• August Wilhelm von Schlegel to Sophie Bernhardi

  • Place of Dispatch: Genf · Place of Destination: Dresden · Date: 12.08.1804
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Sophie Bernhardi
  • Place of Dispatch: Genf
  • Place of Destination: Dresden
  • Date: 12.08.1804
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 140‒141.
  • Incipit: „Genf d. 12ten Aug [180]4.
    Ihr himmlischer Brief vom 26sten Jul., meine geliebte Freundin und Schwester hat mich auf alle Weise entzückt. [...]“
    Language
  • German
Genf d. 12ten Aug [180]4.
Ihr himmlischer Brief vom 26sten Jul., meine geliebte Freundin und Schwester hat mich auf alle Weise entzückt. Es ist also wirklich wahr, daß Sie die Freude des Lebens wieder ergreifen, daß ein neuer Frühling für Sie aufzublühen anfängt, und das große Ziel meiner eifrigsten Bestrebungen errungen ist. Der gütige Himmel gebe daß dieser schöne Anschein Dauer habe, so ist auch meine Zukunft gänzlich heiter, und aus der Ferne oder in der Nähe wird das Glück der geliebten Familie meine heiligste Sorge und meine reinste Freude seyn. Ich freue mich Ihrer Dresdener Reise, Sie erwähnen nicht, ob Sie in Töplitz das Bad zu brauchen gedenken, ich vermuthe aber daß es Ihnen, nachdem Sie so weit gestärkt sind, wohlthätig seyn wird und daß Sie es also nicht versäumen werden. Gewiß sind Sie während des Aufenthaltes in Dr.[esden] und Töpl.[itz] vor Überlästigkeiten sicher, denn B.[ernhardi] wird es nicht wagen, dahin zu kommen. Melden Sie ja, was dort in Ansehung des Punktes den ich hier berühre, zwischen Ihnen und den Freunden vorfällt.
Es thut mir leid, für jetzt nur so wenig zu den Ausgaben Ihrer Reise beytragen zu können als hiebey folgt. Ich habe es auf Knorr.[ings] Namen addressirt, es schien mir dieß für Sie das angenehmste zu seyn. Sie dürfen ihm ja nur sagen, daß ich Sie um die Ausrichtung einiger Aufträge gebeten habe. Nehmen Sie dieß wenige unterdessen gütig an, wenn ich nur erst von meinen Schulden freye Hand habe, so soll es Ihnen gewiß nicht fehlen. Ängstigen Sie sich nicht über die Ausgaben, Sorgen dürfen jetzt Ihr befreytes Gemüth nicht berühren, ich wiederhohle meine Bitte, sich auf alle Weise zu hegen und zu pflegen; Ihr schönstes Verdienst ist jetzt glücklich zu seyn, und das Gedeihen der Kleinen mit dem Ihrigen zu fördern.
Geben Sie mir Nachricht, wie sich Wilhelm der arme kleine Schelm, nach seynem Stickhusten erhohlt, und ob Felix immer noch so riesenstark ist. Wie weit hat er es schon mit seinen Zähnen gebracht, und was ist das vernehmlichste, was er spricht. Wilhelm wird mich hoffentlich nicht vergessen, aber dem Felix müssen Sie schon von mir fleißig vorerzählen, wenn ich für ihn nicht ganz aus der Welt verschwinden soll. Lassen Sie das seine ersten Feenmährchen seyn, wenn ich in dem lieblichen Feenlande Ihrer Fantasie noch ein Plätzchen einnehme, so bin ich ja auch nicht untauglich zum Helden eines Feenmährchens.
Versäumen Sie ja mit dem Porträt von Mlle. Alberti keine Zeit bey dem Aufenthalt in Dr.[esden]. Welche Freude Sie mir dadurch machen, wie dankbar ich Ihnen dafür seyn werde, kann ich Ihnen nicht genug sagen. Sie mahlt es wohl in Oel aber in kleinem Maaßstabe?
Ihren Bruder Ludwig grüßen Sie von meinetwegen herzlich, und sagen Sie ihm wenn er wegen der altdeutschen Manuscripte in Rom manches zu wissen wünscht, so solle er seine Fragen artikelweise aufsetzen und ich wolle mir alle Mühe geben ihn zu befriedigen. Auch Burgsdorfs Andenken empfehlen Sie mich bestens.
Einen Brief über Weimar den ich gleich nach Empfang des Ihrigen abgesandt, werden Sie hoffentlich empfangen haben.
Der Aufenthalt in Genf hat bis jetzt noch manche Zerstreuungen nach sich gezogen. Die Contat hat fortgefahren zu spielen, und ein paar mal mit ihr eine andre sehr liebenswürdige Schauspielerin aus Paris Mlle Mars. Nachher wenn sie weg sind werde ich gar nicht mehr ins Theater gehen, denn das übrige ist zu mittelmäßig. – An Gesellschaft hat es auch nicht gefehlt. Heute reist Montmorency ab, dadurch wird ein schönes Zimmer frey, was ich einnehmen werde, es hat die Aussicht auf eine herrliche Landschaft von Savoyen. – Die Genfer sind im Ganzen trocken und unerfreulich, doch höre ich mit großem Vergnügen die chemischen Vorlesungen des Professor Pictet. In ein paar Tagen habe ich übernommen in einer einzigen Stunde Darstellung des Kantischen Systems zu geben. Die Veranlassung hiezu war ein Gespräch mit einem der gescheidtesten Männer hier, dem Arzt Butini, der meine Äußerung gleich ergriff. Nachher hat sich ein ganzer Kreis dazu angefunden, und auch der Professor der Philosophie Prevost, ein Mitglied der Berlinischen Akademie, hat sich dazu gemeldet. Constant und ich hatten seine erste Vorlesung besucht, und uns nicht genug über ihre lahme Schlechtigkeit verwundern können. Dieß ist lustig genug.
Ich muß schließen, Fr.[au] von Stael reist eben ab, um Montmorency zu begleiten, und ich habe keine spätere Gelegenheit nach Coppet, wo der Brief erst übermorgen befördert wird. Adieu Adieu.
Das Geld für den Wechsel wird ohne Zweifel in Dresden zu haben seyn, wo nicht so muß Kn.[orring], den ich schönstens grüße, wenn er einem andern zur Hebung Auftrag giebt den Wechsel wieder endossiren.
Ich herze die Engel von Kindern wozu ich auf dem Blatte keinen Raum mehr finden können.
Ich schließe diesen Brief an die Alberti ein, damit er ihnen nach Töplitz besorgt wird wenn er schon dort ist.
Genf d. 12ten Aug [180]4.
Ihr himmlischer Brief vom 26sten Jul., meine geliebte Freundin und Schwester hat mich auf alle Weise entzückt. Es ist also wirklich wahr, daß Sie die Freude des Lebens wieder ergreifen, daß ein neuer Frühling für Sie aufzublühen anfängt, und das große Ziel meiner eifrigsten Bestrebungen errungen ist. Der gütige Himmel gebe daß dieser schöne Anschein Dauer habe, so ist auch meine Zukunft gänzlich heiter, und aus der Ferne oder in der Nähe wird das Glück der geliebten Familie meine heiligste Sorge und meine reinste Freude seyn. Ich freue mich Ihrer Dresdener Reise, Sie erwähnen nicht, ob Sie in Töplitz das Bad zu brauchen gedenken, ich vermuthe aber daß es Ihnen, nachdem Sie so weit gestärkt sind, wohlthätig seyn wird und daß Sie es also nicht versäumen werden. Gewiß sind Sie während des Aufenthaltes in Dr.[esden] und Töpl.[itz] vor Überlästigkeiten sicher, denn B.[ernhardi] wird es nicht wagen, dahin zu kommen. Melden Sie ja, was dort in Ansehung des Punktes den ich hier berühre, zwischen Ihnen und den Freunden vorfällt.
Es thut mir leid, für jetzt nur so wenig zu den Ausgaben Ihrer Reise beytragen zu können als hiebey folgt. Ich habe es auf Knorr.[ings] Namen addressirt, es schien mir dieß für Sie das angenehmste zu seyn. Sie dürfen ihm ja nur sagen, daß ich Sie um die Ausrichtung einiger Aufträge gebeten habe. Nehmen Sie dieß wenige unterdessen gütig an, wenn ich nur erst von meinen Schulden freye Hand habe, so soll es Ihnen gewiß nicht fehlen. Ängstigen Sie sich nicht über die Ausgaben, Sorgen dürfen jetzt Ihr befreytes Gemüth nicht berühren, ich wiederhohle meine Bitte, sich auf alle Weise zu hegen und zu pflegen; Ihr schönstes Verdienst ist jetzt glücklich zu seyn, und das Gedeihen der Kleinen mit dem Ihrigen zu fördern.
Geben Sie mir Nachricht, wie sich Wilhelm der arme kleine Schelm, nach seynem Stickhusten erhohlt, und ob Felix immer noch so riesenstark ist. Wie weit hat er es schon mit seinen Zähnen gebracht, und was ist das vernehmlichste, was er spricht. Wilhelm wird mich hoffentlich nicht vergessen, aber dem Felix müssen Sie schon von mir fleißig vorerzählen, wenn ich für ihn nicht ganz aus der Welt verschwinden soll. Lassen Sie das seine ersten Feenmährchen seyn, wenn ich in dem lieblichen Feenlande Ihrer Fantasie noch ein Plätzchen einnehme, so bin ich ja auch nicht untauglich zum Helden eines Feenmährchens.
Versäumen Sie ja mit dem Porträt von Mlle. Alberti keine Zeit bey dem Aufenthalt in Dr.[esden]. Welche Freude Sie mir dadurch machen, wie dankbar ich Ihnen dafür seyn werde, kann ich Ihnen nicht genug sagen. Sie mahlt es wohl in Oel aber in kleinem Maaßstabe?
Ihren Bruder Ludwig grüßen Sie von meinetwegen herzlich, und sagen Sie ihm wenn er wegen der altdeutschen Manuscripte in Rom manches zu wissen wünscht, so solle er seine Fragen artikelweise aufsetzen und ich wolle mir alle Mühe geben ihn zu befriedigen. Auch Burgsdorfs Andenken empfehlen Sie mich bestens.
Einen Brief über Weimar den ich gleich nach Empfang des Ihrigen abgesandt, werden Sie hoffentlich empfangen haben.
Der Aufenthalt in Genf hat bis jetzt noch manche Zerstreuungen nach sich gezogen. Die Contat hat fortgefahren zu spielen, und ein paar mal mit ihr eine andre sehr liebenswürdige Schauspielerin aus Paris Mlle Mars. Nachher wenn sie weg sind werde ich gar nicht mehr ins Theater gehen, denn das übrige ist zu mittelmäßig. – An Gesellschaft hat es auch nicht gefehlt. Heute reist Montmorency ab, dadurch wird ein schönes Zimmer frey, was ich einnehmen werde, es hat die Aussicht auf eine herrliche Landschaft von Savoyen. – Die Genfer sind im Ganzen trocken und unerfreulich, doch höre ich mit großem Vergnügen die chemischen Vorlesungen des Professor Pictet. In ein paar Tagen habe ich übernommen in einer einzigen Stunde Darstellung des Kantischen Systems zu geben. Die Veranlassung hiezu war ein Gespräch mit einem der gescheidtesten Männer hier, dem Arzt Butini, der meine Äußerung gleich ergriff. Nachher hat sich ein ganzer Kreis dazu angefunden, und auch der Professor der Philosophie Prevost, ein Mitglied der Berlinischen Akademie, hat sich dazu gemeldet. Constant und ich hatten seine erste Vorlesung besucht, und uns nicht genug über ihre lahme Schlechtigkeit verwundern können. Dieß ist lustig genug.
Ich muß schließen, Fr.[au] von Stael reist eben ab, um Montmorency zu begleiten, und ich habe keine spätere Gelegenheit nach Coppet, wo der Brief erst übermorgen befördert wird. Adieu Adieu.
Das Geld für den Wechsel wird ohne Zweifel in Dresden zu haben seyn, wo nicht so muß Kn.[orring], den ich schönstens grüße, wenn er einem andern zur Hebung Auftrag giebt den Wechsel wieder endossiren.
Ich herze die Engel von Kindern wozu ich auf dem Blatte keinen Raum mehr finden können.
Ich schließe diesen Brief an die Alberti ein, damit er ihnen nach Töplitz besorgt wird wenn er schon dort ist.
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