[1] Dein Schicksal ist auch über mich gekommen – freundliche Gesichter zu machen und Langeweile im Herzen zu haben. Schenke mir das Aufzählen aller der wichtigen Kleinigkeiten, oder kleinen Wichtigkeiten, die eine ruhige Antwort auf einen solchen Brief so lange zurückhielten. Das wichtigste ist meine Rechtfertigung auf Deinen harten Vorwurf des Mangels an Menschlichkeit. Ich kann ihn nur dadurch beantworten, daß ich Dich selbst bitte, nur den Sinn meines ganzen Briefs zu nehmen, darin Du gewiß Achtung für Sinn des ganzen die Menschlichkeit, so bitte ich Dich das Papier ins Feuer zu werfen, wenn auch noch mehr scharfe Blicke darin wären, als Du gefunden. – Wenn aber nur ein einzelnes Wort mit diesem Sinn streitet – so erwäge, daß der Brief nicht in froher Ruhe geschrieben ist. Nur der Sinn des ganzen ist mein, nur diesen erkenne ich; das äußre trägt die Spur [2] der gepreßten Lage in der mein Herz sich fast immer ängstigt. – Du wirst mir aber verzeihen, nur das mit <innerstem> Scharfsinn zu untersuchen, was sie Dir ist, das was sie an sich ist nur mit dem Intereße, den ein großer <und neuer> Gegenstand giebt. Hier sehe ich noch immer mehr Verlangen nach dem Vergnügen die erste Stelle zu haben, als nach Liebe. – Es sind in Deinem letzten Briefe so viele neue Beweise Deiner Menschlichkeit, und so viel neue Gründe die Sache nur von der Seite anzusehen. – Doch mag ich den wahren Gesichtspunkt vielleicht ganz verfehlt haben, und ist dieß, so ist Deine halbe Eröffnung daran schuld. – Noch einen Vorwurf muß ich heben. – Unser Wesen ist <freilich> der Grund unsrer Handlungen. Doch glaube ich, wirst Du nie sagen; Du sollst verderben, weil ich so bin, oder Du bist gering, weil ich so denke: und nur dieß habe ich getadelt. Um alles in einem Worte zu fassen, was ich darüber [3] zu sagen habe, ich tadle sie nicht deshalb, weswegen Du sie verlassen hast sondern ich halte die Verbindung <mit ihr> einem Manne für gefährlich, wegen ihrer Neigung sich huldigen zu lassen. Sie steht doch in großer Achtung bey mir, diese Neigung ist nur eine Abart des Edelsten. – Ich überlasse es nun Dir, zu beurtheilen, ob ich Dich verstehe, und ob Du Recht thatst mich zum halben Vertrauten zu machen, und mir dadurch Offenherzigkeit aufzulegen.
[4] Hier ist itzt meine Hauptbeschäftigung durchgelesen. Ich lese zwar schnell, aber nicht alle Bücher. – Die Freude über den unerwarteten Fund war <wohl> das schönste, weil ich ihm nicht viel seyn kann; <denn> er weiß noch nicht, was er an mir haben könnte.
Für dießmahl kann ich Dich nicht mit Nachrichten von Büchern speisen. Ich lese seit einigen Monaten nur aus Pflicht – und ich habe einen solchen Büchereckel, daß ich vielleicht den ganzen Sommer nichts lesen werde, – Daß ich
Den Kunstwerken widme ich alle Zeit die mir die Menschen übrig lassen. Meine Gedanken darüber von
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