• Henriette Ernst to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Hannover · Place of Destination: Amsterdam · Date: 13.03.1792
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Henriette Ernst
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Hannover
  • Place of Destination: Amsterdam
  • Date: 13.03.1792
  • Notations: Absende- und Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-1a-33449
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.7,Nr.56
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl., hs. m. U
  • Format: 24,8 x 18 cm
  • Incipit: „[1] 1792 den 13ten März
    Liebster Bruder
    Meine Mutter hatte eben vor 8 Tagen den Brief den ich hier mitbeylege geschrieben um [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia
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[1] 1792 den 13ten März
Liebster Bruder
Meine Mutter hatte eben vor 8 Tagen den Brief den ich hier mitbeylege geschrieben um ihn auf der Post zu geben, wie dein sehnlich erwarteter Brief kam, und ihre Besorgniße wegen deiner Gesundheit hob! Ich bat sie nun noch zu warten bis Freitags wo ich dir zu schreiben dachte, da bekam ich aber einen heftigen Schnupfen mit Flußfieber daß es mir nicht möglich war, heute bin ich nun schon um ein merkliches wieder beßer, und da will ich es nun auch nicht länger verschieben. Die Mutter sagt mir ich solle ihren Brief nur mit einlegen obgleich vielles was darin ist nunmehr überflüßig wäre, so wäre dir doch wohl manches darin intressant Sage nicht lieber Wilhelm, daß du mir auf meine erzählenden Briefe, nichts erwiedern könntest, glaube nur deine Briefe sind uns immer sehr interessant! und besonders auch wenn du etwas näheres über deine Art zu leben schreibst; was du letzthin über Tischbein und Wyttenbach geschrieben rechne ich dahin, ich kann mir alsdann doch gleich eine nähere Idee, von den Stunden machen die du für dich lebst und daß ist mir sehr angenehm! daß hatte ich mir doch von allen Freunden und Bekannten von Charlotten und ihrer Art Umgang mit ihnen ideen gemacht, vielle ziemlich wichtig!
Du wünschest etwas von Ostindien zu hören, aber wir selbst haben keine näheren Nachrichten – der Major Offeney hat meinen Vater nicht besucht; er ist nur sehr kurze Zeit hier gewesen, alsdann nach Stade in Quartier gelegt [2] das letzte Regiment, welches ein Regiment für sich bleibt ist nun mehr schon unterwegens, mit ihm kömt auch der Capitain Hohenstedt der die Papier des seel. Augusts hat, sie selbst überbringen will, da er sie keinen andern hat anvertrauen wollen; im Juny ohngefehr werden sie erwartet. Daßs Regim[...] ist nicht mit, bey der letzten affaire gewesen sondern schon zu Schiffe, wo die Gemeinen aber einmahl eine Meuterey gemacht haben, weil sie geglaubt daß die Reise nicht nach Europa gienge so daß der Schiffscapitain hat stranden müßen, um erst wieder Ruhe herzustellen. Der Hauptmann von Reden ist endlich, vor einiger Zeit gestorben. Meine Mutter schreibt dir von Gladbach und Ubeloden daß die Sekretairs beym Consistorii geworden, Ubeloden ist recht vergnügt, und hat Müllern bis Göttingen begleitet wo er mit Köster 8 Tage geblieben. Vorigen Donnerstag vor 8 Tagen sind sie beyde beeydigt, Gladbachen hat mein Bruder es gleich angesehn daß er äußerst misvergnügt, er hat aber alles was dabey vor Unkosten an Trinkgeldern und so vorfällt genereux bezahlt, wohl ein 50 Rth., den nächsten Consistorialtag kömmt anstatt seiner, ein guter Freund von ihm mit Briefen ans Collegium an die Secretairs worin er schreibt daß er nach Frankreich gienge weg von diesem Lande der Sclaverei welches er sowohl wie das Preußische haßte; man wüßte keine Genies zu unterscheiden von andern gemeinen Köpfen; er gien[3]ge nach Frankreich, wo die jetzige Constitution ganz seinen Ideen entsprächen, er wollte da erst im Krieg gehen und wenn er nicht auf den Schlachtfelde bliebe, sich nachher wenn erst alles in Ordnung und festgesetzt wäre sich in Paris niederlaßen. Kurz alle seine Äußerungen sind äußerst Schwärmerisch, auch von je her so über diesen Punkt gewesen. Einige Wahrheiten sind denn wohl auch mit unter den Ministern gesagt. Er hat sich Geld durch adveciren erworben und in Lotterien gewonnen, an 200 Rth. die er mitgenommen; du kannst denken daß es Sensation gemacht, zumahl, da Wichmann ein naher Verwandte von ihm der sich vorher sehr für ihn bemühet hat, daß er Secretair geworden. Itzt gehen noch verschiedene Briefe an seine Freunde in der Stadt herum, wovon wir aber noch keinen gesehen. Carln geht es nahe da er ihn wohl leiden mochte, und er doch nun wahrscheinlich seinem Verderben entgegen geht.
Von der Mantexxxeln ax
Von Heynen habe ich nichts gehört.
Carl wird deine Comißion richtig und ordentlich besorgen, aber nur zum schreiben ist er schwer zu bringen, er hat darin ein ganz unüberwindliches Pflegma. Zimmermann schreibt itzt viel – es soll aber nicht zum Druck seyn, sondern man sagt er hülfe der Rußischen Kayserin in Staatsangelegenheiten. Einige wollen ihn in ansehung des Bardts mit der eisernen Stirne [4] noch nicht frey sprechen, es wäre abscheulig, und ich kann es nicht glauben.
Die Markard hat kürzlich an Carolinen geschrieben, sie sucht ihn zu entschuldigen; es wären ja Wahrheiten, sie könnte daher nicht begreiffen wie man daß ihrem Manne so übel nehmen könnte? Ihre Gesundheit soll aber elend seyn, ich glaube also daß sie doch viel darunter leidet.
Möller ist nach Maynz als Legationssekretair at interim gegangen, da Hinüber in Büdemeisters Stelle nach dem Haag gegangen ist, da Büdemeister sehr krank und wahrscheinlich nicht lange mehr leben kann; fürs erste kriegt er aber nur 700 Rth. bis er in die ganze Stelle rückt welches dann 120 sind; er war sehr glücklich – er hatte sich hier sehr beliebt gemacht. Der andere Brügemann ist Auditor bey der Cammer geworden, Duve bey der Regirgung. Rühling giebt sich itzt viel Mühe an Willigs Stelle nach Zelle ins Oberapellationsgericht zu kommen, alsdann rückte Rudloff gleich in Gage, und Beilwitz würde Hofrath.
Fritz schwebt schon in Gedanken in Freuden die er nun bald in Dresden haben wird, da er zu Ostern die Ferien dort zubringt, aber um desto fleißiger ist er itzt, da ihn Kind auf den Zahn fühlen will, wie es mit seinem Jus stehet, und darauf viel ankommen wird wegen seines bleibens in Sachsen. Von Harburg haben wir kürzlich Briefe daß sie wohl sind. Von Lottchen aber erwarten wir welche. Der Vater ist recht wohl. Von allen viele herzliche Grüße; auch von Rehbergs, Caroline hat es auch auf der Brust daher haben wir uns über 8 Tage nicht gesehen. Herr Rehberg wird [3] nächstens was in Druck geben über ErziehungsSysteme, womit Caroline sehr zufrieden scheint, worinen aber Campe und Consorten das Ihrige finden werden. [2] Adieu liebster Wilhelm, verzeihe die Nachläßigkeit meiner Schreiberey, nächstens erwarten wir wieder was von dich zu hören H Schlegel
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[1] 1792 den 13ten März
Liebster Bruder
Meine Mutter hatte eben vor 8 Tagen den Brief den ich hier mitbeylege geschrieben um ihn auf der Post zu geben, wie dein sehnlich erwarteter Brief kam, und ihre Besorgniße wegen deiner Gesundheit hob! Ich bat sie nun noch zu warten bis Freitags wo ich dir zu schreiben dachte, da bekam ich aber einen heftigen Schnupfen mit Flußfieber daß es mir nicht möglich war, heute bin ich nun schon um ein merkliches wieder beßer, und da will ich es nun auch nicht länger verschieben. Die Mutter sagt mir ich solle ihren Brief nur mit einlegen obgleich vielles was darin ist nunmehr überflüßig wäre, so wäre dir doch wohl manches darin intressant Sage nicht lieber Wilhelm, daß du mir auf meine erzählenden Briefe, nichts erwiedern könntest, glaube nur deine Briefe sind uns immer sehr interessant! und besonders auch wenn du etwas näheres über deine Art zu leben schreibst; was du letzthin über Tischbein und Wyttenbach geschrieben rechne ich dahin, ich kann mir alsdann doch gleich eine nähere Idee, von den Stunden machen die du für dich lebst und daß ist mir sehr angenehm! daß hatte ich mir doch von allen Freunden und Bekannten von Charlotten und ihrer Art Umgang mit ihnen ideen gemacht, vielle ziemlich wichtig!
Du wünschest etwas von Ostindien zu hören, aber wir selbst haben keine näheren Nachrichten – der Major Offeney hat meinen Vater nicht besucht; er ist nur sehr kurze Zeit hier gewesen, alsdann nach Stade in Quartier gelegt [2] das letzte Regiment, welches ein Regiment für sich bleibt ist nun mehr schon unterwegens, mit ihm kömt auch der Capitain Hohenstedt der die Papier des seel. Augusts hat, sie selbst überbringen will, da er sie keinen andern hat anvertrauen wollen; im Juny ohngefehr werden sie erwartet. Daßs Regim[...] ist nicht mit, bey der letzten affaire gewesen sondern schon zu Schiffe, wo die Gemeinen aber einmahl eine Meuterey gemacht haben, weil sie geglaubt daß die Reise nicht nach Europa gienge so daß der Schiffscapitain hat stranden müßen, um erst wieder Ruhe herzustellen. Der Hauptmann von Reden ist endlich, vor einiger Zeit gestorben. Meine Mutter schreibt dir von Gladbach und Ubeloden daß die Sekretairs beym Consistorii geworden, Ubeloden ist recht vergnügt, und hat Müllern bis Göttingen begleitet wo er mit Köster 8 Tage geblieben. Vorigen Donnerstag vor 8 Tagen sind sie beyde beeydigt, Gladbachen hat mein Bruder es gleich angesehn daß er äußerst misvergnügt, er hat aber alles was dabey vor Unkosten an Trinkgeldern und so vorfällt genereux bezahlt, wohl ein 50 Rth., den nächsten Consistorialtag kömmt anstatt seiner, ein guter Freund von ihm mit Briefen ans Collegium an die Secretairs worin er schreibt daß er nach Frankreich gienge weg von diesem Lande der Sclaverei welches er sowohl wie das Preußische haßte; man wüßte keine Genies zu unterscheiden von andern gemeinen Köpfen; er gien[3]ge nach Frankreich, wo die jetzige Constitution ganz seinen Ideen entsprächen, er wollte da erst im Krieg gehen und wenn er nicht auf den Schlachtfelde bliebe, sich nachher wenn erst alles in Ordnung und festgesetzt wäre sich in Paris niederlaßen. Kurz alle seine Äußerungen sind äußerst Schwärmerisch, auch von je her so über diesen Punkt gewesen. Einige Wahrheiten sind denn wohl auch mit unter den Ministern gesagt. Er hat sich Geld durch adveciren erworben und in Lotterien gewonnen, an 200 Rth. die er mitgenommen; du kannst denken daß es Sensation gemacht, zumahl, da Wichmann ein naher Verwandte von ihm der sich vorher sehr für ihn bemühet hat, daß er Secretair geworden. Itzt gehen noch verschiedene Briefe an seine Freunde in der Stadt herum, wovon wir aber noch keinen gesehen. Carln geht es nahe da er ihn wohl leiden mochte, und er doch nun wahrscheinlich seinem Verderben entgegen geht.
Von der Mantexxxeln ax
Von Heynen habe ich nichts gehört.
Carl wird deine Comißion richtig und ordentlich besorgen, aber nur zum schreiben ist er schwer zu bringen, er hat darin ein ganz unüberwindliches Pflegma. Zimmermann schreibt itzt viel – es soll aber nicht zum Druck seyn, sondern man sagt er hülfe der Rußischen Kayserin in Staatsangelegenheiten. Einige wollen ihn in ansehung des Bardts mit der eisernen Stirne [4] noch nicht frey sprechen, es wäre abscheulig, und ich kann es nicht glauben.
Die Markard hat kürzlich an Carolinen geschrieben, sie sucht ihn zu entschuldigen; es wären ja Wahrheiten, sie könnte daher nicht begreiffen wie man daß ihrem Manne so übel nehmen könnte? Ihre Gesundheit soll aber elend seyn, ich glaube also daß sie doch viel darunter leidet.
Möller ist nach Maynz als Legationssekretair at interim gegangen, da Hinüber in Büdemeisters Stelle nach dem Haag gegangen ist, da Büdemeister sehr krank und wahrscheinlich nicht lange mehr leben kann; fürs erste kriegt er aber nur 700 Rth. bis er in die ganze Stelle rückt welches dann 120 sind; er war sehr glücklich – er hatte sich hier sehr beliebt gemacht. Der andere Brügemann ist Auditor bey der Cammer geworden, Duve bey der Regirgung. Rühling giebt sich itzt viel Mühe an Willigs Stelle nach Zelle ins Oberapellationsgericht zu kommen, alsdann rückte Rudloff gleich in Gage, und Beilwitz würde Hofrath.
Fritz schwebt schon in Gedanken in Freuden die er nun bald in Dresden haben wird, da er zu Ostern die Ferien dort zubringt, aber um desto fleißiger ist er itzt, da ihn Kind auf den Zahn fühlen will, wie es mit seinem Jus stehet, und darauf viel ankommen wird wegen seines bleibens in Sachsen. Von Harburg haben wir kürzlich Briefe daß sie wohl sind. Von Lottchen aber erwarten wir welche. Der Vater ist recht wohl. Von allen viele herzliche Grüße; auch von Rehbergs, Caroline hat es auch auf der Brust daher haben wir uns über 8 Tage nicht gesehen. Herr Rehberg wird [3] nächstens was in Druck geben über ErziehungsSysteme, womit Caroline sehr zufrieden scheint, worinen aber Campe und Consorten das Ihrige finden werden. [2] Adieu liebster Wilhelm, verzeihe die Nachläßigkeit meiner Schreiberey, nächstens erwarten wir wieder was von dich zu hören H Schlegel
· Beiliegender Brief von/an A.W. Schlegel , [5. März 1792]
· Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
· Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.21,Nr.15
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