• Christian Friedrich Tieck to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Zürich · Place of Destination: Genf · Date: 19.01.1811
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Christian Friedrich Tieck
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Zürich
  • Place of Destination: Genf
  • Date: 19.01.1811
    Printed Text
  • Bibliography: „Geliebter Freund und Bruder“. Der Briefwechsel zwischen Christian Friedrich Tieck und August Wilhelm Schlegel in den Jahren 1804 bis 1811. Hg. und kommentiert v. Cornelia Bögel. Dresden 2015, S. 253–254 sowie 256–258.
  • Incipit: „[1] Zürich den 19ten Januar 1811.
    Mit großen Vergnügen habe ich deinen Brief erhalten, und eile solchen zu beantworten, und um dis [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-4
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,17,10
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. Paraphe
  • Format: 25 x 20,4 cm
    Language
  • German
[1] Zürich den 19ten Januar 1811.
Mit großen Vergnügen habe ich deinen Brief erhalten, und eile solchen zu beantworten, und um dis Schritt für Schritt [mit] deinem Brief zu thun so fange ich ebenfals mit dem Gelde an, nimm meinen Dank zum Voraus, denn ich verlasse mich darauf als auf das einzige das ich solches noch einmahl von dir, das lezte mahl erhalte, und nachdem allem was du von hier aus über mich weist, muß es dir sehr klar sein, das mir hier jedes Mittel fehlt. Ja ich würde wäre es nicht zu unverschämt sagen, laß es 6 Louisd’or sein, wenn es kann. Kömmt Geld hieher für mich an sende ich solches unberührt zurük, auf jeden Fall glaube ich es ersetzen zu können. Ich schrieb dir im lezten Brief, das K.[norring] erst am 16 Xbr in Königsberg gewesen, und von da aus in 12 Tagen also den 28 zu Hause sein wollte, mache er auch noch so schnelle Anstalten, so kann doch schwerlich vor Ende des Monaths Geld in München sein, und ich muß also wenigstens bis 4–6 Februar auf Nachricht davon warten, denn da Sachen von Werth nur mit der Diligence gehen, bleiben solche 6 Tage von München unterwegs.
Was die Büsten anbelangt, so weist du ja theurer Freund das ich das Schiksal habe, da ich immer sehr eilig schreibe, gemeinhin sehr wichtige Sachen oft die wichtigsten zu vergessen. Deine Büste ist längst sehr wohlbehalten in Weimar angekommen, und von den dortigen Kunstkennern gelobt. Ich habe auch längst deine Foderungen an Weisser geschrieben, doch habe ich noch keine Antwort erhalten, ich glaube er ist noch auf mich böse, weil ich ihm einmahl um eine Berechnung schrieb, welches er sehr übel nahm, zudem bin ich für den Transport der Büsten und andre Kleinigkeiten jezt wahrscheinlich in seiner Schuld da er sonst immer Kleinigkeiten von mir in Händen hatte, auch möchte ich nicht gern das du für die Büsten mehr als das was er nothwendig selbst auslegen muß wieder erstattetest. Im Spetherbst ist er immer sehr hipochondrisch, das kann auch ein Grund sein. Die Büste Goethes muß ich übrigens gestehen, lasse ich dir ungern machen, weil die Form sehr abstumpft, und kein [2] gutes Original mehr vorhanden, als das was der Dicke in Berlin noch hat, und ⎣das⎦welches Goethe selbst besizt. sehr leid hatt es mir gethan das ich nicht die gehörige Summe besaß um in Rom meine Marmor Büste abformen zu lassen. Augustes Büste hatt aber Weisser schon damahls vor mehreren Jahren mit deinen andren Sachen, eingepakt an Frommann übergeben. War nun dise nicht für dich bestimmt, oder [hat sie] Frommann nur nicht abgesendet? Sehr wünschte ich du könntest dich von Schik mahlen lassen, aber er wird Italien sobald nicht verlassen. und du nicht dort sobald wieder hinkommen. – Ich dank dir für die Nachricht des Postweges über den Simplom ich werdde disen also höchst wahrscheinlich benützen obgleich ich ihn enorm Theuer finde, da es wahrscheinlich aber ziemlich schnell geth.
Auch für die andren Nachrichten danke ich sehr. alles was du von den Bildnissen des Klaus von der Flühe schreibst ist auch meine Meinung, die ich am meisten mit dem sehr Charakteristischen Bilde welches ich schon besitze belegen kann, versteth sich für einen Menschen der diegleichen überhaupt sehen kann, nur will ich nichts versäumen, und mir einen Umweg von ein paar Tagen nicht verdriessen lassen, versteth sich das ich gar keinen andern Gedanken habe als zu Fuß zu gehen, und dis kann ich ja noch. Es ist mir dabei besonders um Stirn und Form des Schädels zu thun worüber mein Bild mich etwas verläßt. Nach Bern will ich außerdem gern um dort ein Bild des Adrian von Bubenberg selbst zu copiren, welches sich nach der Natur gezeichnet dort vorfindet.
Was du über deine Zeichnung Albertines schreibst mag sehr wahr sein, aber man muß dabei bedenken das ein solches Portrait nur immer ein Denkmahle der Zeit sein soll, und kann in welcher es entworffen wurde, besonders eines welches in einer ganz bestimmten Situation, und noch dazu in einer fingirten entworffen ist. Ich hoffe dir soll es gefallen, und ist Fr[au] v[on] St[aël] wenn es kömmt zu kaltblütig dagegen so ist es ein Geschenk für dich. Ich werde es auf jeden Fall eher schikken ehe ich selbst komme. Seit beinahe acht Tagen hab ich mich an den Engeln in der Walkür fast Todt gequält, endlich sind sie zu Stande, und ich denke sie sollen gelingen. [3] bei dem Geschäft mit Schelling ist mein Trost das er keinen andern Bildhauer finden wird der für disen Preiß und unter disen Bedingungen es macht, am wenigsten einen guthen, Antworte ihm wenn du willst auch in meinen Nahmen, ich gehe von hir in den ersten Tagen des Februar wahrscheinlich, du kannst es ja selbst bestimmen an dem was ich dir über K[norrings] Reise geschrieben habe.
Von der Schwester habe ich am Mittwoch keinen Brief gehabt, und das macht mich zittern, sie war so angegriffen durch Nachtwachen und die Sorgen das ich fürchte sie selbst ist krank, von K.[norring] rechne ich erst das sie in ein paar Tagen einen Brief haben kann, von seiner Ankunft, wenn er anders schreibt ohne gleich Geld zu schicken.
Was du mir schreibst das ich hier der Gegenstand des algemeinen Gespräches gewesen wundert mich gar nicht, ja es versteth sich bei der entsezlichen Neugierde hier von selbst, und allerdings gibt es hier auch wohl ein par Leute von denen ich zuverlässige Hülfe hätte erwarten können, allein ich habe solche nicht gekannt, als bis es zu spät war ⎣sie kennen zu lernen, und jezt geth es gar nicht mehr an⎦Die Stellen aus dem Goethe habe ich ganz recht verstanden, und auf die Zeichnungen welche dir gehörten angewandt, und eben die grosse für die Schwester welche noch nicht aufgezogen ist, auch mein Theurer Freund heisse ich jeden willkommen der meine Sachen sehen will, ja ich komme ihm auf halben Wege entgegen, nur ist es meine Natur zu Freund[en] wenig den Prahler zu machen, und jeden den ich sehe einzuladen, besonders wenn ich nur Scizzen zu zeigen habe, wovon alle nichts verstehen, und worüber sie hinter meinem Rücken nur spotten würden. Allerdings hatte ich hir gearbeitet als Bildhauer sobald ich gedacht so lange hir zu bleiben, und hätte es alsdann nicht den dritten Theil der Zeit nöthig gehabt. Aber wenn man meint⎣in⎦wenigen Tagen erlöst zu sein soll man dann eine Arbeit unternehmen die uns gleich 6 Wochen aufhält? – Das ich in dem hisigen Künstlerbuch keine Zeichnung geben wolle, ist wie manches eine Grobe Lüge welche man dir gesagt. Niemand von den Künstlern hatt erwartet das ich eher eine gebe wieder als bis ich abreise, wie solches auch alle andern Fremden bisher gethan haben. Ja die Hüllas war anfangs für dis Buch angefangen, spether habe ich sogar ein par Mitgliedern die Wahl unter meinen Scizzen gelassen welche sie für das Buch [4] am passendsten fänden – Ich glaube die Horner hat recht, sie meinte einmahl die Züricher dächten sich dergleichen aus weil sie sich schämten das ich so lange hier sei ohne durch sie beschäftigt zu sein, und wollten sich gewisser massen entschuldigen als sei es meine Schuld. Sie hätten es gern gesehen ich wäre als Bettler von Haus zu Haus gegangen um ihnen kleine Portr[a]itchen aus Alabaster zu schneiden, und betteln muß man doch nur bei Freunden, oder bei Fürsten und ihnen gleichen Personen, deren Rang den Schimpf aufhebt.
Es thut mir Leid das ich dir die deine Freude über die Entdekkung der zwei Manusscripte ein wenig verderben muß. Der hiesige Inspektor Horner, welcher mir eben dises Papiere mitgetheilt, hatt den Brief abgeschrieben und solchen dem von der Haagen zugeschikt, zweifelt aber fast das jener ihn erhalten da er nicht darauf geantwortet hat.
Auch erinnre ich mich obgleich dunkel, das Jacobi mir schon davon sprach in der lezten Zeit das ich in München war, weil er für die Bibliothek darüber in Handel war, doch wünschte er auch das man nicht davon sprechen möchte, und so hatte ich es wieder vergessen. Ich habe es nur der Schwester geschrieben, nachdem der Bruder längst aus München abgereist. Doch ist solches längst eine Conjektur von ihm, wie von der Hagen in seinen Vorbericht hat drucken lassen. – Den Verlangten Brief will ich dir nächstens abschreiben, es ist keine kleine Arbeit, er ist lang, und Bodmers Hand die abscheulichste welche mir je vorgekommen, und das will viel sagen, da ich eben meine eigne doch vor Augen habe. Auch noch sonst die Papiere durchsehen ob sie etwas neues enthalten, welches so weit ich es bis jezt gethan nicht der Fall ist. Doch ist ein Auszug der Varianten des St Gallens Codex dabei, ebenfalls von Bodmers Hand, und bezieht sich leider auf seine Abschrift, nemlich die Nachweisungen. Hast du diese Varianten noch nicht, will ich dir solche auch abschreiben. Antworte mir bald darüber, es ist zwar nur ein paar Bogen, aber es kostet mir doch Zeit, da ich dergleichen nur bei Lichte machen mag, und noch dazu vielleicht in Horners Zimmer machen muß also nur etwa von 6–8 Abends kann.
Da du noch so lange warten wilst so will ich es noch anstehen lassen deine Bücher von Füßli zu mahnen bis gegen meine abreise, doch Planir und Hefte lassen was nöthig ist. Die ganze Summe wird ungefähr einen Louisd’or betragen, dis Bücher welche du noch angemerkt kosten 1 Reichsthaler 16 Groschen zusammen wie ich seh. Ich konnte sie in dem Katalog nicht finden weil alle dise Sachen nicht unter Bodmers Nahmen stehn, sondern einzeln zerstreut vermuthlich weil Bodmers Nahme nicht auf dem Titel steth. Leb wohl und behalte mich lieb. Fr.[iedrich] T.[ieck]
[1] Zürich den 19ten Januar 1811.
Mit großen Vergnügen habe ich deinen Brief erhalten, und eile solchen zu beantworten, und um dis Schritt für Schritt [mit] deinem Brief zu thun so fange ich ebenfals mit dem Gelde an, nimm meinen Dank zum Voraus, denn ich verlasse mich darauf als auf das einzige das ich solches noch einmahl von dir, das lezte mahl erhalte, und nachdem allem was du von hier aus über mich weist, muß es dir sehr klar sein, das mir hier jedes Mittel fehlt. Ja ich würde wäre es nicht zu unverschämt sagen, laß es 6 Louisd’or sein, wenn es kann. Kömmt Geld hieher für mich an sende ich solches unberührt zurük, auf jeden Fall glaube ich es ersetzen zu können. Ich schrieb dir im lezten Brief, das K.[norring] erst am 16 Xbr in Königsberg gewesen, und von da aus in 12 Tagen also den 28 zu Hause sein wollte, mache er auch noch so schnelle Anstalten, so kann doch schwerlich vor Ende des Monaths Geld in München sein, und ich muß also wenigstens bis 4–6 Februar auf Nachricht davon warten, denn da Sachen von Werth nur mit der Diligence gehen, bleiben solche 6 Tage von München unterwegs.
Was die Büsten anbelangt, so weist du ja theurer Freund das ich das Schiksal habe, da ich immer sehr eilig schreibe, gemeinhin sehr wichtige Sachen oft die wichtigsten zu vergessen. Deine Büste ist längst sehr wohlbehalten in Weimar angekommen, und von den dortigen Kunstkennern gelobt. Ich habe auch längst deine Foderungen an Weisser geschrieben, doch habe ich noch keine Antwort erhalten, ich glaube er ist noch auf mich böse, weil ich ihm einmahl um eine Berechnung schrieb, welches er sehr übel nahm, zudem bin ich für den Transport der Büsten und andre Kleinigkeiten jezt wahrscheinlich in seiner Schuld da er sonst immer Kleinigkeiten von mir in Händen hatte, auch möchte ich nicht gern das du für die Büsten mehr als das was er nothwendig selbst auslegen muß wieder erstattetest. Im Spetherbst ist er immer sehr hipochondrisch, das kann auch ein Grund sein. Die Büste Goethes muß ich übrigens gestehen, lasse ich dir ungern machen, weil die Form sehr abstumpft, und kein [2] gutes Original mehr vorhanden, als das was der Dicke in Berlin noch hat, und ⎣das⎦welches Goethe selbst besizt. sehr leid hatt es mir gethan das ich nicht die gehörige Summe besaß um in Rom meine Marmor Büste abformen zu lassen. Augustes Büste hatt aber Weisser schon damahls vor mehreren Jahren mit deinen andren Sachen, eingepakt an Frommann übergeben. War nun dise nicht für dich bestimmt, oder [hat sie] Frommann nur nicht abgesendet? Sehr wünschte ich du könntest dich von Schik mahlen lassen, aber er wird Italien sobald nicht verlassen. und du nicht dort sobald wieder hinkommen. – Ich dank dir für die Nachricht des Postweges über den Simplom ich werdde disen also höchst wahrscheinlich benützen obgleich ich ihn enorm Theuer finde, da es wahrscheinlich aber ziemlich schnell geth.
Auch für die andren Nachrichten danke ich sehr. alles was du von den Bildnissen des Klaus von der Flühe schreibst ist auch meine Meinung, die ich am meisten mit dem sehr Charakteristischen Bilde welches ich schon besitze belegen kann, versteth sich für einen Menschen der diegleichen überhaupt sehen kann, nur will ich nichts versäumen, und mir einen Umweg von ein paar Tagen nicht verdriessen lassen, versteth sich das ich gar keinen andern Gedanken habe als zu Fuß zu gehen, und dis kann ich ja noch. Es ist mir dabei besonders um Stirn und Form des Schädels zu thun worüber mein Bild mich etwas verläßt. Nach Bern will ich außerdem gern um dort ein Bild des Adrian von Bubenberg selbst zu copiren, welches sich nach der Natur gezeichnet dort vorfindet.
Was du über deine Zeichnung Albertines schreibst mag sehr wahr sein, aber man muß dabei bedenken das ein solches Portrait nur immer ein Denkmahle der Zeit sein soll, und kann in welcher es entworffen wurde, besonders eines welches in einer ganz bestimmten Situation, und noch dazu in einer fingirten entworffen ist. Ich hoffe dir soll es gefallen, und ist Fr[au] v[on] St[aël] wenn es kömmt zu kaltblütig dagegen so ist es ein Geschenk für dich. Ich werde es auf jeden Fall eher schikken ehe ich selbst komme. Seit beinahe acht Tagen hab ich mich an den Engeln in der Walkür fast Todt gequält, endlich sind sie zu Stande, und ich denke sie sollen gelingen. [3] bei dem Geschäft mit Schelling ist mein Trost das er keinen andern Bildhauer finden wird der für disen Preiß und unter disen Bedingungen es macht, am wenigsten einen guthen, Antworte ihm wenn du willst auch in meinen Nahmen, ich gehe von hir in den ersten Tagen des Februar wahrscheinlich, du kannst es ja selbst bestimmen an dem was ich dir über K[norrings] Reise geschrieben habe.
Von der Schwester habe ich am Mittwoch keinen Brief gehabt, und das macht mich zittern, sie war so angegriffen durch Nachtwachen und die Sorgen das ich fürchte sie selbst ist krank, von K.[norring] rechne ich erst das sie in ein paar Tagen einen Brief haben kann, von seiner Ankunft, wenn er anders schreibt ohne gleich Geld zu schicken.
Was du mir schreibst das ich hier der Gegenstand des algemeinen Gespräches gewesen wundert mich gar nicht, ja es versteth sich bei der entsezlichen Neugierde hier von selbst, und allerdings gibt es hier auch wohl ein par Leute von denen ich zuverlässige Hülfe hätte erwarten können, allein ich habe solche nicht gekannt, als bis es zu spät war ⎣sie kennen zu lernen, und jezt geth es gar nicht mehr an⎦Die Stellen aus dem Goethe habe ich ganz recht verstanden, und auf die Zeichnungen welche dir gehörten angewandt, und eben die grosse für die Schwester welche noch nicht aufgezogen ist, auch mein Theurer Freund heisse ich jeden willkommen der meine Sachen sehen will, ja ich komme ihm auf halben Wege entgegen, nur ist es meine Natur zu Freund[en] wenig den Prahler zu machen, und jeden den ich sehe einzuladen, besonders wenn ich nur Scizzen zu zeigen habe, wovon alle nichts verstehen, und worüber sie hinter meinem Rücken nur spotten würden. Allerdings hatte ich hir gearbeitet als Bildhauer sobald ich gedacht so lange hir zu bleiben, und hätte es alsdann nicht den dritten Theil der Zeit nöthig gehabt. Aber wenn man meint⎣in⎦wenigen Tagen erlöst zu sein soll man dann eine Arbeit unternehmen die uns gleich 6 Wochen aufhält? – Das ich in dem hisigen Künstlerbuch keine Zeichnung geben wolle, ist wie manches eine Grobe Lüge welche man dir gesagt. Niemand von den Künstlern hatt erwartet das ich eher eine gebe wieder als bis ich abreise, wie solches auch alle andern Fremden bisher gethan haben. Ja die Hüllas war anfangs für dis Buch angefangen, spether habe ich sogar ein par Mitgliedern die Wahl unter meinen Scizzen gelassen welche sie für das Buch [4] am passendsten fänden – Ich glaube die Horner hat recht, sie meinte einmahl die Züricher dächten sich dergleichen aus weil sie sich schämten das ich so lange hier sei ohne durch sie beschäftigt zu sein, und wollten sich gewisser massen entschuldigen als sei es meine Schuld. Sie hätten es gern gesehen ich wäre als Bettler von Haus zu Haus gegangen um ihnen kleine Portr[a]itchen aus Alabaster zu schneiden, und betteln muß man doch nur bei Freunden, oder bei Fürsten und ihnen gleichen Personen, deren Rang den Schimpf aufhebt.
Es thut mir Leid das ich dir die deine Freude über die Entdekkung der zwei Manusscripte ein wenig verderben muß. Der hiesige Inspektor Horner, welcher mir eben dises Papiere mitgetheilt, hatt den Brief abgeschrieben und solchen dem von der Haagen zugeschikt, zweifelt aber fast das jener ihn erhalten da er nicht darauf geantwortet hat.
Auch erinnre ich mich obgleich dunkel, das Jacobi mir schon davon sprach in der lezten Zeit das ich in München war, weil er für die Bibliothek darüber in Handel war, doch wünschte er auch das man nicht davon sprechen möchte, und so hatte ich es wieder vergessen. Ich habe es nur der Schwester geschrieben, nachdem der Bruder längst aus München abgereist. Doch ist solches längst eine Conjektur von ihm, wie von der Hagen in seinen Vorbericht hat drucken lassen. – Den Verlangten Brief will ich dir nächstens abschreiben, es ist keine kleine Arbeit, er ist lang, und Bodmers Hand die abscheulichste welche mir je vorgekommen, und das will viel sagen, da ich eben meine eigne doch vor Augen habe. Auch noch sonst die Papiere durchsehen ob sie etwas neues enthalten, welches so weit ich es bis jezt gethan nicht der Fall ist. Doch ist ein Auszug der Varianten des St Gallens Codex dabei, ebenfalls von Bodmers Hand, und bezieht sich leider auf seine Abschrift, nemlich die Nachweisungen. Hast du diese Varianten noch nicht, will ich dir solche auch abschreiben. Antworte mir bald darüber, es ist zwar nur ein paar Bogen, aber es kostet mir doch Zeit, da ich dergleichen nur bei Lichte machen mag, und noch dazu vielleicht in Horners Zimmer machen muß also nur etwa von 6–8 Abends kann.
Da du noch so lange warten wilst so will ich es noch anstehen lassen deine Bücher von Füßli zu mahnen bis gegen meine abreise, doch Planir und Hefte lassen was nöthig ist. Die ganze Summe wird ungefähr einen Louisd’or betragen, dis Bücher welche du noch angemerkt kosten 1 Reichsthaler 16 Groschen zusammen wie ich seh. Ich konnte sie in dem Katalog nicht finden weil alle dise Sachen nicht unter Bodmers Nahmen stehn, sondern einzeln zerstreut vermuthlich weil Bodmers Nahme nicht auf dem Titel steth. Leb wohl und behalte mich lieb. Fr.[iedrich] T.[ieck]
×
×