• Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Paris · Place of Destination: Berlin · Date: 16.09.1802
Edition Status: Single collated printed full text without registry labelling not including a registry
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Paris
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 16.09.1802
    Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 26. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Pariser und Kölner Lebensjahre (1802‒1808). Erster Teil (Juni 1802 ‒ Dezember 1805). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Hans Dierkes. Paderborn 2018, S. 26‒28.
  • Incipit: „[1] Paris den 16ten Septemb 1802
    Liebster Freund, es ist schon recht lange daß ich Dir habe Nachricht von mir geben wollen, [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-1a-34288
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.24.d,Nr.181
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 14,6 x 9,4 cm
    Language
  • German
  • French
[1] Paris den 16ten Septemb 1802
Liebster Freund, es ist schon recht lange daß ich Dir habe Nachricht von mir geben wollen, und immer ist es noch nicht geschehen; aber der neuen Gegenstände sind zu viel, und die Gemählde u Antiken allein haben mich eine Zeitlang ganz absorbirt. Was sie in mir erzeugt haben, wirst Du vollständig gleich im ersten Stücke meiner Europa finden und ich hoffe Du wirst damit und auch überhaupt mit diesem Unternehmen zufrieden sein. Lieber Freund, ich bitte recht sehr daß Du mir durch einen oder den andern Beitrag einen Beweis Deiner fortdauernden Freundschaft und ein Zeichen des Andenkens gäbest. Könntest Du nicht Z.B. Musse finden, von den Kunstwerken die sich in Berlin befinden, Nachricht zu geben? Das wäre sehr schön oder auch würde es mir sehr willkommen sein, wenn Du wolltest etwas von dem was Du in dem Collegio vorträgst, provisorisch drucken lassen und mir geben. In diesem Falle bitte ich es geradezu an Wilmans in Frkfurt a.M. zu schicken. Vielleicht hast Du auch eine Uebersetzung aus einem alten oder romantischen Dichter vorräthig, kurz jeder Beitrag, den Du selbst bestimmen willst, wäre mir sehr lieb.
Ich bitte Dich sehr mir Nachricht zu geben von der Deutschen Litteratur überhaupt und von Dir selbst u Deinen eignen Arbeiten besonders. Was [2] macht der Philoxenos? und was der Jon? d. h. wann eher werde ich ihn gedruckt sehen? Vor allem aber wünsche ich vom Tristan zu hören. Möchtest Du doch auf meine Ueberzeugung genug achten, um im Drama auch das romantische besonders zu constituiren. Ich überzeuge mich immer mehr, daß dieses der einzige wahre Weg ist, und das sogar für die Komödie. Das antike bleibt flach oder wird gelehrt und kann nur mythlg genommen bedeutend sein, wo es dann von selbst in das Gebiet der esoterischen Poesie tritt. Das ganz moderne aber ist selbst für die Komödie ein unwürdiger und steriler Stoff.
Ich muß Dich noch mit einer Kleinigkeit behelligen. Paulus fodert noch 12 Th von uns für Caffe der durch ihn von Siedler aus Leipzig im Sommer 1800 besorgt worden, zu der Zeit da wir allein zusammen in Jena waren und Caroline schon in Bamberg war. Meine Frau erinnert sich durch aus nicht, ob er für Dich allein oder welches wahrscheinlicher für uns mit genommen wurde; gewiß aber ists daß Paulus diese Auslage noch nicht erstattet erhalten. Es ist seine eigne Schuld da er es selbst vergessen hatte und erst nach meiner Abreise mich daran erinnert. In[3]dessen würde es mir sehr unlieb sein, wenn dieser Mann auf die Bezahlung warten zu müssen glauben könnte. Wolltest Du die kleine Auslage gleich machen, so würde ich Dir die Hälfte oder das Ganze wie es Dein Gedächtniß bestimmt bei der nächsten Rimesse erstatten; melden wollte ich Dir da die Commission doch eigentlich auf Deinen Namen geschah.
Grüße Bernhardi herzlich von mir. Was macht der Kynosarges? Wäre dieser nicht, so würde ich ihn auch um Beiträge bitten, so darf ich es aber kaum wagen; will er aber doch, so ist es desto besser. Das Honorar ist 2½ Ldr.
Ich arbeite am Homo und an dem musikalischen Trauerspiel, aber freilich gibts hier noch andre Gegenstände die mich anziehen. Erlauben meine Verhältnisse mir, so lang hier zu bleiben als es dazu nöthig ist, so denke ich Samskrit zu lernen, und wenn es dazu nöthig ist, auch Persisch. Die Mittel hier sind sehr groß. Ueberhaupt ist hier viel anziehendes. Das Wasser die Luft, das Erdreich und die Menschen ausgenommen ist hier alles gut. David ist ein greulicher Schmierer der nichts werth ist. Den Bildhauer grüße. Gott sei mit ihm. [4] Meine direkte Adresse ist rue de la Victoire près celle de Montblanc nro. 2. chez Mr. Pobecheim.
Schellings Bruno verdient viel Lob. Freilich wünschte ich er hätte uns statt eines schwachen Schatten Bruno, ihn selber den braven Italiäner dargestellt. Was macht die Bernhardi? Ich sehe mit großer Theilnahme Ihrer Dichtkunst zu. Möchte sie nur ihrer Ideen nicht selbst zu schnell überdrüssig werden! Die Wunderbilder müßte sie nun eigentlich noch einmal machen, dann würde es ein göttliches Gedicht werden. Kinder, treibt mir den Tieck daß er uns den 2ten Theil des Novalis schafft sonst werde ich rasend und komme nach D. zurück um ihn zu machen. Komm aufs Frühjahr mit Schütz hieher dann wollen wir zusammen nach der Provençe reisen; es zieht mich sehr dahin. Mit dem Plato bin ich endlich zu Rande und bereite mich nun zum Aristoteles. Wirst Du diesen Winter wieder Vorlesungen halten? Wie hat das Publikum den Alarkos aufgenommen? — Sind keine neuen Genies in Deutschl entstanden? Ich warte mit Sehnsucht darauf! Auch die Menagerie hier ist sehr schön; besonders der Elephant hat mir viel Achtung und Theilnahme eingeflößt. Er ist unstreitig nächst mir derjenige welcher am wenigsten hier zu Hause gehört. Ich umarme Dich herz[lich.]
Friedrich S.

Eine große Freude habe ich eben, daß Werner aus Freiberg hier ist, den ich in Leipzig kennen lernte; ein göttlicher Mann und ein wahrer Deutscher. Wir gefallen uns sehr.
[1] Paris den 16ten Septemb 1802
Liebster Freund, es ist schon recht lange daß ich Dir habe Nachricht von mir geben wollen, und immer ist es noch nicht geschehen; aber der neuen Gegenstände sind zu viel, und die Gemählde u Antiken allein haben mich eine Zeitlang ganz absorbirt. Was sie in mir erzeugt haben, wirst Du vollständig gleich im ersten Stücke meiner Europa finden und ich hoffe Du wirst damit und auch überhaupt mit diesem Unternehmen zufrieden sein. Lieber Freund, ich bitte recht sehr daß Du mir durch einen oder den andern Beitrag einen Beweis Deiner fortdauernden Freundschaft und ein Zeichen des Andenkens gäbest. Könntest Du nicht Z.B. Musse finden, von den Kunstwerken die sich in Berlin befinden, Nachricht zu geben? Das wäre sehr schön oder auch würde es mir sehr willkommen sein, wenn Du wolltest etwas von dem was Du in dem Collegio vorträgst, provisorisch drucken lassen und mir geben. In diesem Falle bitte ich es geradezu an Wilmans in Frkfurt a.M. zu schicken. Vielleicht hast Du auch eine Uebersetzung aus einem alten oder romantischen Dichter vorräthig, kurz jeder Beitrag, den Du selbst bestimmen willst, wäre mir sehr lieb.
Ich bitte Dich sehr mir Nachricht zu geben von der Deutschen Litteratur überhaupt und von Dir selbst u Deinen eignen Arbeiten besonders. Was [2] macht der Philoxenos? und was der Jon? d. h. wann eher werde ich ihn gedruckt sehen? Vor allem aber wünsche ich vom Tristan zu hören. Möchtest Du doch auf meine Ueberzeugung genug achten, um im Drama auch das romantische besonders zu constituiren. Ich überzeuge mich immer mehr, daß dieses der einzige wahre Weg ist, und das sogar für die Komödie. Das antike bleibt flach oder wird gelehrt und kann nur mythlg genommen bedeutend sein, wo es dann von selbst in das Gebiet der esoterischen Poesie tritt. Das ganz moderne aber ist selbst für die Komödie ein unwürdiger und steriler Stoff.
Ich muß Dich noch mit einer Kleinigkeit behelligen. Paulus fodert noch 12 Th von uns für Caffe der durch ihn von Siedler aus Leipzig im Sommer 1800 besorgt worden, zu der Zeit da wir allein zusammen in Jena waren und Caroline schon in Bamberg war. Meine Frau erinnert sich durch aus nicht, ob er für Dich allein oder welches wahrscheinlicher für uns mit genommen wurde; gewiß aber ists daß Paulus diese Auslage noch nicht erstattet erhalten. Es ist seine eigne Schuld da er es selbst vergessen hatte und erst nach meiner Abreise mich daran erinnert. In[3]dessen würde es mir sehr unlieb sein, wenn dieser Mann auf die Bezahlung warten zu müssen glauben könnte. Wolltest Du die kleine Auslage gleich machen, so würde ich Dir die Hälfte oder das Ganze wie es Dein Gedächtniß bestimmt bei der nächsten Rimesse erstatten; melden wollte ich Dir da die Commission doch eigentlich auf Deinen Namen geschah.
Grüße Bernhardi herzlich von mir. Was macht der Kynosarges? Wäre dieser nicht, so würde ich ihn auch um Beiträge bitten, so darf ich es aber kaum wagen; will er aber doch, so ist es desto besser. Das Honorar ist 2½ Ldr.
Ich arbeite am Homo und an dem musikalischen Trauerspiel, aber freilich gibts hier noch andre Gegenstände die mich anziehen. Erlauben meine Verhältnisse mir, so lang hier zu bleiben als es dazu nöthig ist, so denke ich Samskrit zu lernen, und wenn es dazu nöthig ist, auch Persisch. Die Mittel hier sind sehr groß. Ueberhaupt ist hier viel anziehendes. Das Wasser die Luft, das Erdreich und die Menschen ausgenommen ist hier alles gut. David ist ein greulicher Schmierer der nichts werth ist. Den Bildhauer grüße. Gott sei mit ihm. [4] Meine direkte Adresse ist rue de la Victoire près celle de Montblanc nro. 2. chez Mr. Pobecheim.
Schellings Bruno verdient viel Lob. Freilich wünschte ich er hätte uns statt eines schwachen Schatten Bruno, ihn selber den braven Italiäner dargestellt. Was macht die Bernhardi? Ich sehe mit großer Theilnahme Ihrer Dichtkunst zu. Möchte sie nur ihrer Ideen nicht selbst zu schnell überdrüssig werden! Die Wunderbilder müßte sie nun eigentlich noch einmal machen, dann würde es ein göttliches Gedicht werden. Kinder, treibt mir den Tieck daß er uns den 2ten Theil des Novalis schafft sonst werde ich rasend und komme nach D. zurück um ihn zu machen. Komm aufs Frühjahr mit Schütz hieher dann wollen wir zusammen nach der Provençe reisen; es zieht mich sehr dahin. Mit dem Plato bin ich endlich zu Rande und bereite mich nun zum Aristoteles. Wirst Du diesen Winter wieder Vorlesungen halten? Wie hat das Publikum den Alarkos aufgenommen? — Sind keine neuen Genies in Deutschl entstanden? Ich warte mit Sehnsucht darauf! Auch die Menagerie hier ist sehr schön; besonders der Elephant hat mir viel Achtung und Theilnahme eingeflößt. Er ist unstreitig nächst mir derjenige welcher am wenigsten hier zu Hause gehört. Ich umarme Dich herz[lich.]
Friedrich S.

Eine große Freude habe ich eben, daß Werner aus Freiberg hier ist, den ich in Leipzig kennen lernte; ein göttlicher Mann und ein wahrer Deutscher. Wir gefallen uns sehr.
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