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August 1808<br>Auf Grund Ihres liebenswürdigen Briefes, für den ich Ihnen vielmals danke, habe ich Cachet zum zweiten Mal nach Genf geschickt, obwohl er sich bereits am Montag nach den Briefen aus Frankreich genau erkundigt hatte. Er erfuhr, daß auch mit der letzten Post nichts angekommen ist. Es scheint so, als ob irrtümlicherweise das ganze Paket anderswohin gesandt worden ist. Nur die Zeitungen sind eingetroffen.<br>Auch die Hüte sind nicht da, was ich in Ihrem Interesse sehr bedaure. <br>Cachet brachte nur einen von den Tischen mit, der für Sie bestimmt ist, da der andere noch nicht bei Herrn Gautier abgegeben war.<br>August und ich haben uns sehr gut geführt; wir haben fast eine ganze euripideische Tragödie gelesen, wir haben Schach gespielt und sind zusammen spazieren gegangen. Jetzt beginnt also meine völlige Einsamkeit, und ich werde keine anderen Erzählungen mehr hören als die des murmelte den Baches. Wenn ich das, ohne melancholisch zu werden, aushalte, habe ich meine Lehrzeit für La Trappe hinter mir. Aber machen Sie sich meinetwegen keine Sorgen: ich vermisse keine Gesellschaft, höchstens die Ihre. Ich denke, in diesen vierzehn Tagen mehr zu arbeiten, als in anderthalb Monaten, und ich hoffe, daß Sie mir nach Ihrer Rückkehr mehr Zeit zum Plaudern gewähren werden als bisher.<br>Von meinem Bruder kein Brief; ich habe ihm daher noch einmal heftig zugesetzt. Den Brief von Herrn de Carro [aus Wien] wage ich nicht zu öffnen, obwohl ich vermuten könnte, daß er einen von Albert enthält. Da Sie vielleicht nicht dieselben französischen Zeitungen in Lausanne bekommen können wie hier, schicke ich Ihnen die letzten. Die liebenswürdigen Bemerkungen über die Miliz, die man in Österreich aufgestellt hat – ohne Zweifel stammen sie aus dem Büro der Gesandtschaft – sind recht merkwürdig. 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Es war der junge [Louis] Manuel aus Rolle, der zwar mit seinen achtzehn Jahren bereits ein Dichter und ein Student des Griechischen und des Deutschen, trotzdem aber ein ganz verschlafener, schwerfälliger Mensch ist. Seine Umgebung scheint ihn zu bedrücken. Alles drängt ihn, einen langweiligen Pfarrerposten im Waadtland anzunehmen. Ich habe ihn ermutigt, sich ein etwas höheres Ziel zu setzen, in Heidelberg zu studieren usw. Er wird sicher nach Ihrer Rückkehr hierherkommen und Sie können ja dann sehen, ob ich ihn falsch eingeschätzt habe.<br>Ich habe Angst, Frossard wird trotz Ihrer Abwesenheit eines Tages doch hier vorsprechen. Der Nachhall der anregenden Unterhaltungen, der von Ihrer Gesellschaft im Schloß zurückgeblieben ist, wird ihm sicher noch angenehmer sein als sein häusliches Glück in Begnins.<br>Könnte man nicht das Andenken an Herrn Reverdil durch einen kleinen Artikel im <span class="slant-italic ">Publiciste</span> ehren? Wie Herr von Bonstetten behauptet, hat er die Sklaverei in Dänemark abgeschafft. Wenn seine Memoiren schon soweit sind, daß sie erscheinen können, würde ein solcher Artikel doch sicher einen Verleger ermutigen, sie zu drucken. Herr von Bonstetten wäre zweifellos am besten geeignet, einen solchen Artikel zu verfassen.<br>Das ist nun ein regelrechter langer Brief geworden, wie ich sie immer schreibe. Ich hoffe, Sie werden sich entsprechend revanchieren. Viel tausendmal Lebewohl, liebe Freundin.' $isaprint = true $isnewtranslation = false $statemsg = 'betamsg15' $cittitle = '' $description = 'August Wilhelm von Schlegel an Anne Louise Germaine de Staël-Holstein am 09.08.1808, Coppet' $adressatort = 'Unknown' $absendeort = 'Coppet <a class="gndmetadata" target="_blank" href="http://d-nb.info/gnd/1027948-9">GND</a>' $date = '09.08.1808' $adressat = array( (int) 4677 => array( 'ID' => '4677', 'project' => '1', 'timecreate' => '2014-03-13 16:12:09', 'timelastchg' => '2018-01-11 18:49:00', 'key' => 'AWS-ap-00hn', 'docTyp' => array( 'name' => 'Person', 'id' => '39' ), '39_gebdatum' => '1766-04-22', '39_toddatum' => '1817-07-14', '39_pdb' => 'GND', '39_dblink' => '', '39_name' => 'Staël-Holstein, Anne Louise Germaine de ', '39_namevar' => 'Necker, Anne Louise Germaine (Geburtsname)', '39_geschlecht' => 'w', '39_geburtsort' => array( 'ID' => '171', 'content' => 'Paris', 'bemerkung' => 'GND:4044660-8', 'LmAdd' => array([maximum depth reached]) ), '39_sterbeort' => array( 'ID' => '171', 'content' => 'Paris', 'bemerkung' => 'GND:4044660-8', 'LmAdd' => array([maximum depth reached]) ), '39_lebenwirken' => 'Schriftstellerin Germaine de Staël-Holstein war die Tochter des späteren französischen Finanzministers Jacques Necker und Suzanne Curchods. Sie heiratete 1786 den schwedischen Diplomaten Erik Magnus von Staël-Holstein in Paris. Die Eheleute lebten von Anfang an getrennt. Zu ihren ersten Veröffentlichungen zählten die „Lettres sur les ecrits et le charactère de J.-J. Rousseau“, die 1788 erschienen. Neben der Tätigkeit als Schriftstellerin wurde Germaine de Staël-Holstein als einflussreiche Salonnière berühmt. Unter ihrem politischen Einfluss stand u.a. Benjamin Constant, mit dem sie eine langjährige Beziehung führte und der der Vater ihrer Tochter Albertine war. Ihr politischer Liberalismus und die Befürwortung einer konstitutionellen Monarchie führten 1792 zu ihrer Verbannung ins schweizerische Exil. Gemeinsam mit ihren Kindern bezog sie Schloss Coppet am Genfer See, das nun zum Treffpunkt Intellektueller und Künstler ganz Europas avancierte. Nur selten war der Schriftstellerin der Aufenthalt in Frankreich gestattet. Während ausgedehnter Reisen in den Folgejahren nach Deutschland (1803/04 und 1808) und Italien (1805) war sie zumeist in Begleitung ihres Freundes und Hauslehrers AWS sowie Benjamin Constants. Großen Erfolg hatte sie mit ihrem Werk „De LʼAllemagne“ (1810) sowie mit ihrem Roman „Corinne ou LʼItalie“ (1807) und politischen Schriften. Die Verfolgung durch die französische Regierung veranlasste Germaine de Staël-Holstein am 23. Mai 1812 zur Flucht über die Schweiz nach Österreich, Russland und schließlich Schweden. Anschließend hielten sie sich von 1813 bis 1814 in London auf. Nach der Rückkehr in die Schweiz heiratete de Staël-Holstein 1816 den Vater ihres jüngsten Kindes, John Rocca.', '39_quellen' => 'WBIS@http://db.saur.de/WBIS/basicSearch.jsf@D834-624-6@ extern@Roger Paulin: August Wilhelm Schlegel. Cosmopolitan of Art and Poetry. Cambridge 2016.@ extern@Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Ges. u. erl. d. Josef Körner. 2. Bd. Die Erläuterungen. Zürich u.a. 1930, S. 121, 138. 138-139.@ extern@Hofmann, Etienne „Staël, Germaine de“, URL: http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/f/F16051.php@ Wikipedia@http://de.wikipedia.org/wiki/Anne_Louise_Germaine_de_Sta%C3%ABl@', '39_beziehung' => 'AWS machte gegen Ende des Jahres 1804 in Berlin die persönliche Bekanntschaft mit Germaine de Staël-Holstein. Als Hauslehrer ihrer Kinder gehörte er zum Coppeter Zirkel. Er begleitete Mme de Staël-Holstein auf ihren zahlreichen Reisen und war auch als ihr Berater im Hinblick auf die deutsche Literatur tätig; sein wichtiger Anteil an ihrem bedeutendsten Werk „De LʼAllemagne“ (1810) ist heute unbestritten. Auch Friedrich von Schlegel gehörte zu den zahlreichen Gästen auf Schloss Coppet. In Zeiten des politischen Umbruches begleitete AWS die Familie de Staël-Holstein durch Europa. Den Kindern Mme de Staël-Holsteins blieb AWS auch nach ihrem Tod verbunden. 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Ich denke, in diesen vierzehn Tagen mehr zu arbeiten, als in anderthalb Monaten, und ich hoffe, daß Sie mir nach Ihrer Rückkehr mehr Zeit zum Plaudern gewähren werden als bisher.<br>Von meinem Bruder kein Brief; ich habe ihm daher noch einmal heftig zugesetzt. Den Brief von Herrn de Carro [aus Wien] wage ich nicht zu öffnen, obwohl ich vermuten könnte, daß er einen von Albert enthält. Da Sie vielleicht nicht dieselben französischen Zeitungen in Lausanne bekommen können wie hier, schicke ich Ihnen die letzten. Die liebenswürdigen Bemerkungen über die Miliz, die man in Österreich aufgestellt hat – ohne Zweifel stammen sie aus dem Büro der Gesandtschaft – sind recht merkwürdig. 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Sie heiratete 1786 den schwedischen Diplomaten Erik Magnus von Staël-Holstein in Paris. Die Eheleute lebten von Anfang an getrennt. Zu ihren ersten Veröffentlichungen zählten die „Lettres sur les ecrits et le charactère de J.-J. Rousseau“, die 1788 erschienen. Neben der Tätigkeit als Schriftstellerin wurde Germaine de Staël-Holstein als einflussreiche Salonnière berühmt. Unter ihrem politischen Einfluss stand u.a. Benjamin Constant, mit dem sie eine langjährige Beziehung führte und der der Vater ihrer Tochter Albertine war. Ihr politischer Liberalismus und die Befürwortung einer konstitutionellen Monarchie führten 1792 zu ihrer Verbannung ins schweizerische Exil. Gemeinsam mit ihren Kindern bezog sie Schloss Coppet am Genfer See, das nun zum Treffpunkt Intellektueller und Künstler ganz Europas avancierte. Nur selten war der Schriftstellerin der Aufenthalt in Frankreich gestattet. Während ausgedehnter Reisen in den Folgejahren nach Deutschland (1803/04 und 1808) und Italien (1805) war sie zumeist in Begleitung ihres Freundes und Hauslehrers AWS sowie Benjamin Constants. Großen Erfolg hatte sie mit ihrem Werk „De LʼAllemagne“ (1810) sowie mit ihrem Roman „Corinne ou LʼItalie“ (1807) und politischen Schriften. Die Verfolgung durch die französische Regierung veranlasste Germaine de Staël-Holstein am 23. Mai 1812 zur Flucht über die Schweiz nach Österreich, Russland und schließlich Schweden. Anschließend hielten sie sich von 1813 bis 1814 in London auf. Nach der Rückkehr in die Schweiz heiratete de Staël-Holstein 1816 den Vater ihres jüngsten Kindes, John Rocca.', '39_quellen' => 'WBIS@http://db.saur.de/WBIS/basicSearch.jsf@D834-624-6@ extern@Roger Paulin: August Wilhelm Schlegel. Cosmopolitan of Art and Poetry. Cambridge 2016.@ extern@Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Ges. u. erl. d. Josef Körner. 2. Bd. Die Erläuterungen. 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Coppet, den 9. August 1808
Auf Grund Ihres liebenswürdigen Briefes, für den ich Ihnen vielmals danke, habe ich Cachet zum zweiten Mal nach Genf geschickt, obwohl er sich bereits am Montag nach den Briefen aus Frankreich genau erkundigt hatte. Er erfuhr, daß auch mit der letzten Post nichts angekommen ist. Es scheint so, als ob irrtümlicherweise das ganze Paket anderswohin gesandt worden ist. Nur die Zeitungen sind eingetroffen.
Auch die Hüte sind nicht da, was ich in Ihrem Interesse sehr bedaure.
Cachet brachte nur einen von den Tischen mit, der für Sie bestimmt ist, da der andere noch nicht bei Herrn Gautier abgegeben war.
August und ich haben uns sehr gut geführt; wir haben fast eine ganze euripideische Tragödie gelesen, wir haben Schach gespielt und sind zusammen spazieren gegangen. Jetzt beginnt also meine völlige Einsamkeit, und ich werde keine anderen Erzählungen mehr hören als die des murmelte den Baches. Wenn ich das, ohne melancholisch zu werden, aushalte, habe ich meine Lehrzeit für La Trappe hinter mir. Aber machen Sie sich meinetwegen keine Sorgen: ich vermisse keine Gesellschaft, höchstens die Ihre. Ich denke, in diesen vierzehn Tagen mehr zu arbeiten, als in anderthalb Monaten, und ich hoffe, daß Sie mir nach Ihrer Rückkehr mehr Zeit zum Plaudern gewähren werden als bisher.
Von meinem Bruder kein Brief; ich habe ihm daher noch einmal heftig zugesetzt. Den Brief von Herrn de Carro [aus Wien] wage ich nicht zu öffnen, obwohl ich vermuten könnte, daß er einen von Albert enthält. Da Sie vielleicht nicht dieselben französischen Zeitungen in Lausanne bekommen können wie hier, schicke ich Ihnen die letzten. Die liebenswürdigen Bemerkungen über die Miliz, die man in Österreich aufgestellt hat – ohne Zweifel stammen sie aus dem Büro der Gesandtschaft – sind recht merkwürdig. Es scheint, daß diese allgemeine Rüstung ihnen mißfällt; und was sie über den Erzherzog Johann sagen, widerspricht sich sogar.
Keine Nachrichten aus Spanien, aber überall in Frankreich Siegesfeste!
Wenn Sie den bayrischen Kronprinzen sprechen, bitte ich Sie, Tieck und sein Basrelief sehr zu loben.
Er hat bei ihm eine Goethebüste bestellt, und ich wünschte sehr, Tieck erhielte noch andere Aufträge aus München. Tun Sie mir doch den Gefallen, den Prinzen zu fragen, ob er von mir meine französische Broschüre bekommen hat, die ich seinem Pariser Gesandten übermitteln ließ.
Sollten Sie Herrn Camille Jordan wiedersehen, so erinnern Sie ihn daran, daß er mir mein schönes Exemplar der Comparaison im Tausch gegen das andere zurücksenden wollte.
Kaum waren Sie zum Schloß hinaus, als ein unangenehmer Besuch, der Ihnen zugedacht war, mir zur Last fiel. Es war der junge [Louis] Manuel aus Rolle, der zwar mit seinen achtzehn Jahren bereits ein Dichter und ein Student des Griechischen und des Deutschen, trotzdem aber ein ganz verschlafener, schwerfälliger Mensch ist. Seine Umgebung scheint ihn zu bedrücken. Alles drängt ihn, einen langweiligen Pfarrerposten im Waadtland anzunehmen. Ich habe ihn ermutigt, sich ein etwas höheres Ziel zu setzen, in Heidelberg zu studieren usw. Er wird sicher nach Ihrer Rückkehr hierherkommen und Sie können ja dann sehen, ob ich ihn falsch eingeschätzt habe.
Ich habe Angst, Frossard wird trotz Ihrer Abwesenheit eines Tages doch hier vorsprechen. Der Nachhall der anregenden Unterhaltungen, der von Ihrer Gesellschaft im Schloß zurückgeblieben ist, wird ihm sicher noch angenehmer sein als sein häusliches Glück in Begnins.
Könnte man nicht das Andenken an Herrn Reverdil durch einen kleinen Artikel im Publiciste ehren? Wie Herr von Bonstetten behauptet, hat er die Sklaverei in Dänemark abgeschafft. Wenn seine Memoiren schon soweit sind, daß sie erscheinen können, würde ein solcher Artikel doch sicher einen Verleger ermutigen, sie zu drucken. Herr von Bonstetten wäre zweifellos am besten geeignet, einen solchen Artikel zu verfassen.
Das ist nun ein regelrechter langer Brief geworden, wie ich sie immer schreibe. Ich hoffe, Sie werden sich entsprechend revanchieren. Viel tausendmal Lebewohl, liebe Freundin.
Auf Grund Ihres liebenswürdigen Briefes, für den ich Ihnen vielmals danke, habe ich Cachet zum zweiten Mal nach Genf geschickt, obwohl er sich bereits am Montag nach den Briefen aus Frankreich genau erkundigt hatte. Er erfuhr, daß auch mit der letzten Post nichts angekommen ist. Es scheint so, als ob irrtümlicherweise das ganze Paket anderswohin gesandt worden ist. Nur die Zeitungen sind eingetroffen.
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· Original , 09.08.1808