• Amalie Wolper to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Lingen (Ems) · Place of Destination: Bonn · Date: 25.01.1835
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Amalie Wolper
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Lingen (Ems)
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 25.01.1835
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-1a-34336
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.29,Nr.44
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl. u. 1 S., hs. m. U.
  • Format: 21,3 x 12,9 cm
  • Incipit: „[1] Lingen d. 25 Januar
    1835.
    Daß ich mich recht herzlich über Ihren lieben, ausführlichen Brief gefreut habe, theuerster Oncle, bedarf wohl [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia
  • Zeil, Sophia
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[1] Lingen d. 25 Januar
1835.
Daß ich mich recht herzlich über Ihren lieben, ausführlichen Brief gefreut habe, theuerster Oncle, bedarf wohl nicht der Versicherung. Die Unbescheidenheit trauen Sie mir aber hoffentlich nicht zu, daß ich schon früher Nachricht von Ihnen erwartet hätte; denn ich weiß ja, wie unausgesetzt Sie mit gelehrten Arbeiten beschäftigt sind und wie oft Sie durch Besuche ect. darin unterbrochen werden. Um so dankbarer weiß ich es als ein Zeichen Ihres Wohlwollens zu erkennen und zu schätzen, wenn Sie sich dennoch abmüßigen, um mir zu schreiben. Die angenehmste Nachricht war mir natürlich die Ihres Wohlbefindens. Der Himmel erhalte Sie noch recht lange so kräftig und rüstig, wie bisher! Doch auch alles Andre, was Ihr Brief enthielt, war für mich von großem Interesse. Wie glänzend und schön sich Ihre Zimmer bei der großen Abendgesellschaft ausgenommen [2] haben, davon kann ich mir einen deutlichen Begriff machen, seit ich die ganz eigenthümliche, geschmackvolle Einrichtung Ihres Hauses kenne, womit die Meubeln und selbst das sonst Unbedeutendste in Übereinstimmung stehen. Natürlich kann nur ich allein es bedauern, nicht dabei zugegen gewesen zu sein, denn Ihre Äußerung, daß ich die Wirthinn hätte machen können, ist zu schmeichelhaft und gütig, da ich wohl weiß, daß ich in einem so ausgewählten Kreise nicht dazu im Stande bin. Bei einem so geistreichen, liebenswürdigen und aufmerksamen Wirth wird gewiß nie eine Wirthinn vermißt werden und kein Gast unbefriedigt zu Haus kommen.
Daß ich in Bonn noch nicht ganz vergessen bin und man sich zuweilen nach mir erkundigt, freut mich sehr. Ich denke recht oft und gern an meinen dortigen Aufenthalt zurück, der mir durch Ihre Güte so angenehm ward und unvergeßlich bleiben wird. Zuweilen kommt es mir wie ein Traum vor, daß ich wirklich an den Ufern des Rheins gewesen bin und dort so manches Schöne gesehen und kennen gelernt habe. Dürfte ich doch auch die Überzeugung hegen, liebster Oncle, daß ich und mein kleiner unruhiger, zuweilen auch unartiger Hermann Ihnen keine zu störende, lästige Gäste gewesen sind, das würde zu [3] meiner großen Beruhigung gereichen.
Wie es der Tante in Hannover möglich gewesen ist, eine so unbescheidene Forderung an Sie thun zu mögen und dazu auf so ungeziemende Weise, begreife ich nicht. Das mußte Sie natürlich aufbringen und es ist Ihnen nicht zu verdenken, daß Sie ein solches Anliegen gänzlich abwiesen. Hätte sie früher etwas vernünftiger gewirthschaftet, dann würde sie jetzt sorgenfrei und bequem leben können. Wie sehr bemitleide ich dagegen das traurige Geschick der unglücklichen Augusta v. Buttlar! Möchte der Himmel ihr doch die Tochter erhalten und zur Freude heran wachsen lassen! Ihr schönes Talent ist ihr gewiß auch oft eine Quelle des Trostes, die sie die herbe Wirklichkeit zuweilen vergessen läßt.
Sie erkundigen sich so gütig und theilnehmend nach meinen Angelegenheiten in Göttingen, lieber Oncle, wofür ich Ihnen herzlich Dank weiß. Leider lauten die Nachrichten von daher noch immer sehr unbefriedigend und unbestimmt. Das Haus, worauf meine Mutter und ich zur ersten Hypothek 3000 rthr. geliehen haben, ist zwar endlich zum Verkauf angeschlagen, doch ist der erste Termin erst auf den 4ten April angesetzt. Die Sache wird sich also wohl noch 4–5 Monate verzögern, [4] ehe sie zu Ende kommt und uns sind schon seit 1 1/2 Jahren keine Zinsen bezahlt. Außerdem steht zu befürchten, daß entweder gar nicht oder doch zu wenig auf das Haus geboten wird und wir am Ende, um nicht zu großen Schaden zu leiden, es selbst kaufen müssen. Ein Haus in Gött: ist aber – Sie kennen ja deren leichte Bauart – ein Kapital, was von Jahr zu Jahre an Werth verliert, auch ist es jetzt schwierig, immer gute Miethsleute zu bekommen. Sie können wohl denken, daß mich die Ungewißheit meiner Zukunft in ökonomischer Rücksicht oft beunruhigt und verstimmt.
Briefe aus Harburg bekomme ich ziemlich häufig, aber ihr Inhalt ist auch nicht sehr erheiternder Art. Meine Mutter kränkelt fortwährend und zwar bedeutender, wie früher, denn sie ist oft bettlägrig. Meine Schwester klagt über anhaltende Brustbeschwerden und Mattigkeit. Ihre Kinder sind gesund.
Hermann und mir ist es, einige unbedeutende Erkältungen abgerechnet, wohl gegangen. Wir leben ziemlich still und zufrieden fast einen Tag wie den andern und unterhalten uns oft von Bonn und den Großoncle. Über Hermann’s Fortschritte in der Schule kann ich nicht ganz genau urtheilen, weil er seine Arbeiten jetzt ohne meine Hülfe macht. Mit [5] seinem Fleiß hat es sich etwas gebessert, bis zum Kopf brennen haben wir es aber noch nicht gebracht. Er hofft jedoch Ostern nach Quinta versetzt zu werden, was freilich nur so viel bedeutet als Sexta in Bonn.
Alle Hausgenossen bitte ich bestens von mir zu grüßen und Mamsell Marie noch insbesondre meinen Dank für ihren Brief zu sagen, über den ich mich recht gefreut habe und den ich nächstens beantworten werde. Hermann hat mir herzliche Grüße an Sie und das ganze Haus aufgetragen.
Leben Sie recht wohl, theurer Oncle, und schenken Sie zuweilen ein freundliches Andenken
Ihrer
Sie liebenden und hochschätzenden
Nichte Amalie Wolper.
[6] [leer]
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[1] Lingen d. 25 Januar
1835.
Daß ich mich recht herzlich über Ihren lieben, ausführlichen Brief gefreut habe, theuerster Oncle, bedarf wohl nicht der Versicherung. Die Unbescheidenheit trauen Sie mir aber hoffentlich nicht zu, daß ich schon früher Nachricht von Ihnen erwartet hätte; denn ich weiß ja, wie unausgesetzt Sie mit gelehrten Arbeiten beschäftigt sind und wie oft Sie durch Besuche ect. darin unterbrochen werden. Um so dankbarer weiß ich es als ein Zeichen Ihres Wohlwollens zu erkennen und zu schätzen, wenn Sie sich dennoch abmüßigen, um mir zu schreiben. Die angenehmste Nachricht war mir natürlich die Ihres Wohlbefindens. Der Himmel erhalte Sie noch recht lange so kräftig und rüstig, wie bisher! Doch auch alles Andre, was Ihr Brief enthielt, war für mich von großem Interesse. Wie glänzend und schön sich Ihre Zimmer bei der großen Abendgesellschaft ausgenommen [2] haben, davon kann ich mir einen deutlichen Begriff machen, seit ich die ganz eigenthümliche, geschmackvolle Einrichtung Ihres Hauses kenne, womit die Meubeln und selbst das sonst Unbedeutendste in Übereinstimmung stehen. Natürlich kann nur ich allein es bedauern, nicht dabei zugegen gewesen zu sein, denn Ihre Äußerung, daß ich die Wirthinn hätte machen können, ist zu schmeichelhaft und gütig, da ich wohl weiß, daß ich in einem so ausgewählten Kreise nicht dazu im Stande bin. Bei einem so geistreichen, liebenswürdigen und aufmerksamen Wirth wird gewiß nie eine Wirthinn vermißt werden und kein Gast unbefriedigt zu Haus kommen.
Daß ich in Bonn noch nicht ganz vergessen bin und man sich zuweilen nach mir erkundigt, freut mich sehr. Ich denke recht oft und gern an meinen dortigen Aufenthalt zurück, der mir durch Ihre Güte so angenehm ward und unvergeßlich bleiben wird. Zuweilen kommt es mir wie ein Traum vor, daß ich wirklich an den Ufern des Rheins gewesen bin und dort so manches Schöne gesehen und kennen gelernt habe. Dürfte ich doch auch die Überzeugung hegen, liebster Oncle, daß ich und mein kleiner unruhiger, zuweilen auch unartiger Hermann Ihnen keine zu störende, lästige Gäste gewesen sind, das würde zu [3] meiner großen Beruhigung gereichen.
Wie es der Tante in Hannover möglich gewesen ist, eine so unbescheidene Forderung an Sie thun zu mögen und dazu auf so ungeziemende Weise, begreife ich nicht. Das mußte Sie natürlich aufbringen und es ist Ihnen nicht zu verdenken, daß Sie ein solches Anliegen gänzlich abwiesen. Hätte sie früher etwas vernünftiger gewirthschaftet, dann würde sie jetzt sorgenfrei und bequem leben können. Wie sehr bemitleide ich dagegen das traurige Geschick der unglücklichen Augusta v. Buttlar! Möchte der Himmel ihr doch die Tochter erhalten und zur Freude heran wachsen lassen! Ihr schönes Talent ist ihr gewiß auch oft eine Quelle des Trostes, die sie die herbe Wirklichkeit zuweilen vergessen läßt.
Sie erkundigen sich so gütig und theilnehmend nach meinen Angelegenheiten in Göttingen, lieber Oncle, wofür ich Ihnen herzlich Dank weiß. Leider lauten die Nachrichten von daher noch immer sehr unbefriedigend und unbestimmt. Das Haus, worauf meine Mutter und ich zur ersten Hypothek 3000 rthr. geliehen haben, ist zwar endlich zum Verkauf angeschlagen, doch ist der erste Termin erst auf den 4ten April angesetzt. Die Sache wird sich also wohl noch 4–5 Monate verzögern, [4] ehe sie zu Ende kommt und uns sind schon seit 1 1/2 Jahren keine Zinsen bezahlt. Außerdem steht zu befürchten, daß entweder gar nicht oder doch zu wenig auf das Haus geboten wird und wir am Ende, um nicht zu großen Schaden zu leiden, es selbst kaufen müssen. Ein Haus in Gött: ist aber – Sie kennen ja deren leichte Bauart – ein Kapital, was von Jahr zu Jahre an Werth verliert, auch ist es jetzt schwierig, immer gute Miethsleute zu bekommen. Sie können wohl denken, daß mich die Ungewißheit meiner Zukunft in ökonomischer Rücksicht oft beunruhigt und verstimmt.
Briefe aus Harburg bekomme ich ziemlich häufig, aber ihr Inhalt ist auch nicht sehr erheiternder Art. Meine Mutter kränkelt fortwährend und zwar bedeutender, wie früher, denn sie ist oft bettlägrig. Meine Schwester klagt über anhaltende Brustbeschwerden und Mattigkeit. Ihre Kinder sind gesund.
Hermann und mir ist es, einige unbedeutende Erkältungen abgerechnet, wohl gegangen. Wir leben ziemlich still und zufrieden fast einen Tag wie den andern und unterhalten uns oft von Bonn und den Großoncle. Über Hermann’s Fortschritte in der Schule kann ich nicht ganz genau urtheilen, weil er seine Arbeiten jetzt ohne meine Hülfe macht. Mit [5] seinem Fleiß hat es sich etwas gebessert, bis zum Kopf brennen haben wir es aber noch nicht gebracht. Er hofft jedoch Ostern nach Quinta versetzt zu werden, was freilich nur so viel bedeutet als Sexta in Bonn.
Alle Hausgenossen bitte ich bestens von mir zu grüßen und Mamsell Marie noch insbesondre meinen Dank für ihren Brief zu sagen, über den ich mich recht gefreut habe und den ich nächstens beantworten werde. Hermann hat mir herzliche Grüße an Sie und das ganze Haus aufgetragen.
Leben Sie recht wohl, theurer Oncle, und schenken Sie zuweilen ein freundliches Andenken
Ihrer
Sie liebenden und hochschätzenden
Nichte Amalie Wolper.
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