• Christian Friedrich Tieck to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Zürich · Place of Destination: Bern · Date: 02.09.1811
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Christian Friedrich Tieck
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Zürich
  • Place of Destination: Bern
  • Date: 02.09.1811
    Printed Text
  • Bibliography: „Geliebter Freund und Bruder“. Der Briefwechsel zwischen Christian Friedrich Tieck und August Wilhelm Schlegel in den Jahren 1804 bis 1811. Hg. und kommentiert v. Cornelia Bögel. Dresden 2015, S. 288–292.
  • Incipit: „[1] Zürich den 2t. 7br. 1811.
    Da ich gar nicht mehr wuste wo du dich aufhieltest geliebter Freund so war mir dein [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-4
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,17,20
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. U. u. Adresse
  • Format: 22,7 x 19,1 cm
    Language
  • German
[1] Zürich den 2t. 7br. 1811.
Da ich gar nicht mehr wuste wo du dich aufhieltest geliebter Freund so war mir dein Brief den ich gestern Abend erhielt eine sehr angenehme Ueberraschung, doch schmerzt es mich das da du noch in Bern bist, du nicht deinen Auffenthalt hier etwas mehr verlängert hast. Das ich dir nicht mehr geschrieben rührte bloß daher weil du mir ausdrüklich schriebst das du zu Ende August Bern verlassen würdest ohne zu sagen wohin du giengst, und ich da ich es anfangs versäumt hatte nachher nicht gern aufs gerathewohl Brife schikken mochte.
Von meiner Schwester habe ich mehrere Brife gehabt, in einem vom 29 August schrieb sie mir, das Knorrings Bruder als er die Nachricht vom Tode des Vaters erhalten sei in Moskau krank gewesen, und habe so also erst viel späther abreisen können, indeß sei er angekommen und beide seien in Finnland in den Augenblik wo sie eine ansehnliche Summe baares Geld zu haben hätten, wohin K.[norring] sogleich die benöthigten Summen senden würde, sie hatte mir zugleich eine kleine Summe beigelegt also ein Beweis das sie selbst etwas auch erhalten hatte, und nun mit mehr Ruhe den Ersatz abwarten könnte, doch thut es mir sehr leid das alles sich in eine so späthe Jahreszeit verzieht, welche mir in tausend Rüksichten über alles unangenehm ist. Zugleich schrieb sie mir aus K.[norrings] Brif die schmeichelhafteste Bitte für mich nicht ungeduldig zu werden und dise lezte geringe Verzögerung noch zu ertragen, und was kann ich ohnehin anders thun. Indeß habe ich meine Logis im Raben verlassen, um meine Rechnung nicht unnützer Weise immer mehr zu vergrössern, und wohne in einem privathause, adressire wenn du willst also nicht mehr dahin die Brife sondern nach Zürich, ich bin so bekannt das kein andere Adresse nöthig ist. – Was den Titorel anbetrift, so wünschte ich das du ihn bald wieder zurükschikken könntest, in kurzem wird die Revision der Bibliothek wieder sein. Horner sagte mir davon vor etwas mehr als acht Tagen, weil ich auch Bücher daher habe, und zugleich erwähnte er auch den Titorel das er ihn zurükwünsche zu der Zeit, wenn du also kannst sei so guth es bald zu thun. schicke auch nur das Museum dreist mit zurük, ich habe solches ihm noch nicht bezahlt, und es ist immer ein Ersparniß für dich da es ziemlich theuer ist, ich werde solches ihm sagen denn bestellt hatt er es gewiß noch nicht wieder. Doch werde ich ihn auch noch fragen wenn ich ihn sehe, denn deinen Brif erhielt ich erst gestern Abend späth als ich nach Hause kam, wo also nicht die Rede sein konnte ihn noch zu sprechen, und dis muß vor 10 Uhr auf die Post als du weist. Was ich zu Schelling [2] sagen soll weis ich nicht, das du mir seine Entschuldigungen nicht geschrieben hast dafür danke ich dir von ganzen Herzen, denn ich hätte mich wahrscheinlich doch nur darüber geärgert, auch glaube ich hätte ich es wenigstens eben so sehr verdient das er sich bei mir darüber entschuldigte als bei dir, zudem da er auf zwei Brife welche ich ihm in diser Sache geschrieben habe die Antwort schuldig ist.
Ein Mann der sich seines Betragens nicht zu schämen hatt braucht dir nicht sondern könnte mir schreiben ich hätte ein Versprechen nicht erfüllt es wäre also aufgehoben, du wirst mir es aber nicht verargen das ich von seiner Seite Falschheit darin erblikke, das er Zeichnungen von mir angenommen, und Projekte, das ich dafür schon früher die Büste gemacht habe, welche einmahls bezahlt ist da sie doch als Modell zum Monument anzusehen war, das ich mir so viele lange unterhandlungen und Abänderungen, und wiederhohlte Zeichnungen habe gefallen lassen. Schelling hatt also disen Plan schon fest gehabt als er mir eine Anweisung auf Maÿland verweigerte. Doch es ist sehr guth dis alles ist nicht das was mir unangenehm ist, sondern nur da du nun dis Geld verlierst, da ich natürlich außer eine unbedeutende Summe das übrige dir würde zurük habe bezahlen lassen. Lieb ist mir es das Thorvaldsen es machen soll, da ich wenigstens gegen keinen schlechten Gegner zurükgesetzt werde, sondern gegen den welchen ich selbst für den ersten jezt lebenden Bildhauer erkennen muß, trift es sich vollends das er durch dise Summe vielleicht gar bedarf, so ist es noch besser, da wenn K[norring] Wort hält ich deren nicht zu bedürfen glaube. Dann ist es mir noch um eines andren Grundes lieb, den ich dir jezt nicht vor[ent]halten will Meine Schwester nemlich hatt so viel Ursach über Schelling ungehalten zu sein, und meint das ich es ebenfals habe, das sie schon längst von mir gewünscht ich solle es nicht machen, was ich natürlich in Rüksicht deiner und des interesses welches du daran nimmst nicht habe thun wollen, auch weil ich die Summe nicht hätte dir zurük anweisen können. Diser Verlegenheit bin ich nun überhoben, und du kannst es mir nicht anrechnen. Ich vermuthe auch noch ein oder ein paar andre Menschen in dis Sache intressirt, da ich auch das Schiksal habe das die Menschen gegen die ich gefällig war sich gegen mich schlecht benehmen. Doch das ist dabei gleichgültig. Wenn auch die Portrait Büste Schellings die er anfangs bewunderte jezt von ihm verachtet wird so ist das sehr gleichgültig, wer so wenig Urtheil als Schelling über Kunst hatt, auf dessen Urtheil kömmt gar nichts an. Nur ist dis um so schwerer da wir mit einander ausmachten das ich ihm auch Basreliefs zu einem Monument Carolinens machen sollte, und es noch auf Rechnung [3] der Freundschaft nicht nur sie wohlfeil, sondern auch die Zahlungen so arrangirt wünschte wie es ihm am bequemsten ist, doch das ist alles gleichgültig, man muß die Menschen fahren lassen welche man sich nicht als Freunde erhalten kann.
Ueberhaupt muß ich wohl aufhören zu schreiben da es schon 9 Uhr ist, und ich eben durch des Architekten Catelo ankunft hier unterbrochen wurde, welcher mit seiner Frau auf der Reise nach Rom begriffen ist, wohin sein Bruder schon vorausgegangen. Er nimmt den Weeg über Bern, und wird dich daselbst aufsuchen. – Ich weis nicht ob ich dir es schon geschrieben habe das Schik aus Italien zurükkömmt, und seinen Weeg durch die Schweitz nimmt, du könntest es also leicht im vorbeigehen ausführen dich von ihm mahlen zu lassen. Leb wohl und behalt mich lieb. Hast du nichts gar nichts gehört wie die Zeichnung in Coppet gefallen hatt?
Ewig der deinige. Fr.[iedrich] Tieck
[4]
[1] Zürich den 2t. 7br. 1811.
Da ich gar nicht mehr wuste wo du dich aufhieltest geliebter Freund so war mir dein Brief den ich gestern Abend erhielt eine sehr angenehme Ueberraschung, doch schmerzt es mich das da du noch in Bern bist, du nicht deinen Auffenthalt hier etwas mehr verlängert hast. Das ich dir nicht mehr geschrieben rührte bloß daher weil du mir ausdrüklich schriebst das du zu Ende August Bern verlassen würdest ohne zu sagen wohin du giengst, und ich da ich es anfangs versäumt hatte nachher nicht gern aufs gerathewohl Brife schikken mochte.
Von meiner Schwester habe ich mehrere Brife gehabt, in einem vom 29 August schrieb sie mir, das Knorrings Bruder als er die Nachricht vom Tode des Vaters erhalten sei in Moskau krank gewesen, und habe so also erst viel späther abreisen können, indeß sei er angekommen und beide seien in Finnland in den Augenblik wo sie eine ansehnliche Summe baares Geld zu haben hätten, wohin K.[norring] sogleich die benöthigten Summen senden würde, sie hatte mir zugleich eine kleine Summe beigelegt also ein Beweis das sie selbst etwas auch erhalten hatte, und nun mit mehr Ruhe den Ersatz abwarten könnte, doch thut es mir sehr leid das alles sich in eine so späthe Jahreszeit verzieht, welche mir in tausend Rüksichten über alles unangenehm ist. Zugleich schrieb sie mir aus K.[norrings] Brif die schmeichelhafteste Bitte für mich nicht ungeduldig zu werden und dise lezte geringe Verzögerung noch zu ertragen, und was kann ich ohnehin anders thun. Indeß habe ich meine Logis im Raben verlassen, um meine Rechnung nicht unnützer Weise immer mehr zu vergrössern, und wohne in einem privathause, adressire wenn du willst also nicht mehr dahin die Brife sondern nach Zürich, ich bin so bekannt das kein andere Adresse nöthig ist. – Was den Titorel anbetrift, so wünschte ich das du ihn bald wieder zurükschikken könntest, in kurzem wird die Revision der Bibliothek wieder sein. Horner sagte mir davon vor etwas mehr als acht Tagen, weil ich auch Bücher daher habe, und zugleich erwähnte er auch den Titorel das er ihn zurükwünsche zu der Zeit, wenn du also kannst sei so guth es bald zu thun. schicke auch nur das Museum dreist mit zurük, ich habe solches ihm noch nicht bezahlt, und es ist immer ein Ersparniß für dich da es ziemlich theuer ist, ich werde solches ihm sagen denn bestellt hatt er es gewiß noch nicht wieder. Doch werde ich ihn auch noch fragen wenn ich ihn sehe, denn deinen Brif erhielt ich erst gestern Abend späth als ich nach Hause kam, wo also nicht die Rede sein konnte ihn noch zu sprechen, und dis muß vor 10 Uhr auf die Post als du weist. Was ich zu Schelling [2] sagen soll weis ich nicht, das du mir seine Entschuldigungen nicht geschrieben hast dafür danke ich dir von ganzen Herzen, denn ich hätte mich wahrscheinlich doch nur darüber geärgert, auch glaube ich hätte ich es wenigstens eben so sehr verdient das er sich bei mir darüber entschuldigte als bei dir, zudem da er auf zwei Brife welche ich ihm in diser Sache geschrieben habe die Antwort schuldig ist.
Ein Mann der sich seines Betragens nicht zu schämen hatt braucht dir nicht sondern könnte mir schreiben ich hätte ein Versprechen nicht erfüllt es wäre also aufgehoben, du wirst mir es aber nicht verargen das ich von seiner Seite Falschheit darin erblikke, das er Zeichnungen von mir angenommen, und Projekte, das ich dafür schon früher die Büste gemacht habe, welche einmahls bezahlt ist da sie doch als Modell zum Monument anzusehen war, das ich mir so viele lange unterhandlungen und Abänderungen, und wiederhohlte Zeichnungen habe gefallen lassen. Schelling hatt also disen Plan schon fest gehabt als er mir eine Anweisung auf Maÿland verweigerte. Doch es ist sehr guth dis alles ist nicht das was mir unangenehm ist, sondern nur da du nun dis Geld verlierst, da ich natürlich außer eine unbedeutende Summe das übrige dir würde zurük habe bezahlen lassen. Lieb ist mir es das Thorvaldsen es machen soll, da ich wenigstens gegen keinen schlechten Gegner zurükgesetzt werde, sondern gegen den welchen ich selbst für den ersten jezt lebenden Bildhauer erkennen muß, trift es sich vollends das er durch dise Summe vielleicht gar bedarf, so ist es noch besser, da wenn K[norring] Wort hält ich deren nicht zu bedürfen glaube. Dann ist es mir noch um eines andren Grundes lieb, den ich dir jezt nicht vor[ent]halten will Meine Schwester nemlich hatt so viel Ursach über Schelling ungehalten zu sein, und meint das ich es ebenfals habe, das sie schon längst von mir gewünscht ich solle es nicht machen, was ich natürlich in Rüksicht deiner und des interesses welches du daran nimmst nicht habe thun wollen, auch weil ich die Summe nicht hätte dir zurük anweisen können. Diser Verlegenheit bin ich nun überhoben, und du kannst es mir nicht anrechnen. Ich vermuthe auch noch ein oder ein paar andre Menschen in dis Sache intressirt, da ich auch das Schiksal habe das die Menschen gegen die ich gefällig war sich gegen mich schlecht benehmen. Doch das ist dabei gleichgültig. Wenn auch die Portrait Büste Schellings die er anfangs bewunderte jezt von ihm verachtet wird so ist das sehr gleichgültig, wer so wenig Urtheil als Schelling über Kunst hatt, auf dessen Urtheil kömmt gar nichts an. Nur ist dis um so schwerer da wir mit einander ausmachten das ich ihm auch Basreliefs zu einem Monument Carolinens machen sollte, und es noch auf Rechnung [3] der Freundschaft nicht nur sie wohlfeil, sondern auch die Zahlungen so arrangirt wünschte wie es ihm am bequemsten ist, doch das ist alles gleichgültig, man muß die Menschen fahren lassen welche man sich nicht als Freunde erhalten kann.
Ueberhaupt muß ich wohl aufhören zu schreiben da es schon 9 Uhr ist, und ich eben durch des Architekten Catelo ankunft hier unterbrochen wurde, welcher mit seiner Frau auf der Reise nach Rom begriffen ist, wohin sein Bruder schon vorausgegangen. Er nimmt den Weeg über Bern, und wird dich daselbst aufsuchen. – Ich weis nicht ob ich dir es schon geschrieben habe das Schik aus Italien zurükkömmt, und seinen Weeg durch die Schweitz nimmt, du könntest es also leicht im vorbeigehen ausführen dich von ihm mahlen zu lassen. Leb wohl und behalt mich lieb. Hast du nichts gar nichts gehört wie die Zeichnung in Coppet gefallen hatt?
Ewig der deinige. Fr.[iedrich] Tieck
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