• August Wilhelm von Schlegel to Friedrich Schleiermacher

  • Place of Dispatch: Braunschweig · Place of Destination: Berlin · Date: 22.12.1800
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Friedrich Schleiermacher
  • Place of Dispatch: Braunschweig
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 22.12.1800
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Schleiermacher, Friedrich: Kritische Gesamtausgabe. Hg. v. Hans-Joachim Birkner u. Hermann Fischer. Berlin u.a. 1980ff. Abt. 5, Bd. 4. Briefwechsel 1800 (Briefe 850‒1004). Hg. v. Andreas Arndt u. Wolfgang Virmond. Berlin u.a. 1994, S. 385‒388.
  • Weitere Drucke: Aus Schleiermacherʼs Leben. In Briefen. Hg. v. Ludwig Jonas u. Wilhelm Dilthey. Bd. 3: Schleiermachers Briefwechsel mit Freunden bis zu seiner Übersiedlung nach Halle, namentlich der mit Friedrich und August Wilhelm Schlegel. Berlin 1861, S. 250‒251.
  • Incipit: „[1] Br. d. 22 Dec. 1800
    Sie glauben vielleicht, liebster Freund, in dem Packetchen wäre eine Anzahl Louisd’ors, sauber an Carten festgenäht, [...]“
    Manuscript
  • Provider: Berlin, Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften
  • Classification Number: NL F. D. E. Schleiermacher, Nr. 372.2. Bl. 48–49r
  • Number of Pages: 2 S., hs. m. U.
    Language
  • German
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[1] Br. d. 22 Dec. 1800
Sie glauben vielleicht, liebster Freund, in dem Packetchen wäre eine Anzahl Louisd’ors, sauber an Carten festgenäht, enthalten, aber nichts weniger! es ist nur eine Teufeley im allerkleinsten Format, eine neuerfundne Art von Visitencarten, die ich Sie an die übrigen Freunde zur bestmöglichen Verbreitung auszutheilen bitte. Wollen Sie selbst, vermöge Ihres Barmherzigkeit übenden Amtes, nichts damit zu thun haben, so überantworten Sie nur die sämtlichen Exemplare an Tieck oder Bernhardi. Sie müssen aber nicht verschwendet werden, denn die Auflage, die ich von diesem niedlichen Werkchen habe veranstalten lassen, ist sehr klein; auf den größten Debit rechnete ich in Berlin. – Bernhardi hat den Merkel wegen der Genoveva zwar schon ein wenig mitgenommen, allein die unerhörte Unwissenheit und Arroganz dieses Menschen kann nicht genug gezüchtigt werden. Eigentlich wären Priegel die beste Methode, allein von diesen möchte die Polizey Notiz nehmen, was bey Trioletten schwerlich zu befürchten. [2] Das beykommende ist übrigens genau nach den Regeln.
Als Ergänzung der hoffentlich glücklich angelangten Kotzebuade erhalten Sie hier eine Parodie des Vaterunsers, die aber nur im engeren Kreise von Freunden mitgetheilt werden darf. Ich habe sie aufgeopfert, um, wenn man irgendwo den Einfall haben sollte, die Kotzebuade zu verbieten, dem Vorwande vorzubeugen, es geschehe zur Ehre Gottes.
Sie sehen der Teufel schläft nicht, wenn er einmal im Gange ist, sondern er gehet umher wie ein brüllender Löwe und suchet welchen er verschlinge. Die für das Carneval zum neuen Jahrhundert in Weimar ausgeheckten Späße, denen ich auf alle Weise nah beygewohnt haben würde, sind leider in Stecken gerathen. Sie werden schon wissen, daß der Herzog, wegen der Niederlagen der Österreicher befohlen hat, alle Lustbarkeiten einzustellen. Es ist sehr schade. Es hat etwas von den Schauspielern in Goethe’s Hause vor einer Gesellschaft von lauter Männern ohne Damen, aufgeführt werden sollen, [3] wovon sich also denken läßt, daß es toll genug würde gewesen seyn; und wer weiß ob es nun das Licht der Welt erblickt.
Sagen Sie nur Tieck, ich wäre sehr böse daß er mir nicht schriebe, er möchte es unverzüglich noch hieher thun. Ich freue mich sehr auf unser Wiedersehen; meine Abreise von hier hat bis jetzt eine Arbeit verhindert, die ich mir erst vom Halse schaffen mußte. In wenigen Wochen bin ich nun bey Ihnen, denn in Jena hoffe ich ungefähr nur 14 Tage zu bleiben.
Man schmeichelt sich in Weimar noch, Iffland werde gegen den 14ten Januar hinkommen. Wissen Sie etwa wie es damit ist, so geben Sie mir Nachricht. Hier ist ein ganz artiges französisches Theater, das ich fleißig besuche; es dient mir zu Vergleichungspunkten mit der deutschen Bühne.
Es freut mich, daß Ihnen der Florentin gefällt. Ich habe eine heitre und verständige Darstellung darin gefunden.
Über Schadows Zeichnungen möchte ich erst die Meynung einiger kunstverstän[4]digen Freunde einhohlen, ehe ich ihm wieder schreibe. Ich hoffe, er wird mit meinem letzten Briefe zufrieden gewesen seyn. Obiges lassen Sie ihn natürlich nicht merken. Wenn Sie ihn sehen sagen Sie nur, ich würde ihm nächstens wieder schreiben und dann mündliche Verabredungen treffen, nebst den besten Empfehlungen. Die Gegenden wo das Monument hinkommen soll, sind leider wieder Theater des Krieges geworden
Leben Sie recht wohl
Ihr
AW Schlegel

Gebet
Deutscher Schauspieler an Kotzebue

Vater unser, der du bist in Siberien! Beklatschet werde dein Name. Dein Theater komme. Dein Witz gefalle wie in Deutschland so in Britannien. Unsre alltägliche Rolle gieb uns heute. Und vergieb uns unsre Langweiligkeit, wie wir vergeben unsern Langweilern. Führe uns nicht in Poesie. Sondern erlöse uns von dem Gustav Wasa. Denn dein ist das Theater, und der Zulauf, und die Beliebtheit, von nun an bis zum neuen Zeitalter. Amen.
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[1] Br. d. 22 Dec. 1800
Sie glauben vielleicht, liebster Freund, in dem Packetchen wäre eine Anzahl Louisd’ors, sauber an Carten festgenäht, enthalten, aber nichts weniger! es ist nur eine Teufeley im allerkleinsten Format, eine neuerfundne Art von Visitencarten, die ich Sie an die übrigen Freunde zur bestmöglichen Verbreitung auszutheilen bitte. Wollen Sie selbst, vermöge Ihres Barmherzigkeit übenden Amtes, nichts damit zu thun haben, so überantworten Sie nur die sämtlichen Exemplare an Tieck oder Bernhardi. Sie müssen aber nicht verschwendet werden, denn die Auflage, die ich von diesem niedlichen Werkchen habe veranstalten lassen, ist sehr klein; auf den größten Debit rechnete ich in Berlin. – Bernhardi hat den Merkel wegen der Genoveva zwar schon ein wenig mitgenommen, allein die unerhörte Unwissenheit und Arroganz dieses Menschen kann nicht genug gezüchtigt werden. Eigentlich wären Priegel die beste Methode, allein von diesen möchte die Polizey Notiz nehmen, was bey Trioletten schwerlich zu befürchten. [2] Das beykommende ist übrigens genau nach den Regeln.
Als Ergänzung der hoffentlich glücklich angelangten Kotzebuade erhalten Sie hier eine Parodie des Vaterunsers, die aber nur im engeren Kreise von Freunden mitgetheilt werden darf. Ich habe sie aufgeopfert, um, wenn man irgendwo den Einfall haben sollte, die Kotzebuade zu verbieten, dem Vorwande vorzubeugen, es geschehe zur Ehre Gottes.
Sie sehen der Teufel schläft nicht, wenn er einmal im Gange ist, sondern er gehet umher wie ein brüllender Löwe und suchet welchen er verschlinge. Die für das Carneval zum neuen Jahrhundert in Weimar ausgeheckten Späße, denen ich auf alle Weise nah beygewohnt haben würde, sind leider in Stecken gerathen. Sie werden schon wissen, daß der Herzog, wegen der Niederlagen der Österreicher befohlen hat, alle Lustbarkeiten einzustellen. Es ist sehr schade. Es hat etwas von den Schauspielern in Goethe’s Hause vor einer Gesellschaft von lauter Männern ohne Damen, aufgeführt werden sollen, [3] wovon sich also denken läßt, daß es toll genug würde gewesen seyn; und wer weiß ob es nun das Licht der Welt erblickt.
Sagen Sie nur Tieck, ich wäre sehr böse daß er mir nicht schriebe, er möchte es unverzüglich noch hieher thun. Ich freue mich sehr auf unser Wiedersehen; meine Abreise von hier hat bis jetzt eine Arbeit verhindert, die ich mir erst vom Halse schaffen mußte. In wenigen Wochen bin ich nun bey Ihnen, denn in Jena hoffe ich ungefähr nur 14 Tage zu bleiben.
Man schmeichelt sich in Weimar noch, Iffland werde gegen den 14ten Januar hinkommen. Wissen Sie etwa wie es damit ist, so geben Sie mir Nachricht. Hier ist ein ganz artiges französisches Theater, das ich fleißig besuche; es dient mir zu Vergleichungspunkten mit der deutschen Bühne.
Es freut mich, daß Ihnen der Florentin gefällt. Ich habe eine heitre und verständige Darstellung darin gefunden.
Über Schadows Zeichnungen möchte ich erst die Meynung einiger kunstverstän[4]digen Freunde einhohlen, ehe ich ihm wieder schreibe. Ich hoffe, er wird mit meinem letzten Briefe zufrieden gewesen seyn. Obiges lassen Sie ihn natürlich nicht merken. Wenn Sie ihn sehen sagen Sie nur, ich würde ihm nächstens wieder schreiben und dann mündliche Verabredungen treffen, nebst den besten Empfehlungen. Die Gegenden wo das Monument hinkommen soll, sind leider wieder Theater des Krieges geworden
Leben Sie recht wohl
Ihr
AW Schlegel

Gebet
Deutscher Schauspieler an Kotzebue

Vater unser, der du bist in Siberien! Beklatschet werde dein Name. Dein Theater komme. Dein Witz gefalle wie in Deutschland so in Britannien. Unsre alltägliche Rolle gieb uns heute. Und vergieb uns unsre Langweiligkeit, wie wir vergeben unsern Langweilern. Führe uns nicht in Poesie. Sondern erlöse uns von dem Gustav Wasa. Denn dein ist das Theater, und der Zulauf, und die Beliebtheit, von nun an bis zum neuen Zeitalter. Amen.
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