• August Wilhelm von Schlegel to Sophie Bernhardi

  • Place of Dispatch: Coppet · Place of Destination: Weimar · Date: 13.11.1804
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Sophie Bernhardi
  • Place of Dispatch: Coppet
  • Place of Destination: Weimar
  • Date: 13.11.1804
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 171‒173.
  • Incipit: „Coppet d. 13 Nov. 1804.
    Geliebte Freundin
    Sie haben mir einen Brief voller Vorwürfe geschrieben, von denen Sie vielleicht selbst einen Theil nur [...]“
    Language
  • German
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Coppet d. 13 Nov. 1804.
Geliebte Freundin
Sie haben mir einen Brief voller Vorwürfe geschrieben, von denen Sie vielleicht selbst einen Theil nur augenblicklich glaubten. Wenigstens kann ich Sie versichern, daß Ihr Argwohn gegen mich ganz ungegründet ist. Ich habe nicht das mindeste arge dabey gedacht, wenn ich Sie früher aus Dresden zurück vermuthete; Sie hatten mir niemals gemeldet, daß Sie so lange dort bleiben wollten, noch auch daß Ihr Bruder bis zum Herbst da seyn würde; und da sein gewöhnlicher Aufenthalt bey Burgsd.[orff] ist, konnte ich es nicht errathen. Eben so wenig hätte ich davon eine feindselige Deutung befürchtet, daß ich wünschte, B.[ernhardi] möchte Sie nicht durch ungestüme Zudringlichkeit zu schnellen Schritten nöthigen, und es für vorzüglicher hielt in Ruhe und mit gehöriger Vorbereitung für alle Bequemlichkeiten mit Ihrem Bruder zusammen abzureisen, als schleunig und in einer geängstigten Verfassung, was leicht Ihrer Gesundheit nachtheilig werden könnte.
Was ferner den Bruch meiner Versprechungen betrifft, wie Sie es nennen, so sehen Sie selbst ein, daß die Bezahlung der Schuld bey Fischer gar nicht von meiner Wahl abhing. Ich hatte ihm auf voriges Ostern die Bezahlung versprochen, war von Berlin abgereist ohne sie berichtigen zu können; er hatte seitdem nicht von mir gehört, da der Brief an ihn in Weimar liegen geblieben war, und ich in der That nicht wußte wie ich ihm schreiben sollte. Die Anweisung an mich ohne Brief und alles weitere an mich gesandt, bewies mir genugsam, daß er mit meinem Betragen nach einem so äußerst freundschaftlichen von seiner Seite unzufrieden war, und ich konnte sie nicht abweisen, ohne den Schein auf mich zu ziehen, als wollte ich mit seinem Gelde durchgehen, und ohne die Gefahr von ihm in öffentlichen Blättern zur Bezahlung aufgefodert zu werden.
Ich habe das Zutrauen geäußert, wenn Sie noch im Herbst nach Italien reisten, einen bedeutenden Beytrag zu den Kosten herbey schaffen zu können. Sie wissen schon, worauf sich diese Hoffnung gründete. Ich mußte den Grund angeben, warum ich auf einmal eine solche Summe zu haben wünschte, nämlich daß es für die Gesundheit eines Freundes unumgänglich sey nach Süden zu reisen, und daß ich dazu behülflich sein müsse. Sie schrieben es bestimmt ab. Ich hatte Sie gebeten, mir Ihren Entschluß bald möglichst zu melden um die Sache zeitig vorbereiten zu können. Fr.[au] v. St[aël] ist im Verhältnisse Ihrer Freygebigkeit nicht übermäßig reich, so lange über den größten Theil ihres Vermögens, der von dem Willen der Französischen Regierung abhängt, noch nichts entschieden. Es könnte leicht seyn, daß mir andre unterdessen mit ähnlichen Bitten zuvorgekommen wären. – Daß alles was ich habe und erwerbe, nach Abzug des Nothwendigen für mich, Ihnen gehört, versteht sich von selbst. Ich habe aber, wie Sie wissen, diesen Sommer unter den mannigfaltigen Störungen und Zerstreuungen meiner neuen Lage durch schriftstellerische Arbeiten nichts erwerben können. Von meiner regelmäßigen hiesigen Einnahme habe ich zum Theil Schulden bezahlen, zum Theil mir nothwendige Kleidungsstücke und Wäsche zur Reise anschaffen müssen. In Berlin konnte ich in Verlegenheiten bald von diesem bald von jenem Freunde leihen; hier habe ich nur ein einziges Mittel, nämlich mir schenken zu lassen, und daß ich dieß für ganz nothwendige Fälle aufspare, werden Sie selbst gut heißen.
Ich habe am Freytage wo ich meinen Bruder bey seiner Abreise bis nach Genf begleitete, sogleich die Gelegenheit benutzt, mir vom Banquier einen Wechsel von 10 Carolin auf Leipzig geben zu lassen, der auf Sicht ist und also gleich zu Golde wird gemacht werden können. Ich hoffe mein vor 8 Tagen abgesandter Brief, mit einer Einlage von Fr.[au] v. St.[aël] an Despor[t], worin sie ihm aufträgt, 50 Carolin an Tieck auszuzahlen wird angekommen seyn. – Ich werde in Italien so wenig Geld ausgeben als möglich, und alles was ich erübrige, oder herbeyschaffen [kann], gehört Ihnen. Melden Sie mir nur wie es mit den Mitteln zur Reise steht. Tieck hat mir sehr günstig darüber geschrieben, ein Graf R[h]eden den er in Paris gekannt, wolle ihm 100 L[oui]sd[or] dazu geben. Alsdann hat er eben vor seiner Abreise die übrigen 50 Carolin für das Basrelief in Bronze zu erwarten. Ich kann Ihnen entweder in Rom einhändigen, soviel mir möglich ist (und es wird dort auch zur ersten Einrichtung Geld nöthig seyn) oder es auch zuvor übermachen durch Despor[t] oder sonst, über Genf durch den dortigen Banquier.
Wenn ich in der letzten Zeit nicht so häufig geschrieben habe, so sind bloß die vielen Zerstreuungen vom Hinundherziehen, die Gesellschaften, besonders aber die Anwesenheit meines Bruders daran Schuld, welches alles mir wenig freye Augenblicke gelassen hat. Übermorgen gehen wir nach Genf ohne wieder hieher zurückzukehren, und wir sind also wiewohl wir noch eine Woche da zubringen gewissermaßen schon auf der Reise, so daß ich dieß im vollen Tumult des Einpackens schreibe.
Zum Geschenk für Sie auf den 6ten November habe ich ein kleines Kreuz, was zwar keinesweges kostbar ist, nur aus Holz und in Silber gefaßt, aber dafür ist ein wunderkleines Cruzifix und eine Mutter Gottes daran ausgeschnitzt, und es ist zu Mariae Einsiedeln verfertigt, und ich werde es Ihnen mit einem Venetianischen Kettchen um es am Halse zu tragen in Rom einhändigen.
Es ist leichter aus der Ferne Verdruß zu verursachen als ihn wieder zu heben. Ihre Antwort auf diesen Brief kann mich hier nicht mehr treffen, und erst jenseits der Alpen werde ich erfahren ob Sie Ihren unverdienten Argwohn zurückgenommen haben und versöhnt sind. Leben Sie indessen wohl, ich sage Ihnen mit gerührtem Herzen wiederum Abschied jedoch nicht auf lange, und ich herze mit aller Liebe die Engel von Kindern.
Ich bitte fürs erste die Briefe nach wie vor hieher zu addressiren.
Sagen Sie Tieck, wenn die Zeichnungen noch nicht angelangt wären, so würden sie hoffentlich bald nachkommen. Es ist nicht möglich von hier aus Packete ohne eine vermittelnde Addresse nach Deutschland zu schicken. Das Postamt hier hat sie an einen HE. Preisvarch[?] in Basel addressirt, und Fr.[au] von St.[aël] hierauf an den Banquier Merian eben daselbst geschrieben um ihm die weitere Besorgung anzuempfehlen. Mein Avis-Brief ist aber aus Versehen mit der Post abgesandt. Geben Sie inliegenden Zettel an Tieck, der ihm zur Nachfrage in Basel dienen kann, wenn die Zeichnungen, was Gott verhüte, ausbleiben sollten.
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Coppet d. 13 Nov. 1804.
Geliebte Freundin
Sie haben mir einen Brief voller Vorwürfe geschrieben, von denen Sie vielleicht selbst einen Theil nur augenblicklich glaubten. Wenigstens kann ich Sie versichern, daß Ihr Argwohn gegen mich ganz ungegründet ist. Ich habe nicht das mindeste arge dabey gedacht, wenn ich Sie früher aus Dresden zurück vermuthete; Sie hatten mir niemals gemeldet, daß Sie so lange dort bleiben wollten, noch auch daß Ihr Bruder bis zum Herbst da seyn würde; und da sein gewöhnlicher Aufenthalt bey Burgsd.[orff] ist, konnte ich es nicht errathen. Eben so wenig hätte ich davon eine feindselige Deutung befürchtet, daß ich wünschte, B.[ernhardi] möchte Sie nicht durch ungestüme Zudringlichkeit zu schnellen Schritten nöthigen, und es für vorzüglicher hielt in Ruhe und mit gehöriger Vorbereitung für alle Bequemlichkeiten mit Ihrem Bruder zusammen abzureisen, als schleunig und in einer geängstigten Verfassung, was leicht Ihrer Gesundheit nachtheilig werden könnte.
Was ferner den Bruch meiner Versprechungen betrifft, wie Sie es nennen, so sehen Sie selbst ein, daß die Bezahlung der Schuld bey Fischer gar nicht von meiner Wahl abhing. Ich hatte ihm auf voriges Ostern die Bezahlung versprochen, war von Berlin abgereist ohne sie berichtigen zu können; er hatte seitdem nicht von mir gehört, da der Brief an ihn in Weimar liegen geblieben war, und ich in der That nicht wußte wie ich ihm schreiben sollte. Die Anweisung an mich ohne Brief und alles weitere an mich gesandt, bewies mir genugsam, daß er mit meinem Betragen nach einem so äußerst freundschaftlichen von seiner Seite unzufrieden war, und ich konnte sie nicht abweisen, ohne den Schein auf mich zu ziehen, als wollte ich mit seinem Gelde durchgehen, und ohne die Gefahr von ihm in öffentlichen Blättern zur Bezahlung aufgefodert zu werden.
Ich habe das Zutrauen geäußert, wenn Sie noch im Herbst nach Italien reisten, einen bedeutenden Beytrag zu den Kosten herbey schaffen zu können. Sie wissen schon, worauf sich diese Hoffnung gründete. Ich mußte den Grund angeben, warum ich auf einmal eine solche Summe zu haben wünschte, nämlich daß es für die Gesundheit eines Freundes unumgänglich sey nach Süden zu reisen, und daß ich dazu behülflich sein müsse. Sie schrieben es bestimmt ab. Ich hatte Sie gebeten, mir Ihren Entschluß bald möglichst zu melden um die Sache zeitig vorbereiten zu können. Fr.[au] v. St[aël] ist im Verhältnisse Ihrer Freygebigkeit nicht übermäßig reich, so lange über den größten Theil ihres Vermögens, der von dem Willen der Französischen Regierung abhängt, noch nichts entschieden. Es könnte leicht seyn, daß mir andre unterdessen mit ähnlichen Bitten zuvorgekommen wären. – Daß alles was ich habe und erwerbe, nach Abzug des Nothwendigen für mich, Ihnen gehört, versteht sich von selbst. Ich habe aber, wie Sie wissen, diesen Sommer unter den mannigfaltigen Störungen und Zerstreuungen meiner neuen Lage durch schriftstellerische Arbeiten nichts erwerben können. Von meiner regelmäßigen hiesigen Einnahme habe ich zum Theil Schulden bezahlen, zum Theil mir nothwendige Kleidungsstücke und Wäsche zur Reise anschaffen müssen. In Berlin konnte ich in Verlegenheiten bald von diesem bald von jenem Freunde leihen; hier habe ich nur ein einziges Mittel, nämlich mir schenken zu lassen, und daß ich dieß für ganz nothwendige Fälle aufspare, werden Sie selbst gut heißen.
Ich habe am Freytage wo ich meinen Bruder bey seiner Abreise bis nach Genf begleitete, sogleich die Gelegenheit benutzt, mir vom Banquier einen Wechsel von 10 Carolin auf Leipzig geben zu lassen, der auf Sicht ist und also gleich zu Golde wird gemacht werden können. Ich hoffe mein vor 8 Tagen abgesandter Brief, mit einer Einlage von Fr.[au] v. St.[aël] an Despor[t], worin sie ihm aufträgt, 50 Carolin an Tieck auszuzahlen wird angekommen seyn. – Ich werde in Italien so wenig Geld ausgeben als möglich, und alles was ich erübrige, oder herbeyschaffen [kann], gehört Ihnen. Melden Sie mir nur wie es mit den Mitteln zur Reise steht. Tieck hat mir sehr günstig darüber geschrieben, ein Graf R[h]eden den er in Paris gekannt, wolle ihm 100 L[oui]sd[or] dazu geben. Alsdann hat er eben vor seiner Abreise die übrigen 50 Carolin für das Basrelief in Bronze zu erwarten. Ich kann Ihnen entweder in Rom einhändigen, soviel mir möglich ist (und es wird dort auch zur ersten Einrichtung Geld nöthig seyn) oder es auch zuvor übermachen durch Despor[t] oder sonst, über Genf durch den dortigen Banquier.
Wenn ich in der letzten Zeit nicht so häufig geschrieben habe, so sind bloß die vielen Zerstreuungen vom Hinundherziehen, die Gesellschaften, besonders aber die Anwesenheit meines Bruders daran Schuld, welches alles mir wenig freye Augenblicke gelassen hat. Übermorgen gehen wir nach Genf ohne wieder hieher zurückzukehren, und wir sind also wiewohl wir noch eine Woche da zubringen gewissermaßen schon auf der Reise, so daß ich dieß im vollen Tumult des Einpackens schreibe.
Zum Geschenk für Sie auf den 6ten November habe ich ein kleines Kreuz, was zwar keinesweges kostbar ist, nur aus Holz und in Silber gefaßt, aber dafür ist ein wunderkleines Cruzifix und eine Mutter Gottes daran ausgeschnitzt, und es ist zu Mariae Einsiedeln verfertigt, und ich werde es Ihnen mit einem Venetianischen Kettchen um es am Halse zu tragen in Rom einhändigen.
Es ist leichter aus der Ferne Verdruß zu verursachen als ihn wieder zu heben. Ihre Antwort auf diesen Brief kann mich hier nicht mehr treffen, und erst jenseits der Alpen werde ich erfahren ob Sie Ihren unverdienten Argwohn zurückgenommen haben und versöhnt sind. Leben Sie indessen wohl, ich sage Ihnen mit gerührtem Herzen wiederum Abschied jedoch nicht auf lange, und ich herze mit aller Liebe die Engel von Kindern.
Ich bitte fürs erste die Briefe nach wie vor hieher zu addressiren.
Sagen Sie Tieck, wenn die Zeichnungen noch nicht angelangt wären, so würden sie hoffentlich bald nachkommen. Es ist nicht möglich von hier aus Packete ohne eine vermittelnde Addresse nach Deutschland zu schicken. Das Postamt hier hat sie an einen HE. Preisvarch[?] in Basel addressirt, und Fr.[au] von St.[aël] hierauf an den Banquier Merian eben daselbst geschrieben um ihm die weitere Besorgung anzuempfehlen. Mein Avis-Brief ist aber aus Versehen mit der Post abgesandt. Geben Sie inliegenden Zettel an Tieck, der ihm zur Nachfrage in Basel dienen kann, wenn die Zeichnungen, was Gott verhüte, ausbleiben sollten.
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