• August Wilhelm von Schlegel to Königliches Curatorium der Universität zu Bonn , Philipp Joseph von Rehfues

  • Place of Dispatch: Bonn · Place of Destination: Bonn · Date: [April 1829]
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Königliches Curatorium der Universität zu Bonn, Philipp Joseph von Rehfues
  • Place of Dispatch: Bonn
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: [April 1829]
  • Notations: Konzept. – Datum erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 2. Zürich u.a. 1930, S. 212–221.
  • Incipit: „[1] Bericht an das Königl. Curatorium der Universität zu Bonn über meine Arbeiten zur Förderung des Studiums der Alt Indischen Sprache [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-36842
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.19,Nr.38
  • Number of Pages: 15 S. auf Doppelbl., hs.
  • Format: 32,5 x 20,7 cm
    Language
  • German
[1] Bericht an das Königl. Curatorium der Universität zu Bonn über meine Arbeiten zur Förderung des Studiums der Alt Indischen Sprache und Litteratur.
Ew. Hochwohlgeboren habe ich die Ehre, anbei zwei so eben fertig gewordene Ausgaben Indischer Original-Werke zu übersenden, mit der gehorsamsten Bitte, selbige einem hohen Königl. Ministerium vorzulegen.
Der Plan und Umfang meiner Ausgabe des Râmâyańa wird in der zweifachen zu London und Bonn in Englischer, Französischer und Deutscher Sprache gedruckten Ankündigung, genau angegeben, wovon ich deßhalb ein Exemplar beifüge.
Was die typographische Ausführung betrifft, so habe ich weder Mühe noch Kosten gespart, um ihr die größte Vollkommenheit zu geben, und dieses Werk, welches ein dauerhaftes Denkmal und eine Zierde großer Bibliotheken zu seyn bestimmt ist, mit einer gewissen Pracht auszustatten.
Es mußten auch in diesem Fache Erfahrungen gemacht werden, und meine Bhagavad-Gîtâ ist bei weitem nicht so gut ausgefallen, weil der Drucker noch nicht darauf eingeübt, und das Papier unvortheilhaft gewählt war. Das schönste bisher vorhandene war das von meinem gelehrten Freunde Hrn. Haughton besorgte Gesetzbuch des Manu. Dieses Werk ist auf Kosten der Ostindischen Compagnie gedruckt: ich darf mir schmeicheln, daß ich es, wo nicht über[2]troffen, doch erreicht habe, wie Ew. Hochwohlgeboren sich aus der Ansicht des beigelegten Exemplars überzeugen werden.
Von meinem kritischen Verfahren bei der Berichtigung des Textes habe ich in der Vorrede ausführlich Rechenschaft abgelegt. Diese Vorrede hat vornämlich den Zweck, von der Anwendung der in der classischen Philologie befolgten Grundsätze auf die Sanskrit-Litteratur ein beglaubigtes Beispiel aufzustellen; dann aber auch den Gelehrten, welchen jenes Studium fremd ist, einen klaren Begriff von diesem neuen Gebiet der Gelehrsamkeit zu geben.
Zugleich habe ich die lange Verzögerung der Erscheinung, wie ich glaube, befriedigend gerechtfertigt. Drittehalb Jahre hat mein Gehülfe Dr Lassen mit Abschreiben der Handschriften und Excerpiren der Varianten zugebracht. Zwölf Handschriften sind collationirt worden. Bei deren Vergleichung thaten sich unerwartete Schwierigkeiten hervor: die Handschriften mußten nach den verschiedenen Indischen Recensionen des Textes classificirt, und die Methode ihrer Benutzung nach genauer Prüfung festgestellt werden. Die Fortsetzung wird bald erfolgen können, da für das zweite Buch des Gedichtes alle Materialien gesammelt, auch bereits für die folgenden Bücher beträchtlich vorgearbeitet ist.
Die Auflage ist 400 Exemplare stark: nämlich 200 Ex. auf geglättetem Velin, und 200 auf schönem Druckpapier. Die Subscription ist bis jetzt sehr gering, und beläuft sich noch [3] nicht auf 50 Ex. Dieß war nicht anders zu erwarten, da bei einem so weitläuftigen, schwierigen und kostbaren Werke viele Liebhaber immer den Zweifel hegen, ob es auch wirklich ausgeführt werden wird. Die Buchhändler welche in London, Paris und Bonn die Commission für Europa und Asien übernommen haben, versichern mich jedoch, nach Erscheinung des ersten Bandes werde die Zahl der Subscribenten noch beträchtlich zunehmen.
Den Preis habe ich im Verhältniß zu dem Umfange und der typographischen Eleganz sehr mäßig angesetzt. Die zwei vorhandenen Bände der Serampurer Ausgabe kosten in London £ 8; der mittlere ist durch einen Schiffsbruch verloren gegangen. Alle drei Bände würden, wenn sie zu haben wären, £ 12 kosten; sie enthalten so viel, als meine beiden ersten Bände umfassen werden, wovon der Subscriptionspreis nur auf das Drittel angesetzt ist. Jene Ausgabe ist nun völlig werthlos, wegen ihrer Incorrectheit und des Mangels an Kritik. Die beigefügte Englische Übersetzung ist geschmacklos, fehlerhaft und nicht selten sinnlos. Wie die typographische Ausführung sich zu der meinigen verhält, werden Ew. Hochwohlgeboren aus dem beigefügten Exemplar ersehen. Indessen fand man das Unternehmen so wichtig und für das Studium des Sanskrit so förderlich, daß der Staatsrath von Indien und die Asiatische Gesellschaft in Calcutta den Herausgebern, zwei Englischen Missionaren, eine jährliche Gratification von 3600 Rupien dafür bewilligte, [4] welche sie sechs bis acht Jahre genossen haben, ohne die weitere Fortsetzung zu liefern.
Erst wenn ich die ganze Auflage auf Velin-Papier zu dem Subscriptions-Preise, wovon die Hälfte den Buchhändlern für die Commission anheim fällt, abgesetzt hätte, würden ungefähr die Kosten gedeckt seyn; wo mir alsdann die 200 Exemplare, welche für jetzt gar nicht ausgegeben werden, als Grundlage des reinen Ertrages übrig bleiben.
Ich bringe aber hiebei nur die sehr beträchtlichen Kosten für Satz, Druck und Papier in Anschlag, welche sich bei jedem Bande erneuern, nicht den anderweitigen zu diesem Behufe gemachten Aufwand: z. B. meine Reise nach England und die Unterstützung meines Gehülfen, da ihm zwar das vorgeordnete Ministerium als Reise-Stipendium auf das erste Jahr 300 Thl, auf das zweite 400 Thl bewilligt hatte, diese Summe aber bei dem theuren Preise aller Bedürfnisse in London und Paris nicht ganz hinreichte, überdieß sein Aufenthalt im Auslande sich um ein halbes Jahr verlängert hat.
Von dem Hitôpadêśa ist der Text ebenfalls fertig gedruckt; es fehlt zur Herausgabe der ersten Abtheilung nur noch die Lateinische Vorrede. Dem Werke wird der Name des Dr. Lassen mit [5] dem meinigen vorgesetzt werden, wie es auch gemeinschaftlich von uns ausgeführt worden ist. Die zweite Abtheilung soll eine Lateinische Übersetzung nebst Sacherklärungen, die dritte kritische Anmerkungen enthalten, erstere von mir, letztere von Hrn. Lassen, jedoch unter beständiger gemeinsamer Berathung ausgearbeitet.
Von diesem Buche sind bereits zwei Drucke vorhanden, der eine in Indien, der andre in London veranstaltet. Beide sind aber äußerst fehlerhaft, besonders die Londoner Ausgabe, welche demungeachtet viele Jahre als Schulbuch in der Ostindischen Lehranstalt zu Hayleybury gebraucht worden ist. Auch zwei Englische Übersetzungen giebt es, von berühmten Verfassern: von Dr Wilkins und Sir William Jones. Beide wimmeln von den seltsamsten Misverständnissen und können jetzt beinahe nur noch dazu dienen, die unermeßlichen Schwierigkeiten recht anschaulich zu machen, welche für Europäer überwunden werden mußten, um zum richtigen Verständnisse der Indischen Bücher zu gelangen, da so ausgezeichnete Männer dabei in solche, zum Theil lächerliche Irrthümer hineingerathen sind.
Wir haben nur zwei Handschriften collationiren können, hoffen aber durch die That zu zeigen, wie viel sich, auch bei einem mäßigen Vorrath von Hülfsmitteln durch scharfe Kritik und genaue Hermeneutik für die Berichtigung der Texte leisten läßt.
[6] Dieses mit Recht hochberühmte, sinnreiche und unterhaltende Fabelbuch ist ganz vorzüglich zur praktischen Übung für Anfänger geeignet, weil es neben leichter Erzählung in Prosa eine große Mannichfaltigkeit dichterischer Sentenzen enthält, welche aus verschiedenen Schriftstellern entlehnt, und in sehr verschiedenem Style abgefaßt sind. Ich habe die Ausgabe deswegen so eingerichtet, daß sie zu einem mäßigen Preise verkauft werden kann. Es sind davon 300 Ex. gedruckt worden.
Eben jetzt, da diese beiden Werke gleichzeitig erscheinen, sind neun Jahre verflossen seit ich von dem verewigten Staatskanzler und dem vorgeordneten Ministerium durch zwei Rescripte vom 25sten März und vom 2ten April 1820 den Auftrag erhielt: „das Studium der Indischen Sprache und Litteratur in Deutschland dauerhaft zu begründen, zu verbreiten, zu erleichtern, und die deshalb zu treffenden Anstalten an die Existenz der Universität von Bonn zu knüpfen.“ Ich bitte Ew. Hochwohlgeboren um Erlaubniß, eine kurze Übersicht des in dem oben erwähnten Zeitraum für diesen Zweck geleisteten vorlegen zu dürfen.
Typographische Arbeiten.
Die erste und nothwendigste Bedingung aller ferneren Fortschritte war die Möglichkeit Original-Texte mit den der Sanskrit-Sprache eigenthümlichen Buchstaben und zwar in der classischen Devanagari Schrift drucken zu können. Bisher gab es aber nur eine einzige Indische Druckerei in Europa: nämlich die von dem gelehrten Wilkins, welcher selbst Schriftstecher und Schriftgießer ist, nicht ohne große Mühe zu Stande [7] gebrachte, welche der Ostindischen Compagnie gehört. Denn das früher in der Römischen Propaganda, und in der Königlichen Druckerei in Paris versuchte, war entweder unzulänglich, oder völlig unbrauchbar. In Ermangelung der Drucklettern hatte man sogar zum Kupferstich und zur Lithographie seine Zuflucht genommen. Hr. von Chézy, Professor des Sanskrit in Paris, hat einige Blätter aus dem Ramayana in Bengalischer Schrift in Kupfer stechen lassen. Die Lithographie ist in Deutschland angewendet worden, von Hrn. Othmar Frank, gegenwärtig Professor in München, auf eine höchst ungeschickte und entstellende Weise, vom Professor Bernstein in Breslau mit lobenswerther Sauberkeit.
Indessen ist es einleuchtend, daß so kostspielige und mühsame Mittel nur zu kleinen Proben hinreichen, und bei der Beschränkung darauf jedes Unternehmen von einigem Umfange unmöglich bleiben muß. Mein erster Vorschlag war demnach auf die Anlage einer Indischen Druckerei gerichtet. Wiewohl das Königliche Ministerium sowohl den Erwerb als den Ruhm dieser Arbeit einheimischen Schriftstechern und Schriftgießern zuzuwenden wünschte, so hatte ich doch das Glück Hochdasselbe zu überzeugen, daß es am zweckmäßigsten sey, die Lettern in Paris anfertigen zu lassen, theils wegen der hohen Vollkommenheit, womit dort die typographischen Künste ausgeübt werden, theils weil ich die Muster ausgezeichnet schöner Manuscripte aus der Königlichen Bibliothek beständig dabei vor Augen haben konnte.
Ich reiste im Herbste des Jahres [8] 1820 nach Paris und blieb dort acht Monate bis zum nächsten Sommer. Vor meiner Abreise waren alle Arbeiten des Schriftstechers beendigt; auch der Schriftgießer war auf das Genaueste von mir unterrichtet worden, und hatte gelungene Proben eingeliefert.
Es war zur Leitung dieses Geschäftes nicht wenig Geduld erfoderlich. Ich mußte mich selbst zuvörderst von der ganzen Technik der Buchdruckerkunst unterrichten, mußte mancherlei Versuche anstellen und Erfahrungen machen, um die richtigen Verhältnisse, die besten Formen und zweckmäßigsten Einrichtungen zu treffen; ich mußte dem Schriftstecher das Modell zu jedem Stempel wiederhohlt vorzeichnen, und ihm bei der ungewohnten Arbeit sozusagen die Hand führen, weswegen ich fast täglich vier bis fünf Stunden in seiner Werkstätte, dann in der Werkstätte des Schriftgießers zubrachte.
Die Aufgabe war außerdem, den Druck so viel möglich zu erleichtern und zu vereinfachen. Es ist aber mit der Indischen Typographie so ergangen, wie mit der Griechischen, wo die Satzkosten auch anfangs übermäßig weitschichtig waren, weil man alle Ligaturen der Handschriften auf besondern Stempeln nachahmen zu müssen glaubte. Indessen waren diese Ligaturen eigentlich nur Schreibverkürzungen, deren man sich nach und nach, wiewohl bis auf den heutigen Tag noch nicht in allen Druckereien, entledigt hat. In der Indischen Schrift hingegen sind diese Ligaturen nach grammatischen Gesetzen nothwendig: es durfte daran nichts verändert werden, als daß man sie aus mehreren Lettern künstlich zusammensetzte. Bei den ersten in Indien angefertigten Druckereien hatte [9] man über 700 Stempel gebraucht, da ich bei meiner Methode mit 250 ausreiche. Die Zerlegung der Ligaturen hatte schon Wilkins erfunden, auch die Anfügung der Vocalzeichen über und unter den Hauptbuchstaben vereinfacht, indem er die Lettern auf doppelte Weise, mit einem Überschuß leeren Raumes oben und unten, und wiederum verkürzt und auf die bloße Figur reducirt, gießen ließ. Ich fügte die ganz neue Erfindung hinzu, die Lettern mit einem doppelten Ausschnitt zu gießen, wodurch die eingefugten kleinen Lettern einen festeren Stand und, wo sie unterschnitten sind, eine Stütze gewinnen.
Erst im Februar 1822 kam der bestellte Vorrath gegossener Lettern aus Paris an. Nun hatte ich den Setzkasten systematisch einzurichten um dem Setzer die größte Erleichterung zu verschaffen, welches keine geringe Arbeit war. Hierauf schritt ich sogleich im Sommer 1822 zum Druck des Bhagavad-Gîtâ, wobei ich aus Mangel eines erfahrnen Arbeiters selbst das Geschäft des Setzers übernehmen mußte, und den geschicktesten Setzer aus der Thormannischen Druckerei nur als Handlanger brauchen konnte. Hiebei hat er es dann gelernt, und die erworbene Geschicklichkeit weiter mitgetheilt, so daß jetzt in der genannten Druckerei mit der größten Leichtigkeit Sanskrit-Texte gesetzt werden.
Bei dem Druck zeigte sich die vollkommene Zweckmäßigkeit der Lettern indem alles genau zu einander paßte, und die unvermeidlichen unterschnittenen Theile unter der Presse nur äußerst selten abbrachen.
Nach dem einstimmigen Urtheile der Kenner übertreffen meine Typen sowohl an Schönheit als an charakteristischer Ähnlichkeit mit den Originalen nicht nur alle in Indien sondern auch die von Wilkins angefertigten Devanagari-Schriften.
[10] Ich hatte die Matrizen und Gußformen in Paris in sicherer Verwahrung zurückgelassen, um dort bei den schon eingeübten Künstlern einzelne Ergänzungen und Verbesserungen, da die Berechnung der Gesamtkosten schon abgeschlossen war, allenfalls auf meine Kosten bestellen zu können. Da jedoch das Königliche Ministerium zu Anfange Februars 1822 die Ablieferung der sämtlichen zu einem neuen Gusse dienlichen Geräthe, Stempel, Matrizen und Gußformen nach Berlin abfoderte, so wurde diesem Befehle unverzüglich Folge geleistet.
Der neue Guß der Devanagari-Lettern für die Königliche Akademie der Wissenschaften in Berlin ist unter Professor Bopp’s Leitung ziemlich gut ausgefallen, wiewohl derselbe dem Parisischen nicht gleichkommt.
Die Asiatische Gesellschaft in Paris brauchte zu ihren Zwecken nothwendig Devanagari-Schriften: der Aufwand der Anfertigung wurde aber für ihre beschränkten Mittel zu groß befunden, sie wünschte daher einen Guß aus Berlin auf ihre Kosten zu erlangen. Die Gesellschaft wandte sich zuerst an mich mit der Anfrage, ob die Mittheilung mir etwa unangenehm seyn würde. Ich erwiederte, sie werde mir vielmehr das größte Vergnügen machen, und ertheilte die nöthigen Anweisungen. Se. Excellenz der Hr. Staatsminister von Altenstein, immer auf alles bedacht, was die Fort schritte der Wissenschaft fördern kann, bewilligte das Gesuch der ausländischen Gelehrten. Hierauf geruhete des Königs Majestät huldreichst zu befehlen, daß der Asiatischen Gesellschaft mit dem angefertigten Vorrathe in Allerhöchst Ihrem Namen ein Geschenk gemacht würde.
Seitdem sind in Berlin auf den Betrieb und unter der Leitung des Professor Bopp Lettern von kleinerem Kaliber gestochen und gegossen worden. Es ist leicht, von einem schon vorhandenen [11] Modell eine Copie, bloß in veränderten Dimensionen, zu Stande zu bringen. Wo aber dort Abänderungen der von mir vorgezeichneten Figuren beliebt worden sind, da sind sie meines Erachtens völlig misrathen. Von diesen kleinen Lettern hat das Königliche Ministerium der hiesigen Universität einen Guß von einem Centner bewilligt. Ich werde deßhalb meinen Kollegen in der Königlichen Akademie Vorschläge zu einigen Ergänzungen und Verbesserungen thun.
Verzeichniß
meiner seit neun Jahren erschienenen Schriften über Indische Sprachkunde, Litteratur und Alterthümer.
I. In Europäischen Sprachen.

Indische Bibliothek, zwei Bände in 8 einzelnen Heften vom Jahre 1820 bis 27 herausgegeben. Sie enthält Beurtheilungen, Proben Indischer Poesie, Aufsätze über Sprachkunde, historische Forschungen u. s. w., fast ohne Ausnahme von mir selbst abgefaßt.
Der Zweck dieser Zeitschrift war, theils den Gelehrten das neueste aus diesem Fache mitzutheilen, teils die Theilnahme des gebildeten Publicums zu gewinnen. Das letztere ist mir nicht ganz nach Wunsch gelungen: nach der Versicherung des Verlegers sind nicht viel über 300 Exemplare abgesetzt. Jedoch habe ich in Erfahrung gebracht, daß einige Exemplare nicht nur bis in die Indische Halbinsel, sondern sogar bis nach Java gelangt sind.
Im Journal Asiatique, welches die Gesellschaft in Paris herausgiebt, folgende Aufsätze:
Observations sur la critique du Bhagavad-Gîtâ, insérée dans le Journal Asiatique (T. IX, 1826).
[12] Observations sur quelques médailles bactriennes et indo-scythiques nouvellement découvertes (Nouveau Journal As. No. XI, Nov. 1828).
Ferner
kritische Bemerkungen über die ersten Capitel vom Gesetzbuch des Manu, von Prof. Haughton in seiner vortrefflichen Ausgabe (London 1825) mit Nennung meines Namens benutzt.
Im Berliner Kalender auf 1829:
Über die Zunahme und den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse von Indien. Erste Abtheilung, bis auf Vasco de Gama.
Die ersten Capitel einer Lateinisch abgefaßten Sanskrit-Grammatik sind meinen Schülern handschriftlich zur Benutzung mitgetheilt worden.
II. Original-Texte.
1. Bhagavad-Gîtâ, id est,Θɛσπɛσιoν μελος, sive almi Krishnae et Arjunae colloquium de rebus divinis. Textum recensuit, annott. crit. et interpretat. Lat. adiecit A. G. a Schlegel. 1823. 8° pp. XXVI et 190.
2. 
Râmâyańa, id est carmen epicum de Ramae rebus gestis. Poetae antiquissimi Vâlmîcis opus. Textum codd. Mss. collatis recensuit, interpretat. Lat. et annotatt. criticas adiecit A. G. a Schlegel. Vol. I, P. I. 1829. 8° pp. LXXII et 380.
3.
Hitôpedêśa, id est Institutio salutaris. Textum codd. Mss. collatis recensuerunt, interpretationem Latinam et annotatt. criticas adiecerunt A. G. a Schlegel et Christianus Lassen, Dr. P. 1. 4to pp. 133.
[13] Gelehrte Reisen.
Während meines achtmonatlichen Aufenthalts in Paris vom Ende Septembers 1820 bis Ende Juni 1821 wurde der größte Theil meiner Zeit durch die typographische Besorgung hingenommen. Indessen erübrigte ich doch noch einige Stunden, um folgende Texte zu collationiren: die Bhagavad-Gîtâ nach allen in der Königlichen Bibliothek befindlichen Handschriften; die drei ersten Bücher des Hitôpedêsa nach der einzigen vorhandenen Handschrift; einen Theil vom ersten Buche des Râmâyańa, nach Einer Handschrift.
Die Reise nach London, welche ich im Herbste des Jahres 1823 vom Anfange Septembers bis Mitte Novembers in Begleitung meines Schülers Lassen unternahm, hatte vornämlich folgende Zwecke: alle dort in den öffentlichen Bibliotheken vorhandenen Manuscripte des Râmâyańa selbst genau zu untersuchen; meinem Gehülfen zu deren Benutzung die nöthige Anweisung zu ertheilen, und ihn auf die oft sehr schwierige Lesung der Manuscripte sowohl in Devanagari als Bengalischer Schrift einzuüben; endlich mit den Gelehrten des Faches sowohl als mit den aus Indien zurückgekehrten Staatsmännern litterarische Verbindungen anzuknüpfen.
Dieses alles gelang vollkommen nach Wunsch. Von der kurz zuvor gestifteten Asiatischen Gesellschaft in London wurde ich während meines Aufenthalts zum Ehren-Mitgliede aufgenommen, [14] und in dieser Eigenschaft bei einer öffentlichen Sitzung von dem damaligen Minister der Ostindischen Angelegenheiten (president of the board of controul) Herrn Wynne auf die schmeichelhafteste Weise begrüßt.
Ich machte während meines kurzen Aufenthalts [Ausflüge] nach Hayleyburg, dem Sitz der Ostindischen Lehranstalt; nach Cambridge und nach Oxford. In Cambridge fand ich nichts für meinen nächsten Zweck; in Oxford entdeckte ich die vorhandenen Sanskrit-Manuscripte wieder, welche gänzlich in Vergessenheit begraben waren.
Gelehrte Hülfsmittel und Sammlung von Kunstsachen.
Um Bonn zum Hauptsitz des Studiums der Sanskrit-Litteratur in Deutschland und vielleicht in Europa zu machen, war es nöthig die Hülfsmittel herbeizuschaffen. Dieß habe ich ganz aus eignen Mitteln bestritten. Die hiesige Universitäts-Bibliothek besitzt nur weniges in diesem Fache, weil ich nie auf die Anschaffung solcher Bücher angetragen habe, um andern Fächern der Gelehrsamkeit nicht in den Weg zu treten. In meiner Bibliothek wird nicht ein einziges Stück von allem fehlen, was in Europa und in Indien an Elementarbüchern und Originaltexten gedruckt worden ist. Von den letzteren sind einige schon sehr selten geworden, und sind in Europa gar nicht mehr zu haben. Dazu kommen viele neuere Englische und Französische Schriften über Indien, und mehrere kostbare Kupferwerke. Ich besitze auch einige Manuscripte, darunter zwei mikrographische mit Miniaturen verzierte von großer Seltenheit; ferner Indische Kunstsachen, über hundert Original-Gemälde, Idole in Bronze, Bildwerke in Elfenbein usw.
Unterricht.
Seit dem Sommer 1820 habe ich fortwährend jedes Semester, drei Stunden wöchentlich ein unentgeltliches Privatissimum über die Sanskrit-Sprache gegeben, die grammatischen Elemente gelehrt, und die Schüler verschiedene Bücher, den Nalus, herausgegeben von Bopp, die Bhagavad­Gîtâ, den Râmâyańa und den Hitôpadêsa interpretiren lassen.
Wie wohl ich die Studirenden, welche sich meldeten, mehr abmahnte als aufmunterte, und sie immer einlud wohl zu erwägen, ob das schwierige Unternehmen mit ihrem übrigen Studienplane vereinbar sey, hat es doch niemals an Schülern gefehlt. Unter diesen waren zwei Ausländer, ein Engländer und ein Franzose, beide schon gebildete und auf einer litterarischen Reise begriffene Männer.
Einer meiner fähigsten und eifrigsten Schüler, der Studiosus Görres, hat bei einer schwierigen Preisfrage über die Latinität des Cicero den Preis gewonnen, und dadurch gezeigt, daß ein gründliches Studium der classischen Philologie sich gar wohl mit der Erlernung des Sanskrit vereinigen läßt.
Zwei meiner Schüler halten bereits auf einheimischen Universitäten Vorlesungen über das Sanskrit: Professor von Bohlen in Königsberg und Dr. Lassen hier.
Unter allen Schülern, die ich bisher gebildet, hat der letztgenannte [15] Dr Lassen durch Beharrlichkeit, Sprachtalent und kritischen Scharfsinn sich am meisten hervorgethan. Auch im Auslande hat er die Aufmerksamkeit der Kenner des Faches sowohl durch seine im Druck erschienenen Schriften als durch anderweitige Mittheilungen (z. B. durch einen verbesserten Catalog der Handschriften der Königl. Bibliothek in Paris) auf eine sehr vorteilhafte Art auf sich gezogen. Niemand würde so gut im Stande seyn als dieser talentvolle junge Mann, das große und schwierige Unternehmen der Herausgabe des Râmâyańa ganz in meinem Sinne fortzusetzen, falls ich dessen Vollendung nicht erleben sollte.
Bonn, d. April 1829
[16]
[1] Bericht an das Königl. Curatorium der Universität zu Bonn über meine Arbeiten zur Förderung des Studiums der Alt Indischen Sprache und Litteratur.
Ew. Hochwohlgeboren habe ich die Ehre, anbei zwei so eben fertig gewordene Ausgaben Indischer Original-Werke zu übersenden, mit der gehorsamsten Bitte, selbige einem hohen Königl. Ministerium vorzulegen.
Der Plan und Umfang meiner Ausgabe des Râmâyańa wird in der zweifachen zu London und Bonn in Englischer, Französischer und Deutscher Sprache gedruckten Ankündigung, genau angegeben, wovon ich deßhalb ein Exemplar beifüge.
Was die typographische Ausführung betrifft, so habe ich weder Mühe noch Kosten gespart, um ihr die größte Vollkommenheit zu geben, und dieses Werk, welches ein dauerhaftes Denkmal und eine Zierde großer Bibliotheken zu seyn bestimmt ist, mit einer gewissen Pracht auszustatten.
Es mußten auch in diesem Fache Erfahrungen gemacht werden, und meine Bhagavad-Gîtâ ist bei weitem nicht so gut ausgefallen, weil der Drucker noch nicht darauf eingeübt, und das Papier unvortheilhaft gewählt war. Das schönste bisher vorhandene war das von meinem gelehrten Freunde Hrn. Haughton besorgte Gesetzbuch des Manu. Dieses Werk ist auf Kosten der Ostindischen Compagnie gedruckt: ich darf mir schmeicheln, daß ich es, wo nicht über[2]troffen, doch erreicht habe, wie Ew. Hochwohlgeboren sich aus der Ansicht des beigelegten Exemplars überzeugen werden.
Von meinem kritischen Verfahren bei der Berichtigung des Textes habe ich in der Vorrede ausführlich Rechenschaft abgelegt. Diese Vorrede hat vornämlich den Zweck, von der Anwendung der in der classischen Philologie befolgten Grundsätze auf die Sanskrit-Litteratur ein beglaubigtes Beispiel aufzustellen; dann aber auch den Gelehrten, welchen jenes Studium fremd ist, einen klaren Begriff von diesem neuen Gebiet der Gelehrsamkeit zu geben.
Zugleich habe ich die lange Verzögerung der Erscheinung, wie ich glaube, befriedigend gerechtfertigt. Drittehalb Jahre hat mein Gehülfe Dr Lassen mit Abschreiben der Handschriften und Excerpiren der Varianten zugebracht. Zwölf Handschriften sind collationirt worden. Bei deren Vergleichung thaten sich unerwartete Schwierigkeiten hervor: die Handschriften mußten nach den verschiedenen Indischen Recensionen des Textes classificirt, und die Methode ihrer Benutzung nach genauer Prüfung festgestellt werden. Die Fortsetzung wird bald erfolgen können, da für das zweite Buch des Gedichtes alle Materialien gesammelt, auch bereits für die folgenden Bücher beträchtlich vorgearbeitet ist.
Die Auflage ist 400 Exemplare stark: nämlich 200 Ex. auf geglättetem Velin, und 200 auf schönem Druckpapier. Die Subscription ist bis jetzt sehr gering, und beläuft sich noch [3] nicht auf 50 Ex. Dieß war nicht anders zu erwarten, da bei einem so weitläuftigen, schwierigen und kostbaren Werke viele Liebhaber immer den Zweifel hegen, ob es auch wirklich ausgeführt werden wird. Die Buchhändler welche in London, Paris und Bonn die Commission für Europa und Asien übernommen haben, versichern mich jedoch, nach Erscheinung des ersten Bandes werde die Zahl der Subscribenten noch beträchtlich zunehmen.
Den Preis habe ich im Verhältniß zu dem Umfange und der typographischen Eleganz sehr mäßig angesetzt. Die zwei vorhandenen Bände der Serampurer Ausgabe kosten in London £ 8; der mittlere ist durch einen Schiffsbruch verloren gegangen. Alle drei Bände würden, wenn sie zu haben wären, £ 12 kosten; sie enthalten so viel, als meine beiden ersten Bände umfassen werden, wovon der Subscriptionspreis nur auf das Drittel angesetzt ist. Jene Ausgabe ist nun völlig werthlos, wegen ihrer Incorrectheit und des Mangels an Kritik. Die beigefügte Englische Übersetzung ist geschmacklos, fehlerhaft und nicht selten sinnlos. Wie die typographische Ausführung sich zu der meinigen verhält, werden Ew. Hochwohlgeboren aus dem beigefügten Exemplar ersehen. Indessen fand man das Unternehmen so wichtig und für das Studium des Sanskrit so förderlich, daß der Staatsrath von Indien und die Asiatische Gesellschaft in Calcutta den Herausgebern, zwei Englischen Missionaren, eine jährliche Gratification von 3600 Rupien dafür bewilligte, [4] welche sie sechs bis acht Jahre genossen haben, ohne die weitere Fortsetzung zu liefern.
Erst wenn ich die ganze Auflage auf Velin-Papier zu dem Subscriptions-Preise, wovon die Hälfte den Buchhändlern für die Commission anheim fällt, abgesetzt hätte, würden ungefähr die Kosten gedeckt seyn; wo mir alsdann die 200 Exemplare, welche für jetzt gar nicht ausgegeben werden, als Grundlage des reinen Ertrages übrig bleiben.
Ich bringe aber hiebei nur die sehr beträchtlichen Kosten für Satz, Druck und Papier in Anschlag, welche sich bei jedem Bande erneuern, nicht den anderweitigen zu diesem Behufe gemachten Aufwand: z. B. meine Reise nach England und die Unterstützung meines Gehülfen, da ihm zwar das vorgeordnete Ministerium als Reise-Stipendium auf das erste Jahr 300 Thl, auf das zweite 400 Thl bewilligt hatte, diese Summe aber bei dem theuren Preise aller Bedürfnisse in London und Paris nicht ganz hinreichte, überdieß sein Aufenthalt im Auslande sich um ein halbes Jahr verlängert hat.
Von dem Hitôpadêśa ist der Text ebenfalls fertig gedruckt; es fehlt zur Herausgabe der ersten Abtheilung nur noch die Lateinische Vorrede. Dem Werke wird der Name des Dr. Lassen mit [5] dem meinigen vorgesetzt werden, wie es auch gemeinschaftlich von uns ausgeführt worden ist. Die zweite Abtheilung soll eine Lateinische Übersetzung nebst Sacherklärungen, die dritte kritische Anmerkungen enthalten, erstere von mir, letztere von Hrn. Lassen, jedoch unter beständiger gemeinsamer Berathung ausgearbeitet.
Von diesem Buche sind bereits zwei Drucke vorhanden, der eine in Indien, der andre in London veranstaltet. Beide sind aber äußerst fehlerhaft, besonders die Londoner Ausgabe, welche demungeachtet viele Jahre als Schulbuch in der Ostindischen Lehranstalt zu Hayleybury gebraucht worden ist. Auch zwei Englische Übersetzungen giebt es, von berühmten Verfassern: von Dr Wilkins und Sir William Jones. Beide wimmeln von den seltsamsten Misverständnissen und können jetzt beinahe nur noch dazu dienen, die unermeßlichen Schwierigkeiten recht anschaulich zu machen, welche für Europäer überwunden werden mußten, um zum richtigen Verständnisse der Indischen Bücher zu gelangen, da so ausgezeichnete Männer dabei in solche, zum Theil lächerliche Irrthümer hineingerathen sind.
Wir haben nur zwei Handschriften collationiren können, hoffen aber durch die That zu zeigen, wie viel sich, auch bei einem mäßigen Vorrath von Hülfsmitteln durch scharfe Kritik und genaue Hermeneutik für die Berichtigung der Texte leisten läßt.
[6] Dieses mit Recht hochberühmte, sinnreiche und unterhaltende Fabelbuch ist ganz vorzüglich zur praktischen Übung für Anfänger geeignet, weil es neben leichter Erzählung in Prosa eine große Mannichfaltigkeit dichterischer Sentenzen enthält, welche aus verschiedenen Schriftstellern entlehnt, und in sehr verschiedenem Style abgefaßt sind. Ich habe die Ausgabe deswegen so eingerichtet, daß sie zu einem mäßigen Preise verkauft werden kann. Es sind davon 300 Ex. gedruckt worden.
Eben jetzt, da diese beiden Werke gleichzeitig erscheinen, sind neun Jahre verflossen seit ich von dem verewigten Staatskanzler und dem vorgeordneten Ministerium durch zwei Rescripte vom 25sten März und vom 2ten April 1820 den Auftrag erhielt: „das Studium der Indischen Sprache und Litteratur in Deutschland dauerhaft zu begründen, zu verbreiten, zu erleichtern, und die deshalb zu treffenden Anstalten an die Existenz der Universität von Bonn zu knüpfen.“ Ich bitte Ew. Hochwohlgeboren um Erlaubniß, eine kurze Übersicht des in dem oben erwähnten Zeitraum für diesen Zweck geleisteten vorlegen zu dürfen.
Typographische Arbeiten.
Die erste und nothwendigste Bedingung aller ferneren Fortschritte war die Möglichkeit Original-Texte mit den der Sanskrit-Sprache eigenthümlichen Buchstaben und zwar in der classischen Devanagari Schrift drucken zu können. Bisher gab es aber nur eine einzige Indische Druckerei in Europa: nämlich die von dem gelehrten Wilkins, welcher selbst Schriftstecher und Schriftgießer ist, nicht ohne große Mühe zu Stande [7] gebrachte, welche der Ostindischen Compagnie gehört. Denn das früher in der Römischen Propaganda, und in der Königlichen Druckerei in Paris versuchte, war entweder unzulänglich, oder völlig unbrauchbar. In Ermangelung der Drucklettern hatte man sogar zum Kupferstich und zur Lithographie seine Zuflucht genommen. Hr. von Chézy, Professor des Sanskrit in Paris, hat einige Blätter aus dem Ramayana in Bengalischer Schrift in Kupfer stechen lassen. Die Lithographie ist in Deutschland angewendet worden, von Hrn. Othmar Frank, gegenwärtig Professor in München, auf eine höchst ungeschickte und entstellende Weise, vom Professor Bernstein in Breslau mit lobenswerther Sauberkeit.
Indessen ist es einleuchtend, daß so kostspielige und mühsame Mittel nur zu kleinen Proben hinreichen, und bei der Beschränkung darauf jedes Unternehmen von einigem Umfange unmöglich bleiben muß. Mein erster Vorschlag war demnach auf die Anlage einer Indischen Druckerei gerichtet. Wiewohl das Königliche Ministerium sowohl den Erwerb als den Ruhm dieser Arbeit einheimischen Schriftstechern und Schriftgießern zuzuwenden wünschte, so hatte ich doch das Glück Hochdasselbe zu überzeugen, daß es am zweckmäßigsten sey, die Lettern in Paris anfertigen zu lassen, theils wegen der hohen Vollkommenheit, womit dort die typographischen Künste ausgeübt werden, theils weil ich die Muster ausgezeichnet schöner Manuscripte aus der Königlichen Bibliothek beständig dabei vor Augen haben konnte.
Ich reiste im Herbste des Jahres [8] 1820 nach Paris und blieb dort acht Monate bis zum nächsten Sommer. Vor meiner Abreise waren alle Arbeiten des Schriftstechers beendigt; auch der Schriftgießer war auf das Genaueste von mir unterrichtet worden, und hatte gelungene Proben eingeliefert.
Es war zur Leitung dieses Geschäftes nicht wenig Geduld erfoderlich. Ich mußte mich selbst zuvörderst von der ganzen Technik der Buchdruckerkunst unterrichten, mußte mancherlei Versuche anstellen und Erfahrungen machen, um die richtigen Verhältnisse, die besten Formen und zweckmäßigsten Einrichtungen zu treffen; ich mußte dem Schriftstecher das Modell zu jedem Stempel wiederhohlt vorzeichnen, und ihm bei der ungewohnten Arbeit sozusagen die Hand führen, weswegen ich fast täglich vier bis fünf Stunden in seiner Werkstätte, dann in der Werkstätte des Schriftgießers zubrachte.
Die Aufgabe war außerdem, den Druck so viel möglich zu erleichtern und zu vereinfachen. Es ist aber mit der Indischen Typographie so ergangen, wie mit der Griechischen, wo die Satzkosten auch anfangs übermäßig weitschichtig waren, weil man alle Ligaturen der Handschriften auf besondern Stempeln nachahmen zu müssen glaubte. Indessen waren diese Ligaturen eigentlich nur Schreibverkürzungen, deren man sich nach und nach, wiewohl bis auf den heutigen Tag noch nicht in allen Druckereien, entledigt hat. In der Indischen Schrift hingegen sind diese Ligaturen nach grammatischen Gesetzen nothwendig: es durfte daran nichts verändert werden, als daß man sie aus mehreren Lettern künstlich zusammensetzte. Bei den ersten in Indien angefertigten Druckereien hatte [9] man über 700 Stempel gebraucht, da ich bei meiner Methode mit 250 ausreiche. Die Zerlegung der Ligaturen hatte schon Wilkins erfunden, auch die Anfügung der Vocalzeichen über und unter den Hauptbuchstaben vereinfacht, indem er die Lettern auf doppelte Weise, mit einem Überschuß leeren Raumes oben und unten, und wiederum verkürzt und auf die bloße Figur reducirt, gießen ließ. Ich fügte die ganz neue Erfindung hinzu, die Lettern mit einem doppelten Ausschnitt zu gießen, wodurch die eingefugten kleinen Lettern einen festeren Stand und, wo sie unterschnitten sind, eine Stütze gewinnen.
Erst im Februar 1822 kam der bestellte Vorrath gegossener Lettern aus Paris an. Nun hatte ich den Setzkasten systematisch einzurichten um dem Setzer die größte Erleichterung zu verschaffen, welches keine geringe Arbeit war. Hierauf schritt ich sogleich im Sommer 1822 zum Druck des Bhagavad-Gîtâ, wobei ich aus Mangel eines erfahrnen Arbeiters selbst das Geschäft des Setzers übernehmen mußte, und den geschicktesten Setzer aus der Thormannischen Druckerei nur als Handlanger brauchen konnte. Hiebei hat er es dann gelernt, und die erworbene Geschicklichkeit weiter mitgetheilt, so daß jetzt in der genannten Druckerei mit der größten Leichtigkeit Sanskrit-Texte gesetzt werden.
Bei dem Druck zeigte sich die vollkommene Zweckmäßigkeit der Lettern indem alles genau zu einander paßte, und die unvermeidlichen unterschnittenen Theile unter der Presse nur äußerst selten abbrachen.
Nach dem einstimmigen Urtheile der Kenner übertreffen meine Typen sowohl an Schönheit als an charakteristischer Ähnlichkeit mit den Originalen nicht nur alle in Indien sondern auch die von Wilkins angefertigten Devanagari-Schriften.
[10] Ich hatte die Matrizen und Gußformen in Paris in sicherer Verwahrung zurückgelassen, um dort bei den schon eingeübten Künstlern einzelne Ergänzungen und Verbesserungen, da die Berechnung der Gesamtkosten schon abgeschlossen war, allenfalls auf meine Kosten bestellen zu können. Da jedoch das Königliche Ministerium zu Anfange Februars 1822 die Ablieferung der sämtlichen zu einem neuen Gusse dienlichen Geräthe, Stempel, Matrizen und Gußformen nach Berlin abfoderte, so wurde diesem Befehle unverzüglich Folge geleistet.
Der neue Guß der Devanagari-Lettern für die Königliche Akademie der Wissenschaften in Berlin ist unter Professor Bopp’s Leitung ziemlich gut ausgefallen, wiewohl derselbe dem Parisischen nicht gleichkommt.
Die Asiatische Gesellschaft in Paris brauchte zu ihren Zwecken nothwendig Devanagari-Schriften: der Aufwand der Anfertigung wurde aber für ihre beschränkten Mittel zu groß befunden, sie wünschte daher einen Guß aus Berlin auf ihre Kosten zu erlangen. Die Gesellschaft wandte sich zuerst an mich mit der Anfrage, ob die Mittheilung mir etwa unangenehm seyn würde. Ich erwiederte, sie werde mir vielmehr das größte Vergnügen machen, und ertheilte die nöthigen Anweisungen. Se. Excellenz der Hr. Staatsminister von Altenstein, immer auf alles bedacht, was die Fort schritte der Wissenschaft fördern kann, bewilligte das Gesuch der ausländischen Gelehrten. Hierauf geruhete des Königs Majestät huldreichst zu befehlen, daß der Asiatischen Gesellschaft mit dem angefertigten Vorrathe in Allerhöchst Ihrem Namen ein Geschenk gemacht würde.
Seitdem sind in Berlin auf den Betrieb und unter der Leitung des Professor Bopp Lettern von kleinerem Kaliber gestochen und gegossen worden. Es ist leicht, von einem schon vorhandenen [11] Modell eine Copie, bloß in veränderten Dimensionen, zu Stande zu bringen. Wo aber dort Abänderungen der von mir vorgezeichneten Figuren beliebt worden sind, da sind sie meines Erachtens völlig misrathen. Von diesen kleinen Lettern hat das Königliche Ministerium der hiesigen Universität einen Guß von einem Centner bewilligt. Ich werde deßhalb meinen Kollegen in der Königlichen Akademie Vorschläge zu einigen Ergänzungen und Verbesserungen thun.
Verzeichniß
meiner seit neun Jahren erschienenen Schriften über Indische Sprachkunde, Litteratur und Alterthümer.
I. In Europäischen Sprachen.

Indische Bibliothek, zwei Bände in 8 einzelnen Heften vom Jahre 1820 bis 27 herausgegeben. Sie enthält Beurtheilungen, Proben Indischer Poesie, Aufsätze über Sprachkunde, historische Forschungen u. s. w., fast ohne Ausnahme von mir selbst abgefaßt.
Der Zweck dieser Zeitschrift war, theils den Gelehrten das neueste aus diesem Fache mitzutheilen, teils die Theilnahme des gebildeten Publicums zu gewinnen. Das letztere ist mir nicht ganz nach Wunsch gelungen: nach der Versicherung des Verlegers sind nicht viel über 300 Exemplare abgesetzt. Jedoch habe ich in Erfahrung gebracht, daß einige Exemplare nicht nur bis in die Indische Halbinsel, sondern sogar bis nach Java gelangt sind.
Im Journal Asiatique, welches die Gesellschaft in Paris herausgiebt, folgende Aufsätze:
Observations sur la critique du Bhagavad-Gîtâ, insérée dans le Journal Asiatique (T. IX, 1826).
[12] Observations sur quelques médailles bactriennes et indo-scythiques nouvellement découvertes (Nouveau Journal As. No. XI, Nov. 1828).
Ferner
kritische Bemerkungen über die ersten Capitel vom Gesetzbuch des Manu, von Prof. Haughton in seiner vortrefflichen Ausgabe (London 1825) mit Nennung meines Namens benutzt.
Im Berliner Kalender auf 1829:
Über die Zunahme und den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse von Indien. Erste Abtheilung, bis auf Vasco de Gama.
Die ersten Capitel einer Lateinisch abgefaßten Sanskrit-Grammatik sind meinen Schülern handschriftlich zur Benutzung mitgetheilt worden.
II. Original-Texte.
1. Bhagavad-Gîtâ, id est,Θɛσπɛσιoν μελος, sive almi Krishnae et Arjunae colloquium de rebus divinis. Textum recensuit, annott. crit. et interpretat. Lat. adiecit A. G. a Schlegel. 1823. 8° pp. XXVI et 190.
2. 
Râmâyańa, id est carmen epicum de Ramae rebus gestis. Poetae antiquissimi Vâlmîcis opus. Textum codd. Mss. collatis recensuit, interpretat. Lat. et annotatt. criticas adiecit A. G. a Schlegel. Vol. I, P. I. 1829. 8° pp. LXXII et 380.
3.
Hitôpedêśa, id est Institutio salutaris. Textum codd. Mss. collatis recensuerunt, interpretationem Latinam et annotatt. criticas adiecerunt A. G. a Schlegel et Christianus Lassen, Dr. P. 1. 4to pp. 133.
[13] Gelehrte Reisen.
Während meines achtmonatlichen Aufenthalts in Paris vom Ende Septembers 1820 bis Ende Juni 1821 wurde der größte Theil meiner Zeit durch die typographische Besorgung hingenommen. Indessen erübrigte ich doch noch einige Stunden, um folgende Texte zu collationiren: die Bhagavad-Gîtâ nach allen in der Königlichen Bibliothek befindlichen Handschriften; die drei ersten Bücher des Hitôpedêsa nach der einzigen vorhandenen Handschrift; einen Theil vom ersten Buche des Râmâyańa, nach Einer Handschrift.
Die Reise nach London, welche ich im Herbste des Jahres 1823 vom Anfange Septembers bis Mitte Novembers in Begleitung meines Schülers Lassen unternahm, hatte vornämlich folgende Zwecke: alle dort in den öffentlichen Bibliotheken vorhandenen Manuscripte des Râmâyańa selbst genau zu untersuchen; meinem Gehülfen zu deren Benutzung die nöthige Anweisung zu ertheilen, und ihn auf die oft sehr schwierige Lesung der Manuscripte sowohl in Devanagari als Bengalischer Schrift einzuüben; endlich mit den Gelehrten des Faches sowohl als mit den aus Indien zurückgekehrten Staatsmännern litterarische Verbindungen anzuknüpfen.
Dieses alles gelang vollkommen nach Wunsch. Von der kurz zuvor gestifteten Asiatischen Gesellschaft in London wurde ich während meines Aufenthalts zum Ehren-Mitgliede aufgenommen, [14] und in dieser Eigenschaft bei einer öffentlichen Sitzung von dem damaligen Minister der Ostindischen Angelegenheiten (president of the board of controul) Herrn Wynne auf die schmeichelhafteste Weise begrüßt.
Ich machte während meines kurzen Aufenthalts [Ausflüge] nach Hayleyburg, dem Sitz der Ostindischen Lehranstalt; nach Cambridge und nach Oxford. In Cambridge fand ich nichts für meinen nächsten Zweck; in Oxford entdeckte ich die vorhandenen Sanskrit-Manuscripte wieder, welche gänzlich in Vergessenheit begraben waren.
Gelehrte Hülfsmittel und Sammlung von Kunstsachen.
Um Bonn zum Hauptsitz des Studiums der Sanskrit-Litteratur in Deutschland und vielleicht in Europa zu machen, war es nöthig die Hülfsmittel herbeizuschaffen. Dieß habe ich ganz aus eignen Mitteln bestritten. Die hiesige Universitäts-Bibliothek besitzt nur weniges in diesem Fache, weil ich nie auf die Anschaffung solcher Bücher angetragen habe, um andern Fächern der Gelehrsamkeit nicht in den Weg zu treten. In meiner Bibliothek wird nicht ein einziges Stück von allem fehlen, was in Europa und in Indien an Elementarbüchern und Originaltexten gedruckt worden ist. Von den letzteren sind einige schon sehr selten geworden, und sind in Europa gar nicht mehr zu haben. Dazu kommen viele neuere Englische und Französische Schriften über Indien, und mehrere kostbare Kupferwerke. Ich besitze auch einige Manuscripte, darunter zwei mikrographische mit Miniaturen verzierte von großer Seltenheit; ferner Indische Kunstsachen, über hundert Original-Gemälde, Idole in Bronze, Bildwerke in Elfenbein usw.
Unterricht.
Seit dem Sommer 1820 habe ich fortwährend jedes Semester, drei Stunden wöchentlich ein unentgeltliches Privatissimum über die Sanskrit-Sprache gegeben, die grammatischen Elemente gelehrt, und die Schüler verschiedene Bücher, den Nalus, herausgegeben von Bopp, die Bhagavad­Gîtâ, den Râmâyańa und den Hitôpadêsa interpretiren lassen.
Wie wohl ich die Studirenden, welche sich meldeten, mehr abmahnte als aufmunterte, und sie immer einlud wohl zu erwägen, ob das schwierige Unternehmen mit ihrem übrigen Studienplane vereinbar sey, hat es doch niemals an Schülern gefehlt. Unter diesen waren zwei Ausländer, ein Engländer und ein Franzose, beide schon gebildete und auf einer litterarischen Reise begriffene Männer.
Einer meiner fähigsten und eifrigsten Schüler, der Studiosus Görres, hat bei einer schwierigen Preisfrage über die Latinität des Cicero den Preis gewonnen, und dadurch gezeigt, daß ein gründliches Studium der classischen Philologie sich gar wohl mit der Erlernung des Sanskrit vereinigen läßt.
Zwei meiner Schüler halten bereits auf einheimischen Universitäten Vorlesungen über das Sanskrit: Professor von Bohlen in Königsberg und Dr. Lassen hier.
Unter allen Schülern, die ich bisher gebildet, hat der letztgenannte [15] Dr Lassen durch Beharrlichkeit, Sprachtalent und kritischen Scharfsinn sich am meisten hervorgethan. Auch im Auslande hat er die Aufmerksamkeit der Kenner des Faches sowohl durch seine im Druck erschienenen Schriften als durch anderweitige Mittheilungen (z. B. durch einen verbesserten Catalog der Handschriften der Königl. Bibliothek in Paris) auf eine sehr vorteilhafte Art auf sich gezogen. Niemand würde so gut im Stande seyn als dieser talentvolle junge Mann, das große und schwierige Unternehmen der Herausgabe des Râmâyańa ganz in meinem Sinne fortzusetzen, falls ich dessen Vollendung nicht erleben sollte.
Bonn, d. April 1829
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