• Augusta von Buttlar to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Prag · Place of Destination: Bonn · Date: 22.06.1826
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Augusta von Buttlar
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Prag
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 22.06.1826
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-38972
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.3,Nr.134
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 21,2 x 12,6 cm
  • Incipit: „[1] Prag den 22 Juni 1826
    Geliebtester Oheim!
    ich erhielt deinen Brief den Tag vor meiner Abreise von Wien, es war mir [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia
Notice (8): Undefined offset: 0 [APP/View/Letters/view.ctp, line 350]/version-01-20/letters/view/5096" data-language="">
[1] Prag den 22 Juni 1826
Geliebtester Oheim!
ich erhielt deinen Brief den Tag vor meiner Abreise von Wien, es war mir also unmöglich ihn von dort aus zu beantworten. Ich danke Dir von ganzer Seele für Deine Väterliche Theilnahme an dem entsetzlichen Schlage der mich betroffen hat; der Schmerz und Kummer hat mich so erschüttert daß ich sehr krank und elend war, und nur durch die sorgsame und liebevolle Pflege der Meinigen habe ich mich langsam erholt weshalb ich auch eine Reise nach Dresden nicht eher antreten konnte, von wo ich Dir dann recht ausführlich schreiben werde. Soviel ich weiß hat mein Vater ein Testament gemacht, deßen Inhalt ich aber noch nicht kenne, und welches allein über meine Zukunft entscheiden wird. Ich vermuthe daß die Häuser als fidei Commiss an meine Kinder vermacht sind, welches mich wohl mehr oder minder an Dresden feßeln wird, was mir unangenehm wäre da ich in Dresden nun nichts mehr habe als lauter schmerzliche Erinnerungen!
von dem was mir die Häuser nach Abzug der Abgaben u Reparaturen & &. einbringen, können wir nicht allein leben ich muß also meine Kunst benutzen um dadurch unsere Existens zu sichern. Dresden ist nun leider nicht der Ort dazu, denn dort sind Künstler wie Sand am Meere, und der einzige Verdienst ist allenfalls im Sommer einige Copien auf der Gallerie zu machen, aber für Portraits, oder Verkauf eigner Compositionen ist gar nichts zu thun.
Ich werde nun sehen was ich thun werde.
Die Freude meinen Eltern, oder wenigstens einem von Ihnen ihr Alter durch Pflege zu versüßen ist mir nicht geworden, dieses schmerzt mich sehr tief! denn nachdem wir den Tod meiner geliebten Mutter vernommen hatten war das erste daß ich so wohl wie mein Mann uns Pläne [2] machten, meinen Vater so zu pflegen und Liebes zu erzeigen daß er den Verlust der theuren Mutter durch die wenigen Jahre seines Lebens nicht so schmerzlich fühlen sollte doch was hätte ihm Menschlicher Trost genützt, dieser ist doch nur sehr unvollkommen, und der Allmächtige Gott hat es sehr freundlich mit ihm gemeint, daß er ihn zu sich gerufen hat: O beiden ist jetzt so wohl, daß diese nur zu bedauren sind die zurück bleiben! – Meine Kinder sind seit dem Tode der Eltern bey einer guten Freundin von mir auf dem Lande, sehr gut aufgehoben, und ich kann es kaum erwarten, sie zu sehen, und, nun ganz zu mir zu nehmen. Eltern, Bekannte, Freunde, alles stirbt mir weg, und ich stehe, selbst wenn ich in Dresden sein werde, beinahe isolirt, und es sind doch die Geschwister meiner theuren Eltern die mir nun am nächsten stehen; um Deinen Rath und Beistand in jeder Noth und Trübsal die mich betrift, bitte ich Dich flehentlich, warst Du so gütig bey Lebzeiten meiner Eltern gegen mich, o so wirst u kannst du mich ja nicht nach ihrem Tode verlaßen. Du weißt ja am besten, welches Vertrauen meine theure Mutter in Dich gesetzt hat. Sei mir Rathgeber und Freund, und ersetze mir wenigstens Theilweise meine unvergeßlichen Eltern! –
Du wirst wohl ein Bildchen nebst einem Briefe von mir erhalten haben, oder doch nächstens erhalten, es hat so lange Quarantaine auf der Staatskanzeley gehalten daß ich beynahe fürchte das Bild wird nachgedunkelt sein, dadurch, daß es so lange verpackt war. Ich bin in Zeit von zwey Tagen mit dem Eilwagen von Wien nach Prag gereist, bleibe einen Tag hier um aus zu ruhn, und reise dann über Töplitz wo ich wieder einen Tag bleibe, nach Dresden. Mein Mann der sich Dir sehr angelegentlich empfelen läßt, bleibt einige Wochen in Töplitz um [3] die Bäder zu brauchen, und kommt dann einige später nach Dresden wenn ich vielleicht in der Hauptsache schon meine Geschäfte beendigt habe. Nun geliebter Onkel, lebe wohl, aus Dresden werde ich dir von allem ausführlichen Bericht erstatten.
Wenn du an mich schreibst nach Dresden so ist meine Adresse folgende: auf der Moritzstraße No 748. abzugeben bey den Herrn Kaufmann Müller.
Behalte mich lieb, wie ich Dich von ganzem Herzen lieb habe
Deine treue Nichte
Augusta Buttlar
P. S. mein guter Mann ist seit längerer Zeit kränklich und leidet an der Gicht die ihm auf die Brust gefallen ist, weshalb ihm der Wiener Artzt die Töplitzer Bäder dringend gerathen hat.
[4] [leer]
Notice (8): Undefined offset: 0 [APP/View/Letters/view.ctp, line 432]/version-01-20/letters/view/5096" data-language="">
[1] Prag den 22 Juni 1826
Geliebtester Oheim!
ich erhielt deinen Brief den Tag vor meiner Abreise von Wien, es war mir also unmöglich ihn von dort aus zu beantworten. Ich danke Dir von ganzer Seele für Deine Väterliche Theilnahme an dem entsetzlichen Schlage der mich betroffen hat; der Schmerz und Kummer hat mich so erschüttert daß ich sehr krank und elend war, und nur durch die sorgsame und liebevolle Pflege der Meinigen habe ich mich langsam erholt weshalb ich auch eine Reise nach Dresden nicht eher antreten konnte, von wo ich Dir dann recht ausführlich schreiben werde. Soviel ich weiß hat mein Vater ein Testament gemacht, deßen Inhalt ich aber noch nicht kenne, und welches allein über meine Zukunft entscheiden wird. Ich vermuthe daß die Häuser als fidei Commiss an meine Kinder vermacht sind, welches mich wohl mehr oder minder an Dresden feßeln wird, was mir unangenehm wäre da ich in Dresden nun nichts mehr habe als lauter schmerzliche Erinnerungen!
von dem was mir die Häuser nach Abzug der Abgaben u Reparaturen & &. einbringen, können wir nicht allein leben ich muß also meine Kunst benutzen um dadurch unsere Existens zu sichern. Dresden ist nun leider nicht der Ort dazu, denn dort sind Künstler wie Sand am Meere, und der einzige Verdienst ist allenfalls im Sommer einige Copien auf der Gallerie zu machen, aber für Portraits, oder Verkauf eigner Compositionen ist gar nichts zu thun.
Ich werde nun sehen was ich thun werde.
Die Freude meinen Eltern, oder wenigstens einem von Ihnen ihr Alter durch Pflege zu versüßen ist mir nicht geworden, dieses schmerzt mich sehr tief! denn nachdem wir den Tod meiner geliebten Mutter vernommen hatten war das erste daß ich so wohl wie mein Mann uns Pläne [2] machten, meinen Vater so zu pflegen und Liebes zu erzeigen daß er den Verlust der theuren Mutter durch die wenigen Jahre seines Lebens nicht so schmerzlich fühlen sollte doch was hätte ihm Menschlicher Trost genützt, dieser ist doch nur sehr unvollkommen, und der Allmächtige Gott hat es sehr freundlich mit ihm gemeint, daß er ihn zu sich gerufen hat: O beiden ist jetzt so wohl, daß diese nur zu bedauren sind die zurück bleiben! – Meine Kinder sind seit dem Tode der Eltern bey einer guten Freundin von mir auf dem Lande, sehr gut aufgehoben, und ich kann es kaum erwarten, sie zu sehen, und, nun ganz zu mir zu nehmen. Eltern, Bekannte, Freunde, alles stirbt mir weg, und ich stehe, selbst wenn ich in Dresden sein werde, beinahe isolirt, und es sind doch die Geschwister meiner theuren Eltern die mir nun am nächsten stehen; um Deinen Rath und Beistand in jeder Noth und Trübsal die mich betrift, bitte ich Dich flehentlich, warst Du so gütig bey Lebzeiten meiner Eltern gegen mich, o so wirst u kannst du mich ja nicht nach ihrem Tode verlaßen. Du weißt ja am besten, welches Vertrauen meine theure Mutter in Dich gesetzt hat. Sei mir Rathgeber und Freund, und ersetze mir wenigstens Theilweise meine unvergeßlichen Eltern! –
Du wirst wohl ein Bildchen nebst einem Briefe von mir erhalten haben, oder doch nächstens erhalten, es hat so lange Quarantaine auf der Staatskanzeley gehalten daß ich beynahe fürchte das Bild wird nachgedunkelt sein, dadurch, daß es so lange verpackt war. Ich bin in Zeit von zwey Tagen mit dem Eilwagen von Wien nach Prag gereist, bleibe einen Tag hier um aus zu ruhn, und reise dann über Töplitz wo ich wieder einen Tag bleibe, nach Dresden. Mein Mann der sich Dir sehr angelegentlich empfelen läßt, bleibt einige Wochen in Töplitz um [3] die Bäder zu brauchen, und kommt dann einige später nach Dresden wenn ich vielleicht in der Hauptsache schon meine Geschäfte beendigt habe. Nun geliebter Onkel, lebe wohl, aus Dresden werde ich dir von allem ausführlichen Bericht erstatten.
Wenn du an mich schreibst nach Dresden so ist meine Adresse folgende: auf der Moritzstraße No 748. abzugeben bey den Herrn Kaufmann Müller.
Behalte mich lieb, wie ich Dich von ganzem Herzen lieb habe
Deine treue Nichte
Augusta Buttlar
P. S. mein guter Mann ist seit längerer Zeit kränklich und leidet an der Gicht die ihm auf die Brust gefallen ist, weshalb ihm der Wiener Artzt die Töplitzer Bäder dringend gerathen hat.
[4] [leer]
×