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Jul. 91.<br>Der Herr thut seine milde Hand auf und speist die jungen Raben die ihn anrufen. Sieh hier, junger Rabe, (<span class="index-9790 tp-64169 ">Ihr habt mich ja auch einmahl junger Aar genannt</span>) eine Anzahl von <span class="index-41 tp-64168 ">Gedichten</span> für <span class="index-2822 tp-64166 index-4801 tp-64167 ">deinen Musenallmanach</span>, die, wie ich nicht zweifle, dir sehr willkommen seyn werden. – Von den aus dem spanischen übersetzten Romanzen kennt ihr schon eine, denke ich. Laßt sie nur <span class="index-9798 tp-64181 index-9797 tp-64180 index-9796 tp-64179 ">alle drey</span> hinter einander drucken; aber <span class="index-9791 tp-64170 ">die vierte</span>, wenn ich bitten darf, besonders, denn sie ist von meiner eignen Erfindung und sie möchte sonst auch für eine Übersetzung gehalten werden. <span class="index-9794 tp-64177 index-9793 tp-64176 index-9792 tp-64175 ">Die Sonette nach </span><span class="index-9794 tp-64177 index-9793 tp-64176 index-9792 tp-64175 index-36 tp-64174 ">dem Petrarca</span> kennt ihr, <span class="index-9795 tp-64178 ">das Lied an die Rhapsodin</span> auch; ihr müßts mir sehr Dank wissen, daß ich euch das letzte gebe, denn es gehört zu den hübschesten Sachen, die ich je gemacht habe. – Was sagt ihr zu dem: <span class="index-4757 tp-64182 weight-bold ">An einen Aesthetiker?</span> <span class="index-88 tp-64183 ">Der, welchen die Begrüßung gilt</span> wird sich wohl darin erkennen, und es ist gut, daß er noch lebt, und daß meine Anrede ihm nicht in die Unterwelt nachreisen muß. Ich wollte, ihr stelltet das so etwan an die Spitze des Allmanachs, wo es ein wenig in die Augen fällt, wenn der Druck anders noch nicht angefangen ist. – Vielleicht schicke ich euch in einigen Wochen noch <span class="index-4800 tp-64184 ">irgend etwas</span>, denn ich weiß nicht wie es zugeht, ich habe hier wieder einen etwas po<span class="weight-bold ">ë</span>tisirenden Kitzel gekriegt, und könnte ich nur mehr für mich seyn, so käme wohl manches zu Stande.<br>Laßt mich doch bald etwas von euch hören ‒ ich habe euch schon vor ziemlich langer Zeit eine Epistel geschrieben, und wünsche zu wissen, was ihr macht. Po<span class="weight-bold ">ë</span>tisirt ihr gar nichts? – Und wie stehts in Ansehung <span class="index-4097 tp-64243 ">der Akademie</span>? – Habt ihr schon von <span class="index-679 tp-64244 ">Meyer</span> eine Sendung für dem Allmanach bekommen, und sonst hübsche Sachen? – Seht ihr <span class="index-2723 tp-64245 ">die Berlepschen</span>? Und ist <span class="index-137 tp-64246 ">Göthe</span> wirklich auf ihrem Landgute? – Schreibt mir und nur recht viel: so ein Brief ist euch eine kleine Mühe, und für mich, da ich so ganz von allen ehemahligen Bekanntschaften isolirt bin, eine große Herrlichkeit. – Ich werde auch gewiß immer schnell antworten – das Briefschreiben machʼ ich zu einem meiner Hauptgeschäfte, ob ich gleich so wenig Zeit dafür übrig behalte, und meine Sendung zeigt, daß ich euch nicht vergesse.<br>Seyd doch so gut, den inliegenden Brief zu besorgen – weil das Paquet an euch doch einmahl so dick war, dachte ich es käme auf eins. 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Anschließend studierte er Theologie an der Universität Halle. 1768 wechselte er an die Universität Göttingen, um dort Rechtswissenschaften zu studieren. 1772 wurde Bürger zum Gerichtshalter in Altengleichen bei Göttingen ernannt. Bürger stand dem Göttinger Hainbund nahe, zu dem Johann Heinrich Voß, Ludwig Christoph Heinrich Hölty, die Brüder Stolberg und Heinrich Christian Boie gehörten. Neben Goethe gilt er als der bedeutendste Lyriker des Sturm und Drang; seine Ballade „Lenore“ (1773) gilt als wegweisend für die deutsche Kunstballade. Erste Entwürfe einer Ilias-Übersetzung wurden von Zeitgenossen wie Goethe und Wieland begeistert aufgenommen, doch nicht vollständig ausgeführt. Bürger wirkte zudem von 1779 bis 1794 als Herausgeber des Göttinger Musenalmanachs. Nach Beendigung seiner Tätigkeit als Amtsmann 1784 ließ er sich in Göttingen als Dozent der Ästhetik nieder. 1789 wurde Bürger auf Betreiben des ihm gewogenen Christian Gottlob Heyne zum außerordentlichen Professor ernannt. 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Ich wollte, ihr stelltet das so etwan an die Spitze des Allmanachs, wo es ein wenig in die Augen fällt, wenn der Druck anders noch nicht angefangen ist. – Vielleicht schicke ich euch in einigen Wochen noch <anchor type="b" n="4800" ana="12" xml:id="NidB64184"/>irgend etwas<anchor type="e" n="4800" ana="12" xml:id="NidE64184"/>, denn ich weiß nicht wie es zugeht, ich habe hier wieder einen etwas po<hi rend="weight:bold">ë</hi>tisirenden Kitzel gekriegt, und könnte ich nur mehr für mich seyn, so käme wohl manches zu Stande.<lb/>Laßt mich doch bald etwas von euch hören ‒ ich habe euch schon vor ziemlich langer Zeit eine Epistel geschrieben, und wünsche zu wissen, was ihr macht. Po<hi rend="weight:bold">ë</hi>tisirt ihr gar nichts? – Und wie stehts in Ansehung <anchor type="b" n="4097" ana="13" xml:id="NidB64243"/>der Akademie<anchor type="e" n="4097" ana="13" xml:id="NidE64243"/>? – Habt ihr schon von <anchor type="b" n="679" ana="11" xml:id="NidB64244"/>Meyer<anchor type="e" n="679" ana="11" xml:id="NidE64244"/> eine Sendung für dem Allmanach bekommen, und sonst hübsche Sachen? – Seht ihr <anchor type="b" n="2723" ana="11" xml:id="NidB64245"/>die Berlepschen<anchor type="e" n="2723" ana="11" xml:id="NidE64245"/>? Und ist <anchor type="b" n="137" ana="11" xml:id="NidB64246"/>Göthe<anchor type="e" n="137" ana="11" xml:id="NidE64246"/> wirklich auf ihrem Landgute? – Schreibt mir und nur recht viel: so ein Brief ist euch eine kleine Mühe, und für mich, da ich so ganz von allen ehemahligen Bekanntschaften isolirt bin, eine große Herrlichkeit. – Ich werde auch gewiß immer schnell antworten – das Briefschreiben machʼ ich zu einem meiner Hauptgeschäfte, ob ich gleich so wenig Zeit dafür übrig behalte, und meine Sendung zeigt, daß ich euch nicht vergesse.<lb/>Seyd doch so gut, den inliegenden Brief zu besorgen – weil das Paquet an euch doch einmahl so dick war, dachte ich es käme auf eins. Gott befohlen und nächstens mehr. 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Amsterdam, den 2. Jul. 91.
Der Herr thut seine milde Hand auf und speist die jungen Raben die ihn anrufen. Sieh hier, junger Rabe, (Ihr habt mich ja auch einmahl junger Aar genannt) eine Anzahl von Gedichten für deinen Musenallmanach, die, wie ich nicht zweifle, dir sehr willkommen seyn werden. – Von den aus dem spanischen übersetzten Romanzen kennt ihr schon eine, denke ich. Laßt sie nur alle drey hinter einander drucken; aber die vierte, wenn ich bitten darf, besonders, denn sie ist von meiner eignen Erfindung und sie möchte sonst auch für eine Übersetzung gehalten werden. Die Sonette nach dem Petrarca kennt ihr, das Lied an die Rhapsodin auch; ihr müßts mir sehr Dank wissen, daß ich euch das letzte gebe, denn es gehört zu den hübschesten Sachen, die ich je gemacht habe. – Was sagt ihr zu dem: An einen Aesthetiker? Der, welchen die Begrüßung gilt wird sich wohl darin erkennen, und es ist gut, daß er noch lebt, und daß meine Anrede ihm nicht in die Unterwelt nachreisen muß. Ich wollte, ihr stelltet das so etwan an die Spitze des Allmanachs, wo es ein wenig in die Augen fällt, wenn der Druck anders noch nicht angefangen ist. – Vielleicht schicke ich euch in einigen Wochen noch irgend etwas, denn ich weiß nicht wie es zugeht, ich habe hier wieder einen etwas poëtisirenden Kitzel gekriegt, und könnte ich nur mehr für mich seyn, so käme wohl manches zu Stande.
Laßt mich doch bald etwas von euch hören ‒ ich habe euch schon vor ziemlich langer Zeit eine Epistel geschrieben, und wünsche zu wissen, was ihr macht. Poëtisirt ihr gar nichts? – Und wie stehts in Ansehung der Akademie? – Habt ihr schon von Meyer eine Sendung für dem Allmanach bekommen, und sonst hübsche Sachen? – Seht ihr die Berlepschen? Und ist Göthe wirklich auf ihrem Landgute? – Schreibt mir und nur recht viel: so ein Brief ist euch eine kleine Mühe, und für mich, da ich so ganz von allen ehemahligen Bekanntschaften isolirt bin, eine große Herrlichkeit. – Ich werde auch gewiß immer schnell antworten – das Briefschreiben machʼ ich zu einem meiner Hauptgeschäfte, ob ich gleich so wenig Zeit dafür übrig behalte, und meine Sendung zeigt, daß ich euch nicht vergesse.
Seyd doch so gut, den inliegenden Brief zu besorgen – weil das Paquet an euch doch einmahl so dick war, dachte ich es käme auf eins. Gott befohlen und nächstens mehr.
Der Herr thut seine milde Hand auf und speist die jungen Raben die ihn anrufen. Sieh hier, junger Rabe, (Ihr habt mich ja auch einmahl junger Aar genannt) eine Anzahl von Gedichten für deinen Musenallmanach, die, wie ich nicht zweifle, dir sehr willkommen seyn werden. – Von den aus dem spanischen übersetzten Romanzen kennt ihr schon eine, denke ich. Laßt sie nur alle drey hinter einander drucken; aber die vierte, wenn ich bitten darf, besonders, denn sie ist von meiner eignen Erfindung und sie möchte sonst auch für eine Übersetzung gehalten werden. Die Sonette nach dem Petrarca kennt ihr, das Lied an die Rhapsodin auch; ihr müßts mir sehr Dank wissen, daß ich euch das letzte gebe, denn es gehört zu den hübschesten Sachen, die ich je gemacht habe. – Was sagt ihr zu dem: An einen Aesthetiker? Der, welchen die Begrüßung gilt wird sich wohl darin erkennen, und es ist gut, daß er noch lebt, und daß meine Anrede ihm nicht in die Unterwelt nachreisen muß. Ich wollte, ihr stelltet das so etwan an die Spitze des Allmanachs, wo es ein wenig in die Augen fällt, wenn der Druck anders noch nicht angefangen ist. – Vielleicht schicke ich euch in einigen Wochen noch irgend etwas, denn ich weiß nicht wie es zugeht, ich habe hier wieder einen etwas poëtisirenden Kitzel gekriegt, und könnte ich nur mehr für mich seyn, so käme wohl manches zu Stande.
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