• Christian Friedrich Tieck to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Turin · Place of Destination: Coppet · Date: 23.10.1808
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Christian Friedrich Tieck
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Turin
  • Place of Destination: Coppet
  • Date: 23.10.1808
    Printed Text
  • Bibliography: „Geliebter Freund und Bruder“. Der Briefwechsel zwischen Christian Friedrich Tieck und August Wilhelm Schlegel in den Jahren 1804 bis 1811. Hg. und kommentiert v. Cornelia Bögel. Dresden 2015, S. 190–191.
  • Incipit: „[1] Turin den 23. 8br. 18o8.
    Geliebter Freund und Bruder. Gestern bin ich hier angekommen, weil ich vor dem Montag Nachmittag in [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-5
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,20,25
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. U. u. Adresse
  • Format: 24,4 x 18,7 cm
    Language
  • German
[1] Turin den 23. 8br. 18o8.
Geliebter Freund und Bruder. Gestern bin ich hier angekommen, weil ich vor dem Montag Nachmittag in Genua keinen Paß bekommen konnte, und alsdann auf einen andern Waagen bis Mittwoch warten muste. Der Weeg von Genua bis hieher ist eigentlich so kurz das es mir Leid thut ihn nicht zu Fuß gemacht zu haben, denn es ist sündlich 3½ Tage zu Waagen darauf zuzubringen. Nun werde ich Morgen früh Montag von hir abreisen, komme aber nicht eher in Genf an als am heute, Sonntag über 8 Tage weil ich nicht mit der Diligence gehe. Denn die Diligence kostet bis Genf 80 Frank[en], ich habe aber nicht mehr als ohngefähr 52. hieher gebraucht, und da ich gestern und heut noch davon einiges ausgeben muß, und einiges unterwegs, so konnte ich sie also unmöglich bezahlen. Ich habe also lieber einen Vetturin genommen, der mich für 84 Frank bis Genf bringt und Abendessen und Nacht bezahlt. also für wenig mehr als die Diligence kostet komme ich nach Genf, aber freilich zwei Tage Später. Hätte ich allen Auffenthalt gewust, und daß ich so späth erst ankäme ich wäre⎣villeicht⎦nicht von Rom weg gegangen, doch nun ist es einmahl geschehn. Ich komme also Sonntag in Genf an, und werde im Gasthof an balençe Waage absteigen. Also Geliebter Freund hoffe ich dich dort zu sehen. Kannst du aber nicht kommen so bitte ich dich inständigst mache eine Veranstaltung das ich dort im Gasthofe, der balençe das Geld vorfinde welches ich nöthig habe um den Fuhrmann zu bezahlen. Ich werde eine Grausame Angst die gantze Woche ausstehen mich so heillos zu prostituiren, und den Fuhrmann nicht bezahlen zu können. Sei so gut und laß mich nicht in dise Noth gerathen. Ich höre Coppet ist so [2] nahe bei Genf, kannst du nicht selbst hinkommen? Unendlich lieb wäre mir es dich dich dort zu treffen. Es wäre zugleich auch nöthig um zu wissen was ich mit meinen Paß der nur bis Genf gültig ist, zu machen habe, um nach Coppet gehen zu dürffen. Laß dich also dort finden geliebter Bruder. Du selbst must sehen wie gut es ist dich dort erst zu sprechen, ich möchte nicht gern das ich dich in Coppet in andrer Geselschaft zu erst sähe, ich schäme mich da ich fürchte alle Fassung zu verliehren. Bedenke das es fast 5 Jahre sind. das wir uns nicht sahen, und wie meine Seele muß bewegt sein, durch alles was ich gerade in diser Zeit erfahren habe. fast alle Hoffnungen, wenigstens die liebste verschwunden oder auf lange Zeit hinausgeschoben. Endlich nahe am längst erwünschten Ziele dich wieder zu sehen. Denk das ich mit der festen Überzeugung zum Thor von Genf hineinfahre dich im Gasthof zu finden, und welch ein Fieber mich überfallen müste, wärst du nicht da. Ein schlechtes Mittagsessen, vielleicht in einem Mittelmässigen Gasthof, oder eine Stunde wartens, die du durch ein Buch verkürtzen kannst, kann dich doch unmöglich zurikhalten, wenn ich dir gestehe das ich nur aus Begierde dich wiederzusehen die ganze Reise gemacht, wo ich viele bittre Stunden verlebt, und die mir vielleicht manche bittre bittre Stunde noch zu bereiten wird. Laß mich also dein Gesicht in Genf sehen, am Sonntag vormittag heut über acht Tage. á la Balence, Gasthauss zu Genf. Leb wohl bis dahin, mit unsäglicher Ungeduld erwarte ich den Augenblick dich zu umarmen. Leb wohl. solten Briefe für mich angekommen sein, schon vor mir? Leb wohl geliebter Bruder, und verzeih mir das ich dir mehr koste als du gedacht, denn vielmehr als 1 Louisdor an Werth werde ich wohl nicht nach Genf bringen, und 3½ soll ich dort bezahlen. Noch ein[3]mahl lebe wohl und behalte mich lieb wie ich dich für meinen Bruder achte. Meine Empfehlung der Fr.[au] v[on] St.[aël] und wer sonst dort mich kennen solte. Leb wohl. Dein Bruder. Fr.[iedrich] Tieck.
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[1] Turin den 23. 8br. 18o8.
Geliebter Freund und Bruder. Gestern bin ich hier angekommen, weil ich vor dem Montag Nachmittag in Genua keinen Paß bekommen konnte, und alsdann auf einen andern Waagen bis Mittwoch warten muste. Der Weeg von Genua bis hieher ist eigentlich so kurz das es mir Leid thut ihn nicht zu Fuß gemacht zu haben, denn es ist sündlich 3½ Tage zu Waagen darauf zuzubringen. Nun werde ich Morgen früh Montag von hir abreisen, komme aber nicht eher in Genf an als am heute, Sonntag über 8 Tage weil ich nicht mit der Diligence gehe. Denn die Diligence kostet bis Genf 80 Frank[en], ich habe aber nicht mehr als ohngefähr 52. hieher gebraucht, und da ich gestern und heut noch davon einiges ausgeben muß, und einiges unterwegs, so konnte ich sie also unmöglich bezahlen. Ich habe also lieber einen Vetturin genommen, der mich für 84 Frank bis Genf bringt und Abendessen und Nacht bezahlt. also für wenig mehr als die Diligence kostet komme ich nach Genf, aber freilich zwei Tage Später. Hätte ich allen Auffenthalt gewust, und daß ich so späth erst ankäme ich wäre⎣villeicht⎦nicht von Rom weg gegangen, doch nun ist es einmahl geschehn. Ich komme also Sonntag in Genf an, und werde im Gasthof an balençe Waage absteigen. Also Geliebter Freund hoffe ich dich dort zu sehen. Kannst du aber nicht kommen so bitte ich dich inständigst mache eine Veranstaltung das ich dort im Gasthofe, der balençe das Geld vorfinde welches ich nöthig habe um den Fuhrmann zu bezahlen. Ich werde eine Grausame Angst die gantze Woche ausstehen mich so heillos zu prostituiren, und den Fuhrmann nicht bezahlen zu können. Sei so gut und laß mich nicht in dise Noth gerathen. Ich höre Coppet ist so [2] nahe bei Genf, kannst du nicht selbst hinkommen? Unendlich lieb wäre mir es dich dich dort zu treffen. Es wäre zugleich auch nöthig um zu wissen was ich mit meinen Paß der nur bis Genf gültig ist, zu machen habe, um nach Coppet gehen zu dürffen. Laß dich also dort finden geliebter Bruder. Du selbst must sehen wie gut es ist dich dort erst zu sprechen, ich möchte nicht gern das ich dich in Coppet in andrer Geselschaft zu erst sähe, ich schäme mich da ich fürchte alle Fassung zu verliehren. Bedenke das es fast 5 Jahre sind. das wir uns nicht sahen, und wie meine Seele muß bewegt sein, durch alles was ich gerade in diser Zeit erfahren habe. fast alle Hoffnungen, wenigstens die liebste verschwunden oder auf lange Zeit hinausgeschoben. Endlich nahe am längst erwünschten Ziele dich wieder zu sehen. Denk das ich mit der festen Überzeugung zum Thor von Genf hineinfahre dich im Gasthof zu finden, und welch ein Fieber mich überfallen müste, wärst du nicht da. Ein schlechtes Mittagsessen, vielleicht in einem Mittelmässigen Gasthof, oder eine Stunde wartens, die du durch ein Buch verkürtzen kannst, kann dich doch unmöglich zurikhalten, wenn ich dir gestehe das ich nur aus Begierde dich wiederzusehen die ganze Reise gemacht, wo ich viele bittre Stunden verlebt, und die mir vielleicht manche bittre bittre Stunde noch zu bereiten wird. Laß mich also dein Gesicht in Genf sehen, am Sonntag vormittag heut über acht Tage. á la Balence, Gasthauss zu Genf. Leb wohl bis dahin, mit unsäglicher Ungeduld erwarte ich den Augenblick dich zu umarmen. Leb wohl. solten Briefe für mich angekommen sein, schon vor mir? Leb wohl geliebter Bruder, und verzeih mir das ich dir mehr koste als du gedacht, denn vielmehr als 1 Louisdor an Werth werde ich wohl nicht nach Genf bringen, und 3½ soll ich dort bezahlen. Noch ein[3]mahl lebe wohl und behalte mich lieb wie ich dich für meinen Bruder achte. Meine Empfehlung der Fr.[au] v[on] St.[aël] und wer sonst dort mich kennen solte. Leb wohl. Dein Bruder. Fr.[iedrich] Tieck.
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