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So etwas ist immer sehr erquicklich.<br>Zuvörderst melde ich, daß ich hoffen darf, den Rest des Capitals nebst den Zinsen baldigst abzutragen, indem sich <span class="index-1434 tp-71256 ">Mohr u Zimmer</span> doch noch auf den Verlag <span class="index-41 tp-71257 ">meiner Gedichte</span> eingerichtet haben, u der Druck vielleicht schon angefangen ist.<br>Von <span class="index-56 tp-70808 ">Tieck</span> habe ich seit einiger Zeit keine Nachricht, u weiß daher nicht, ob er noch in <span class="index-227 tp-70815 ">Zürich</span> oder schon unterweges ist. Er wollte den kleinen Umweg nach <span class="index-9234 tp-70816 ">Unterwalden</span> machen, weil ihm <span class="index-634 tp-70811 ">der Kr. P. von Baiern</span> <span class="overstrike-1 notice-27288 ">axx</span> <span class="index-11930 tp-72166 ">das Bildniß </span><span class="index-11930 tp-72166 index-9246 tp-70817 ">des Nicolaus von der Flühe</span> zu fertigen aufgetragen, u der Schädel dieses verehrten Einsiedlers dort aufbewahrt wird. <br>Glauben Sie mir, <span class="index-56 tp-72167 ">Tieck</span> ist ehrlich; wenn er seine Versprechungen nicht hält, so ist es weil ihn andre auch mit vergeblichen <span class="overstrike-1 ">Versprechungen</span> <span class="offset-4 ">Hoffnungen</span> hingehalten. Und dann kann einem die Noth manches abnöthigen. Gleich anfangs <span class="notice-26968 ">[2]</span> hätte man ihn allerdings mit etwa 20 <span class="notice-27291 ">Carol.</span> von <span class="index-227 tp-72168 ">Zürich</span> nach <span class="index-356 tp-71258 ">Rom</span> hinhelfen können. Sein gezwungner Aufenthalt dort hat die Sache schwieriger gemacht: er hat gezehrt, freylich so wenig als möglich, ohne erwarten zu können. Ich habe ihm kümmerlich durch den Winter zu helfen gesucht. Wäre ich vorigen Frühling nicht so weit entfernt gewesen, so hätte ich ihn sogleich <span class="overstrike-1 notice-27290 ">xxx</span> bewogen von Zürich hierher zu kommen, u ihn dann vielleicht weiterfördern können. Ich war auch etwas verdrießlich, daß er mir <span class="index-447 tp-72169 ">versprochne Arbeiten</span> vernachläßigt hatte. – <br>Ihre Ungeduld muß ich ganz natürlich finden. Indessen ermahne ich Sie doch, mit einem andern Künstler <span class="offset-4 ">nicht zu schnell</span> abzuschließen, falls es nicht schon geschehen: schwerlich liefert ein Andrer die Arbeit zugleich so gut u so wohlfeil. <span class="index-477 tp-71260 ">Sein Basrelief auf </span><span class="index-477 tp-71260 index-285 tp-71259 ">Neckers</span><span class="index-477 tp-71260 "> Grabe</span> ist wirklich vortrefflich, u fiel <span class="index-2814 tp-71261 ">Hrn. von Ramdohr</span> ungemein auf. Auch wird schwerlich ein Andrer <span class="index-1937 tp-79263 ">die Büste</span> auf solche Art copiren können, daß sie ähnlich bleibt.<br>Auf Ihren Vorschlag, selbst die Betreibung des Werkes zu übernehmen und dafür gut zu sagen, kann ich nicht eingehn, so gern ich wollte. Dazu müßte ich die Aussicht haben, auf den Herbst nach Italien zu gehen; um an Ort <span class="notice-26969 ">[3]</span> u Stelle zu seyn, welches aber gar nicht der Fall ist. Die Wandelbarkeit meines Wohnortes u die häufigen Reisen machen, daß ich zu einem solchen Geschäft weniger im Stande bin, als irgend wer. Ich vermag weiter nichts, als <span class="index-56 tp-72170 ">Tieck</span> aufs dringendste zur Beschleunigung auffodern, wenn ihm die Sache noch aufgetragen bleibt.<br><span class="cite tp-72164 ">Daß Ihnen </span><span class="cite tp-72164 index-194 tp-70810 ">das Lied der Nibelungen</span><span class="cite tp-72164 "> einen großen Eindruck gemacht hat, wundert mich nicht: es macht ihn auf alle, die Tiefe des Gemüthes haben.</span> Aber ich kann Ihnen nicht sagen, wie sehr mich Ihre lebhafte Theilnahme bey <span class="index-1891 tp-70818 ">dieser Arbeit</span> aufmuntert. Ich werde alle meine Kräfte daran setzen, um über dieß herrlichste Denkmal unsrer Vorzeit meine Landsleute aus ihrem Todtenschlaf zu wecken. <span class="prspreset1 ">Sie</span> haben mir durch Besorgung meines Auftrags einen wichtigen Dienst geleistet. <span class="index-547 tp-71263 ">Docen</span> ist der geschickteste Mann zur Vergleichung einer altdeutschen Handschrift, es freut mich sehr, daß er es übernehmen will, ich werde ihm seine Mühe nach Vermögen u Billigkeit vergüten. Ich bin so frey, einen weitläuftigen Brief an ihn offen einzulegen, da der fleißige Mann in einer gedrückten Lage ist, so muß man um so mehr ihn aufzumuntern <span class="notice-26970 ">[4]</span> suchen. Ich habe ihm allerley Bemerkungen über <span class="index-2058 tp-72171 ">sein gedrucktes Sendschreiben</span> vorgelegt.<br><span class="index-55 tp-70809 index-4685 tp-70812 index-1389 tp-70813 cite tp-72165 ">Fichte</span><span class="index-4685 tp-70812 index-1389 tp-70813 cite tp-72165 ">’s neue Schriften</span><span class="cite tp-72165 "> lese ich seit geraumer Zeit nicht mehr</span>, <span class="overstrike-1 notice-27289 ">xxxxxxxxxxxxxxx</span>, nachdem ich gemerkt habe, daß es immer wieder die alten wissenschaftlichen Purzelbaume sind, nur schwerfälliger, weil er mit dem Fortgange der Jahre steif geworden und ganz in seinem engen Gedankenkreise eingerostet ist. Sollte ich ihn adeln, so würde ich ihm das <span class="index-226 tp-70819 ">Bernische</span> Wappen mit einiger Veränderung ertheilen: nämlich einen Bären, der an seinen eigenen Tatzen saugt. Die verachtete Natur, die vernachläßigte Geschichte haben sich schlimm an ihm gerochen. <br><span class="index-11716 tp-70822 ">Die Parabel vom </span><span class="index-11716 tp-70822 index-5943 tp-70814 ">Eulenspiegel</span> soll kein Geheimniß seyn, ich rücke sie eben so wohl als <span class="index-1658 tp-70821 ">die Philosophische Lection</span> in die neue Sammlung <span class="index-41 tp-70820 ">meiner Gedichte</span> ein. Dieser möchte ich gern etwas neues vorbehalten, doch will ich Ihnen, wenn noch Zeit vor Abgang der Post ist, <span class="doc-12158 ">diese possenhafte Kleinigkeit abschreiben</span>, die Sie vielleicht in einem verlohrnen Augenblicke unterhalten kann.<br>Auf <span class="index-1930 tp-71264 ">Ihre Gespräche über die Weltalter</span> bin ich unendlich begierig. Sie sind bis jetzt der<span class="notice-26971 "> [5]</span> einzige von unsern Denkern, der sich der Schulsprache entledigt, u einen würdigen und einen Ausdruck für die höheren Wahrheiten gefunden hat. Denn leider schreibt auch Bader, von dem mein Bruder versichert, daß er vortrefflich u mit großer Klarheit spreche, auf eine verworrene u ungenießbare Weise.<br>Was aber <span class="index-55 tp-77986 ">Fichteʼs</span> Anhhänger zu Markte bringen, das ist unglaublich; haben Sie unter andern die Schriften <span class="index-135 tp-77987 ">eines Grafen Kalkreuth</span> gesehen?<br>So eben erhielt ich <span class="index-651 tp-77989 ">die Vorlesungen </span><span class="index-651 tp-77989 index-8 tp-77988 ">meines Bruders</span><span class="index-651 tp-77989 "> über die neuere Geschichte</span>, u bin sehr begierig zu wissen, wie man sie in Deutschland aufnehmen wird. <br>Mit <span class="index-137 tp-77983 index-1205 tp-77984 ">Goetheʼs</span><span class="index-1205 tp-77984 "> Farbenlehre</span> haben Sie wohl Recht: allein was wollen Sie? Er ist einmal in der Sinnenwelt zu Hause. Es kommt ihm draußen kalt und unbehaglich vor, und er mag von jeher an seinem Körper einen ziemlich warmen Pelz gehabt haben. Er ist gesinnt wie der alte <span class="index-274 tp-77985 ">Homer</span>, welcher sagt: <span class="underline-1 ">die Seelen</span> der Helden seyen in den Orkus hinabgewandert, sie selbst aber den Hunden u Vögeln zum Raube geworden. <br><span class="notice-26972 ">[6]</span> Verzeihen Sie mein Geschwätz, leben Sie recht wohl u lassen mich bald wieder von sich hören.<br>Ihr<br>AWS' $isaprint = false $isnewtranslation = true $statemsg = 'betamsg23' $cittitle = 'www.august-wilhelm-schlegel.de/briefedigital/briefid/1974' $description = 'August Wilhelm von Schlegel an Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling am 03.06.1811, Coppet, München' $adressatort = 'München <a class="gndmetadata" target="_blank" href="http://d-nb.info/gnd/4127793-4">GND</a>' $absendeort = 'Coppet <a class="gndmetadata" target="_blank" href="http://d-nb.info/gnd/1027948-9">GND</a>' $date = '03.06.1811' $adressat = array( (int) 4631 => array( 'ID' => '4631', 'project' => '1', 'timecreate' => '2014-02-20 16:33:42', 'timelastchg' => '2018-01-11 18:19:49', 'key' => 'AWS-ap-00gd', 'docTyp' => array( 'name' => 'Person', 'id' => '39' ), '39_name' => 'Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von ', '39_geschlecht' => 'm', '39_gebdatum' => '1775-01-27', '39_toddatum' => '1854-08-20', '39_pdb' => 'GND', '39_geburtsort' => array( 'ID' => '10192', 'content' => 'Leonberg (Landkreis Böblingen)', 'bemerkung' => 'GND:4035369-2', 'LmAdd' => array([maximum depth reached]) ), '39_sterbeort' => array( 'ID' => '10193', 'content' => 'Bad Ragaz', 'bemerkung' => 'GND:4103547-1', 'LmAdd' => array([maximum depth reached]) ), '39_lebenwirken' => 'Philosoph Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling nahm bereits 1790 ein Theologiestudium in Tübingen auf und wurde während dieser Zeit ein enger Freund Friedrich Hölderlins und Georg Wilhelm Friedrich Hegels. Erste Veröffentlichungen Schellings auf dem Gebiet der Theologie und Philosophie, in denen er sich u.a. mit Kant und Fichte auseinandersetzte, folgten. 1795 zog Schelling nach Stuttgart, wo er als Hofmeister der Barone Riedesel angestellt wurde. Diese begleite Schelling 1796 zum Studium in Leipzig. Dort widmete er sich naturwissenschaftlichen Studien. 1798 machte er die Bekanntschaft der Frühromantiker um die Brüder Schlegel. Mit Unterstützung Goethes wurde Schelling 1798 eine Professur in Jena vermittelt. Von 1803 bis 1806 lehrte er in Würzburg. Anschließend lebte Schelling in München, wo er in den bayerischen Staatsdienst eintrat und Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften wurde. Nach dem Tod seiner ersten Frau Caroline (1809) vermählte sich Schelling 1812 mit Pauline Gotter. Seit 1820 lebte die Familie in Erlangen. 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Schelling, Friedrich W. von Bonaventura (Pseudonym)', '39_dbid' => '118607057', '39_status_person' => 'Vollständig', '39_sourcename0' => 'AWS-ap-00gd-0.jpg', 'folders' => array( (int) 0 => 'Personen', (int) 1 => 'Personen' ), '_label' => '', '_descr' => '', '_model' => 'Person', '_model_title' => 'Person', '_model_titles' => 'People', '_url' => '' ) ) $adrCitation = 'Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling' $absender = array() $absCitation = 'August Wilhelm von Schlegel' $percount = (int) 2 $notabs = false $tabs = array( 'text' => array( 'content' => 'Volltext Handschrift', 'exists' => '1' ), 'manuscript' => array( 'exists' => '1', 'content' => 'Digitalisat Handschrift' ), 'related' => array( 'data' => array( (int) 12158 => array( [maximum depth reached] ) ), 'exists' => '1', 'content' => 'Zugehörige Dokumente' ) ) $parallelview = array( (int) 0 => '1', (int) 1 => '1', (int) 2 => '1' ) $dzi_imagesHand = array( (int) 0 => 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Ich habe ihm allerley Bemerkungen über <name key="2058" type="work">sein gedrucktes Sendschreiben</name> vorgelegt.<lb/><name key="1389" type="work"><name key="4685" type="work"><persName key="55">Fichte</persName>’s neue Schriften</name></name> lese ich seit geraumer Zeit nicht mehr, <hi rend="overstrike:1"><milestone unit="start" n="27289"/>xxxxxxxxxxxxxxx</hi><note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Nicht entzifferte Streichung</title></note><milestone unit="end" n="27289"/><hi rend="overstrike:1"></hi>, nachdem ich gemerkt habe, daß es immer wieder die alten wissenschaftlichen Purzelbaume sind, nur schwerfälliger, weil er mit dem Fortgange der Jahre steif geworden und ganz in seinem engen Gedankenkreise eingerostet ist. Sollte ich ihn adeln, so würde ich ihm das <placeName key="226">Bernische</placeName> Wappen mit einiger Veränderung ertheilen: nämlich einen Bären, der an seinen eigenen Tatzen saugt. Die verachtete Natur, die vernachläßigte Geschichte haben sich schlimm an ihm gerochen. <lb/><name key="11716" type="work">Die Parabel vom <name key="5943" type="work">Eulenspiegel</name></name> soll kein Geheimniß seyn, ich rücke sie eben so wohl als <name key="1658" type="work">die Philosophische Lection</name> in die neue Sammlung <name key="41" type="work">meiner Gedichte</name> ein. Dieser möchte ich gern etwas neues vorbehalten, doch will ich Ihnen, wenn noch Zeit vor Abgang der Post ist, <ref target="fud://12158">diese possenhafte Kleinigkeit abschreiben</ref>, die Sie vielleicht in einem verlohrnen Augenblicke unterhalten kann.<lb/>Auf <name key="1930" type="work">Ihre Gespräche über die Weltalter</name> bin ich unendlich begierig. Sie sind bis jetzt der<milestone unit="start" n="26971"/> [5]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="26971"/> einzige von unsern Denkern, der sich der Schulsprache entledigt, u einen würdigen und einen Ausdruck für die höheren Wahrheiten gefunden hat. Denn leider schreibt auch Bader, von dem mein Bruder versichert, daß er vortrefflich u mit großer Klarheit spreche, auf eine verworrene u ungenießbare Weise.<lb/>Was aber <persName key="55">Fichteʼs</persName> Anhhänger zu Markte bringen, das ist unglaublich; haben Sie unter andern die Schriften <persName key="135">eines Grafen Kalkreuth</persName> gesehen?<lb/>So eben erhielt ich <name key="651" type="work">die Vorlesungen <persName key="8">meines Bruders</persName> über die neuere Geschichte</name>, u bin sehr begierig zu wissen, wie man sie in Deutschland aufnehmen wird. <lb/>Mit <name key="1205" type="work"><persName key="137">Goetheʼs</persName> Farbenlehre</name> haben Sie wohl Recht: allein was wollen Sie? Er ist einmal in der Sinnenwelt zu Hause. Es kommt ihm draußen kalt und unbehaglich vor, und er mag von jeher an seinem Körper einen ziemlich warmen Pelz gehabt haben. Er ist gesinnt wie der alte <persName key="274">Homer</persName>, welcher sagt: <hi rend="underline:1">die Seelen</hi> der Helden seyen in den Orkus hinabgewandert, sie selbst aber den Hunden u Vögeln zum Raube geworden. <lb/><milestone unit="start" n="26972"/>[6]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="26972"/> Verzeihen Sie mein Geschwätz, leben Sie recht wohl u lassen mich bald wieder von sich hören.<lb/>Ihr<lb/>AWS</p>', '36_xml_standoff' => '<milestone unit="start" n="26967"/>[1]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="26967"/> <anchor type="b" n="228" ana="10" xml:id="NidB71255"/>Coppet<anchor type="e" n="228" ana="10" xml:id="NidE71255"/> d. 3 Jun 1811.<lb/><ref target="fud://372">Ihren freundschaftlichen Brief vom 15<hi rend="offset:4;underline:1">ten</hi> Mai</ref> fand ich hier bey meiner Zurückkunft von einer kleinen Reise nach den Bädern in Savoyen vor, u danke Ihnen, mein werthester Freund, von ganzem Herzen dafür. So etwas ist immer sehr erquicklich.<lb/>Zuvörderst melde ich, daß ich hoffen darf, den Rest des Capitals nebst den Zinsen baldigst abzutragen, indem sich <anchor type="b" n="1434" ana="15" xml:id="NidB71256"/>Mohr u Zimmer<anchor type="e" n="1434" ana="15" xml:id="NidE71256"/> doch noch auf den Verlag <anchor type="b" n="41" ana="12" xml:id="NidB71257"/>meiner Gedichte<anchor type="e" n="41" ana="12" xml:id="NidE71257"/> eingerichtet haben, u der Druck vielleicht schon angefangen ist.<lb/>Von <anchor type="b" n="56" ana="11" xml:id="NidB70808"/>Tieck<anchor type="e" n="56" ana="11" xml:id="NidE70808"/> habe ich seit einiger Zeit keine Nachricht, u weiß daher nicht, ob er noch in <anchor type="b" n="227" ana="10" xml:id="NidB70815"/>Zürich<anchor type="e" n="227" ana="10" xml:id="NidE70815"/> oder schon unterweges ist. Er wollte den kleinen Umweg nach <anchor type="b" n="9234" ana="10" xml:id="NidB70816"/>Unterwalden<anchor type="e" n="9234" ana="10" xml:id="NidE70816"/> machen, weil ihm <anchor type="b" n="634" ana="11" xml:id="NidB70811"/>der Kr. P. von Baiern<anchor type="e" n="634" ana="11" xml:id="NidE70811"/> <hi rend="overstrike:1"><milestone unit="start" n="27288"/>axx<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Nicht entzifferte Streichung</title></note><milestone unit="end" n="27288"/></hi> <anchor type="b" n="11930" ana="12" xml:id="NidB72166"/>das Bildniß <anchor type="b" n="9246" ana="11" xml:id="NidB70817"/>des Nicolaus von der Flühe<anchor type="e" n="9246" ana="11" xml:id="NidE70817"/><anchor type="e" n="11930" ana="12" xml:id="NidE72166"/> zu fertigen aufgetragen, u der Schädel dieses verehrten Einsiedlers dort aufbewahrt wird. <lb/>Glauben Sie mir, <anchor type="b" n="56" ana="11" xml:id="NidB72167"/>Tieck<anchor type="e" n="56" ana="11" xml:id="NidE72167"/> ist ehrlich; wenn er seine Versprechungen nicht hält, so ist es weil ihn andre auch mit vergeblichen <hi rend="overstrike:1">Versprechungen</hi> <hi rend="offset:4">Hoffnungen</hi> hingehalten. Und dann kann einem die Noth manches abnöthigen. Gleich anfangs <milestone unit="start" n="26968"/>[2]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="26968"/> hätte man ihn allerdings mit etwa 20 <milestone unit="start" n="27291"/>Carol.<note type="Sachkommentar"><title>Karolin/Carolin (Münze)</title></note><milestone unit="end" n="27291"/> von <anchor type="b" n="227" ana="10" xml:id="NidB72168"/>Zürich<anchor type="e" n="227" ana="10" xml:id="NidE72168"/> nach <anchor type="b" n="356" ana="10" xml:id="NidB71258"/>Rom<anchor type="e" n="356" ana="10" xml:id="NidE71258"/> hinhelfen können. Sein gezwungner Aufenthalt dort hat die Sache schwieriger gemacht: er hat gezehrt, freylich so wenig als möglich, ohne erwarten zu können. Ich habe ihm kümmerlich durch den Winter zu helfen gesucht. Wäre ich vorigen Frühling nicht so weit entfernt gewesen, so hätte ich ihn sogleich <hi rend="overstrike:1"><milestone unit="start" n="27290"/>xxx<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Nicht entzifferte Streichung</title></note><milestone unit="end" n="27290"/></hi> bewogen von Zürich hierher zu kommen, u ihn dann vielleicht weiterfördern können. Ich war auch etwas verdrießlich, daß er mir <anchor type="b" n="447" ana="12" xml:id="NidB72169"/>versprochne Arbeiten<anchor type="e" n="447" ana="12" xml:id="NidE72169"/> vernachläßigt hatte. – <lb/>Ihre Ungeduld muß ich ganz natürlich finden. Indessen ermahne ich Sie doch, mit einem andern Künstler <hi rend="offset:4">nicht zu schnell</hi> abzuschließen, falls es nicht schon geschehen: schwerlich liefert ein Andrer die Arbeit zugleich so gut u so wohlfeil. <anchor type="b" n="477" ana="12" xml:id="NidB71260"/>Sein Basrelief auf <anchor type="b" n="285" ana="11" xml:id="NidB71259"/>Neckers<anchor type="e" n="285" ana="11" xml:id="NidE71259"/> Grabe<anchor type="e" n="477" ana="12" xml:id="NidE71260"/> ist wirklich vortrefflich, u fiel <anchor type="b" n="2814" ana="11" xml:id="NidB71261"/>Hrn. von Ramdohr<anchor type="e" n="2814" ana="11" xml:id="NidE71261"/> ungemein auf. Auch wird schwerlich ein Andrer <anchor type="b" n="1937" ana="12" xml:id="NidB79263"/>die Büste<anchor type="e" n="1937" ana="12" xml:id="NidE79263"/> auf solche Art copiren können, daß sie ähnlich bleibt.<lb/>Auf Ihren Vorschlag, selbst die Betreibung des Werkes zu übernehmen und dafür gut zu sagen, kann ich nicht eingehn, so gern ich wollte. Dazu müßte ich die Aussicht haben, auf den Herbst nach Italien zu gehen; um an Ort <milestone unit="start" n="26969"/>[3]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="26969"/> u Stelle zu seyn, welches aber gar nicht der Fall ist. Die Wandelbarkeit meines Wohnortes u die häufigen Reisen machen, daß ich zu einem solchen Geschäft weniger im Stande bin, als irgend wer. Ich vermag weiter nichts, als <anchor type="b" n="56" ana="11" xml:id="NidB72170"/>Tieck<anchor type="e" n="56" ana="11" xml:id="NidE72170"/> aufs dringendste zur Beschleunigung auffodern, wenn ihm die Sache noch aufgetragen bleibt.<lb/><anchor type="b" n="9059" ana="16" xml:id="NidB72164"/>Daß Ihnen <anchor type="b" n="194" ana="12" xml:id="NidB70810"/>das Lied der Nibelungen<anchor type="e" n="194" ana="12" xml:id="NidE70810"/> einen großen Eindruck gemacht hat, wundert mich nicht: es macht ihn auf alle, die Tiefe des Gemüthes haben.<anchor type="e" n="9059" ana="16" xml:id="NidE72164"/> Aber ich kann Ihnen nicht sagen, wie sehr mich Ihre lebhafte Theilnahme bey <anchor type="b" n="1891" ana="12" xml:id="NidB70818"/>dieser Arbeit<anchor type="e" n="1891" ana="12" xml:id="NidE70818"/> aufmuntert. 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Erste Veröffentlichungen Schellings auf dem Gebiet der Theologie und Philosophie, in denen er sich u.a. mit Kant und Fichte auseinandersetzte, folgten. 1795 zog Schelling nach Stuttgart, wo er als Hofmeister der Barone Riedesel angestellt wurde. Diese begleite Schelling 1796 zum Studium in Leipzig. Dort widmete er sich naturwissenschaftlichen Studien. 1798 machte er die Bekanntschaft der Frühromantiker um die Brüder Schlegel. Mit Unterstützung Goethes wurde Schelling 1798 eine Professur in Jena vermittelt. Von 1803 bis 1806 lehrte er in Würzburg. Anschließend lebte Schelling in München, wo er in den bayerischen Staatsdienst eintrat und Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften wurde. Nach dem Tod seiner ersten Frau Caroline (1809) vermählte sich Schelling 1812 mit Pauline Gotter. Seit 1820 lebte die Familie in Erlangen. 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[1] Coppet d. 3 Jun 1811.
Ihren freundschaftlichen Brief vom 15ten Mai fand ich hier bey meiner Zurückkunft von einer kleinen Reise nach den Bädern in Savoyen vor, u danke Ihnen, mein werthester Freund, von ganzem Herzen dafür. So etwas ist immer sehr erquicklich.
Zuvörderst melde ich, daß ich hoffen darf, den Rest des Capitals nebst den Zinsen baldigst abzutragen, indem sich Mohr u Zimmer doch noch auf den Verlag meiner Gedichte eingerichtet haben, u der Druck vielleicht schon angefangen ist.
Von Tieck habe ich seit einiger Zeit keine Nachricht, u weiß daher nicht, ob er noch in Zürich oder schon unterweges ist. Er wollte den kleinen Umweg nach Unterwalden machen, weil ihm der Kr. P. von Baiern axx das Bildniß des Nicolaus von der Flühe zu fertigen aufgetragen, u der Schädel dieses verehrten Einsiedlers dort aufbewahrt wird.
Glauben Sie mir, Tieck ist ehrlich; wenn er seine Versprechungen nicht hält, so ist es weil ihn andre auch mit vergeblichen Versprechungen Hoffnungen hingehalten. Und dann kann einem die Noth manches abnöthigen. Gleich anfangs [2] hätte man ihn allerdings mit etwa 20 Carol. von Zürich nach Rom hinhelfen können. Sein gezwungner Aufenthalt dort hat die Sache schwieriger gemacht: er hat gezehrt, freylich so wenig als möglich, ohne erwarten zu können. Ich habe ihm kümmerlich durch den Winter zu helfen gesucht. Wäre ich vorigen Frühling nicht so weit entfernt gewesen, so hätte ich ihn sogleich xxx bewogen von Zürich hierher zu kommen, u ihn dann vielleicht weiterfördern können. Ich war auch etwas verdrießlich, daß er mir versprochne Arbeiten vernachläßigt hatte. –
Ihre Ungeduld muß ich ganz natürlich finden. Indessen ermahne ich Sie doch, mit einem andern Künstler nicht zu schnell abzuschließen, falls es nicht schon geschehen: schwerlich liefert ein Andrer die Arbeit zugleich so gut u so wohlfeil. Sein Basrelief auf Neckers Grabe ist wirklich vortrefflich, u fiel Hrn. von Ramdohr ungemein auf. Auch wird schwerlich ein Andrer die Büste auf solche Art copiren können, daß sie ähnlich bleibt.
Auf Ihren Vorschlag, selbst die Betreibung des Werkes zu übernehmen und dafür gut zu sagen, kann ich nicht eingehn, so gern ich wollte. Dazu müßte ich die Aussicht haben, auf den Herbst nach Italien zu gehen; um an Ort [3] u Stelle zu seyn, welches aber gar nicht der Fall ist. Die Wandelbarkeit meines Wohnortes u die häufigen Reisen machen, daß ich zu einem solchen Geschäft weniger im Stande bin, als irgend wer. Ich vermag weiter nichts, als Tieck aufs dringendste zur Beschleunigung auffodern, wenn ihm die Sache noch aufgetragen bleibt.
Daß Ihnen das Lied der Nibelungen einen großen Eindruck gemacht hat, wundert mich nicht: es macht ihn auf alle, die Tiefe des Gemüthes haben. Aber ich kann Ihnen nicht sagen, wie sehr mich Ihre lebhafte Theilnahme bey dieser Arbeit aufmuntert. Ich werde alle meine Kräfte daran setzen, um über dieß herrlichste Denkmal unsrer Vorzeit meine Landsleute aus ihrem Todtenschlaf zu wecken. Sie haben mir durch Besorgung meines Auftrags einen wichtigen Dienst geleistet. Docen ist der geschickteste Mann zur Vergleichung einer altdeutschen Handschrift, es freut mich sehr, daß er es übernehmen will, ich werde ihm seine Mühe nach Vermögen u Billigkeit vergüten. Ich bin so frey, einen weitläuftigen Brief an ihn offen einzulegen, da der fleißige Mann in einer gedrückten Lage ist, so muß man um so mehr ihn aufzumuntern [4] suchen. Ich habe ihm allerley Bemerkungen über sein gedrucktes Sendschreiben vorgelegt.
Fichte’s neue Schriften lese ich seit geraumer Zeit nicht mehr, xxxxxxxxxxxxxxx, nachdem ich gemerkt habe, daß es immer wieder die alten wissenschaftlichen Purzelbaume sind, nur schwerfälliger, weil er mit dem Fortgange der Jahre steif geworden und ganz in seinem engen Gedankenkreise eingerostet ist. Sollte ich ihn adeln, so würde ich ihm das Bernische Wappen mit einiger Veränderung ertheilen: nämlich einen Bären, der an seinen eigenen Tatzen saugt. Die verachtete Natur, die vernachläßigte Geschichte haben sich schlimm an ihm gerochen.
Die Parabel vom Eulenspiegel soll kein Geheimniß seyn, ich rücke sie eben so wohl als die Philosophische Lection in die neue Sammlung meiner Gedichte ein. Dieser möchte ich gern etwas neues vorbehalten, doch will ich Ihnen, wenn noch Zeit vor Abgang der Post ist, diese possenhafte Kleinigkeit abschreiben, die Sie vielleicht in einem verlohrnen Augenblicke unterhalten kann.
Auf Ihre Gespräche über die Weltalter bin ich unendlich begierig. Sie sind bis jetzt der [5] einzige von unsern Denkern, der sich der Schulsprache entledigt, u einen würdigen und einen Ausdruck für die höheren Wahrheiten gefunden hat. Denn leider schreibt auch Bader, von dem mein Bruder versichert, daß er vortrefflich u mit großer Klarheit spreche, auf eine verworrene u ungenießbare Weise.
Was aber Fichteʼs Anhhänger zu Markte bringen, das ist unglaublich; haben Sie unter andern die Schriften eines Grafen Kalkreuth gesehen?
So eben erhielt ich die Vorlesungen meines Bruders über die neuere Geschichte, u bin sehr begierig zu wissen, wie man sie in Deutschland aufnehmen wird.
Mit Goetheʼs Farbenlehre haben Sie wohl Recht: allein was wollen Sie? Er ist einmal in der Sinnenwelt zu Hause. Es kommt ihm draußen kalt und unbehaglich vor, und er mag von jeher an seinem Körper einen ziemlich warmen Pelz gehabt haben. Er ist gesinnt wie der alte Homer, welcher sagt: die Seelen der Helden seyen in den Orkus hinabgewandert, sie selbst aber den Hunden u Vögeln zum Raube geworden.
[6] Verzeihen Sie mein Geschwätz, leben Sie recht wohl u lassen mich bald wieder von sich hören.
Ihr
AWS
Ihren freundschaftlichen Brief vom 15ten Mai fand ich hier bey meiner Zurückkunft von einer kleinen Reise nach den Bädern in Savoyen vor, u danke Ihnen, mein werthester Freund, von ganzem Herzen dafür. So etwas ist immer sehr erquicklich.
Zuvörderst melde ich, daß ich hoffen darf, den Rest des Capitals nebst den Zinsen baldigst abzutragen, indem sich Mohr u Zimmer doch noch auf den Verlag meiner Gedichte eingerichtet haben, u der Druck vielleicht schon angefangen ist.
Von Tieck habe ich seit einiger Zeit keine Nachricht, u weiß daher nicht, ob er noch in Zürich oder schon unterweges ist. Er wollte den kleinen Umweg nach Unterwalden machen, weil ihm der Kr. P. von Baiern axx das Bildniß des Nicolaus von der Flühe zu fertigen aufgetragen, u der Schädel dieses verehrten Einsiedlers dort aufbewahrt wird.
Glauben Sie mir, Tieck ist ehrlich; wenn er seine Versprechungen nicht hält, so ist es weil ihn andre auch mit vergeblichen Versprechungen Hoffnungen hingehalten. Und dann kann einem die Noth manches abnöthigen. Gleich anfangs [2] hätte man ihn allerdings mit etwa 20 Carol. von Zürich nach Rom hinhelfen können. Sein gezwungner Aufenthalt dort hat die Sache schwieriger gemacht: er hat gezehrt, freylich so wenig als möglich, ohne erwarten zu können. Ich habe ihm kümmerlich durch den Winter zu helfen gesucht. Wäre ich vorigen Frühling nicht so weit entfernt gewesen, so hätte ich ihn sogleich xxx bewogen von Zürich hierher zu kommen, u ihn dann vielleicht weiterfördern können. Ich war auch etwas verdrießlich, daß er mir versprochne Arbeiten vernachläßigt hatte. –
Ihre Ungeduld muß ich ganz natürlich finden. Indessen ermahne ich Sie doch, mit einem andern Künstler nicht zu schnell abzuschließen, falls es nicht schon geschehen: schwerlich liefert ein Andrer die Arbeit zugleich so gut u so wohlfeil. Sein Basrelief auf Neckers Grabe ist wirklich vortrefflich, u fiel Hrn. von Ramdohr ungemein auf. Auch wird schwerlich ein Andrer die Büste auf solche Art copiren können, daß sie ähnlich bleibt.
Auf Ihren Vorschlag, selbst die Betreibung des Werkes zu übernehmen und dafür gut zu sagen, kann ich nicht eingehn, so gern ich wollte. Dazu müßte ich die Aussicht haben, auf den Herbst nach Italien zu gehen; um an Ort [3] u Stelle zu seyn, welches aber gar nicht der Fall ist. Die Wandelbarkeit meines Wohnortes u die häufigen Reisen machen, daß ich zu einem solchen Geschäft weniger im Stande bin, als irgend wer. Ich vermag weiter nichts, als Tieck aufs dringendste zur Beschleunigung auffodern, wenn ihm die Sache noch aufgetragen bleibt.
Daß Ihnen das Lied der Nibelungen einen großen Eindruck gemacht hat, wundert mich nicht: es macht ihn auf alle, die Tiefe des Gemüthes haben. Aber ich kann Ihnen nicht sagen, wie sehr mich Ihre lebhafte Theilnahme bey dieser Arbeit aufmuntert. Ich werde alle meine Kräfte daran setzen, um über dieß herrlichste Denkmal unsrer Vorzeit meine Landsleute aus ihrem Todtenschlaf zu wecken. Sie haben mir durch Besorgung meines Auftrags einen wichtigen Dienst geleistet. Docen ist der geschickteste Mann zur Vergleichung einer altdeutschen Handschrift, es freut mich sehr, daß er es übernehmen will, ich werde ihm seine Mühe nach Vermögen u Billigkeit vergüten. Ich bin so frey, einen weitläuftigen Brief an ihn offen einzulegen, da der fleißige Mann in einer gedrückten Lage ist, so muß man um so mehr ihn aufzumuntern [4] suchen. Ich habe ihm allerley Bemerkungen über sein gedrucktes Sendschreiben vorgelegt.
Fichte’s neue Schriften lese ich seit geraumer Zeit nicht mehr, xxxxxxxxxxxxxxx, nachdem ich gemerkt habe, daß es immer wieder die alten wissenschaftlichen Purzelbaume sind, nur schwerfälliger, weil er mit dem Fortgange der Jahre steif geworden und ganz in seinem engen Gedankenkreise eingerostet ist. Sollte ich ihn adeln, so würde ich ihm das Bernische Wappen mit einiger Veränderung ertheilen: nämlich einen Bären, der an seinen eigenen Tatzen saugt. Die verachtete Natur, die vernachläßigte Geschichte haben sich schlimm an ihm gerochen.
Die Parabel vom Eulenspiegel soll kein Geheimniß seyn, ich rücke sie eben so wohl als die Philosophische Lection in die neue Sammlung meiner Gedichte ein. Dieser möchte ich gern etwas neues vorbehalten, doch will ich Ihnen, wenn noch Zeit vor Abgang der Post ist, diese possenhafte Kleinigkeit abschreiben, die Sie vielleicht in einem verlohrnen Augenblicke unterhalten kann.
Auf Ihre Gespräche über die Weltalter bin ich unendlich begierig. Sie sind bis jetzt der [5] einzige von unsern Denkern, der sich der Schulsprache entledigt, u einen würdigen und einen Ausdruck für die höheren Wahrheiten gefunden hat. Denn leider schreibt auch Bader, von dem mein Bruder versichert, daß er vortrefflich u mit großer Klarheit spreche, auf eine verworrene u ungenießbare Weise.
Was aber Fichteʼs Anhhänger zu Markte bringen, das ist unglaublich; haben Sie unter andern die Schriften eines Grafen Kalkreuth gesehen?
So eben erhielt ich die Vorlesungen meines Bruders über die neuere Geschichte, u bin sehr begierig zu wissen, wie man sie in Deutschland aufnehmen wird.
Mit Goetheʼs Farbenlehre haben Sie wohl Recht: allein was wollen Sie? Er ist einmal in der Sinnenwelt zu Hause. Es kommt ihm draußen kalt und unbehaglich vor, und er mag von jeher an seinem Körper einen ziemlich warmen Pelz gehabt haben. Er ist gesinnt wie der alte Homer, welcher sagt: die Seelen der Helden seyen in den Orkus hinabgewandert, sie selbst aber den Hunden u Vögeln zum Raube geworden.
[6] Verzeihen Sie mein Geschwätz, leben Sie recht wohl u lassen mich bald wieder von sich hören.
Ihr
AWS
· Beilage , [3. Juni 1811]
· Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
· Mscr.Dresd.Aut.2842.a
· Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
· Mscr.Dresd.Aut.2842.a