• Friederike Helene Unger to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Berlin · Place of Destination: Auxerre · Date: 16.08.1806
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friederike Helene Unger
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Berlin
  • Place of Destination: Auxerre
  • Date: 16.08.1806
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-9
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,IV,e,10
  • Number of Pages: 2 S., hs. m. U.
  • Format: 23,7 x 19,5 cm
  • Incipit: „[1] Berlin d. 16. Aug. 1806.
    Aus Besorgniß mein Brief könne Sie meinn vortreflicher Freund nicht mehr treffen, schreibe ich, ehe [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia
[1] Berlin d. 16. Aug. 1806.
Aus Besorgniß mein Brief könne Sie meinn vortreflicher Freund nicht mehr treffen, schreibe ich, ehe Hh: Bernhardy eine näher bestimmende Antwort gegeben hat. Sein leztes Schreiben lege ich bei. Das erste auf meine Anfrage wenn ich die Bücher könne holen laßen, stand auf sehr künstliche Schrauben. Es thut mir sehr leid, daß meine Lage mir durchaus nicht gestattete, sie früher an mich zu nehmen: es gebrach mir an Raum, und an den Jemand, den Katalog anzufertigen. Werden Sie nun aber mein lieber Freund dem Bernhardy den Brief auf den er sich bezieht schreiben? ich muß doch wohl den Termin abwarten, den er angibt, ehe ich in der Sache gerichtlich verfahren lasse? früher mein Freund, hätten Sie es uns doch wohl nicht geglaubt, auch nicht erlaubt zu sagen, hüten Sie sich für diesen in sich schlechten & ehrlosen Menschen! Le public nʼest ni fous, ni injuste – und in diesem ist stets nur eine Stimme gegen ihn gewesen. Schon die auserleßne Verachtung in der er bei seinen Schülern steth, zeugt gegen ihn. – Geth die Sammlung an Sie ab, lege ich meine Arbeiten dabei, weil Sie es freundschaftlich verlangen. Sie wißen, die Mütter (mehr als die Väter,) haben es recht gern, wenn man ihre kleine Meerkätzchen hätschelt. –
Das Bild der berühmten Frau, Ihrer Freundin ist angekommen, ob es ähnlich ist, kann ich nicht beurtheilen; auch sollte ich meinen, sie müsse einen andern Blick haben, als den halb gesenkten, hinschmachtenden des Bildes. Doch ist es schön; und hat mir eine Freude gemacht, wie nicht leicht etwas. Ich habe es dem besten unser portraitirenden [2] Kupferstecher übergeben: Hhn: Bollinger. Bold u Henne kälten alles so durch: Meno Haas vergemeinert sie, viel andre haben wir nicht. noch im Auslande einen zu suchen, ist, oder war die Zeit zu kurz. und nun Dank Ihnen für das Gedicht. Sie statten mir den Damen Kalender herrlich aus; und bei meiner lezten Erscheinung laßen Sie mich gar stattlich auftreten. Meine lezte sage ich. Meine Pacht der Kalender ist abgelaufen, ich werde künftig den Druk besorgen; die Akademie administrirt sie selbst: es hat sich kein Meistbietender wieder gefunden; und bei den kritischen Stand der öffentlichen Angelegenheiten, war mir es zu mißlich, mich wieder auf 30000. r. einzulaßen.
Ja der Shakespear! o wie oft & viel werde ich gemahnt! Wie wird auf A W. Schlegel gescholten! Wo ist er? was macht er? nimmt die Fremde ihn den so ganz hin! Glauben Sie mir mein Theurer, die Verlegerin, die von Herzen Ihre Freundin ist, nimmt sich bei der Sache noch am discretesten: und gönnt Ihnen den Genuß dieser Spanne Zeit. Den – wenns köstlich gewesen ist, ists Mühe und Arbeit gewesen – ob schon sie auf ihre eigne Kosten so billig denkt. Glüklicher unabhängiger Mann! Glükliche Stael! Ich mein Freund, ich bin gar nicht glüklich, und jede Spuhr der Vergänglichkeit die ich sonst sorgend sich nähern sahe, macht mir Freude, daß es bald enden möge! Des Lebenslast drükt zu schwer, gar zu, gar zu schwer auf mich! – Grüßen Sie Ihren Fridrich. Gute Zeit! wie Sie ihn Kriegrich nannten! und Scherz an Scherz sich knüpfte. o du gütiger Gott! hätte ich das gedacht!
Leben Sie wohl mein von Herzen geehrter und werthgeschäzter Freund; erhalten Sie mir Ihre Freundschaft deren ich mich so innig freue; ach und Freude! vergibt sie meinem abgeschiednem Wittwenleben!
adieu adieu! –
Unger.
[1] Berlin d. 16. Aug. 1806.
Aus Besorgniß mein Brief könne Sie meinn vortreflicher Freund nicht mehr treffen, schreibe ich, ehe Hh: Bernhardy eine näher bestimmende Antwort gegeben hat. Sein leztes Schreiben lege ich bei. Das erste auf meine Anfrage wenn ich die Bücher könne holen laßen, stand auf sehr künstliche Schrauben. Es thut mir sehr leid, daß meine Lage mir durchaus nicht gestattete, sie früher an mich zu nehmen: es gebrach mir an Raum, und an den Jemand, den Katalog anzufertigen. Werden Sie nun aber mein lieber Freund dem Bernhardy den Brief auf den er sich bezieht schreiben? ich muß doch wohl den Termin abwarten, den er angibt, ehe ich in der Sache gerichtlich verfahren lasse? früher mein Freund, hätten Sie es uns doch wohl nicht geglaubt, auch nicht erlaubt zu sagen, hüten Sie sich für diesen in sich schlechten & ehrlosen Menschen! Le public nʼest ni fous, ni injuste – und in diesem ist stets nur eine Stimme gegen ihn gewesen. Schon die auserleßne Verachtung in der er bei seinen Schülern steth, zeugt gegen ihn. – Geth die Sammlung an Sie ab, lege ich meine Arbeiten dabei, weil Sie es freundschaftlich verlangen. Sie wißen, die Mütter (mehr als die Väter,) haben es recht gern, wenn man ihre kleine Meerkätzchen hätschelt. –
Das Bild der berühmten Frau, Ihrer Freundin ist angekommen, ob es ähnlich ist, kann ich nicht beurtheilen; auch sollte ich meinen, sie müsse einen andern Blick haben, als den halb gesenkten, hinschmachtenden des Bildes. Doch ist es schön; und hat mir eine Freude gemacht, wie nicht leicht etwas. Ich habe es dem besten unser portraitirenden [2] Kupferstecher übergeben: Hhn: Bollinger. Bold u Henne kälten alles so durch: Meno Haas vergemeinert sie, viel andre haben wir nicht. noch im Auslande einen zu suchen, ist, oder war die Zeit zu kurz. und nun Dank Ihnen für das Gedicht. Sie statten mir den Damen Kalender herrlich aus; und bei meiner lezten Erscheinung laßen Sie mich gar stattlich auftreten. Meine lezte sage ich. Meine Pacht der Kalender ist abgelaufen, ich werde künftig den Druk besorgen; die Akademie administrirt sie selbst: es hat sich kein Meistbietender wieder gefunden; und bei den kritischen Stand der öffentlichen Angelegenheiten, war mir es zu mißlich, mich wieder auf 30000. r. einzulaßen.
Ja der Shakespear! o wie oft & viel werde ich gemahnt! Wie wird auf A W. Schlegel gescholten! Wo ist er? was macht er? nimmt die Fremde ihn den so ganz hin! Glauben Sie mir mein Theurer, die Verlegerin, die von Herzen Ihre Freundin ist, nimmt sich bei der Sache noch am discretesten: und gönnt Ihnen den Genuß dieser Spanne Zeit. Den – wenns köstlich gewesen ist, ists Mühe und Arbeit gewesen – ob schon sie auf ihre eigne Kosten so billig denkt. Glüklicher unabhängiger Mann! Glükliche Stael! Ich mein Freund, ich bin gar nicht glüklich, und jede Spuhr der Vergänglichkeit die ich sonst sorgend sich nähern sahe, macht mir Freude, daß es bald enden möge! Des Lebenslast drükt zu schwer, gar zu, gar zu schwer auf mich! – Grüßen Sie Ihren Fridrich. Gute Zeit! wie Sie ihn Kriegrich nannten! und Scherz an Scherz sich knüpfte. o du gütiger Gott! hätte ich das gedacht!
Leben Sie wohl mein von Herzen geehrter und werthgeschäzter Freund; erhalten Sie mir Ihre Freundschaft deren ich mich so innig freue; ach und Freude! vergibt sie meinem abgeschiednem Wittwenleben!
adieu adieu! –
Unger.
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