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In Hamburg ist der Befehl ergangen, alle Broschüren, Karikaturen und gegen die Sklaverei gerichteten Aufrufe abzuliefern, die in der Zwischenzeit erschienen sind. Mein <hi rend="slant:italic">System</hi> soll auch darunter sein, da es wieder neu gedruckt worden ist. Hoffentlich machen sie sich das Vergnügen, es zu lesen; ich möchte nur wünschen, es trüge zu ihrer Erbauung bei.<lb/>Die Einnahme von Hamburg hat einen verhängnisvollen Einfluß auf alle Geldangelegenheiten. Der englische Kurs ist so gefallen, daß ein Pfund Sterling in Berlin mit 3⅓ Taler, also ungefähr 13 Frcs., verkauft wird. <lb/>Der Kreditbrief auf Hamburg, den Sie so liebenswürdig waren, mir zu geben, ist also wertlos geworden. Ich könnte auf ihn nicht einen Pfennig erhalten, auch wenn ich wollte. Aber ich hatte mir schon vorgenommen, ihn nur im Fall äußerster Not zu benutzen, und bis jetzt bin ich noch gut mit Geld versorgt, das ich so sehr wie möglich spare.<lb/>Liebe Freundin! Ich habe Ihnen die Sachlage geschildert; ich wollte keine Jeremiaden anstimmen, aber im Grunde bin ich niedergeschlagen und habe keine Hoffnung mehr. Ich fürchte, die Winkelzüge Österreichs haben Europa, Österreich selber eingeschlossen, wieder zu Grunde gerichtet. Ich kann nicht glauben, daß es die Verbündeten mit Absicht hinters Licht führen will, – zu welchem Zweck? Doch alles das ist ein Beweis von Charakterschwäche; man hat nicht den Mut, im günstigen Augenblick einen entscheidenden Entschluß zu fassen und sucht sich und die anderen durch Scheingründe zu entlasten. Österreich behauptet, daß es nicht gerüstet wäre. Aber 30000 Mann, die ersten besten, kühn vorgeworfen, hätten noch Ende März alles, was an französischen Truppen in Deutschland stand, vernichtet und den Rheinbund mit Gewalt in die große Koalition hineinbezogen. Dann hätte man Zeit gehabt, die Quellen des Patriotismus auszuschöpfen. So hat man zu früh an ihn appelliert, ohne ihn dann wirksam zu unterstützen, und nur entsetzliches Unglück hervorgerufen. Eine unterbrochene Kette von Aufständen – das ist sicher – brach vom Großherzogtum Berg bis nach Lüneburg und an den Küsten entlang aus. Wird jetzt, wo sich das Waffenglück von neuem für Bonaparte erklärt hat, Österreich fester sein, als in dem Augenblick, wo seine Macht am Boden zu liegen schien? Ich glaube es kaum.<lb/>Es ist eine Verkettung von Schwächen und Fehlern auf allen Seiten. Ich habe Ihnen bereits vom Breslauer Vertrag geschrieben, der England und Schweden so stark verstimmt hat. Man hat despotisch über Deutschland verfügt, ehe man es erobert hatte. Man hat Eroberungspläne enthüllt, während jedermann froh gewesen wäre, wieder seinen alten Staat zu erhalten. Alles das ist das Werk des Freiherrn vom Stein, der Norddeutschland bis zum Main in eine einzige Monarchie zusammenfassen möchte. Stellen Sie sich vor, daß er zum Herzog von Braunschweig sagte, er müsse auf seine Souveränität verzichten. Den Kurfürsten von Hessen soll er wie einen Hund behandelt haben. Und das in einem Augenblick, wo man sich jedermann zum Freunde machen müßte, um jeden auf seine Seite zu ziehen. <lb/>Seit acht Tagen sind unsere heiligen drei Könige zurück – an Stelle eines reizenden Kindes haben sie einen widerspenstigen Affen gefunden, der alle ihre Anerbieten zurückwies. Sie haben ihre Visitenkarten auf der dänischen Post abgegeben, ohne aus dem Wagen zu steigen – der Wagen war das Kriegsschiff des Admiral Hope, die <hi rend="slant:italic">Defiance</hi>; sicher lag auf der anderen Seite die <hi rend="slant:italic">Malice</hi>.<lb/>Tettenborn, den Gernichet den König von Hamburg nannte, ist nun also entthront. Man soll entthronte Könige nicht tadeln, und ich werde mich wohl davor hüten. Aber alle Welt wirft Steine auf ihn. Man behauptet, Hamburg sei das Capua dieses neuen Hannibal geworden. Anstoß erregt besonders ein Geschenk von 10000 Dukaten, das die dankbare Stadt ihm hat machen müssen. Das sollte wohl heißen, daß er seine Fehler ablegen will: man hatte ihm nämlich vorgeworfen, er mache überall Schulden – nun hat er wohl gemeint, Geschenke anzunehmen sei im Gegenteil eine Tugend. Entschuldigen Sie bitte diesen Scherz; ich habe mir vorgenommen, auch beim größten Unglück nicht den Humor zu verlieren und, wie Chamfort sagt, immer mit Epigrammen gegen das Schicksal anzugehen. Was vermag ein schwacher Mensch, der sich nicht gegen den Sturzbach der Ereignisse stemmen kann, wenn die großen Massen schlecht geleitet sind? Wenn all dies auf einen zweiten Tilsiter Frieden hinausläuft, fürchte ich, werden meine Dienste dem Kr[on]pr[inzen] nichts nützen; ich werde sofort um meinen Abschied bitten und wieder zu Ihnen kommen. Ich habe dann mein Vaterland verloren, aber es bleibt mir die Freistätte unserer Freundschaft und Englands. Wir werden wieder versuchen, so weit wie möglich, eine interessante Gesellschaft um uns zu versammeln. So lange es aber noch einen Funken Hoffnung gibt, werden Sie es verstehen, daß ich Deutschland nicht verlasse.<lb/>Ein Adjutant des Herzogs von Cumberland kam zu uns, um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen; er hat mir einen übertrieben ängstlichen Brief der Gräfin von Voß gebracht; sie wußte noch nichts von den letzten Neuigkeiten. Ihr Mann ist in russische Dienste getreten; er ist bei dem Freikorps Dörnberg. Wie viel guter Wille ist da verloren!<lb/>Entschuldigen Sie mich bei August und Albertine, daß ich ihnen heute nicht schreibe – dieser Brief ist ja fast ein Buch geworden – August soll mir einen Zahlungsaufschub auf meine Schuld gewähren, ich habe Ihnen den Grund erklärt. Ich hoffe, dieses Schreiben erreicht Sie noch in Schweden. Leben Sie wohl! Tausend Grüße.<lb/>Ich bin immer noch ohne Brief von Ihnen, seit dem vom 26. Mai.</p>', '36_xml_standoff' => '[Stralsund] den 11. Juni morgens [1813]<lb/>Liebe Freundin!<lb/>Seit vorgestern haben die Dinge ein ganz anderes Gesicht bekommen. Wir erhielten die offizielle Nachricht von einem Waffenstillstand, der am 5. Juni für 6 Wochen geschlossen ist; im Falle eines Bruches muß er fünf Tage vorher aufgekündigt werden. Pozzo di B[orgo] ist am 31. Mai zum H[aupt]Qu[artier] abgereist, aber nach meiner Meinung sah er die Notwendigkeit dieser Reise schon vorher ein. Nach den Kämpfen vom 19. bis zum 22. hatte Bonap[arte] einen Waffenstillstand vorgeschlagen, der abgelehnt wurde; dann mußten die Verbündeten ihn selber erbitten; ich habe noch nicht ergründen können, ob die Notwendigkeit auf militärischem oder zu gleicher Zeit auf politischem Gebiet lag, d. h. ob Österreich unbedingt forderte, daß seine Vermittlung angenommen würde. Pozzo sagte, seit 13 Tagen habe man aus Wien nichts über die Zusammenarbeit gehört, die man doch so oft versprochen hatte. Stadion verweilte während dieser Zeit immer im Hauptquartier der Verbündeten, Bubna in dem Bonap[artes]. Es scheint, daß der Rückzug der Verbündeten in der Hoffnung erfolgte, die Österreicher vorbrechen zu sehen, denn sie sind immer an der böhmischen Grenze entlang gezogen. Andernfalls wäre es natürlicher gewesen, wenn man sich von der Lausitzer Grenze nach der Mark zurückgezogen und das Bülowsche Korps und das von der Niederelbe an sich gezogen hätte. <lb/>Kurzum: man wollte nicht seine letzten Reserven in einer dritten Schlacht aufs Spiel setzen; diese aber machten andrerseits die Bewegungen des Feindes nötig, um sein Vordringen nach Polen zu stören. Wir haben den Wortlaut der Artikel des Waffenstillstandes noch nicht. Pozzo behauptet, daß eine persönliche Zusammenkunft zwischen den beiden Kaisern nicht stattfinden werde – dazu sei die Feindschaft zwischen ihnen zu groß. Jedoch ist die Anwesenheit der Herrscher, die nicht Heerführer sind, im Lager immer verhängnisvoll. Wenn man bei den Verhandlungen fest und bei den Maßnahmen zur Wiederaufnahme der Feindseligkeiten energisch ist, so hat man immer noch große Möglichkeiten. Pozzo versichert, daß das russische Heer im Verlauf von sechs Wochen um 80000 Mann verstärkt sein werde. Die Korps des F[ürsten] Lobanoff und des Gr[afen] Tolstoi stehen in Polen. Preußische Freiwillige und Landsturmleute kommen von allen Seiten heran; man rechnet mit Verstärkungen bis zu 40000 Mann. Sehr wichtig wäre, daß die Verbündeten Maßnahmen ergriffen, um ein Heer unter den Befehl des Kr[on]pr[inzen] zu stellen, das ihn instand setzte, in Norddeutschland entscheidend zu operieren. Man vernachlässigt auf unserer Seite nichts. Englische Transportschiffe werden nach Pillau geschickt, um dort die deutsche Legion, die sich auf 4000 Mann beläuft, einzuschiffen. Die jungen Leute von der Hamburger und Lübecker Bürgergarde, die in Massen ausgewandert sind, stellt man zu Bataillonen zusammen. Was ich, wenn der Krieg wiederbeginnt, am meisten wünschte, wäre, daß sich möglichst viel Deutsche unter den Fahnen des Kr[on]pr[inzen] sammelten; wir können keinen besseren Führer haben, um unser Vaterland wiederzuerobern. Die Grafen von Wallmoden und Woronzoff haben sich nach ihren Instruktionen unter seinen Befehl gestellt. Der König von Preußen hat angekündigt, daß er dasselbe mit dem Korps Bülow tun würde. Endlich hoffe ich, daß, wenn nicht ein verhängnisvoller Friede in diesen sechs Wochen geschlossen wird, es dem Kr[on]pr[inzen] ermöglicht werden wird zu handeln, wie er es wünscht. Die Freiwilligenmeldungen in dem kleinen Teil von Hannover, der einige Zeit besetzt war oder es noch jetzt ist, sind sehr zahlreich. Die Herzöge von Mecklenburg haben sich unter den Schutz des Kr[on]pr[inzen] gestellt und machen rühmliche Anstrengungen. 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Ich habe Ihnen die Sachlage geschildert; ich wollte keine Jeremiaden anstimmen, aber im Grunde bin ich niedergeschlagen und habe keine Hoffnung mehr. Ich fürchte, die Winkelzüge Österreichs haben Europa, Österreich selber eingeschlossen, wieder zu Grunde gerichtet. Ich kann nicht glauben, daß es die Verbündeten mit Absicht hinters Licht führen will, – zu welchem Zweck? Doch alles das ist ein Beweis von Charakterschwäche; man hat nicht den Mut, im günstigen Augenblick einen entscheidenden Entschluß zu fassen und sucht sich und die anderen durch Scheingründe zu entlasten. Österreich behauptet, daß es nicht gerüstet wäre. Aber 30000 Mann, die ersten besten, kühn vorgeworfen, hätten noch Ende März alles, was an französischen Truppen in Deutschland stand, vernichtet und den Rheinbund mit Gewalt in die große Koalition hineinbezogen. Dann hätte man Zeit gehabt, die Quellen des Patriotismus auszuschöpfen. So hat man zu früh an ihn appelliert, ohne ihn dann wirksam zu unterstützen, und nur entsetzliches Unglück hervorgerufen. Eine unterbrochene Kette von Aufständen – das ist sicher – brach vom Großherzogtum Berg bis nach Lüneburg und an den Küsten entlang aus. Wird jetzt, wo sich das Waffenglück von neuem für Bonaparte erklärt hat, Österreich fester sein, als in dem Augenblick, wo seine Macht am Boden zu liegen schien? Ich glaube es kaum.<lb/>Es ist eine Verkettung von Schwächen und Fehlern auf allen Seiten. Ich habe Ihnen bereits vom Breslauer Vertrag geschrieben, der England und Schweden so stark verstimmt hat. Man hat despotisch über Deutschland verfügt, ehe man es erobert hatte. Man hat Eroberungspläne enthüllt, während jedermann froh gewesen wäre, wieder seinen alten Staat zu erhalten. Alles das ist das Werk des Freiherrn vom Stein, der Norddeutschland bis zum Main in eine einzige Monarchie zusammenfassen möchte. Stellen Sie sich vor, daß er zum Herzog von Braunschweig sagte, er müsse auf seine Souveränität verzichten. Den Kurfürsten von Hessen soll er wie einen Hund behandelt haben. Und das in einem Augenblick, wo man sich jedermann zum Freunde machen müßte, um jeden auf seine Seite zu ziehen. <lb/>Seit acht Tagen sind unsere heiligen drei Könige zurück – an Stelle eines reizenden Kindes haben sie einen widerspenstigen Affen gefunden, der alle ihre Anerbieten zurückwies. Sie haben ihre Visitenkarten auf der dänischen Post abgegeben, ohne aus dem Wagen zu steigen – der Wagen war das Kriegsschiff des Admiral Hope, die <hi rend="slant:italic">Defiance</hi>; sicher lag auf der anderen Seite die <hi rend="slant:italic">Malice</hi>.<lb/>Tettenborn, den Gernichet den König von Hamburg nannte, ist nun also entthront. Man soll entthronte Könige nicht tadeln, und ich werde mich wohl davor hüten. Aber alle Welt wirft Steine auf ihn. Man behauptet, Hamburg sei das Capua dieses neuen Hannibal geworden. Anstoß erregt besonders ein Geschenk von 10000 Dukaten, das die dankbare Stadt ihm hat machen müssen. Das sollte wohl heißen, daß er seine Fehler ablegen will: man hatte ihm nämlich vorgeworfen, er mache überall Schulden – nun hat er wohl gemeint, Geschenke anzunehmen sei im Gegenteil eine Tugend. Entschuldigen Sie bitte diesen Scherz; ich habe mir vorgenommen, auch beim größten Unglück nicht den Humor zu verlieren und, wie Chamfort sagt, immer mit Epigrammen gegen das Schicksal anzugehen. Was vermag ein schwacher Mensch, der sich nicht gegen den Sturzbach der Ereignisse stemmen kann, wenn die großen Massen schlecht geleitet sind? Wenn all dies auf einen zweiten Tilsiter Frieden hinausläuft, fürchte ich, werden meine Dienste dem Kr[on]pr[inzen] nichts nützen; ich werde sofort um meinen Abschied bitten und wieder zu Ihnen kommen. Ich habe dann mein Vaterland verloren, aber es bleibt mir die Freistätte unserer Freundschaft und Englands. Wir werden wieder versuchen, so weit wie möglich, eine interessante Gesellschaft um uns zu versammeln. So lange es aber noch einen Funken Hoffnung gibt, werden Sie es verstehen, daß ich Deutschland nicht verlasse.<lb/>Ein Adjutant des Herzogs von Cumberland kam zu uns, um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen; er hat mir einen übertrieben ängstlichen Brief der Gräfin von Voß gebracht; sie wußte noch nichts von den letzten Neuigkeiten. Ihr Mann ist in russische Dienste getreten; er ist bei dem Freikorps Dörnberg. Wie viel guter Wille ist da verloren!<lb/>Entschuldigen Sie mich bei August und Albertine, daß ich ihnen heute nicht schreibe – dieser Brief ist ja fast ein Buch geworden – August soll mir einen Zahlungsaufschub auf meine Schuld gewähren, ich habe Ihnen den Grund erklärt. Ich hoffe, dieses Schreiben erreicht Sie noch in Schweden. Leben Sie wohl! Tausend Grüße.<lb/>Ich bin immer noch ohne Brief von Ihnen, seit dem vom 26. 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Stadion verweilte während dieser Zeit immer im Hauptquartier der Verbündeten, Bubna in dem Bonap[artes]. Es scheint, daß der Rückzug der Verbündeten in der Hoffnung erfolgte, die Österreicher vorbrechen zu sehen, denn sie sind immer an der böhmischen Grenze entlang gezogen. Andernfalls wäre es natürlicher gewesen, wenn man sich von der Lausitzer Grenze nach der Mark zurückgezogen und das Bülowsche Korps und das von der Niederelbe an sich gezogen hätte. <br>Kurzum: man wollte nicht seine letzten Reserven in einer dritten Schlacht aufs Spiel setzen; diese aber machten andrerseits die Bewegungen des Feindes nötig, um sein Vordringen nach Polen zu stören. Wir haben den Wortlaut der Artikel des Waffenstillstandes noch nicht. Pozzo behauptet, daß eine persönliche Zusammenkunft zwischen den beiden Kaisern nicht stattfinden werde – dazu sei die Feindschaft zwischen ihnen zu groß. Jedoch ist die Anwesenheit der Herrscher, die nicht Heerführer sind, im Lager immer verhängnisvoll. Wenn man bei den Verhandlungen fest und bei den Maßnahmen zur Wiederaufnahme der Feindseligkeiten energisch ist, so hat man immer noch große Möglichkeiten. Pozzo versichert, daß das russische Heer im Verlauf von sechs Wochen um 80000 Mann verstärkt sein werde. Die Korps des F[ürsten] Lobanoff und des Gr[afen] Tolstoi stehen in Polen. Preußische Freiwillige und Landsturmleute kommen von allen Seiten heran; man rechnet mit Verstärkungen bis zu 40000 Mann. Sehr wichtig wäre, daß die Verbündeten Maßnahmen ergriffen, um ein Heer unter den Befehl des Kr[on]pr[inzen] zu stellen, das ihn instand setzte, in Norddeutschland entscheidend zu operieren. Man vernachlässigt auf unserer Seite nichts. Englische Transportschiffe werden nach Pillau geschickt, um dort die deutsche Legion, die sich auf 4000 Mann beläuft, einzuschiffen. Die jungen Leute von der Hamburger und Lübecker Bürgergarde, die in Massen ausgewandert sind, stellt man zu Bataillonen zusammen. Was ich, wenn der Krieg wiederbeginnt, am meisten wünschte, wäre, daß sich möglichst viel Deutsche unter den Fahnen des Kr[on]pr[inzen] sammelten; wir können keinen besseren Führer haben, um unser Vaterland wiederzuerobern. Die Grafen von Wallmoden und Woronzoff haben sich nach ihren Instruktionen unter seinen Befehl gestellt. Der König von Preußen hat angekündigt, daß er dasselbe mit dem Korps Bülow tun würde. Endlich hoffe ich, daß, wenn nicht ein verhängnisvoller Friede in diesen sechs Wochen geschlossen wird, es dem Kr[on]pr[inzen] ermöglicht werden wird zu handeln, wie er es wünscht. Die Freiwilligenmeldungen in dem kleinen Teil von Hannover, der einige Zeit besetzt war oder es noch jetzt ist, sind sehr zahlreich. Die Herzöge von Mecklenburg haben sich unter den Schutz des Kr[on]pr[inzen] gestellt und machen rühmliche Anstrengungen. 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In Hamburg ist der Befehl ergangen, alle Broschüren, Karikaturen und gegen die Sklaverei gerichteten Aufrufe abzuliefern, die in der Zwischenzeit erschienen sind. Mein <span class="slant-italic ">System</span> soll auch darunter sein, da es wieder neu gedruckt worden ist. Hoffentlich machen sie sich das Vergnügen, es zu lesen; ich möchte nur wünschen, es trüge zu ihrer Erbauung bei.<br>Die Einnahme von Hamburg hat einen verhängnisvollen Einfluß auf alle Geldangelegenheiten. Der englische Kurs ist so gefallen, daß ein Pfund Sterling in Berlin mit 3⅓ Taler, also ungefähr 13 Frcs., verkauft wird. <br>Der Kreditbrief auf Hamburg, den Sie so liebenswürdig waren, mir zu geben, ist also wertlos geworden. Ich könnte auf ihn nicht einen Pfennig erhalten, auch wenn ich wollte. Aber ich hatte mir schon vorgenommen, ihn nur im Fall äußerster Not zu benutzen, und bis jetzt bin ich noch gut mit Geld versorgt, das ich so sehr wie möglich spare.<br>Liebe Freundin! Ich habe Ihnen die Sachlage geschildert; ich wollte keine Jeremiaden anstimmen, aber im Grunde bin ich niedergeschlagen und habe keine Hoffnung mehr. Ich fürchte, die Winkelzüge Österreichs haben Europa, Österreich selber eingeschlossen, wieder zu Grunde gerichtet. Ich kann nicht glauben, daß es die Verbündeten mit Absicht hinters Licht führen will, – zu welchem Zweck? Doch alles das ist ein Beweis von Charakterschwäche; man hat nicht den Mut, im günstigen Augenblick einen entscheidenden Entschluß zu fassen und sucht sich und die anderen durch Scheingründe zu entlasten. Österreich behauptet, daß es nicht gerüstet wäre. Aber 30000 Mann, die ersten besten, kühn vorgeworfen, hätten noch Ende März alles, was an französischen Truppen in Deutschland stand, vernichtet und den Rheinbund mit Gewalt in die große Koalition hineinbezogen. Dann hätte man Zeit gehabt, die Quellen des Patriotismus auszuschöpfen. 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Stellen Sie sich vor, daß er zum Herzog von Braunschweig sagte, er müsse auf seine Souveränität verzichten. Den Kurfürsten von Hessen soll er wie einen Hund behandelt haben. Und das in einem Augenblick, wo man sich jedermann zum Freunde machen müßte, um jeden auf seine Seite zu ziehen. <br>Seit acht Tagen sind unsere heiligen drei Könige zurück – an Stelle eines reizenden Kindes haben sie einen widerspenstigen Affen gefunden, der alle ihre Anerbieten zurückwies. Sie haben ihre Visitenkarten auf der dänischen Post abgegeben, ohne aus dem Wagen zu steigen – der Wagen war das Kriegsschiff des Admiral Hope, die <span class="slant-italic ">Defiance</span>; sicher lag auf der anderen Seite die <span class="slant-italic ">Malice</span>.<br>Tettenborn, den Gernichet den König von Hamburg nannte, ist nun also entthront. Man soll entthronte Könige nicht tadeln, und ich werde mich wohl davor hüten. Aber alle Welt wirft Steine auf ihn. Man behauptet, Hamburg sei das Capua dieses neuen Hannibal geworden. Anstoß erregt besonders ein Geschenk von 10000 Dukaten, das die dankbare Stadt ihm hat machen müssen. Das sollte wohl heißen, daß er seine Fehler ablegen will: man hatte ihm nämlich vorgeworfen, er mache überall Schulden – nun hat er wohl gemeint, Geschenke anzunehmen sei im Gegenteil eine Tugend. Entschuldigen Sie bitte diesen Scherz; ich habe mir vorgenommen, auch beim größten Unglück nicht den Humor zu verlieren und, wie Chamfort sagt, immer mit Epigrammen gegen das Schicksal anzugehen. Was vermag ein schwacher Mensch, der sich nicht gegen den Sturzbach der Ereignisse stemmen kann, wenn die großen Massen schlecht geleitet sind? Wenn all dies auf einen zweiten Tilsiter Frieden hinausläuft, fürchte ich, werden meine Dienste dem Kr[on]pr[inzen] nichts nützen; ich werde sofort um meinen Abschied bitten und wieder zu Ihnen kommen. 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Sie heiratete 1786 den schwedischen Diplomaten Erik Magnus von Staël-Holstein in Paris. Die Eheleute lebten von Anfang an getrennt. Zu ihren ersten Veröffentlichungen zählten die „Lettres sur les ecrits et le charactère de J.-J. Rousseau“, die 1788 erschienen. Neben der Tätigkeit als Schriftstellerin wurde Germaine de Staël-Holstein als einflussreiche Salonnière berühmt. Unter ihrem politischen Einfluss stand u.a. Benjamin Constant, mit dem sie eine langjährige Beziehung führte und der der Vater ihrer Tochter Albertine war. Ihr politischer Liberalismus und die Befürwortung einer konstitutionellen Monarchie führten 1792 zu ihrer Verbannung ins schweizerische Exil. Gemeinsam mit ihren Kindern bezog sie Schloss Coppet am Genfer See, das nun zum Treffpunkt Intellektueller und Künstler ganz Europas avancierte. Nur selten war der Schriftstellerin der Aufenthalt in Frankreich gestattet. 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Ich kann nicht glauben, daß es die Verbündeten mit Absicht hinters Licht führen will, – zu welchem Zweck? Doch alles das ist ein Beweis von Charakterschwäche; man hat nicht den Mut, im günstigen Augenblick einen entscheidenden Entschluß zu fassen und sucht sich und die anderen durch Scheingründe zu entlasten. Österreich behauptet, daß es nicht gerüstet wäre. Aber 30000 Mann, die ersten besten, kühn vorgeworfen, hätten noch Ende März alles, was an französischen Truppen in Deutschland stand, vernichtet und den Rheinbund mit Gewalt in die große Koalition hineinbezogen. Dann hätte man Zeit gehabt, die Quellen des Patriotismus auszuschöpfen. So hat man zu früh an ihn appelliert, ohne ihn dann wirksam zu unterstützen, und nur entsetzliches Unglück hervorgerufen. Eine unterbrochene Kette von Aufständen – das ist sicher – brach vom Großherzogtum Berg bis nach Lüneburg und an den Küsten entlang aus. 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Stellen Sie sich vor, daß er zum Herzog von Braunschweig sagte, er müsse auf seine Souveränität verzichten. Den Kurfürsten von Hessen soll er wie einen Hund behandelt haben. Und das in einem Augenblick, wo man sich jedermann zum Freunde machen müßte, um jeden auf seine Seite zu ziehen. <lb/>Seit acht Tagen sind unsere heiligen drei Könige zurück – an Stelle eines reizenden Kindes haben sie einen widerspenstigen Affen gefunden, der alle ihre Anerbieten zurückwies. Sie haben ihre Visitenkarten auf der dänischen Post abgegeben, ohne aus dem Wagen zu steigen – der Wagen war das Kriegsschiff des Admiral Hope, die <hi rend="slant:italic">Defiance</hi>; sicher lag auf der anderen Seite die <hi rend="slant:italic">Malice</hi>.<lb/>Tettenborn, den Gernichet den König von Hamburg nannte, ist nun also entthront. Man soll entthronte Könige nicht tadeln, und ich werde mich wohl davor hüten. Aber alle Welt wirft Steine auf ihn. Man behauptet, Hamburg sei das Capua dieses neuen Hannibal geworden. 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Ich habe Ihnen die Sachlage geschildert; ich wollte keine Jeremiaden anstimmen, aber im Grunde bin ich niedergeschlagen und habe keine Hoffnung mehr. Ich fürchte, die Winkelzüge Österreichs haben Europa, Österreich selber eingeschlossen, wieder zu Grunde gerichtet. Ich kann nicht glauben, daß es die Verbündeten mit Absicht hinters Licht führen will, – zu welchem Zweck? Doch alles das ist ein Beweis von Charakterschwäche; man hat nicht den Mut, im günstigen Augenblick einen entscheidenden Entschluß zu fassen und sucht sich und die anderen durch Scheingründe zu entlasten. Österreich behauptet, daß es nicht gerüstet wäre. Aber 30000 Mann, die ersten besten, kühn vorgeworfen, hätten noch Ende März alles, was an französischen Truppen in Deutschland stand, vernichtet und den Rheinbund mit Gewalt in die große Koalition hineinbezogen. Dann hätte man Zeit gehabt, die Quellen des Patriotismus auszuschöpfen. 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Anstoß erregt besonders ein Geschenk von 10000 Dukaten, das die dankbare Stadt ihm hat machen müssen. Das sollte wohl heißen, daß er seine Fehler ablegen will: man hatte ihm nämlich vorgeworfen, er mache überall Schulden – nun hat er wohl gemeint, Geschenke anzunehmen sei im Gegenteil eine Tugend. Entschuldigen Sie bitte diesen Scherz; ich habe mir vorgenommen, auch beim größten Unglück nicht den Humor zu verlieren und, wie Chamfort sagt, immer mit Epigrammen gegen das Schicksal anzugehen. Was vermag ein schwacher Mensch, der sich nicht gegen den Sturzbach der Ereignisse stemmen kann, wenn die großen Massen schlecht geleitet sind? Wenn all dies auf einen zweiten Tilsiter Frieden hinausläuft, fürchte ich, werden meine Dienste dem Kr[on]pr[inzen] nichts nützen; ich werde sofort um meinen Abschied bitten und wieder zu Ihnen kommen. Ich habe dann mein Vaterland verloren, aber es bleibt mir die Freistätte unserer Freundschaft und Englands. 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Sie heiratete 1786 den schwedischen Diplomaten Erik Magnus von Staël-Holstein in Paris. Die Eheleute lebten von Anfang an getrennt. Zu ihren ersten Veröffentlichungen zählten die „Lettres sur les ecrits et le charactère de J.-J. Rousseau“, die 1788 erschienen. Neben der Tätigkeit als Schriftstellerin wurde Germaine de Staël-Holstein als einflussreiche Salonnière berühmt. Unter ihrem politischen Einfluss stand u.a. Benjamin Constant, mit dem sie eine langjährige Beziehung führte und der der Vater ihrer Tochter Albertine war. Ihr politischer Liberalismus und die Befürwortung einer konstitutionellen Monarchie führten 1792 zu ihrer Verbannung ins schweizerische Exil. Gemeinsam mit ihren Kindern bezog sie Schloss Coppet am Genfer See, das nun zum Treffpunkt Intellektueller und Künstler ganz Europas avancierte. Nur selten war der Schriftstellerin der Aufenthalt in Frankreich gestattet. Während ausgedehnter Reisen in den Folgejahren nach Deutschland (1803/04 und 1808) und Italien (1805) war sie zumeist in Begleitung ihres Freundes und Hauslehrers AWS sowie Benjamin Constants. Großen Erfolg hatte sie mit ihrem Werk „De LʼAllemagne“ (1810) sowie mit ihrem Roman „Corinne ou LʼItalie“ (1807) und politischen Schriften. Die Verfolgung durch die französische Regierung veranlasste Germaine de Staël-Holstein am 23. Mai 1812 zur Flucht über die Schweiz nach Österreich, Russland und schließlich Schweden. Anschließend hielten sie sich von 1813 bis 1814 in London auf. Nach der Rückkehr in die Schweiz heiratete de Staël-Holstein 1816 den Vater ihres jüngsten Kindes, John Rocca.', '39_quellen' => 'WBIS@http://db.saur.de/WBIS/basicSearch.jsf@D834-624-6@ extern@Roger Paulin: August Wilhelm Schlegel. Cosmopolitan of Art and Poetry. Cambridge 2016.@ extern@Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Ges. u. erl. d. Josef Körner. 2. Bd. Die Erläuterungen. Zürich u.a. 1930, S. 121, 138. 138-139.@ extern@Hofmann, Etienne „Staël, Germaine de“, URL: http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/f/F16051.php@ Wikipedia@http://de.wikipedia.org/wiki/Anne_Louise_Germaine_de_Sta%C3%ABl@', '39_beziehung' => 'AWS machte gegen Ende des Jahres 1804 in Berlin die persönliche Bekanntschaft mit Germaine de Staël-Holstein. Als Hauslehrer ihrer Kinder gehörte er zum Coppeter Zirkel. Er begleitete Mme de Staël-Holstein auf ihren zahlreichen Reisen und war auch als ihr Berater im Hinblick auf die deutsche Literatur tätig; sein wichtiger Anteil an ihrem bedeutendsten Werk „De LʼAllemagne“ (1810) ist heute unbestritten. Auch Friedrich von Schlegel gehörte zu den zahlreichen Gästen auf Schloss Coppet. In Zeiten des politischen Umbruches begleitete AWS die Familie de Staël-Holstein durch Europa. Den Kindern Mme de Staël-Holsteins blieb AWS auch nach ihrem Tod verbunden. In ihrem Testament übertrug Germaine de Staël-Holstein die posthume Veröffentlichung ihrer „Considérations“ AWS.', '39_dbid' => '118616617', '39_status_person' => 'Vollständig', 'folders' => array( (int) 0 => 'Personen', (int) 1 => 'Personen' ), '_label' => '', '_descr' => '', '_model' => 'Person', '_model_title' => 'Person', '_model_titles' => 'People', '_url' => '' ) $version = 'version-04-20' $domain = 'https://august-wilhelm-schlegel.de' $url = 'https://august-wilhelm-schlegel.de/version-04-20' $purl_web = 'https://august-wilhelm-schlegel.de/version-04-20/letters/view/12149' $state = '01.04.2020' $citation = 'Digitale Edition der Korrespondenz August Wilhelm Schlegels [01.04.2020]; August Wilhelm von Schlegel an Anne Louise Germaine de Staël-Holstein; 11.06.1813' $lettermsg1 = 'August Wilhelm Schlegel: Digitale Edition der Korrespondenz [Version-04-20]' $lettermsg2 = ' <a href="https://august-wilhelm-schlegel.de/version-04-20/letters/view/12149">https://august-wilhelm-schlegel.de/version-04-20/letters/view/12149</a>.' $changeLeit = array( (int) 0 => 'Pange', (int) 1 => ' Pauline de: August Wilhelm Schlegel und Frau von Staël. 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[Stralsund] den 11. Juni morgens [1813]
Liebe Freundin!
Seit vorgestern haben die Dinge ein ganz anderes Gesicht bekommen. Wir erhielten die offizielle Nachricht von einem Waffenstillstand, der am 5. Juni für 6 Wochen geschlossen ist; im Falle eines Bruches muß er fünf Tage vorher aufgekündigt werden. Pozzo di B[orgo] ist am 31. Mai zum H[aupt]Qu[artier] abgereist, aber nach meiner Meinung sah er die Notwendigkeit dieser Reise schon vorher ein. Nach den Kämpfen vom 19. bis zum 22. hatte Bonap[arte] einen Waffenstillstand vorgeschlagen, der abgelehnt wurde; dann mußten die Verbündeten ihn selber erbitten; ich habe noch nicht ergründen können, ob die Notwendigkeit auf militärischem oder zu gleicher Zeit auf politischem Gebiet lag, d. h. ob Österreich unbedingt forderte, daß seine Vermittlung angenommen würde. Pozzo sagte, seit 13 Tagen habe man aus Wien nichts über die Zusammenarbeit gehört, die man doch so oft versprochen hatte. Stadion verweilte während dieser Zeit immer im Hauptquartier der Verbündeten, Bubna in dem Bonap[artes]. Es scheint, daß der Rückzug der Verbündeten in der Hoffnung erfolgte, die Österreicher vorbrechen zu sehen, denn sie sind immer an der böhmischen Grenze entlang gezogen. Andernfalls wäre es natürlicher gewesen, wenn man sich von der Lausitzer Grenze nach der Mark zurückgezogen und das Bülowsche Korps und das von der Niederelbe an sich gezogen hätte.
Kurzum: man wollte nicht seine letzten Reserven in einer dritten Schlacht aufs Spiel setzen; diese aber machten andrerseits die Bewegungen des Feindes nötig, um sein Vordringen nach Polen zu stören. Wir haben den Wortlaut der Artikel des Waffenstillstandes noch nicht. Pozzo behauptet, daß eine persönliche Zusammenkunft zwischen den beiden Kaisern nicht stattfinden werde – dazu sei die Feindschaft zwischen ihnen zu groß. Jedoch ist die Anwesenheit der Herrscher, die nicht Heerführer sind, im Lager immer verhängnisvoll. Wenn man bei den Verhandlungen fest und bei den Maßnahmen zur Wiederaufnahme der Feindseligkeiten energisch ist, so hat man immer noch große Möglichkeiten. Pozzo versichert, daß das russische Heer im Verlauf von sechs Wochen um 80000 Mann verstärkt sein werde. Die Korps des F[ürsten] Lobanoff und des Gr[afen] Tolstoi stehen in Polen. Preußische Freiwillige und Landsturmleute kommen von allen Seiten heran; man rechnet mit Verstärkungen bis zu 40000 Mann. Sehr wichtig wäre, daß die Verbündeten Maßnahmen ergriffen, um ein Heer unter den Befehl des Kr[on]pr[inzen] zu stellen, das ihn instand setzte, in Norddeutschland entscheidend zu operieren. Man vernachlässigt auf unserer Seite nichts. Englische Transportschiffe werden nach Pillau geschickt, um dort die deutsche Legion, die sich auf 4000 Mann beläuft, einzuschiffen. Die jungen Leute von der Hamburger und Lübecker Bürgergarde, die in Massen ausgewandert sind, stellt man zu Bataillonen zusammen. Was ich, wenn der Krieg wiederbeginnt, am meisten wünschte, wäre, daß sich möglichst viel Deutsche unter den Fahnen des Kr[on]pr[inzen] sammelten; wir können keinen besseren Führer haben, um unser Vaterland wiederzuerobern. Die Grafen von Wallmoden und Woronzoff haben sich nach ihren Instruktionen unter seinen Befehl gestellt. Der König von Preußen hat angekündigt, daß er dasselbe mit dem Korps Bülow tun würde. Endlich hoffe ich, daß, wenn nicht ein verhängnisvoller Friede in diesen sechs Wochen geschlossen wird, es dem Kr[on]pr[inzen] ermöglicht werden wird zu handeln, wie er es wünscht. Die Freiwilligenmeldungen in dem kleinen Teil von Hannover, der einige Zeit besetzt war oder es noch jetzt ist, sind sehr zahlreich. Die Herzöge von Mecklenburg haben sich unter den Schutz des Kr[on]pr[inzen] gestellt und machen rühmliche Anstrengungen. Es ist ein Unglück, daß sich Hamburg nicht zwölf Tage länger halten konnte – sonst wäre diese Stadt in den Waffenstillstand mit eingeschlossen gewesen. Die Dänen haben uns das eingetragen; sie haben meine Abneigung gegen ihre Politik glänzend gerechtfertigt. Welche Heldentat, – die armen Hansestädte dem französischen Joch auszuliefern! Die Dänen haben sich dabei nicht wie Soldaten, sondern wie Hausknechte benommen! – Jetzt jagen sie die Hamburger Flüchtlinge aus Holstein. Die Hamburger Abgeordneten konnten nichts Sicheres und keine Einzelheit über die Ereignisse im Stadtinnern erfahren. Es scheint aber, daß Davoust noch keine Gewaltmaßregeln getroffen hat; das ist zweifellos eine List, um die Ausgewanderten zur Rückkehr zu bewegen. Ich hoffe, daß alle, die sich in besonderer Weise kompromittiert haben, Zeit hatten, sich zu retten. Man versichert mir, daß der Buchhändler Perthes sich zunächst zum Pr[inzen] von Augustenburg, seinem persönlichen Freunde, flüchtete. In Hamburg ist der Befehl ergangen, alle Broschüren, Karikaturen und gegen die Sklaverei gerichteten Aufrufe abzuliefern, die in der Zwischenzeit erschienen sind. Mein System soll auch darunter sein, da es wieder neu gedruckt worden ist. Hoffentlich machen sie sich das Vergnügen, es zu lesen; ich möchte nur wünschen, es trüge zu ihrer Erbauung bei.
Die Einnahme von Hamburg hat einen verhängnisvollen Einfluß auf alle Geldangelegenheiten. Der englische Kurs ist so gefallen, daß ein Pfund Sterling in Berlin mit 3⅓ Taler, also ungefähr 13 Frcs., verkauft wird.
Der Kreditbrief auf Hamburg, den Sie so liebenswürdig waren, mir zu geben, ist also wertlos geworden. Ich könnte auf ihn nicht einen Pfennig erhalten, auch wenn ich wollte. Aber ich hatte mir schon vorgenommen, ihn nur im Fall äußerster Not zu benutzen, und bis jetzt bin ich noch gut mit Geld versorgt, das ich so sehr wie möglich spare.
Liebe Freundin! Ich habe Ihnen die Sachlage geschildert; ich wollte keine Jeremiaden anstimmen, aber im Grunde bin ich niedergeschlagen und habe keine Hoffnung mehr. Ich fürchte, die Winkelzüge Österreichs haben Europa, Österreich selber eingeschlossen, wieder zu Grunde gerichtet. Ich kann nicht glauben, daß es die Verbündeten mit Absicht hinters Licht führen will, – zu welchem Zweck? Doch alles das ist ein Beweis von Charakterschwäche; man hat nicht den Mut, im günstigen Augenblick einen entscheidenden Entschluß zu fassen und sucht sich und die anderen durch Scheingründe zu entlasten. Österreich behauptet, daß es nicht gerüstet wäre. Aber 30000 Mann, die ersten besten, kühn vorgeworfen, hätten noch Ende März alles, was an französischen Truppen in Deutschland stand, vernichtet und den Rheinbund mit Gewalt in die große Koalition hineinbezogen. Dann hätte man Zeit gehabt, die Quellen des Patriotismus auszuschöpfen. So hat man zu früh an ihn appelliert, ohne ihn dann wirksam zu unterstützen, und nur entsetzliches Unglück hervorgerufen. Eine unterbrochene Kette von Aufständen – das ist sicher – brach vom Großherzogtum Berg bis nach Lüneburg und an den Küsten entlang aus. Wird jetzt, wo sich das Waffenglück von neuem für Bonaparte erklärt hat, Österreich fester sein, als in dem Augenblick, wo seine Macht am Boden zu liegen schien? Ich glaube es kaum.
Es ist eine Verkettung von Schwächen und Fehlern auf allen Seiten. Ich habe Ihnen bereits vom Breslauer Vertrag geschrieben, der England und Schweden so stark verstimmt hat. Man hat despotisch über Deutschland verfügt, ehe man es erobert hatte. Man hat Eroberungspläne enthüllt, während jedermann froh gewesen wäre, wieder seinen alten Staat zu erhalten. Alles das ist das Werk des Freiherrn vom Stein, der Norddeutschland bis zum Main in eine einzige Monarchie zusammenfassen möchte. Stellen Sie sich vor, daß er zum Herzog von Braunschweig sagte, er müsse auf seine Souveränität verzichten. Den Kurfürsten von Hessen soll er wie einen Hund behandelt haben. Und das in einem Augenblick, wo man sich jedermann zum Freunde machen müßte, um jeden auf seine Seite zu ziehen.
Seit acht Tagen sind unsere heiligen drei Könige zurück – an Stelle eines reizenden Kindes haben sie einen widerspenstigen Affen gefunden, der alle ihre Anerbieten zurückwies. Sie haben ihre Visitenkarten auf der dänischen Post abgegeben, ohne aus dem Wagen zu steigen – der Wagen war das Kriegsschiff des Admiral Hope, die Defiance; sicher lag auf der anderen Seite die Malice.
Tettenborn, den Gernichet den König von Hamburg nannte, ist nun also entthront. Man soll entthronte Könige nicht tadeln, und ich werde mich wohl davor hüten. Aber alle Welt wirft Steine auf ihn. Man behauptet, Hamburg sei das Capua dieses neuen Hannibal geworden. Anstoß erregt besonders ein Geschenk von 10000 Dukaten, das die dankbare Stadt ihm hat machen müssen. Das sollte wohl heißen, daß er seine Fehler ablegen will: man hatte ihm nämlich vorgeworfen, er mache überall Schulden – nun hat er wohl gemeint, Geschenke anzunehmen sei im Gegenteil eine Tugend. Entschuldigen Sie bitte diesen Scherz; ich habe mir vorgenommen, auch beim größten Unglück nicht den Humor zu verlieren und, wie Chamfort sagt, immer mit Epigrammen gegen das Schicksal anzugehen. Was vermag ein schwacher Mensch, der sich nicht gegen den Sturzbach der Ereignisse stemmen kann, wenn die großen Massen schlecht geleitet sind? Wenn all dies auf einen zweiten Tilsiter Frieden hinausläuft, fürchte ich, werden meine Dienste dem Kr[on]pr[inzen] nichts nützen; ich werde sofort um meinen Abschied bitten und wieder zu Ihnen kommen. Ich habe dann mein Vaterland verloren, aber es bleibt mir die Freistätte unserer Freundschaft und Englands. Wir werden wieder versuchen, so weit wie möglich, eine interessante Gesellschaft um uns zu versammeln. So lange es aber noch einen Funken Hoffnung gibt, werden Sie es verstehen, daß ich Deutschland nicht verlasse.
Ein Adjutant des Herzogs von Cumberland kam zu uns, um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen; er hat mir einen übertrieben ängstlichen Brief der Gräfin von Voß gebracht; sie wußte noch nichts von den letzten Neuigkeiten. Ihr Mann ist in russische Dienste getreten; er ist bei dem Freikorps Dörnberg. Wie viel guter Wille ist da verloren!
Entschuldigen Sie mich bei August und Albertine, daß ich ihnen heute nicht schreibe – dieser Brief ist ja fast ein Buch geworden – August soll mir einen Zahlungsaufschub auf meine Schuld gewähren, ich habe Ihnen den Grund erklärt. Ich hoffe, dieses Schreiben erreicht Sie noch in Schweden. Leben Sie wohl! Tausend Grüße.
Ich bin immer noch ohne Brief von Ihnen, seit dem vom 26. Mai.
Liebe Freundin!
Seit vorgestern haben die Dinge ein ganz anderes Gesicht bekommen. Wir erhielten die offizielle Nachricht von einem Waffenstillstand, der am 5. Juni für 6 Wochen geschlossen ist; im Falle eines Bruches muß er fünf Tage vorher aufgekündigt werden. Pozzo di B[orgo] ist am 31. Mai zum H[aupt]Qu[artier] abgereist, aber nach meiner Meinung sah er die Notwendigkeit dieser Reise schon vorher ein. Nach den Kämpfen vom 19. bis zum 22. hatte Bonap[arte] einen Waffenstillstand vorgeschlagen, der abgelehnt wurde; dann mußten die Verbündeten ihn selber erbitten; ich habe noch nicht ergründen können, ob die Notwendigkeit auf militärischem oder zu gleicher Zeit auf politischem Gebiet lag, d. h. ob Österreich unbedingt forderte, daß seine Vermittlung angenommen würde. Pozzo sagte, seit 13 Tagen habe man aus Wien nichts über die Zusammenarbeit gehört, die man doch so oft versprochen hatte. Stadion verweilte während dieser Zeit immer im Hauptquartier der Verbündeten, Bubna in dem Bonap[artes]. Es scheint, daß der Rückzug der Verbündeten in der Hoffnung erfolgte, die Österreicher vorbrechen zu sehen, denn sie sind immer an der böhmischen Grenze entlang gezogen. Andernfalls wäre es natürlicher gewesen, wenn man sich von der Lausitzer Grenze nach der Mark zurückgezogen und das Bülowsche Korps und das von der Niederelbe an sich gezogen hätte.
Kurzum: man wollte nicht seine letzten Reserven in einer dritten Schlacht aufs Spiel setzen; diese aber machten andrerseits die Bewegungen des Feindes nötig, um sein Vordringen nach Polen zu stören. Wir haben den Wortlaut der Artikel des Waffenstillstandes noch nicht. Pozzo behauptet, daß eine persönliche Zusammenkunft zwischen den beiden Kaisern nicht stattfinden werde – dazu sei die Feindschaft zwischen ihnen zu groß. Jedoch ist die Anwesenheit der Herrscher, die nicht Heerführer sind, im Lager immer verhängnisvoll. Wenn man bei den Verhandlungen fest und bei den Maßnahmen zur Wiederaufnahme der Feindseligkeiten energisch ist, so hat man immer noch große Möglichkeiten. Pozzo versichert, daß das russische Heer im Verlauf von sechs Wochen um 80000 Mann verstärkt sein werde. Die Korps des F[ürsten] Lobanoff und des Gr[afen] Tolstoi stehen in Polen. Preußische Freiwillige und Landsturmleute kommen von allen Seiten heran; man rechnet mit Verstärkungen bis zu 40000 Mann. Sehr wichtig wäre, daß die Verbündeten Maßnahmen ergriffen, um ein Heer unter den Befehl des Kr[on]pr[inzen] zu stellen, das ihn instand setzte, in Norddeutschland entscheidend zu operieren. Man vernachlässigt auf unserer Seite nichts. Englische Transportschiffe werden nach Pillau geschickt, um dort die deutsche Legion, die sich auf 4000 Mann beläuft, einzuschiffen. Die jungen Leute von der Hamburger und Lübecker Bürgergarde, die in Massen ausgewandert sind, stellt man zu Bataillonen zusammen. Was ich, wenn der Krieg wiederbeginnt, am meisten wünschte, wäre, daß sich möglichst viel Deutsche unter den Fahnen des Kr[on]pr[inzen] sammelten; wir können keinen besseren Führer haben, um unser Vaterland wiederzuerobern. Die Grafen von Wallmoden und Woronzoff haben sich nach ihren Instruktionen unter seinen Befehl gestellt. Der König von Preußen hat angekündigt, daß er dasselbe mit dem Korps Bülow tun würde. Endlich hoffe ich, daß, wenn nicht ein verhängnisvoller Friede in diesen sechs Wochen geschlossen wird, es dem Kr[on]pr[inzen] ermöglicht werden wird zu handeln, wie er es wünscht. Die Freiwilligenmeldungen in dem kleinen Teil von Hannover, der einige Zeit besetzt war oder es noch jetzt ist, sind sehr zahlreich. Die Herzöge von Mecklenburg haben sich unter den Schutz des Kr[on]pr[inzen] gestellt und machen rühmliche Anstrengungen. Es ist ein Unglück, daß sich Hamburg nicht zwölf Tage länger halten konnte – sonst wäre diese Stadt in den Waffenstillstand mit eingeschlossen gewesen. Die Dänen haben uns das eingetragen; sie haben meine Abneigung gegen ihre Politik glänzend gerechtfertigt. Welche Heldentat, – die armen Hansestädte dem französischen Joch auszuliefern! Die Dänen haben sich dabei nicht wie Soldaten, sondern wie Hausknechte benommen! – Jetzt jagen sie die Hamburger Flüchtlinge aus Holstein. Die Hamburger Abgeordneten konnten nichts Sicheres und keine Einzelheit über die Ereignisse im Stadtinnern erfahren. Es scheint aber, daß Davoust noch keine Gewaltmaßregeln getroffen hat; das ist zweifellos eine List, um die Ausgewanderten zur Rückkehr zu bewegen. Ich hoffe, daß alle, die sich in besonderer Weise kompromittiert haben, Zeit hatten, sich zu retten. Man versichert mir, daß der Buchhändler Perthes sich zunächst zum Pr[inzen] von Augustenburg, seinem persönlichen Freunde, flüchtete. In Hamburg ist der Befehl ergangen, alle Broschüren, Karikaturen und gegen die Sklaverei gerichteten Aufrufe abzuliefern, die in der Zwischenzeit erschienen sind. Mein System soll auch darunter sein, da es wieder neu gedruckt worden ist. Hoffentlich machen sie sich das Vergnügen, es zu lesen; ich möchte nur wünschen, es trüge zu ihrer Erbauung bei.
Die Einnahme von Hamburg hat einen verhängnisvollen Einfluß auf alle Geldangelegenheiten. Der englische Kurs ist so gefallen, daß ein Pfund Sterling in Berlin mit 3⅓ Taler, also ungefähr 13 Frcs., verkauft wird.
Der Kreditbrief auf Hamburg, den Sie so liebenswürdig waren, mir zu geben, ist also wertlos geworden. Ich könnte auf ihn nicht einen Pfennig erhalten, auch wenn ich wollte. Aber ich hatte mir schon vorgenommen, ihn nur im Fall äußerster Not zu benutzen, und bis jetzt bin ich noch gut mit Geld versorgt, das ich so sehr wie möglich spare.
Liebe Freundin! Ich habe Ihnen die Sachlage geschildert; ich wollte keine Jeremiaden anstimmen, aber im Grunde bin ich niedergeschlagen und habe keine Hoffnung mehr. Ich fürchte, die Winkelzüge Österreichs haben Europa, Österreich selber eingeschlossen, wieder zu Grunde gerichtet. Ich kann nicht glauben, daß es die Verbündeten mit Absicht hinters Licht führen will, – zu welchem Zweck? Doch alles das ist ein Beweis von Charakterschwäche; man hat nicht den Mut, im günstigen Augenblick einen entscheidenden Entschluß zu fassen und sucht sich und die anderen durch Scheingründe zu entlasten. Österreich behauptet, daß es nicht gerüstet wäre. Aber 30000 Mann, die ersten besten, kühn vorgeworfen, hätten noch Ende März alles, was an französischen Truppen in Deutschland stand, vernichtet und den Rheinbund mit Gewalt in die große Koalition hineinbezogen. Dann hätte man Zeit gehabt, die Quellen des Patriotismus auszuschöpfen. So hat man zu früh an ihn appelliert, ohne ihn dann wirksam zu unterstützen, und nur entsetzliches Unglück hervorgerufen. Eine unterbrochene Kette von Aufständen – das ist sicher – brach vom Großherzogtum Berg bis nach Lüneburg und an den Küsten entlang aus. Wird jetzt, wo sich das Waffenglück von neuem für Bonaparte erklärt hat, Österreich fester sein, als in dem Augenblick, wo seine Macht am Boden zu liegen schien? Ich glaube es kaum.
Es ist eine Verkettung von Schwächen und Fehlern auf allen Seiten. Ich habe Ihnen bereits vom Breslauer Vertrag geschrieben, der England und Schweden so stark verstimmt hat. Man hat despotisch über Deutschland verfügt, ehe man es erobert hatte. Man hat Eroberungspläne enthüllt, während jedermann froh gewesen wäre, wieder seinen alten Staat zu erhalten. Alles das ist das Werk des Freiherrn vom Stein, der Norddeutschland bis zum Main in eine einzige Monarchie zusammenfassen möchte. Stellen Sie sich vor, daß er zum Herzog von Braunschweig sagte, er müsse auf seine Souveränität verzichten. Den Kurfürsten von Hessen soll er wie einen Hund behandelt haben. Und das in einem Augenblick, wo man sich jedermann zum Freunde machen müßte, um jeden auf seine Seite zu ziehen.
Seit acht Tagen sind unsere heiligen drei Könige zurück – an Stelle eines reizenden Kindes haben sie einen widerspenstigen Affen gefunden, der alle ihre Anerbieten zurückwies. Sie haben ihre Visitenkarten auf der dänischen Post abgegeben, ohne aus dem Wagen zu steigen – der Wagen war das Kriegsschiff des Admiral Hope, die Defiance; sicher lag auf der anderen Seite die Malice.
Tettenborn, den Gernichet den König von Hamburg nannte, ist nun also entthront. Man soll entthronte Könige nicht tadeln, und ich werde mich wohl davor hüten. Aber alle Welt wirft Steine auf ihn. Man behauptet, Hamburg sei das Capua dieses neuen Hannibal geworden. Anstoß erregt besonders ein Geschenk von 10000 Dukaten, das die dankbare Stadt ihm hat machen müssen. Das sollte wohl heißen, daß er seine Fehler ablegen will: man hatte ihm nämlich vorgeworfen, er mache überall Schulden – nun hat er wohl gemeint, Geschenke anzunehmen sei im Gegenteil eine Tugend. Entschuldigen Sie bitte diesen Scherz; ich habe mir vorgenommen, auch beim größten Unglück nicht den Humor zu verlieren und, wie Chamfort sagt, immer mit Epigrammen gegen das Schicksal anzugehen. Was vermag ein schwacher Mensch, der sich nicht gegen den Sturzbach der Ereignisse stemmen kann, wenn die großen Massen schlecht geleitet sind? Wenn all dies auf einen zweiten Tilsiter Frieden hinausläuft, fürchte ich, werden meine Dienste dem Kr[on]pr[inzen] nichts nützen; ich werde sofort um meinen Abschied bitten und wieder zu Ihnen kommen. Ich habe dann mein Vaterland verloren, aber es bleibt mir die Freistätte unserer Freundschaft und Englands. Wir werden wieder versuchen, so weit wie möglich, eine interessante Gesellschaft um uns zu versammeln. So lange es aber noch einen Funken Hoffnung gibt, werden Sie es verstehen, daß ich Deutschland nicht verlasse.
Ein Adjutant des Herzogs von Cumberland kam zu uns, um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen; er hat mir einen übertrieben ängstlichen Brief der Gräfin von Voß gebracht; sie wußte noch nichts von den letzten Neuigkeiten. Ihr Mann ist in russische Dienste getreten; er ist bei dem Freikorps Dörnberg. Wie viel guter Wille ist da verloren!
Entschuldigen Sie mich bei August und Albertine, daß ich ihnen heute nicht schreibe – dieser Brief ist ja fast ein Buch geworden – August soll mir einen Zahlungsaufschub auf meine Schuld gewähren, ich habe Ihnen den Grund erklärt. Ich hoffe, dieses Schreiben erreicht Sie noch in Schweden. Leben Sie wohl! Tausend Grüße.
Ich bin immer noch ohne Brief von Ihnen, seit dem vom 26. Mai.
· Original , 11.06.1813
· Pange, Pauline de: Auguste-Guillaume Schlegel et Madame de Staël d’apres des documents inédits. Paris 1938, S. 418‒421.
· Pange, Pauline de: Auguste-Guillaume Schlegel et Madame de Staël d’apres des documents inédits. Paris 1938, S. 418‒421.