• Franz von Baader to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: München · Place of Destination: Dresden · Date: 25.07.1809
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Franz von Baader
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: München
  • Place of Destination: Dresden
  • Date: 25.07.1809
  • Notations: Empfangsort erschlossen. – Der Brief liegt im Nachlass Veit, weil August Wilhelm ihn wohl an seinen Bruder Friedrich weiterleitete. Vgl. den Brief von Friedrich an August Wilhelm von Schlegel vom 18. November 1809.
    Manuscript
  • Provider: Berlin, Privatarchiv Dopfer, Sigmaringen (Mendelssohn-Gesellschaft)
  • Classification Number: # 115
  • Number of Pages: 1 Bl., 2 S.
  • Incipit: „[1] München den 25 Juli 809
    Endlich einmal bin ich im Stande E. W. zur geringen Erwiedrung der mir so willkommen [...]“
    Language
  • German
  • French
  • English
  • Latin
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia
Notice (8): Undefined offset: 0 [APP/View/Letters/view.ctp, line 360]/version-04-20/letters/view/12467" data-language="">
[1] München den 25 Juli 809
Endlich einmal bin ich im Stande E. W. zur geringen Erwiedrung der mir so willkommen gewesenen Œuvres posthumes von St. Martin, welche ich durch H. Tieck richtig empfieng, mein lezthin erschienenes kleines Buch zu geneigtem Andenken zu übersenden. Einzelne kleine Drukfehler werden Sie gefällig übersehen, so wie das profond negligée, in dem ich in dieser Schrift auftrette, in welcher ich gewissermassen nur Position gefast, und eine Menge Gegenstände nur in short hand writing angedeutet. Es genügt, dem geistlosen Phisiker den Geist der Materie den Spiritum mundi od Sydereum der Alten (welcher aber immundus und nicht wie manche neuere Naturphilosophen meinen, schon der heilige Geist selbst ist) in Erinnerung wieder zu bringen, dem Theologen den heiligen Lebensgeist, und dem Philosophen den bösen Geist, oder den Teufel – und diesen Zwek wird meine Schrift, hoffentlich nicht verfehlen, und hiemit den leztern od den bösen Geist in Etwas gêniren.
Das Werk Ihres Herrn Bruders über Indien hat besonders in Hinsicht der Sprachkunde das grosse Verdienst den Unterschied der organischen und anorganischen Sprachen aufgefunden zu haben – dieser Anblik führt weit, und am Ende wird sich zeigen, daß zwar die organische Sprache als die Ursprache völlig untergegangen, und dß eben aus ihrem Untergang die mechanischen Sprachen hervorgiengen, von denen aber doch wieder jene von Ihrem H. Bruder bemerkte Doppelreihe durch die Zeiten hinabläuft. J. Böhm hat in seinem Mysterium magnum durch seine sensualische und mentalische Sprache dasselbe angedeutet, und einen Schlüssel dort niedergelegt, der nur sehr wenigen bekannt geworden. Wie alles Gesez [2] hat, so hat auch das Auseinandergehen und Zerfallen der Menschengemüther in besondre Sprachen u. Völker &: ein und dasselbe Gesez, und wer die Buchstabengeister verstünde, der könnte jenes Vielerlei der Verzweigung a priori aus ihnen konstruiren – J. Böhm hat selbst Winke hiezu gegeben.
Sobald ich übrigens dieses wahren teutschen Philosophen Werke und sein Lichtsistem werde neu bekannt machen (was vielleicht schon in ein par Jahren geschehen kann) so wird sich zeigen, wie sehr wir Teutsche Orientalisten geblieben sind, und wie z.b. das Lichtsistem der Parsen nur ein loses Geschwäze über das Licht- und Feuersistem des J. Böhm ist.
Da E. W. in Paris wahrscheinlich einen oder den andern vertrauten Freund des seel: Martin’s werden kennen gelernt haben, so würden Sie mich wohl sehr verbinden, wenn Sie mir eine Addrêsse, um über das Eigentliche seiner haûtes sciences mit selbem in Verbindung zu tretten, verschaffen könnten. Martin erhielt die grandes verités selbst nicht von erster Hand, wie J. B. sondern von zweiter Hand, od durch Überlieferung, und das ists eben, was sich wieder weiter geben, und empfangen läst. Ein Gewisser H. Gilbert in Paris (bekannt durch Sprachkenntniß) war einer der vertrautesten Freunde Martins, und hat all seinen litterairischen Nachlaß. – Kennen Sie diesen Mann?
Mit Hrn. Tiek und Familie habe ich hier seit lange aus mehrern Gründen, keinen Umgang, auch ist mir die Divina Comedia die selbe zu spielen scheinen, nicht behaglich.
Seyen Sie von meiner Hochachtung u. Ergebenheit versichert
Franz Baader
Notice (8): Undefined offset: 0 [APP/View/Letters/view.ctp, line 442]/version-04-20/letters/view/12467" data-language="">
[1] München den 25 Juli 809
Endlich einmal bin ich im Stande E. W. zur geringen Erwiedrung der mir so willkommen gewesenen Œuvres posthumes von St. Martin, welche ich durch H. Tieck richtig empfieng, mein lezthin erschienenes kleines Buch zu geneigtem Andenken zu übersenden. Einzelne kleine Drukfehler werden Sie gefällig übersehen, so wie das profond negligée, in dem ich in dieser Schrift auftrette, in welcher ich gewissermassen nur Position gefast, und eine Menge Gegenstände nur in short hand writing angedeutet. Es genügt, dem geistlosen Phisiker den Geist der Materie den Spiritum mundi od Sydereum der Alten (welcher aber immundus und nicht wie manche neuere Naturphilosophen meinen, schon der heilige Geist selbst ist) in Erinnerung wieder zu bringen, dem Theologen den heiligen Lebensgeist, und dem Philosophen den bösen Geist, oder den Teufel – und diesen Zwek wird meine Schrift, hoffentlich nicht verfehlen, und hiemit den leztern od den bösen Geist in Etwas gêniren.
Das Werk Ihres Herrn Bruders über Indien hat besonders in Hinsicht der Sprachkunde das grosse Verdienst den Unterschied der organischen und anorganischen Sprachen aufgefunden zu haben – dieser Anblik führt weit, und am Ende wird sich zeigen, daß zwar die organische Sprache als die Ursprache völlig untergegangen, und dß eben aus ihrem Untergang die mechanischen Sprachen hervorgiengen, von denen aber doch wieder jene von Ihrem H. Bruder bemerkte Doppelreihe durch die Zeiten hinabläuft. J. Böhm hat in seinem Mysterium magnum durch seine sensualische und mentalische Sprache dasselbe angedeutet, und einen Schlüssel dort niedergelegt, der nur sehr wenigen bekannt geworden. Wie alles Gesez [2] hat, so hat auch das Auseinandergehen und Zerfallen der Menschengemüther in besondre Sprachen u. Völker &: ein und dasselbe Gesez, und wer die Buchstabengeister verstünde, der könnte jenes Vielerlei der Verzweigung a priori aus ihnen konstruiren – J. Böhm hat selbst Winke hiezu gegeben.
Sobald ich übrigens dieses wahren teutschen Philosophen Werke und sein Lichtsistem werde neu bekannt machen (was vielleicht schon in ein par Jahren geschehen kann) so wird sich zeigen, wie sehr wir Teutsche Orientalisten geblieben sind, und wie z.b. das Lichtsistem der Parsen nur ein loses Geschwäze über das Licht- und Feuersistem des J. Böhm ist.
Da E. W. in Paris wahrscheinlich einen oder den andern vertrauten Freund des seel: Martin’s werden kennen gelernt haben, so würden Sie mich wohl sehr verbinden, wenn Sie mir eine Addrêsse, um über das Eigentliche seiner haûtes sciences mit selbem in Verbindung zu tretten, verschaffen könnten. Martin erhielt die grandes verités selbst nicht von erster Hand, wie J. B. sondern von zweiter Hand, od durch Überlieferung, und das ists eben, was sich wieder weiter geben, und empfangen läst. Ein Gewisser H. Gilbert in Paris (bekannt durch Sprachkenntniß) war einer der vertrautesten Freunde Martins, und hat all seinen litterairischen Nachlaß. – Kennen Sie diesen Mann?
Mit Hrn. Tiek und Familie habe ich hier seit lange aus mehrern Gründen, keinen Umgang, auch ist mir die Divina Comedia die selbe zu spielen scheinen, nicht behaglich.
Seyen Sie von meiner Hochachtung u. Ergebenheit versichert
Franz Baader
×