bey einem Bau im Louvre eine Werkstätte ohne sein Vorwissen ausgeräumt, und alle darin befindlichen Kunstsachen seyen zerstreut, oder zertrümmert worden; vermuthlich sey auch der Gipsabguß Neckers darunter gewesen. Er wußte nun nichts anders als nur einen Carton in der Kupferstichsammlung nachzuweisen, worin alle Kupferstiche von Neckers Bildniß zusammengeheftet sind. Sie sind einer schlechter als der andre, und beweisen, wie erbärmlich man damals gearbeitet, welches denn auch vermuthlich von Houdons Büste gilt.
So viel ich mich erinnre hast Du ehemals selbst erklärt, daß die in Coppet befindliche Marmorbüste Neckers nicht von Houdon sey. Sie ist gräulich und würde, däucht mich, auch in Absicht auf das Profil gänzlich irre leiten.
[2] D. 29sten Januar.
Mein Freund, unter vielen sich durchkreuzenden Beschäftigungen, ist der Brief nun so lange liegen geblieben, und ich muß mich nur kurz fassen, um ihn endlich auf die Post zu fördern.
Die Büste der Herzogin wird gewiß vielen Beyfall finden, zu der Bestellung in Marmor kann ich aber nichts thun. So etwas muß nicht angetragen, sondern begehrt werden. Es ist meine Schuld nicht, daß die Büste gleich anfangs Denen, welche am meisten sich dafür interessiren sollten, dem Bruder und dem Manne, nicht so günstig in die Augen gefallen, als sie es verdiente. ‒ Wenn Du es aber für eine Schande rechnest, ein Bildniß bloß in Gips, und nicht in Marmor auszuarbeiten, was mir freylich etwas wunderlich scheint, so rathe ich Dir, künftig gar keine andre Bestellung, als auf den Marmor anzunehmen. Indessen dürfte dieß in Deutschland vielleicht schwer durchzusetzen seyn.
Ich glaube noch nicht so recht an die Vollendung meiner Büste in Marmor. Wenn Du sie aber wirklich zu Stande bringst, so wird es vielleicht am besten seyn, sie in Livorno für Hamburg einzuschiffen; so hättest Du zugleich in Deutschland etwas vorzuweisen, und die beste Bestimmung wäre wohl, sie in Berlin in einer Bibliothek, oder an einem andern öffentlichen Orte aufgestellt zu sehen.
Ich habe einen Ruf erhalten, in Preußische Dienste zu treten, als Professor in Berlin ‒ (vielleicht nur vorläufig auf Ein Jahr) ‒ an eine neu in Wirksamkeit zu setzende Rheinische Universität. Die Unterhandlungen darüber sind noch nicht beendigt, und man muß mir freylich [3] gute Bedingungen machen, wenn ich kommen soll. Hoffentlich treffen wir uns also in Deutschland auf eine oder die andre Art wieder.
Lebe recht wohl; ich bin zum April mit allerley Geschäften belastet.
Es steht in meiner Wahl, unabhängig in gelehrter Muße zu leben. Wenn ich mich zur Annahme eines Amtes verstehe, so bestimmt mich gewissermaßen das Bedürfniß einer äußern Thätigkeit.
Mit einer Repetir-Uhr werde ich Dich versprochener Maßen versehen.
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