• Johann Wolfgang von Goethe to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Weimar · Place of Destination: Unknown · Date: 02.03.1801
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Johann Wolfgang von Goethe
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Weimar
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 02.03.1801
    Printed Text
  • Bibliography: August Wilhelm und Friedrich Schlegel im Briefwechsel mit Schiller und Goethe. Hg. v. Josef Körner u. Ernst Wieneke. Leipzig 1926, S. 114‒115.
  • Verlag: Insel Verlag
  • Incipit: „[2. März 1801]
    Ihrer freundschaftlichen Theilnahme, bey dem Unfall, der mich betroffen hat, war ich gewiß und danke Ihnen für den Ausdruck [...]“
    Language
  • German
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[2. März 1801]
Ihrer freundschaftlichen Theilnahme, bey dem Unfall, der mich betroffen hat, war ich gewiß und danke Ihnen für den Ausdruck derselben. Das Übel war sehr gewaltsam, doch finde ich mich geschwinder wieder hergestellt als ich hoffen durfte.
Die Zeichnung des Monuments erhalten Sie zurück mit einem Gutachten von Meyer, dem ich beytrete. Nur kann ich mich nicht enthalten hinzu zu fügen: daß ich es für sündlich halte ein Kunstwerk, das gut und schön werden soll, in ein barbarisches Land, unter freyen Himmel zu relegiren, besonders in der jetzigen Zeit wo man nicht weiß wem Grund und Boden im nächsten Jahre gehören wird.
Wenn es einmal ein Kenotaph seyn soll, wenn es erlaubt ist mit seinen Schmerzen zu spielen; so würde ich rathen Geld und Kunst nicht für Badegäste und Pfaffen, sondern für den Kreis der Familie und der Freunde wirken zu lassen, ich würde rathen ein paar Urnen, in der Größe wie man sie in ein Zimmer stellen kann, mit allem Aufwand von Material, Gedanke, Kunst und Technik zu besorgen und sie zu einem wehmütigen Genuß und zu einer bedeutenden Zierde eigner Wohnung aufzustellen.
Die eine Urne müßte mir das Lobenswürdige und Hoffnungsvolle der Verschiednen, die Lieblingsbeschäftigung ihres Lebens darstellen, die andere den Zustand der Nachgelaßnen.
Ein solcher Gedanke müßte mir um so eher einfallen als ein so geschickter Mann, wie Professor Schadow, um so billige Bedingungen, wie der Anschlag zeigt, für Sie zu arbeiten geneigt ist und wir in unsern Häusern und Besitzungen keineswegs an Kunst so reich sind, daß wir das Gebildete auf die Kreuzwege hinaus drängen müßten.
Verzeihen Sie dieser aufrichtigen Äußerung! Ein jeder hat freylich seine eigne Art die Dinge dieser Welt anzusehen. Sie werden thun, was Sie nach Ihren eignen Besinnungen fürs beste halten.
Sollte mir etwas lyrisches gelingen, das für Sie brauchbar wäre, so schicke ich es bey Zeiten. Vorräthig ist gar nichts und also hängt es vom Zufall ab, ob ich Ihnen mit etwas dienen kann.
Ich freue mich daß Sie meinem Festspiel einigen Beyfall gönnen. Der Effect bey der Aufführung hat mich selbst überrascht. Ich wünschte wohl einmal etwas ähnliches, mit mehr Personen, für ein größeres Theater zu bearbeiten.
Die theatralische Preisaufgabe haben wir deswegen im Allgemeinen gelassen, damit mehr Spielraum bliebe. Auch finden wir dadurch vielleicht am ersten Gelegenheit von der Erfindung bis zur Ausführung mehrere Stufen zu beobachten und zu schätzen.
Was Sie von den Vorzügen des französischen Theaters sagen kenne ich recht gut; allein es ist eine solche wunderliche Wendung überhaupt in die Deutschen gekommen, daß es schwerer als jemals seyn wird sie gewisse Eigenschaften schätzen zu lehren die sie nicht besitzen. Es ist in diesem Volke ein eignes Gemisch von Originalität und Nachahmerey.
So weit für dießmal. Leben Sie recht wohl, grüßen Ihre werthe Gattin, lassen Sie manchmal von sich hören und kommen Sie bald wieder zu uns.
G.
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[2. März 1801]
Ihrer freundschaftlichen Theilnahme, bey dem Unfall, der mich betroffen hat, war ich gewiß und danke Ihnen für den Ausdruck derselben. Das Übel war sehr gewaltsam, doch finde ich mich geschwinder wieder hergestellt als ich hoffen durfte.
Die Zeichnung des Monuments erhalten Sie zurück mit einem Gutachten von Meyer, dem ich beytrete. Nur kann ich mich nicht enthalten hinzu zu fügen: daß ich es für sündlich halte ein Kunstwerk, das gut und schön werden soll, in ein barbarisches Land, unter freyen Himmel zu relegiren, besonders in der jetzigen Zeit wo man nicht weiß wem Grund und Boden im nächsten Jahre gehören wird.
Wenn es einmal ein Kenotaph seyn soll, wenn es erlaubt ist mit seinen Schmerzen zu spielen; so würde ich rathen Geld und Kunst nicht für Badegäste und Pfaffen, sondern für den Kreis der Familie und der Freunde wirken zu lassen, ich würde rathen ein paar Urnen, in der Größe wie man sie in ein Zimmer stellen kann, mit allem Aufwand von Material, Gedanke, Kunst und Technik zu besorgen und sie zu einem wehmütigen Genuß und zu einer bedeutenden Zierde eigner Wohnung aufzustellen.
Die eine Urne müßte mir das Lobenswürdige und Hoffnungsvolle der Verschiednen, die Lieblingsbeschäftigung ihres Lebens darstellen, die andere den Zustand der Nachgelaßnen.
Ein solcher Gedanke müßte mir um so eher einfallen als ein so geschickter Mann, wie Professor Schadow, um so billige Bedingungen, wie der Anschlag zeigt, für Sie zu arbeiten geneigt ist und wir in unsern Häusern und Besitzungen keineswegs an Kunst so reich sind, daß wir das Gebildete auf die Kreuzwege hinaus drängen müßten.
Verzeihen Sie dieser aufrichtigen Äußerung! Ein jeder hat freylich seine eigne Art die Dinge dieser Welt anzusehen. Sie werden thun, was Sie nach Ihren eignen Besinnungen fürs beste halten.
Sollte mir etwas lyrisches gelingen, das für Sie brauchbar wäre, so schicke ich es bey Zeiten. Vorräthig ist gar nichts und also hängt es vom Zufall ab, ob ich Ihnen mit etwas dienen kann.
Ich freue mich daß Sie meinem Festspiel einigen Beyfall gönnen. Der Effect bey der Aufführung hat mich selbst überrascht. Ich wünschte wohl einmal etwas ähnliches, mit mehr Personen, für ein größeres Theater zu bearbeiten.
Die theatralische Preisaufgabe haben wir deswegen im Allgemeinen gelassen, damit mehr Spielraum bliebe. Auch finden wir dadurch vielleicht am ersten Gelegenheit von der Erfindung bis zur Ausführung mehrere Stufen zu beobachten und zu schätzen.
Was Sie von den Vorzügen des französischen Theaters sagen kenne ich recht gut; allein es ist eine solche wunderliche Wendung überhaupt in die Deutschen gekommen, daß es schwerer als jemals seyn wird sie gewisse Eigenschaften schätzen zu lehren die sie nicht besitzen. Es ist in diesem Volke ein eignes Gemisch von Originalität und Nachahmerey.
So weit für dießmal. Leben Sie recht wohl, grüßen Ihre werthe Gattin, lassen Sie manchmal von sich hören und kommen Sie bald wieder zu uns.
G.
· Konzept , 28.02.1801
· Weimar, Klassik Stiftung Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv
· GSA 28/32, Bl. 104 f.
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